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DOI: 10.1055/s-0032-1329482
Interessante Historie zur Schifffahrt – Kapitän ohne Schiffbruch
Publication History
Publication Date:
19 October 2012 (online)
"… dass ich … 38 Jahre zur See gefahren habe, wovon 24 Jahre als Kapitän auf allen Meeren; habe während meiner ganzen Fahrzeit weder Schiffbruch erlitten, noch als Führer von drei verschiedenen Schiffen jemals eine schwere Havarie gehabt und habe auch nie einen Mann der Besatzung durch Unfall verloren."
Mit diesen eindrucksvollen Sätzen enden die Lebenserinnerungen des Papenburger Segelschiffskapitäns Hermann Sandmann (1818–1900), der Mitte des 19. Jahrhunderts vorzugsweise auf Papenburger Frachtseglern über nahezu alle Weltmeere gefahren ist. Er gibt mit seiner gegen Ende seines Lebens verfassten Autobiografie ein einzigartiges Zeugnis der damals schon untergegangenen Epoche der Frachtsegelschifffahrt.
Erlebte Zeitgeschichte
Sandmann hatte die Herausforderungen seines Berufs von der Pieke auf gelernt und begann als Schiffsjunge 1831 im Alter von nur knapp 13 Jahren zur See zu fahren. Den Leser erwartet eine spannende Vielzahl von kulturhistorisch interessanten, maritimen Begebenheiten und von zeitgeschichtlichen Schilderungen: zum Beispiel wie man als Kapitän eines Handelsschiffs in Odessa den Beginn des Krimkriegs im Jahr 1854 erlebte oder familiensoziologische Implikationen. Damals war es selbstverständlich, dass bei den langen Abwesenheiten auch Ehefrau und Kinder mit an Bord waren.
Das Leben in bedeutenden Häfen, wie Hongkong oder Singapore, wird beschrieben – aber auch ein Ort namens Adelaide, den Sandmann bei einer Fahrt mit osteuropäischen Auswanderern nach Australien kennenlernte und der statt des erhofften Eldorados eher "einem großen Bauerngehöft als einer Stadt ähnlich sah."
Auch diverse medizinisch interessante Ereignisse kommen zur Sprache: Kuriose Unfälle, die Sandmann am eigenen Leib erlebte, wie ein Sturz im Sturm durch ein Luk ins Schiffsinnere, ein Blitzeinschlag, der fast zum Großbrand an Bord führte, selbstlose Rettungsaktionen für Schiffbrüchige, Quarantänemaßnahmen in Häfen des Schwarzen Meeres, eine Kohlenmonoxidvergiftung, der fast die gesamte Besatzung zum Opfer gefallen wäre, sowie Cholerafälle an Bord.
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Fürsorglicher Kapitän
Besonders eindrucksvoll ist die väterliche Fürsorge des Kapitäns für seine Besatzung auf Papenburger Segelschiffen. Sie erstreckte sich nicht nur auf die Erhaltung der Gesundheit, beispielsweise durch gutes Essen oder durch präventivmedizinische Maßnahmen, sondern auch auf den allgemeinen Umgang innerhalb der Besatzung. In einer Zeit, in der schwere Unfälle und rüde Umgangsformen an Bord vorherrschten, war es keineswegs selbstverständlich, ein möglichst angenehmes Arbeitsumfeld zu erzielen.
Ein Ururenkel Sandmanns und ehemaliger Marineoffizier, Admiralarzt a. D. Dr. Karl-Wilhelm Wedel, hat die Publizierung der Tagebuchaufzeichnungen, zahlreicher Bilder und weiterer Originaldokumente ermöglicht. Erschienen sind die Aufzeichnungen als Beiheft des renommierten Deutschen Schiffahrtsarchivs, der wissenschaftlichen Reihe des deutschen Schiffahrtsmuseums Bremerhaven. Die wissenschaftliche Mitarbeiterin und Redakteurin Ursula Feldkamp, M. A., hat sie zudem hervorragend kommentiert und auch für den schifffahrtshistorischen Laien in den zeitgeschichtlichen Zusammenhang gesetzt.
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