Der Klinikarzt 2013; 42(01): 45
DOI: 10.1055/s-0033-1334818
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"Schmerzfreie Stadt Münster" – Was kostet der Schmerz?

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Publication Date:
30 January 2013 (online)

 
 

    Schmerz ist nicht nur ein Krankheitssymptom: Er ist gewissermaßen auch eine volkswirtschaftliche Krankheit. Denn nach aktuellen Daten der Barmer GEK kostet die Behandlung eines Schmerzpatienten durchschnittlich 8107 Euro pro Jahr. Rechnet man neben diesen reinen Behandlungskosten die indirekten Kosten für Arbeitsunfähigkeit, Frühberentung, Umschulungen etc. hinzu, so gehen chronische Schmerzen jährlich mit Gesamtkosten von rund 38 Milliarden Euro einher. Das Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster legt jetzt erstmals Daten zur Schmerzbehandlung im Krankenhaus vor.

    Wie ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis?

    "Die Kosten einer Behandlung sind das eine: Entscheidend ist jedoch in erster Linie erst einmal ihr Nutzen", erklärt Prof. Matthias Augustin den Leitgedanken seiner gesundheitsökonomischen Analyse der gesammelten Daten. Schließlich, so der Vorstand des Hamburg Center for Health Economics (HCHE), sei es ein Grundprinzip des deutschen Sozialrechtes, dass grundsätzlich Nutzen vor Kosten gehe. Dem gegenüber stehe jedoch der enorme Kostendruck im Gesundheitswesen, der vielfach dazu führe, dass Ärzte in ihrem Handeln inzwischen häufig zu einem ökonomischen Minimalprinzip gezwungen würden.

    "Die Analyse der in 6 münsterischen Krankenhäusern gesammelten Daten ist daher stets unter 3 Aspekten zu sehen", so Augustin: "Erstens: Haben sich die Kosten für Arzneimittel und Therapien verändert? Zweitens: Welchen Nutzen haben die Patienten und die anderen Beteiligten durch dieses Eingreifen davon getragen? Und drittens: Was hat die durch das Aktionsbündnis initiierte Intervention, darunter z. B. Mitarbeiterschulungen in den Kliniken, gekostet?


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    Weniger Schmerzen ohne Mehrkosten

    Die Auswertung der Studiendaten ergab eine insgesamt positive ökonomische Bilanz: Die Schmerzversorgung am ersten Tag nach der Operation konnte ohne Mehrkosten an Arzneimitteln verbessert werden. Gleichzeitig ließ sich das Schmerzempfinden der Patienten durch die Interventionsarbeit nochmals deutlich senken. "Ein ganz wichtiges Resultat, zumal wir davon ausgehen können, dass sich dieser Effekt noch verstärkt, je mehr Patienten von der neuen Verordnungspraxis profitieren", ergänzt Jürgen Osterbrink.

    Die Analyse ergab, dass die Interventionskosten, die durch das Aktionsbündnis getragen wurden, sich auf einmalig ca. 15 000 Euro pro Krankenhaus beliefen", so Gesundheitsökonom Augustin. "Eine sehr sinnvolle Investition, zumal durch die Intervention und die Optimierungsmaßnahmen sehr viele münsterische Patienten zusätzlich in den Genuss einer gezielten Schmerzkontrolle kommen." Zudem gelte auch hier das Prinzip der Nachhaltigkeit. "Die investierten 15 000 Euro werden sich für die teilnehmenden Häuser in den kommenden Jahren noch weiter rentieren."

    Hochgerechnet auf die über 40 000 stationär behandelten Patienten der Münsteraner Krankenhäuser pro Jahr würden durch das Aktionsprogramm bei 3 von 100 Patienten bisher nicht beherrschte Schmerzen zusätzlich eingestellt. Pro Patient mit eingestellten Schmerzen würde das gesamte Programm umgerechnet ca. 77 Euro kosten – eine Summe, die als akzeptabel für die gewonnene Lebensqualität gilt.

    Augustins Fazit: "Je selbstverständlicher professionelles Schmerzmanagement an deutschen Krankenhäusern wird, desto mehr werden der einzelne Patient, aber auch die Leistungserbringer und die Kostenträger im Gesundheitswesen profitieren."

    Quelle: Pressemitteilung des "Aktionsbündnis Schmerzfreie Stadt Münster".


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