Es besteht kein Zweifel: Die Patienten in die Therapie einzubinden, ist ein wichtiger Bestandteil der modernen Physiotherapie. Sie sollen nicht nur passiv behandelt werden, sondern sollen über Therapieverlauf und - inhalte mitentscheiden und zu Hause selbstständig üben. Das fordert auch der Heilmittelkatalog. Doch viel zu häufig passiert es, dass in der Therapie keine Zeit bleibt, die Patienten ausreichend lange anzuleiten, oder dass sich trotz ausführlicher Erklärungen alle therapeutischen Ratschläge binnen weniger Tage in Wohlgefallen auflösen. Der Patient kommt zur nächsten Sitzung mit einer höchstens rudimentären Vorstellung dessen, was er vor zwei Tagen in der Praxis hörte und gezeigt bekam.
„Das Programm enthält über 350 Videos und 60 Infotexte mit Bildern.“
Mario Klischtsch
Heimprogramm per PC
Mario Klischtsch, Physiotherapeut seit 2006, kennt dieses Problem zur Genüge. Vor knapp zwei Jahren entwickelte er daher die Online-Therapiebegleitung physio@home.de. „Dieses Programm enthält über 350 Übungsvideos mit diversen Mobilisations- und Stabilisationsübungen sowie über 60 mit Bildern angereicherte Informationstexte, etwa zu verschiedenen Transfers und zu Krankheitsbildern wie der Spondylolisthese“, erklärt der Therapeut. Physio@home.de funktioniert denkbar einfach: Jeder Clip und Infotext ist mit einer Nummer versehen. Der Therapeut hat einen Katalog, in dem die Elemente aufgelistet sind. Er sucht gemeinsam mit dem Patienten die für ihn passenden heraus und notiert die entsprechenden Nummern - gegebenenfalls mit Frequenz und Wiederholungszahlen - auf einer Übungskarte. Zu Hause kann sich der Patient dann bei physio@home.de einloggen, über die Nummern „seine“ Übungen und Infos finden und erhält damit ein individuelles und übersichtliches Eigenübungsprogramm, das beliebig erweiter- und veränderbar ist. Bei der Konzeption der Seite hat Mario Klischtsch darauf geachtet, dass sich auch Patienten mit geringen PC-Kenntnissen gut zurechtfinden.
Gesucht: Physiotherapeuten und 100 Patienten
Nun steht an, physio@home.de auf dessen Praxistauglichkeit hin zu testen. „Dazu benötige ich Hilfe von engagierten physiotherapeutischen Praxen und insgesamt 100 Patienten mit orthopädischen Beschwerden“, sagt Mario Klischtsch. In seiner Studie will er anhand einer Patientenbefragung untersuchen, ob sein Programm das Therapieergebnis positiv beeinflussen kann: Wie gut bleiben die Patienten in und nach Ende der Therapie „bei der Stange“? Wie ändert sich ihr subjektiver Gesundheitszustand? Die Ergebnisse möchte er mit den Angaben von 50 Patienten vergleichen, die das Online-Programm nicht nutzen. Erhoben werden die Daten zu Beginn und nach Abschluss der Therapie.
Sicher gibt es Physiotherapeuten, die sich für diese Idee begeistern. Auf die Ergebnisse der Tests darf man gespannt sein.