Sportverletz Sportschaden 2012; 26(04): 191
DOI: 10.1055/s-0032-1333366
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Stress – Kleine Handbewegung hilft im Wettbewerb

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Publication Date:
07 January 2013 (online)

 
 

    Vor dem Wettkampf einen kleinen Ball in der linken Hand zusammendrücken: Mit diesem einfachen Trick können Sportler vieler Disziplinen ein Versagen unter Druck vermeiden. Dies haben Sportpsychologen der Technischen Universität München (TUM) herausgefunden. Danach aktiviert die Handbewegung Bereiche in der rechten Gehirnhälfte, die für Bewegungsabläufe zuständig sind. Gleichzeitig hemmt sie Gehirnregionen, die das Abrufen von automatisierten Bewegungen stören können.

    Ob Tritte beim Karate oder das Schießen eines Fußballs: Für Sportler werden bei jahrelangem Training viele Bewegungen zu Automatismen, die sie nicht mehr bewusst steuern. Wenn Athleten unter Druck ihre Leistung abrufen sollen, machen sie sich diese Bewegungsabläufe jedoch manchmal zu präsent: "Athleten zeigen meist eine bessere Leistung, wenn sie sich auf ihre motorischen Fähigkeiten verlassen und dabei nicht allzu viel über Bewegungen und Trainingsempfehlungen nachdenken", erklärt Prof. Jürgen Beckmann vom Lehrstuhl für Sportpsychologie.

    Wie aber können sie trotz Stress diese Automatismen abrufen? Sportpsychologen der TUM haben herausgefunden, dass Rechtshänder, die vor dem Wettkampf einen Ball in ihrer linken Hand zusammendrückten oder diese Hand zur Faust ballten, ihre Leistung unter Stress besser abrufen konnten als Rechtshänder, die den Ball mit der rechten Hand gedrückt hatten. Der Grund: Die oberen Extremitäten sind mit der jeweils gegenüberliegenden Gehirnhälfte verschaltet. Mit der linken Hand lassen sich also die rechts gelegenen Gehirnregionen aktivieren, die automatisierten Bewegungsabläufen zugeordnet sind.

    Geballte Faust hilft beim Elfmeter

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    Stress vor dem Wettkampf? Dann sollten Rechtshänder laut einer Studie der TU München wiederholt mit der linken Hand zugreifen. Das aktiviere Regionen der rechte Gehirnhälfte, die komplexen Automatismen zugeordnet werden. Dazu eignet sich bspw. ein kleiner Ball. (©ccvision)

    "Indem Sportler den Ball oder einfach ihre linke Hand zusammendrücken, aktivieren sie neuronale Bereiche in der rechten Gehirnhälfte. So erhöhen sie die Wahrscheinlichkeit, dass sie automatisiertes Verhalten im richtigen Moment abrufen können. Gleichzeitig unterdrücken sie damit auch die linke Gehirnhälfte, die das bewusste, sprachliche Nachdenken über Bewegungsinstruktionen steuert", sagt Beckmann. Untersucht haben die Wissenschaftler Rechtshänder, weil bei ihnen die Interaktionen der verschiedenen Gehirnareale eindeutiger lokalisiert sind.


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    Besonders bei komplexen Handlungen zu empfehlen

    Die Psychologen haben in ihren Experimenten erfahrene Fußballspieler, Karatekämpfer und Badmintonspieler auf ihre Leistungsfähigkeit untersucht – zunächst beim Training, anschließend unter Druck, wie etwa bei einem Wettkampf vor großem Publikum oder einer Beurteilung durch Trainer. Sie stellten fest, dass der Trick vor dem Wettkampf insbesondere bei Sportarten wirkt, bei denen Genauigkeit und komplexe Bewegungsabläufe eine große Rolle spielen, etwa beim Elfmeterschuss im Fußball oder bei Golfern.

    Auch über den Sport hinaus könnten die Ergebnisse Bedeutung haben: "Ältere Menschen konzentrieren sich aus Angst vor einem Sturz oft zu stark auf ihre Bewegungsabläufe", sagt Beckmann. "Rechtshänder könnten ihr Gleichgewicht verbessern, wenn sie etwa vor dem Treppensteigen ihre linke Hand zusammenballen." Derzeit wird die Wirksamkeit der Methode auch bei professionellen Musikern überprüft.

    Die Publikation "Preventing Motor Skill Failure Through Hemisphere-Specific Priming: Cases From Choking Under Pressure" ist im September beim Journal of Experimental Psychology erschienen.

    Nach einer Pressemitteilung
    (TUM)


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    Stress vor dem Wettkampf? Dann sollten Rechtshänder laut einer Studie der TU München wiederholt mit der linken Hand zugreifen. Das aktiviere Regionen der rechte Gehirnhälfte, die komplexen Automatismen zugeordnet werden. Dazu eignet sich bspw. ein kleiner Ball. (©ccvision)