Dialyse aktuell 2012; 16(07): 420-421
DOI: 10.1055/s-0032-1328818
Forum der Industrie
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Ernährung von chronisch Nierenkranken – Erhöhte Proteineinnahme ist der konservativen Phosphatsenkung überlegen

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Publikationsdatum:
17. September 2012 (online)

 
 

Die Hyperphosphatämie ist das größte Problem in der Behandlung chronisch nierenkranker Patienten. Die verminderte oder fehlende Phosphatausscheidung und die damit verbundenen erhöhten Phosphatwerte im Blut führen über eine Hemmung des Calcitriols zu einer Entmineralisierung des Knochens und zum sekundären Hyperparathyreoidismus. Des Weiteren kommt es zu vaskulären Verkalkungen mit der Gefahr von Herz- und Schlaganfällen, um nur einige Beispiele zu nennen. Folglich ist man bestrebt, die Phosphatspiegel im Normbereich zu halten. Dies geschieht in der Regel über die Dialyse selbst, die Gabe von Phosphatbindern und einen phosphatarmen Diätplan. Da Phosphat vor allem an proteinreiche Nahrung gekoppelt ist, kommt es oft zu einer Eiweißunterversorgung bei nierenkranken Patienten mit nachweislich verschlechterter Überlebensrate [ 1 ], [ 2 ].

Benefit einer erhöhten Eiweißzufuhr

In einer 3-jährigen Studie mit über 30 000 Patienten beschäftigten sich Shingaberger et al. mit der Fragestellung, ob eine Abnahme des Serumphosphates und eine gleichzeitige Verringerung der Eiweißzufuhr mit einer Zunahme des Mortalitätsrisikos verbunden ist [ 3 ]. Die Studie untersuchte die Veränderungen der Phosphatspiegel sowie der "normalized Protein Nitrogen Appearance" (nPNA) von CKD-5-Patienten (CKD: "chronic kidney disease") während der ersten 6 Monate und korrelierte diese mit der Mortalität.

Während die Phosphatspiegel eine J-förmige Assoziation zur Mortalität aufwiesen (Abb. [ 1 ]), waren höhere nPNA-Werte linear mit einer längeren Überlebensrate assoziiert (Abb. [ 2 ]). Für weitere Analysen erfolgte ein Perzentilenranking der Phosphat- und nPNA-Spiegel für jeden Patienten (Abb. [ 3 ]). Dabei zeigte sich, dass im Vergleich zu den Dialysepatienten, deren Phosphat- und nPNA-Werte gemeinsam im Verlauf der ersten 6 Monate anstiegen, die Patienten mit einer Abnahme des Serumphosphats und einer Zunahme der nPNA eine längere Überlebensrate mit einer "Case-mix"-adjustierten "risk ratio" für Mortalität von 0,9 aufwiesen! Dem- gegenüber zeigten Patienten mit einer Zunahme der Phosphatspiegel und gleichzeitiger Abnahme der nPNA eine höhere Mortalität mit einer "risk ratio" von 1,11. Bei gleichzeitiger Abnahme der Phosphatlevel und der nPNA betrug die "risk ratio" 1,06.

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Abb. 1 Vergleich der voraussichtlichen 3-Jahres-Mortalität anhand der Serum-Phosphat-Spiegel. Dabei wurden die Veränderungen der einzelnen Spiegel eines jeden der 30075 Patienten als Perzentilenwert aufgetragen.
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Abb. 2 Vergleich der voraussichtlichen 3-Jahres-Mortalität anhand der diätetischen Protein-Mengen-Einnahme bezogen auf die nPNA. Dabei wurden die Veränderungen der einzelnen Spiegel eines jeden der 30075 Patienten als Perzentilenwert aufgetragen.
nPNA = "normalized Protein Nitrogen Appearance"
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Abb. 3 Vergleich der voraussichtlichen Dreijahresmortalität anhand der 4 möglichen Kombinationsänderungen hinsichtlich Serum-Phosphat-Gehalt und nPNA. Ein Anstieg sowohl des Serum-Phosphat-Werts als auch der nPNA wurde als Referenzwert 1 festgelegt.
nPNA = "normalized Protein Nitrogen Appearance"

Die Ergebnisse veranschaulichen, dass eine Einstellung des Serumphosphats auf Kosten einer proteinrestriktiven Diät nicht von Nutzen ist! Ganz im Gegenteil überwog der Benefit einer erhöhten Eiweißzufuhr trotz vermehrter Phosphateinnahme den Nutzen einer diätetischen Senkung der Phosphatspiegel. Interessanterweise stieg die Überlebensrate der Patienten linear mit der Konzentration der nPNA-Werte und zeigte ein Maximum bei 1,4 g/kg/d (Abb. [ 4 ]). Die Empfehlungen der "European Best Practice Guideline" [ 4 ] liegen derzeit bei 1,1 g/kg/d für Hämodialysepatienten und sollten daher ggf. nach oben korrigiert werden.

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Abb. 4 Die voraussichtliche 3-Jahres-Mortalitäts-Rate entsprechend der diätetischen Proteinmengeneinnahme (nPNA > 1 vs. > 1 g/kg/d) unabhängig der Veränderungen der Serum-Phosphat-Spiegel.
nPNA = "normalized Protein Nitrogen Appearance"

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Möglichkeiten der Proteinzufuhr

Neben tierischen Eiweißquellen können auch pflanzliche Eiweißquellen zur Deckung des täglichen Eiweißbedarfs genutzt werden [ 5 ]. Da die Bioverfügbarkeit des Phosphates bei pflanzlichen Quellen lediglich 10–30 % beträgt, während tierische Quellen eine Verfügbarkeit von 40–60 % aufweisen [ 6 ], kann somit Phosphat gespart werden. Auch auf Nahrungsmittelzusätze sowie industriell verarbeitete Fertignahrung sollte geachtet werden, da Phosphat aus Zusätzen besser vom Körper aufgenommen wird [ 7 ], [ 8 ]. Leider geben Nährwertangaben die Höhe des Phosphates meist nicht an [ 9 ], weshalb die Aufnahme schwer zu kontrollieren ist. Zudem wird das meiste Phosphat in solchen Zusätzen als Natriumphosphat (E339) zugefügt, welches durch die erhöhte Natriumaufnahme zu verstärktem Durstgefühl führt und das Auftreten von arteriellem Hypertonus und einer Linksherzinsuffizienz erhöht.

Kann eine ausreichende Eiweißzufuhr mittels natürlicher Lebensmittel bei gleichzeitiger Einhaltung eines normalen Phosphatspiegels nicht erreicht werden, so empfiehlt sich der Einsatz von nierengerechter Trink- und Sondennahrung [ 5 ]. Wie in Abbildung 3 ersichtlich, weisen Patienten mit erhöhter Proteineinnahme bei gleichzeitig verminderter Phosphataufnahme die geringste Mortalität auf.Das Produkt Renapro® enthält 90 g Eiweiß/100 g bei einem PEQ von lediglich 0,4 und kann problemlos aufgrund seiner Koch- und Backstabilität unter alle Speisen untergerührt werden. Auch leckere Muffins können damit zubereitet werden. Liegt neben einem Eiweißdefizit auch ein Energiedefizit vor, so empfiehlt sich das Produkt Renergy®. Sind zum Zeitpunkt der Nahrungsaufnahme keine oder nicht ausreichend Kohlenhydrate verfügbar, so würde ein Teil des wertvollen Eiweiß zur primären Energiedeckung verbrannt werden, anstatt für die Eiweißsynthese zur Verfügung zu stehen. Daher enthält das Eiweißkonzentrat Renergy® zusätzliche Kalorien in Form von Kohlenhydraten und Fetten.

International gesehen liegt der geschätzte Anteil mangelernährter Dialysepatienten zwischen 30 und 70 %; bei 10–15 % liegt sogar eine schwere Mangelernährung vor [ 10 ]. Die verordnungsfähigen Präparate sollten aber reguläre Mahlzeiten nicht ersetzen, sondern diese ergänzen oder zwischen den Mahlzeiten zugeführt werden [ 5 ]. Auch sollte die Trinkmengenbegrenzung nicht die Nahrungsaufnahme limitieren. Mit Blick auf die Mortalitätsraten ist der Ernährungszustand daher ein wichtiger Pfeiler in der Behandlung von Dialysepatienten und sollte standardmäßig neben der Dialyse und Gabe von Phosphatbindern in die Behandlung integriert werden.

Dr. Katharina Bartz, Berlin

Dieser Beitrag enstand mir freundlicher Unterstützung der RenaCare NephroMed GmbH, Hüttenberg.

Die Beitragsinhalte wurden nach Unternehmensinformationen zusammengestellt.

Die Autorin ist Ärztin an der Charité Berlin.


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  • Literatur

  • 1 Dong J, Li Y, Xu Y, Xu R. Daily protein intake and survival in patients on peritoneal dialysis. Nephrol Dial Transplant 2011; 26: 3715-3721
  • 2 Shinaberger CS, Kilpatrick RD, Regidor DL et al. Longitudinal associations between dietary protein intake and survival in hemodialysis patients. Am J Kidney Dis 2006; 48: 37-49
  • 3 Shinaberger S, Greenland S, Kopple JD et al. Is controlling phosphorus by decreasing dietary protein intake beneficial or harmful in persons with chronic kidney disease?. Am J Clin Nutr 2008; 88: 1511-1518
  • 4 European best practice guidelines on haemodialysis. Nephrol Dial Transplant 2007; 22 (Suppl. 02) S1-S120
  • 5 Kuhlmann MK. Ernährung bei Nierenerkrankungen. Ernährung bei Nierenerkrankungen 2011; 36: 367-384
  • 6 Moe SM, Zidehsarai MP, Cambers MA et al. Vegetarian compared with meat dietary protein source and phosphorus homeostasis in chronic kidney disease. Clin J Am Soc Nephrol 2011; 6: 257-264
  • 7 Uribarri J. Phosphorus additives in food and their effect in dialysis patients. Clin J Am Soc Nephrol 2009; 4: 1290-1292
  • 8 Uribarri J. Phosphorus homeostasis in normal health and in chronic kidney disease patients with special emphasis on dietary phosphorus intake. Semin Dial 2007; 20: 295-301
  • 9 Sherman RA, Mehta O. Phosphorus and potassium content of enhanced meat and poultry products: implications for patients who receive dialysis. Clin J Am Soc Nephrol 2009; 4: 1370-1373
  • 10 Fouque D, Kalantar-Zadeh K, Kopple JD et al. A proposed nomenclature and diagnostic criteria for protein – energy wasting in acute and chronic kidney disease. Kidney Int 2008; 73: 391-398

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  • 10 Fouque D, Kalantar-Zadeh K, Kopple JD et al. A proposed nomenclature and diagnostic criteria for protein – energy wasting in acute and chronic kidney disease. Kidney Int 2008; 73: 391-398

 
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Abb. 1 Vergleich der voraussichtlichen 3-Jahres-Mortalität anhand der Serum-Phosphat-Spiegel. Dabei wurden die Veränderungen der einzelnen Spiegel eines jeden der 30075 Patienten als Perzentilenwert aufgetragen.
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Abb. 2 Vergleich der voraussichtlichen 3-Jahres-Mortalität anhand der diätetischen Protein-Mengen-Einnahme bezogen auf die nPNA. Dabei wurden die Veränderungen der einzelnen Spiegel eines jeden der 30075 Patienten als Perzentilenwert aufgetragen.
nPNA = "normalized Protein Nitrogen Appearance"
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Abb. 3 Vergleich der voraussichtlichen Dreijahresmortalität anhand der 4 möglichen Kombinationsänderungen hinsichtlich Serum-Phosphat-Gehalt und nPNA. Ein Anstieg sowohl des Serum-Phosphat-Werts als auch der nPNA wurde als Referenzwert 1 festgelegt.
nPNA = "normalized Protein Nitrogen Appearance"
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Abb. 4 Die voraussichtliche 3-Jahres-Mortalitäts-Rate entsprechend der diätetischen Proteinmengeneinnahme (nPNA > 1 vs. > 1 g/kg/d) unabhängig der Veränderungen der Serum-Phosphat-Spiegel.
nPNA = "normalized Protein Nitrogen Appearance"