Die erfolgreiche Reihe der DGIM-Gesellschaftsausgaben wird mit diesem Heft der Deutschen
Medizinischen Wochenschrift fortgesetzt. Das Heft zeigt in besonderer Weise die Breite
des Faches
Innere Medizin. Die Themen sind für alle Internisten relevant, unabhängig davon ob
sie in einer
zunehmenden Spezialisierung in einem Schwerpunkt tätig sind oder nicht. Es kommt in
unserer
alternden Gesellschaft immer häufiger vor, dass internistische Patienten gleichzeitig
Störungen
mehrerer Organsysteme aufweisen. Dies erfordert breite internistische Kenntnisse.
Man kann daher nur
hoffen, dass der breit ausgebildete Internist auch künftig seine Bedeutung im deutschen
Gesundheitswesen behält.
Ein weiterer wichtiger Aspekt wird in diesem Heft in mehreren Beiträgen sehr deutlich:
die
Bedeutung der Versorgungsforschung und der Evaluation neuer Therapieverfahren nach
der Zulassung.
Ein erstes Beispiel ist die kathetergestützte Aortenklappenimplantation zur Behandlung
der
Aortenklappenstenose, ein zunehmend angewandtes Verfahren zum Aortenklappenersatz
bei älteren,
inoperablen Patienten (s. S. 218). Dieses
Verfahren stellt eine der wesentlichen Neuerungen der interventionellen Kardiologie
der letzten
Jahre dar. Es erfordert erhebliche technische Fertigkeiten der Ärzte. Im Zusammenhang
mit diesem
Verfahren gibt es aber zurzeit auch ökonomische Anreize für die anwendenden Zentren.
Gerade deshalb
ist es von entscheidender Bedeutung, dass die neue Methode mit einer systematischen,
unabhängigen
(!), akademischen Forschung nach der Zulassung evaluiert wird, um herauszufinden,
welche
Patientengruppen wirklich davon profitieren und welche strukturellen Voraussetzungen
die
Einrichtungen haben müssen, die ein solches Verfahren anwenden. Es ist daher zu begrüßen,
dass in
einigen europäischen Ländern und auch in Deutschland Register geführt werden, um diese
und andere
Fragen zu beantworten.
Mit ähnlicher Sorgfalt muss auch der Stellenwert der kardiovaskulären Magnetresonanztomographie
noch kritisch und unabhängig geprüft werden, wie der Artikel von Neizel-Wittke und
Schulz-Menger
zeigt (s. S. 192). Die neuen Verfahren des
extrakorporalen Gasaustausches in der Intensivmedizin sind ein weiteres, zunehmend
angewandtes
Verfahren, das ebenfalls noch einer kritischen Bewertung durch die klinische Forschung
bedarf
(s. S. 188).
Ein ähnliches Vorgehen wäre insbesondere auch für viele neue, oft teure Therapieverfahren
in der
Onkologie nach der Zulassung dringend geboten. Ein Beispiel hierzu erwähnt N. Harbeck
für die neuen,
zunehmend durch die Molekularpathologie gesteuerten Therapieverfahren des Mammakarzinoms
(s. S. 180). Häufig wissen wir noch nicht, ob die
neu zugelassenen Medikamente im Alltag, d. h. im Einsatz bei unselektierten oder älteren
Krebspatienten die Prognose oder die Lebensqualität wirklich verbessern.
Die Entwicklung einer nationalen oder europäischen Strategie zur Evaluation von neuen
Therapeutika oder Diagnostika nach ihrer Zulassung ist daher dringend geboten. Die
Deutsche Gesellschaft für Innere Medizin wird in den kommenden Monaten verstärkt darauf
einwirken, dass Strategien entwickelt werden, welche die Versorgungsforschung und
Therapieoptimierungsstudien fördern, um eine unabhängige Bewertung neuer Verfahren in der Medizin zu erlauben. Die Kostenträger profitieren
von einer durch unabhängige Studien ermittelten Evidenz für therapeutische und diagnostische
Verfahren. Die Politik, die Kostenträger und wir Ärzte sollten daher gemeinsam darauf
hinwirken, dass auch künftig genügend Mittel für die unabhängige Erarbeitung dieser
Evidenz bereitstehen.
Auch in dieser Hinsicht bietet dieses Heft die schnelle, unabhängige Orientierung
über mehr oder weniger evidenzbasierte, in jedem Fall aber neue Therapieverfahren
in der gesamten Inneren Medizin. Ich wünsche Ihnen viel Freude mit der hoffentlich
auch für Sie informativen Lektüre.
Ihr
Prof. Dr. Michael Hallek, Köln