ergopraxis 2013; 6(02): 12-14
DOI: 10.1055/s-0033-1334975
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York

Internationale Studienergebnisse


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Publication Date:
07 February 2013 (online)

 

Emotionale Selbstregulation – Beeinflusst Begleiterkrankungen von ADHS

Kinder mit ADHS und unzureichender emotionaler Selbstregulation unterliegen einem erhöhten Risiko, psychische Erkrankungen und Verhaltensauffälligkeiten zu entwickeln. Zu diesem Ergebnis kam der Psychiater Joseph Biederman gemeinsam mit seinen Kollegen am Massachusetts General Hospital in Boston, USA.

Vier Jahre lang untersuchten die Forscher 482 Kinder im Alter von sechs bis 18 Jahren. 242 von ihnen hatten eine ADHS-Diagnose, die übrigen 240 Kinder dienten als Kontrollgruppe. Beide Gruppen bestanden etwa zur Hälfte aus Jungen und aus Mädchen. Die Forscher setzten verschiedene standardisierte Tests ein, um die psychosoziale Entwicklung der Kinder zu ermitteln. Außerdem baten sie die Eltern, das Verhalten ihrer Kinder in den vergangenen sechs Monaten anhand der Child Behavior Checklist (CBCL) einzuschätzen. Auf dieser Grundlage legten sie auch fest, ob ein Kind seine Emotionen angemessen regulieren konnte. Die emotionale Selbstregulation war demnach gestört, wenn das Kind auf den drei CBCL-Skalen „Aufmerksamkeitsprobleme“, „aggressives Verhalten“ und „Ängste/Depression“ einen Wert von über 180 erreichte.

Den Ergebnissen zufolge leiden Kinder und Jugendliche mit ADHS häufiger unter Depressionen, Angst- und Verhaltensstörungen. Besonders dann, wenn sie ihre Emotionen nicht angemessen regulieren können. Das heißt, in dieser ADHS-Untergruppe treten Begleiterkrankungen und soziale Probleme signifikant häufiger auf als in Vergleichsgruppen. Um Kinder mit ADHS optimal zu unterstützen, sollte das Behandlungsteam ihre Fähigkeit zur emotionalen Selbstregulation frühzeitig ermitteln und ihnen zum Beispiel psychologische Interventionen anbieten.

akb

Neuropsychiatr Dis Treat 2012; 8:267-276


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Lebensphase Alter – Gelegenheiten für sozialen Austausch schaffen

Ältere Menschen können altersbedingte Verluste und Veränderungen leichter bewältigen, wenn sie sich mit Gleichgesinnten austauschen und gemeinsam Aktivitäten ausführen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Forschungsgruppe um den Pflegewissenschaftler Francis Biley an der Bournemouth University in England.

Die Forscher gewannen insgesamt 24 Senioren zwischen 66 und 96 Jahren dafür, an aktionsbasierten Lerngruppen teilzunehmen. Zunächst unterschieden sie die Teilnehmer danach, ob sie in einer städtischen oder ländlichen Gegend oder in einer betreuten Wohneinrichtung lebten. So entstanden drei Gruppen, die unabhängig voneinander an einer initialen Fokusrunde und vier aktionsbasierten Lernsettings teilnahmen. Während der wöchentlichen Treffen tauschten sich die Senioren darüber aus, welche altersbedingten Veränderungen sie erleben und wie sie diese bewältigen. Demnach müssen sich ältere Menschen mit vielen Verlusten auseinandersetzen. Ihre sozialen Kontakte gehen zurück, die Mobilität lässt nach und der Körper verändert sich. Tritt das Rentenalter ein, büßen sie ihre soziale Rolle als Arbeitnehmer ein. Ziehen sie in eine betreute Wohneinrichtung um, verlieren sie ihr vertrautes Zuhause. Um sich an diese Veränderungen anpassen zu können, benötigen Senioren vor allem eines: soziale Netzwerke. Eine wichtige Bewältigungsstrategie scheint darin zu bestehen, sich mit anderen Betroffenen zu unterhalten und Ratschläge oder Informationen auszutauschen. Wie in den aktionsbasierten Lerngruppen können sich dadurch gemeinsame, kommunikationsorientierte Aktivitäten entwickeln. Der Austausch vermittelt den älteren Menschen zudem das Gefühl, mit ihren Problemen nicht alleine dazustehen.

Die Senioren wünschen sich mehr öffentliche Angebote, um miteinander in Kontakt zu treten oder gemeinsam etwas zu unternehmen. Hier sind ambulante Gesundheits- und Sozialdienste gleichermaßen gefordert.

dawo

Nursing Reports 2012; 2: 13-17


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Kommentar – Was das Leben lebenswert macht”

Einsamkeit ist in unserer westlichen Gesellschaft ein Problem, das sich durch alle sozialen Schichten und Altersgruppen zieht. Ältere Menschen ziehen sich häufig zurück, wenn ihre körperlichen und geistigen Fähigkeiten nachlassen. Oder wenn ein geliebter Mensch stirbt, der sie viele Jahre ihres Lebens begleitet hat. Zu Einsamkeitsgefühlen kann auch führen, dass sich die Welt so rasant verändert und man nicht mehr mithalten kann. In unserer leistungsorientierten Gesellschaft stellt sich dann schnell die Frage, was das Leben eigentlich noch lebenswert macht. Es ist wichtig, diese Frage zu stellen. So können sich ältere Menschen auf ihre eigenen Werte besinnen und neue Perspektiven entwickeln. Diese Frage ist aber auch für jüngere Menschen bedeutsam. Denn fast jeder von uns kommt einmal in die Situation, alt und weniger leistungsfähig zu sein. Die Kollegen aus England haben sich auf besondere Art einem besonderen Thema gewidmet. Es rührt an zu lesen, wie die Senioren ihre Situation reflektieren und neue Möglichkeiten entdecken. Bleibt zu hoffen, dass sich das Sozial- und Gesundheitssystem im Sinne dieser älteren Menschen verändert.

Daniela Wolter, Ergotherapeutin im Fachbereich Psychiatrie


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Schlaganfall – Handlungslücken bestehen oft langfristig

Ergotherapeuten sprechen von einer Handlungslücke, wenn ein Mensch in seinem täglichen Leben nicht das tun kann, was er gerne tun möchte. Nach einem Schlaganfall erleben Betroffene häufig solche Handlungslücken, selbst wenn das schädigende Ereignis bereits ein Jahr zurückliegt. Zu diesem Ergebnis kommt ein Forschungsteam um die Ergotherapeutin Susanne Guidetti vom Karolinska Institut in Huddinge, Schweden.

In ihrer Langzeitstudie untersuchten die Forscher ein Jahr lang 200 betroffene Senioren. Kurz nach dem Insult setzten sie den Minimental Status Test und den Barthel-Index ein, um Informationen über die kognitiven Voraussetzungen und die Selbstständigkeit der Studienteilnehmer zu ermitteln. Drei und zwölf Monate später füllten die Senioren selbst verschiedene Fragebögen aus. Auf dem „Occupational Gap Questionnaire“ (OGQ) gaben sie für 28 Aktivitäten an, ob sie diese ausführen können und wollen. Auf der „Stroke Impact Scale“ schätzten sie ein, wie stark der Schlaganfall ihre Gesundheit und Handlungskompetenz beeinflusst. Und mit der „Life Satisfaction Checklist“ bewerteten sie ihre allgemeine Lebenszufriedenheit. Demnach nehmen 90 Prozent der Betroffenen ein Jahr nach ihrem Schlaganfall noch Handlungs I ücken wahr. Rund die Hälfte der Klienten kann zu diesem Zeitpunkt vier oder mehr Aktivitäten nicht wie gewünscht ausführen. Am häufigsten betrifft dies Reisen (38 Prozent), gefolgt von Außenaktivitäten (33 Prozent), kulturellen Aktivitäten (29 Prozent) und Reinigungsarbeiten (29 Prozent). Verschiedene Faktoren beeinflussen, ob und in welchem Umfang solche Handlungslücken bestehen bleiben. So spielt es eine Rolle, inwieweit betroffene Menschen an ihrer sozialen Umwelt teilhaben können. Wichtig ist auch, wie sie ihre Genesung und allgemeine Lebenszufriedenheit einschätzen. Gleiches gilt für die wahrgenommene Alltagskompetenz: Nehmen Klienten drei Monate nach dem Insult geringe ADL-Fertigkeiten wahr, bestehen ihre Handlungslücken oftmals noch nach einem Jahr. Zudem unterliegen Klienten mit Migrationshintergrund einem erhöhten Risiko, langfristig mehrere Aktivitäten nicht wie gewünscht ausführen zu können.

Ergotherapeuten können die dargestellten Zusammenhänge nutzen, indem sie klientenzentrierte Interventionen anbieten. Dabei sollten sie berücksichtigen, welche Handlungsbedürfnisse ihre Klienten äußern, wie sie sich selbst wahrnehmen und welche Rolle ihr soziales Umfeld spielt.

fk

J Rehabil Med 2012; 44:36-42


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