Sportverletz Sportschaden 2012; 26(04): 192
DOI: 10.1055/s-0032-1333378
Für Sie notiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Depressionen – Sport statt Antidepressiva?

Contributor(s):
Britta Brudermanns
Sieverdes J.C. et al.
Med Sci Sports Exerc 2012;
44: 260-265
Further Information

Publication History

Publication Date:
07 January 2013 (online)

 
 

Diese Frage ist vielleicht zu kurz gegriffen, aber lange nicht unberechtigt: Die Assoziation zwischen depressiven Symptomen und physischer Aktivität bei Männern haben John C. Sieverdes et al. analysiert. Dabei stellten sie fest: Schon Männer, die moderat aktiv waren, litten deutlich seltener unter depressiven Symptomen als inaktive Menschen.
Med Sci Sports Exerc 2012; 44: 260–265

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Die Anzahl der Menschen mit Depressionen ist in den vergangenen Jahren enorm angestiegen, vor allem auch bei den Jüngeren: "Der mit Antidepressiva behandelte Anteil der Studierenden stieg seit 2006 um mehr als 40 %", erklärt Dr. Thomas Grobe vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitssystemforschung in Hannover (ISEG), der entsprechende Daten im Jahr 2011 für die Techniker Krankenkasse ausgewertet hatte. Sport könnte sicher helfen, diesen Trend positiv zu beeinflussen. Eine weitere aktuelle Studie aus diesem Jahr hatte ergeben, dass regelmäßiger Sport auch bei Patienten mit Herzinsuffizienz nicht nur die kardiovaskulären Komplikationen, sondern auch depressive Symptome reduziert (Blumenthal J A et al. JAMA 2012; 308: 465-474). (©pixland)

Depressionen gehören zu den am stärksten einschränkenden psychischen Erkrankungen, die Diagnose "Depressive Episode" belegte laut Auswertung der Techniker Krankenkasse im Jahr 2010 "erstmals den traurigen Spitzenplatz bei den Fehltagen, noch vor Rückenschmerzen und Erkältungen". Warum Sport hier helfen könnte, zeigte aktuell eine amerikanische Querschnittsanalyse , an der sich 9580 Männer im Alter zwischen 20 und 87 Jahren beteiligten.

Alle Studienteilnehmer vervollständigten zwischen den Jahren 1996 und 2006 die 10-items umfassende Epidemiological Studies Depression Scale. Dabei wurden depressive Symptome durch ein Ergebnis von 10 oder höher definiert. Gleichzeitig erfassten die Autoren die körperliche Aktivität der Studienteilnehmer mithilfe der "US Department of Health and Human Services‘ 2008 Physical Activity Guidelines for Americans". Die Questionnaires erfragten die Selbsteinschätzung der körperlichen Aktivität der Männer in ihrer Freizeit. Die physische Aktivität stuften die Autoren in 4 Kategorien ein:

  • inaktiv (0 Metabolisches Äquivalent * min / Woche)

  • niedrig (1–499 MET*min / Woche)

  • mittel (500–999 MET*min / Woche)

  • hoch (≥ 1000 MET*min / Woche )

In der gesamten Kohorte hatten 7,6 % der Männer (n = 727) depressive Symptome. Es bestand eine signifikante inverse Korrelation zwischen den Kategorien der physischen Aktivität und den depressiven Symptomen (p < 0,0001). Eine verringerte Wahrscheinlichkeit für depressive Symptome fanden die Autoren bei allen Arten der betrachteten körperlichen Aktivitäten (OR = 0,36–0,58).

Plateau erreicht bei 150 Minuten mäßige Aktivität / Woche

Im Vergleich zur inaktiven Gruppe zeigten die Gruppen mit niedriger, mittlerer und hoher physischer Aktivität eine um 24, 51 und 51 % geringere Wahrscheinlichkeit für depressive Symptome. Diese inverse Relation blieb nach der Stratifizierung der Gruppen nach Alter und BMI bestehen. Die einzige Ausnahme bildete hierbei die Gruppe der über-60-Jährigen, die im Vergleich zu den anderen Altersstufen weniger depressive Symptome aufwiesen.

Durch die Ausübung starker körperlicher Aktivität wurde das Risiko für depressive Symptome am deutlichsten verringert. So zeigten Männer, die z. B. Racquetball oder Tennis spielten im Vergleich zu inaktiven Männern eine um 64 % geringere Wahrscheinlichkeit für depressive Symptome (OR = 0,36; 95 %-KI = 0,21–0,61). Bei Radfahrern oder Schwimmern waren die Ergebnisse ähnlich (OR = 0,47–0,58).


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Schwergewichte profitieren bereits von wenig Bewegung

Bei Männern mit einem BMI von 30 kg / m2 und mehr verringerte sich die Wahrscheinlichkeit für depressive Symptome bereits mit geringer körperlicher Aktivität. Jene mit einem BMI von < 30 kg / m2 benötigten mindestens 500 MET*min / Woche benötigten, um eine ähnliche Wirkung zu erreichen. Dieses entspricht etwa150-Minuten / Woche mäßig-intensiver Aktivität wie z. B. Walking.

Fazit

Es besteht eine inverse Assoziation zwischen körperlicher Aktivität und depressiven Symptomen. Der größte Benefit war in der Kategorie "mittlere physische Aktivität" zu beobachten. Dieser erreichte bei ungefähr 500 MET*min/Woche ein Plateau. Damit zeigt sich, dass körperliche Aktivität sich nicht nur auf die physische Konstitution positiv auswirkt, sondern auch die Wahrscheinlichkeit depressiver Symptome verringert. Diese Erkenntnis sollte nach Ansicht der Autoren stärker in Therapiekonzepte einbezogen werden.


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Die Anzahl der Menschen mit Depressionen ist in den vergangenen Jahren enorm angestiegen, vor allem auch bei den Jüngeren: "Der mit Antidepressiva behandelte Anteil der Studierenden stieg seit 2006 um mehr als 40 %", erklärt Dr. Thomas Grobe vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitssystemforschung in Hannover (ISEG), der entsprechende Daten im Jahr 2011 für die Techniker Krankenkasse ausgewertet hatte. Sport könnte sicher helfen, diesen Trend positiv zu beeinflussen. Eine weitere aktuelle Studie aus diesem Jahr hatte ergeben, dass regelmäßiger Sport auch bei Patienten mit Herzinsuffizienz nicht nur die kardiovaskulären Komplikationen, sondern auch depressive Symptome reduziert (Blumenthal J A et al. JAMA 2012; 308: 465-474). (©pixland)