Diagnose zerebraler Infektionen beim Immunkompetenten
Bakterielle und mykotische Infektionen
Bakterielle und mykotische Infektionen können sich als Abszesse manifestieren, letztere oft auch als Ischämien wegen des angioinvasiven Charakters der Infektion. Eine hämatogene Aussaat von Erregern insbesondere aus der Lunge ist bei mykotischen und bakteriellen Infektionen möglich. Bakterielle Infektionen können auch als Durchwanderungsabszess auftreten. Bei einem Trauma oder bei neurochirurgischen Eingriffen kann Fremdmaterial eindringen, häufigste Manifestationen einer Infektion sind neben dem Abszess eine Meningitis, seltener sind subdurale oder gar subperiostale Empyeme [1]
[2]. Die klinische und laborchemische Diagnosestellung kann schwierig sein, da eine Leukozytenerhöhung den Anschluss an das Gefäßsystem voraussetzt, der durch eine Abszesskapsel verhindert werden kann. Eine Zellzahlvermehrung im Liquor tritt bei Anschluss an die Liquorräume auf, dann kann auch ein Pyozephalus resultieren. Die klinische Symptomatik ist variabel und reicht von Kopfschmerzen und Hirndruckzeichen über Krampfanfälle bis zur Bewusstlosigkeit. In vielen Fällen unverzichtbar ist die MRT zur Unterstützung der klinischen Diagnose.
Bildmorphologie bakterieller und mykotischer Abszesse
Die Entstehung von Abszessen ist an eine intakte Immunabwehr gekoppelt: Initialstadium ist eine lokale Zerebritis, im Rahmen der Immunantwort wird eine hochvaskularisierte Kapsel gebildet, die charakteristisch ist für einen reifen Abszess. Häufig sind Abszesse an der Mark-Rindengrenze lokalisiert und rundlich.
In der FLAIR findet sich ein hypointenser Randsaum. Ursachen für die Signalabsenkung sind die kollagenreichen Bestandteile der Kapsel, eine mögliche hämorrhagische Tinktion und, bei Immunkompetenz, die von Phagozyten freigesetzten freien Radikale. Der Randsaum ist in der nativen T1 isointens oder leicht hyperintens [3]
[4]. Als indirektes Zeichen kann in der FLAIR ein Ödemsaum zu finden sein, der oft hauptverantwortlich für den raumfordernden Effekt ist.
Das Signal in der zentralen Abszesshöhle in der T1 und T2 ist stark von Proteingehalt und Viskosität abhängig. In der Diffusionswichtung (DWI) ist ein hohes Signal zu finden, der ADC ist verringert. Als physikalisches Korrelat der Diffusionseinschränkung kann die hohe Viskosität des Pus angesehen werden [5]
[6]. In einer Ex-vivo-Studie zeigten Mishra et al., dass die Dichte von Entzündungszellen den ADC-Wert beeinflusst [7]. [Abb. 1] zeigt Beispiele. Die Frage der Differenzierbarkeit von bakteriellen und mykotischen Abszessen ist Gegenstand vieler Studien. Luthra et al. [3] zeigten in ihrer Studie, in der die Signaleigenschaften von n = 91 bakteriellen und n = 8 mykotischen Abszessen untersucht wurden, dass eine Unterscheidung zwischen den Abszessen unterschiedlicher Genese möglich ist: Bei bakteriellen Abszessen ist eine Diffusionseinschränkung der zentralen Abszesshöhle nachweisbar, die sich bei mykotischen Abszessen nicht findet.
Abb. 1 Bakterieller, intraoperativ gesicherter Abszess. 54-jähriger Patient mit Hemianopsie nach rechts und Quadrantenanopsie nach links oben. In der FLAIR a lässt sich ein ausgedehnter, hyperintenser Ödemsaum im linken parietookzipitalen Marklager nachweisen sowie die hypointense Abszesskapsel (Pfeil). Nach Kontrastmittelgabe findet sich in der T1 ein ringförmiges Enhancement (Pfeil) der Läsion b. In der Diffusionswichtung c lässt sich eine Diffusionsstörung (Pfeil) mit ADC(Apparent Diffusion Coefficient)-Verminderung (Pfeil) d nachweisen.
Limitationen in der Diagnose von Abszessen mittels DWI
Wichtige Limitation der DWI ist die Differenzierung zwischen postoperativen Abszessen und hämatogenen. Während deren Erscheinungsbild sich in FLAIR und T1 ähnelt, lässt sich die für die Abszesshöhle typische Diffusionsstörung zwar bei hämatogenen Abszessen finden, bei postoperativen Abszessen kann sie fehlen. Wird nur die ADC zur Diagnose postoperativer Abszesse herangezogen, kann es zu falsch negativen Ergebnissen kommen mit einer Rate bis 36 % [8]. Als Ursache wird unter anderem die unterschiedliche Viskosität vermutet. Eine weitere Limitation betrifft sterile Abszesse: Mishra et al. [7] fanden in wenigen Fällen von sterilen Abszessen ein Fehlen der Diffusionseinschränkung, die aber auch bei positivem Erregernachweis fehlen kann.
Differenzialdiagnose des zerebralen Abszesses mit modernen Sequenzen
Das Erscheinungsbild von Abszessen, Glioblastomen, Metastasen und Lymphomen ist in den konventionellen Sequenzen ähnlich, die Differenzierung kann schwierig sein. Die Informationen aus DWI, Perfusion und DTI können weiterführen: Wang et al. [9] fanden, dass der kontrastmittelaffine Anteil von Glioblastomen eine höhere Anisotropie besitzt als der von Metastasen und Lymphomen. In der Perfusion konnten sie für Glioblastome und Metastasen einen höherer CBV(zerebrales Blutvolumen)-Wert nachweisen als für Lymphome. Viele nekrotische und zystische Hirntumoren haben ein intermediäres Signal in der DWI [5]
[10].
Relativ neu ist die SWI, mit der Blut und Kalzium differenziert werden können, die aber auch zur Beurteilung von Eisen geeignet ist. Mittels KM (KM-SWI) lassen sich Blutgefäße von Kalk und Blutablagerungen abgrenzen, letztere können durch Analyse der Phasenbilder differenziert werden [11]. Die KM-SWI kann zur Differenzierung zwischen Metastasen und Glioblastomen nützlich sein [12].
Neurotuberkulose
Erreger ist Mykobakterium tuberkulosis. Ort der Primärinfektion ist meist die Lunge, seltener Darm und Haut [13]. Die Infektion kann beim Immunkompetenten zunächst asymptomatisch verlaufen und reaktiviert werden. Extrapulmonale Manifestationen sind bei AIDS häufig, eine Neurotuberkulose ist mit einer hohen Mortalität behaftet. Die kulturelle Erregeranzucht kann 4 – 8 Wochen dauern, die Bildgebung kann eine frühe Diagnose ermöglichen: Häufig ist eine basal lokalisierte Meningitis, die von Vaskulitis und Infarkten begleitet sein kann. Exsudate in den basalen Zisternen können zu einem Hydrozephalus führen. Seltener sind Abszesse und Tuberkulome, letztere sind kleiner als Abszesse, können Verkalkungen oder Nekrosen aufweisen und in Parenchym, Meningen und Subarachnoidalraum lokalisiert sein. In der KM-T1 lässt sich ein ringförmiges Enhancement nachweisen [10]
[14]. Charakteristisch ist die Vergesellschaftung von Granulomen, basaler Meningitis, Hydrozephalus und Infarkten.
Neuroborreliose
Erreger der Lyme-Borreliose ist das Bakterium Borrelia burgdorferi, Überträger sind Zecken. Das Initialstadium ist gekennzeichnet durch grippeähnliche Symptome, nach einer Latenzzeit von 3 – 4 Wochen kann eine disseminierte Infektion auftreten, die vorrangig Nervensystem, Gelenke und Herz betrifft. Neurologische Symptomen sind bei Erwachsenen periphere Paresen, radikuläre Schmerzen und ein entzündliches Liquorsyndrom. In der Spätphase kann es nach Monaten oder Jahren zu Vaskulitis, Enzephalitis und Enzephalomyelitis kommen mit progredienten motorischen Störungen und Demenz. Eine ZNS-Beteiligung ist selten. Die Diagnose wird durch Nachweis von spezifischen intrathekalen Antikörpern gesichert.
Die Neuroborreliose kann dem Nachweis in der MRT entgehen. Das Erscheinungsmuster ist ein Mischbild: Es können Abszesse, bevorzugt in Kleinhirn und Hirnstamm, auftreten sowie T2-hyperintense, KM-affine Läsionen [15]. Bei einer Vaskulitis kommt dem Nachweis entzündlicher Gefäßwandveränderungen in der fettgesättigten KM-T1 besondere Bedeutung zu [16].
Neurolues
Erreger der Lues ist der Spirochät Treponema pallidum, die Übertragung erfolgt durch Sexualkontakte. Eine Koinfektion mit HIV ist häufig [17]. Es lassen sich 3 Krankheitsphasen unterscheiden, eine ZNS-Beteiligung ist häufig. Es können eine Meningitis, Hirnnervenneuritis und eine Polyradikulitis auftreten. Charakteristisch sind progressive Paralyse, Tabes dorsalis und meningovaskuläre Beteiligung mit Ausbildung von vaskulitischen Aneurysmen, Subarachnoidalblutungen und Infarkten. Psychiatrische Symptome sind Psychose und Demenz. Es lassen sich eine meningeale Verdickung nachweisen und unscharf berandete Gummen mit Ödem, die bevorzugte Lokalisation sind Zerebellum, Hirnstamm und Schädelbasis. In der T1 lässt sich ein Enhancement nachweisen, in der T2 ein hypo- oder isointenses Signal im Zentrum der Läsionen [15]. Auch eine Atrophie ist in vielen Fällen nachzuweisen [18].
Prioneninfektionen
Während die Diagnose einer wahrscheinlichen Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK) nach den Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie [16] klinisch gestellt und mittels Liquor- und MRT-Diagnostik unterstützt wird, erfolgt die endgültige Diagnose durch die Autopsie. Die MRT dient der Erhärtung der Verdachtsdiagnose.
Es lassen sich verschiedene Formen der CJK abgrenzen, die sporadische Form ist die häufigste Variante (sCJK). Die sCJK wird weiter unterteilt, bereits vor der molekularen Klassifikation wurden nach dem klinischem Erscheinungsbild verschiedene Varianten beschrieben (Heidenhain-, Oppenheimer-Brownell-, Stern-Garcin-Variante). Nach der molekularen Klassifikation lassen sich 6 Phänotypen unterscheiden, die neuropathologisch, klinisch und auch in der MRT differenzierbar sind [19]. Die Differenzialdiagnosen sind Demenzen, psychiatrische, entzündliche und maligne Erkrankungen. Bei alten Patienten kommen eine Alzheimererkrankung infrage, eine vaskuläre und eine Lewy-Body-Demenz [20], bei jungen eine chronische Enzephalitis [21]. Die Heidenhain-Variante ist klinisch gekennzeichnet durch das Auftreten visueller Störungen, eine Differenzialdiagnose sind unter anderem postiktale Veränderungen [22].
Bildmorphologie der Prioneninfektionen
Charakteristisch sind FLAIR-Signalanhebungen des Rindenbands und der Stammganglien, insbesondere des Thalamus. Hier lassen sich Diffusionsstörungen nachweisen. Die molekularen Subtypen lassen sich anhand unterschiedlicher Verteilungsmuster differenzieren, beispielsweise sind beim molekularen Subtyp VV2, der mit der Oppenheimer-Brownell-Variante gleichgesetzt werden kann, vorrangig die Stammganglien betroffen, während beim Subtyp MM2, der möglicherweise der Stern-Garcin-Variante entspricht, der Kortex häufiger Signalalterationen aufweist als die Stammganglien [23]. Die größte Sensitivität besitzt die DWI, auch die FLAIR ist geeignet, diese erfasst jedoch nicht immer die typischen Veränderungen [24]
[25]. Insbesondere in der Frühphase der Erkrankung lassen sich in der FLAIR häufig keine Signalalterationen nachweisen, während sich in der mittleren Phase auch hier Veränderungen nachweisen lassen [24]. In [Abb. 2] werden Beispiele gezeigt.
Abb. 2 Creutzfeldt-Jakob-Krankheit (CJK). 71-jährige Patientin mit rasch fortschreitender Demenz und Myokloni, im Verlauf trat ein akinetischer Mutismus auf. Postmortal wurde eine CJK gesichert. a In der Diffusionswichtung sind bihemisphärisch in Basalganglien und Thalamus Diffusionsstörungen nachzuweisen (Pfeile), korrespondierend hierzu findet sich in b eine Verminderung des ADC-Wertes (Pfeile).
Als neuropathologische Korrelate werden für die DWI spongiforme Veränderungen diskutiert, für die FLAIR die Gliose [19]. Schließlich lassen sich in der MR-Spektroskopie unspezifische metabolische Veränderungen nachweisen [26].
Virale Infektionen
Die häufigsten Verursacher von Virusinfektionen des ZNS beim Immunkompetenten sind Herpesviren (HHV) und Enteroviren [27]. Häufigste Infektion mit lebensbedrohlichem Ausgang ist die HSV-1-Enzephalitis, die daher im Folgenden näher vorgestellt wird. HHV-Infektionen können ein breites Spektrum neurologischer Symptome einschließlich Bewusstseinsstörungen, Hemiparese, und Krampfanfälle verursachen. Primäre Infektionen als Ursache einer Enzephalitis sind insbesondere bei Kindern möglich, bei Erwachsenen führt meist die Reaktivierung einer latenten Infektion zur Enzephalitis [28]. Da die neurologischen Symptome sich häufig rasch verschlechtern, ist auch bei dieser Infektion eine schnelle Diagnosestellung und Therapieeinleitung entscheidend [29]. Die wegweisende Untersuchung besteht in der Durchführung einer MRT [30]. Viruskulturen sind in weniger als 5 % der Fälle einer HSV-1-Infektion positiv, diagnostischer Standard ist die PCR, deren Ergebnis jedoch erst nach 6 – 8 Stunden vorliegt [31].
Präsentation der Herpesenzephalitis ist die uni- oder bilaterale mesiotemporale T2- Signalsteigerung, als Ursache für dieses Verteilungsmuster, das oft eine leichte Seitenasymmetrie aufweist, kann die Ausbreitung des Virus entlang der meningealen Äste des N. trigeminus angesehen werden [32]. [Abb. 3] zeigt das Befallsmuster.
Abb. 3 HSV-1-Encephalitis. 66-jährige Patientin mit rezidivierenden generalisierten Krampfanfällen. In der FLAIR/T2 lassen sich Signalsteigerungen beider mesialer Temporallappen einschließlich der Hippocampusregion nachweisen, die das Rindenband mit einbeziehen. Das Sulkusrelief ist verplumpt.
Das Erscheinungsbild bei Jugendlichen und Erwachsenen unterscheidet sich von den bei Kindern gefundenen Veränderungen [31]: Bei diesen finden sich häufig Hämorrhagien des medialen Temporallappens, des inferioren Frontallappens und der Inselregion, bei Neugeborenen sind diese selten [30]. Im frühen Krankheitsverlauf kann sich in der T1 ein normales Signal finden [30]. Bei der HSV-2-Infektion, die bei intrauterin infizierten Neugeborenen eine wichtige Rolle spielt, können außerdem Ischämien auftreten, häufig distant von den Primärmanifestationen lokalisiert [33].
Periolfaktorische Virusausbreitungen wurden ebenfalls berichtet [34]. Die Signalsteigerungen sind nicht – wie bei der CJD – auf das Rindenband begrenzt, die Entitäten lassen sich daher gut abgrenzen. Jedoch sind Einzelfälle berichtet, in denen beispielsweise eine Neurosyphilis [35] oder eine Infektion mit Listeria monocytogenes [36] mit einem solchen Verteilungsmuster einhergehen.
Parasitosen
Zystizerkose
Die häufigste Parasitose des Immunkompetenten ist die Zystizerkose, Erreger ist die Larve des Schweinebandwurms, Taenia solium. Die Übertragung erfolgt durch Lebensmittel. Eine Infektion führt in bis zu 90 % der Fälle zu einer ZNS-Beteiligung [10]
[15]. Klinische Symptome sind Kopfschmerzen, Wesensänderung, epileptische Anfälle und fokal-neurologische Defizite.
Die Läsionen können an der Mark-Rindengrenze, im vierten Ventrikel und subarachnoidal lokalisiert sein. Bei Parenchymbefall lassen sich in Abhängigkeit des Stadiums verschiedene Erscheinungsbilder abgrenzen [15]:
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Initialstadium: Es lässt sich nur ein fokales Ödem nachweisen, selten eine KM-Aufnahme. Es folgt die Ausbildung einer T1-hypointensen, T2-hyperintensen Zyste mit einem Skolex (in T1 und T2 parenchymisointens).
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Kolloidvesikelstadium: Der Proteingehalt der Zyste nimmt zu, das Signal ist T2-hyperintens. Um die Läsion wird eine fibröse Kapsel gebildet, es entsteht ein perifokales Ödem.
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Granulär-noduläres Stadium: Die Läsion ist in T2 iso- oder hypointens, in der T1 isointens, es lässt sich eine noduläres oder ringförmiges Enhancement nachweisen. Das Ödem ist rückläufig.
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Kalzifiziertes Stadium: Nach einer abgelaufenen Entzündung können sich punktförmige Verkalkungen nachweisen lassen.
Bei Liquorraumbefall komt es nicht zur Ausbildung eines Skolex. Die Zysten sind liquorisointens und nicht kontrastmittelaffin, jedoch motil.
Echinokokkose
Erreger sind Hunde- (Echinokokkus granulosus) bzw. Fuchsbandwurm (E. multilokularis). Die Infektion des Menschen erfolgt durch Ingestion, es erfolgt die hämatogene Aussaat mit Entwicklung von Hydatiden. Ein ZNS-Befall ist selten [37]. Symptome sind Liquorzirkulationsstörung, fokal-neurologische Ausfälle und epileptische Anfälle. Der Liquorbefund kann normal sein. Während die wandlosen Echinokokkus-multilokularis-Zysten invasiv wachsen und multiple Zysten aufweisen, ist das Wachstum der solitären Echinokokkus-granulosus-Zysten verdrängend. Die Zysten besitzen ein liquorisointenses Signal, eine Zystenruptur geht mit einer entzündlichen Umgebungsreaktion einher [15].
Toxoplasmose
Erreger der Toxoplasmose ist das Protozoon Toxoplasma gondii, die Übertragung kann in utero stattfinden [38], durch den Verzehr von rohem Fleisch, durch Kontakt mit Katzenkot oder durch Bluttransfusionen. Bei Immunkompromittierten sind mögliche Symptome Fieber, Wesensänderung, Krampfanfälle und das Auftreten fokal-neurologischer Defizite. Die Toxoplasmose ist die häufigste opportunistische Infektion bei manifester AIDS-Erkrankung [10]. Die Läsionen sind rundlich und nehmen exzentrisch Kontrastmittel auf. Das Signalverhalten florider Läsionen ist in der T2 variabel, in der nativen T1 sind die Läsionen iso- oder hypointens. Bevorzugte Lokalisation sind Basalganglien, Thalamus und Mark-Rindengrenze. Wichtigste Differenztialdiagnose sind Lymphome, die jedoch periventrikulär oder subependymal lokalisiert sind und ein isointenses Signal in der T2 aufweisen. Wichtige Zusatzinformationen liefern auch hier DWI, PWI und Spektroskopie [39]: Der ADC von Toxoplasmose-Herden ist höher als der ADC von Lymphomen. In der MR-Spektroskopie lassen sich in den Toxoplasmose-Läsionen hohe Lipid- und Laktat-Werte nachweisen, während andere Metabolite wie NAA fehlen. Hingegen lassen sich in Lymphomen Cholin- und NAA-Peaks nachweisen. Charakteristisch für Lymphome ist eine Hyperperfusion in der PWI [40].
Wert der MRT in der Diagnose zerebraler Infektionen bei Immunkompromittierten
Beim Immunkompromittierten sind ZNS-Infektionen häufiger als beim Immunkompetenten, auch nehmen sie häufiger dramatische Verläufe. Die Ursachen einer Immunschwäche sind vielfältig und reichen von onkologischen und rheumatologischen Erkrankungen über Infektionen bis zur immunsuppressiven Therapie.
Das Erregerspektrum ist vielfältiger als beim Immunkompetenten und wird durch die opportunistischen Erreger erweitert, häufige Pathogene sind Toxoplasma gondii, Aspergillen, Kryptokokken, Kokzidiose und Kandida, jedoch auch die Reaktivierung einer Tuberkulose oder einer JC-Virusinfektion (siehe unten) ist möglich. Eine fast ausschließlich beim Immunkompromittierten auftretende Pilzinfektion ist die Mukormykose, der Erreger kann sich nach Inhalation von den Nasennebenhöhlen über Sinus cavernosus und Orbita bis ins Hirnparenchym ausbreiten [41]. Komplikationen sind beispielsweise Thrombosen der Arteria carotis interna und ein Hydrozephalus. Die Läsionen sind in der T1 hypointens, nehmen randlich Kontrastmittel auf, sind in der T2 hyperintens, besitzen raumfordernde Wirksamkeit und einen perifokalen Ödemsaum. Ein Beispiel ist in [Abb. 4] gezeigt.
Abb. 4 Mucormykose. 42-jähriger Patient in Aplasie bei Rezidiv einer AML und einem seit einer Woche bestehenden Infekt der Nasennebenhöhlen. In der kontrastmittelangehobenen T1w-Nachweis einer zirkulären Weichteilverlegung des linken Sinus maxillaris (Pfeil), randlich KM-affin, zentral hypointens, die sich in die linke Orbita nach intrakonal fortsetzt, der Bulbus ist deformiert. Weitere Anteile der Raumforderung lassen sich im periorbitalen Weichteilmantel nachweisen. Die Dura ist am linken Temporalpol verdickt und nimmt Kontrastmittel auf.
Da eine adäquate Immunantwort nicht möglich ist, weichen häufig die typischen Bildmuster von denen beim Immunkompetenten ab: So fehlen häufig Abszesskapsel und Ödem. Findet die Ausbildung einer Abszesskapsel nicht statt, kann die Abgrenzung gegenüber einem Malignom erschwert sein. In diesem Fall kann die DWI eine Unterscheidung ermöglichen, da das Zentrum eines Abszesses in Abgrenzung zu einem Tumor meist eine Diffusionseinschränkung aufweist. Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit bietet die MR-Spektroskopie: Während sich in Abszessen Resonanzspektren bei 1,92 ppm (Azetat), 1,3 ppm (Laktat), 1,5 ppm (Alanin), 2,4 ppm (Sukzinat) und 0,9 ppm (Valin, Leuzin und Isoleuzin) nachgewiesen werden können, finden sich in Malignomen erhöhte Resonanzspektren von Cholin (3,2 ppm), Lipiden (0,8 und 1,5 ppm) und Laktat (1,3 ppm) mit Erniedrigung von NAA (2,0 ppm).
Häufigste Manifestation einer ZNS-Infektion ist die Meningitis [14]. In der FLAIR lässt sich oft eine Verdickung der Meningen nachweisen, in der T1 ein Enhancement. Der Post-KM-FLAIR wird die höchste Sensitivität zugesprochen.
Ist die Diagnose durch das Fehlen der typischen Bildmorphologie erschwert, ist der Stellenwert der MRT vermindert und der Erregernachweis aus Gewebeprobe, Blutkultur oder Liquor tritt in den Vordergrund.
Weil das Erscheinungsbild zerebraler Infektionen in der MRT beim Immunkompromittierten vielfältig ist, fokussiert sich die vorliegende Arbeit auf die Charakterisierung der Morphologie beim Immunkompetenten.
JC-Virus und PML
Eine Infektion mit dem JC-Virus (JCV) kann sich als Progressive multifokale Leukenzephalopathie (PML) manifestieren [10]
[42]. Nach der Primärinfektion, meist in der Kindheit, kann der JCV in renalen Tubuluszellen und lymphatischen Organen persistieren, eine Immunsuppression kann eine Reaktivierung der Infektion zur Folge haben. JCV-Antikörper können bei 86 % der Erwachsenen nachgewiesen werden [43]. Die Infektion tritt fast ausschließlich bei Immunkompromittierten auf und verläuft meist letal.
Die Infektion geht mit vielfältigen neurologischen und psychiatrischen Symptomen einher. Die Diagnose einer „sicheren PML“ wird durch histologische Sicherung oder Nachweis mittels PCR gestellt. Anhand einer MRT kann die Diagnose einer „möglichen PML“ gestellt werden.
Es finden sich in der T1 Signalabsenkungen und in der T2 auffällig symmetrische Signalsteigerungen des parietalen, okzipitalen und frontalen Marklagers, die aufgrund des Verteilungsmusters einer toxischen Leukenzephalopathie ähneln können. [Abb. 5] zeigt ein Beispiel. Häufig ist auch eine symmetrische Verteilung im posterioren Marklager (DD posteriores reversibles Enzephalopatie-Syndrom). Die Beteiligung des Corpus callosum tritt meist zusammen mit der lobären Beteiligung auf, selten auch solitär, dann sind ein Lymphom und ein Astrozytom abzugrenzen. Selten sind Manifestationen in Pons und Mesenzephalon, atypisch ist die kortikale Beteiligung.
Abb. 5 Progressive multifokale Leukoenzephalopathie (PML). 23-jährige Patientin mit JCV-Infektion bei HIV, generalisierte Krampfanfälle. In der FLAIR/T2 lassen sich Signalanhebungen im frontalen Marklager nachweisen, die seitenasymmetrisch mit Bevorzugung der rechten Hemisphäre ausgeprägt sind (Pfeil) und das Rindenband aussparen.
Anders als bei einer HSV-1-Infektion tritt eine Diffusionsstörung meist nicht auf. Ausnahmen sind Phasen aktiver Demyelinisierung und rascher Progredienz sowie Fälle einer begleitenden Entzündung [44]. Fehlen die typischen Läsionsmuster in den konventionellen Sequenzen, lassen sich in funktionellen Sequenzen Veränderungen nachweisen: In der MR- Spektroskopie lässt sich beispielsweise Cholin als Hinweis auf eine Demyelinisierung nachweisen [39], in der DTI (diffusion tensor imaging) kann eine Verminderung der fraktionalen Anisotropie auch dann nachgewiesen werden, wenn Diffusionseinschränkungen nicht nachweisbar sind[45].
JC-Virus: weitere Erkrankungen
Neue Erkrankungen im Zusammenhang mit einer JCV-Infektion sind beschrieben [46]
[47]: Befällt das JCV Neurone, kann es zu einer Granularzell-Neuronopathie (GCN) kommen. Manifestationsort ist das Zerebellum, Symptome sind Ataxie und Dysarthrie. Die Erkrankung kann isoliert oder zusammen mit einer PML auftreten. Die Diagnose wird durch eine Biopsie gesichert, in der MRT lässt sich eine zerebelläre Atrophie nachweisen.
Eine weitere Erkrankung ist die in einem Fallbericht beschriebene JCV-Enzephalitis [48]. Die Patientin hatte eine Chemotherapie erhalten und fiel durch eine rasche kognitive Verschlechterung auf. In der MRT waren zunächst eine Kortexbeteiligung, im Verlauf die Beteiligung subkortikaler Areale nachweisbar.
Mit einer JCV-Infektion kann auch eine Meningitis assoziiert sein, nicht sicher ist, ob es sich um eine Primärinfektion oder um eine Reaktivierung handelt. Nach der meist asymptomatischen Primärinfektion kann der Virus im ZNS persistieren. Symptome sind Nackensteifigkeit, Doppelbilder, Kopfschmerzen und Übelkeit. Die bei einer PML auftretenden fokalen Läsionen der weißen Substanz fehlen, es lässt sich eine geringe Erweiterung der inneren Liquorräume nachweisen. Der Virusnachweis im Liquor gelingt mittels PCR.