ergopraxis 2013; 6(03): 14-16
DOI: 10.1055/s-0033-1338271
wissenschaft
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Internationale Studienergebnisse


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Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
08. März 2013 (online)

 

Arbeitsunfähigkeit – Psychisch bedingte Fehlzeiten verdoppelt

In den letzten 30 Jahren haben sich psychisch bedingte Fehlzeiten am Arbeitsplatz mehr als verdoppelt. 2009 gingen zum Beispiel 11,3% aller Fehltage auf psychische Erkrankungen zurück. Die Arbeitnehmer litten besonders häufig unter depressiven Störungen, Angstund somatoformen Störungen.

dawo

Bundespsychotherapeutenkammer (BPtK) 2013, www.bptk.de


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Arbeitsrückkehr Nach psychischer Erkrankung – Junge und gut situierte Arbeitnehmer im Vorteil

Ob und wann ein Arbeitnehmer nach einer psychischen Erkrankung wieder an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt, hängt von verschiedenen Faktoren ab - etwa dem Krankheitsbild oder dem Alter. Zu diesem Ergebnis kam der Arbeitsmediziner Corné Roelen gemeinsam mit seinen Kollegen an der University of Groningen in den Niederlanden.

Die Forscher werteten ein arbeitsmedizinisches Register aus den Jahren 2006 bis 2008 mit Daten von einer Million niederländischer Arbeitnehmer aus. Demnach fehlte jeder 19. der registrierten Arbeitnehmer mindestens einmal aufgrund einer psychischen Erkrankung an seinem Arbeitsplatz. 95 Prozent der Betroffenen kehrten nachderKrankheitsphase wieder zurück. Neurotische Störungen sowie Belastungs- und somatoforme Störungen (ICD F40-48) führten im Untersuchungszeitraum am häufigsten zu psychisch bedingten Fehlzeiten, gefolgt von stimmungsbezogenen Symptomen (R 45). Bei diesen Krankheitsbildern beeinflusst das Alter und der sozioökonomische Status des Arbeitnehmers, ob und wann dieser an seinen Arbeitsplatz zurückkehrt. Jüngere und sozial höhergestellte Menschen haben bessere Aussichten, ihre Arbeit frühzeitig wieder aufzunehmen. Anders verhält es sich bei affektiven Störungen (F30-39). Hier wirken sich Alter und sozialer Status nicht erkennbar auf die berufliche Perspektive der Betroffenen aus.

Die Forscher kommen zu dem Ergebnis, dass es kritische Zeitgrenzen gibt, an denen die Chance auf eine Arbeitsrückkehr abnimmt. Demnach sollten Klienten mit stimmungsbezogenen Symptomen ihre Arbeit möglichst innerhalb eines Monats wieder aufnehmen, Arbeitnehmer mit neurotischen Störungen nach zwei und Klienten mit affektiven Störungen spätestens nach drei Monaten. Die Forscher empfehlen Ärzten, diese Zeitvorgaben zu berücksichtigen und ihren Klienten entsprechende Wiedereingliederungsprogramme anzubieten.

dawo

J Occup Rehabil 2012; 22: 409-417


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PRPP-System – Für Menschen mit leichter Demenz geeignet

Ergotherapeuten können mithilfe des Perceive-Recall-Plan-Perform-Systems (PRPP) zuverlässig beurteilen, wie Menschen mit leichten Demenzformen Routinetätigkeiten ausführen und die dafür benötigten Informationen verarbeiten. Dies fand ein Forschungsteam um die Ergotherapeutin Dr. Esther Steultjens an der Hogeschool van Arnhem en Nijmegen, Niederlande, heraus.

Die Forscher nutzten Videomaterial, das aus der 2009 veröffentlichten WHEDA-Studie des Ergotherapeuten Sebastian Voigt-Radloff und seiner Kollegen aus Freiburg stammte (WHEDA-Studie). Auf den 30 Videos führten Senioren mit leichter Demenz jeweils zwei Aktivitäten durch, die sie zuvor selbst ausgewählt hatten. Zehn PRPP-geschulte Ergotherapeuten analysierten die Videoaufnahmen. Sie schätzten im ersten Schritt ein, wie die Senioren ihre ausgewählten Aktivitäten ausführten und welche Fehlerdabei auftraten. Im zweiten Schritt beurteilten sie, wie die Betroffenen erforderliche Informationen verarbeiteten. Das heißt, wie sie Reize wahrnahmen, sich daran erinnerten und die Handlung planten und umsetzten. Dabei interessierte die Forscher vor allem, ob die Ergotherapeuten zu vergleichbaren Ergebnissen kamen. Für diese Interrater-Reliabilität führten sie eine statistische Analyse durch. Ergebnis: Das PRPP-System ermittelt zuverlässig, wie demenziell erkrankte Menschen vertraute Aktivitäten im häuslichen Kontext umsetzen. Zu einem ähnlichen Ergebnis kommen auch Untersuchungen, an denen Menschen mit traumatischer Hirnschädigung oder Schizophrenie teilgenommen haben.

Das PRPP-System ist ein klientenzentriertes und prozessorientiertes Messinstrument, mit dem Ergotherapeuten verschiedene Aktivitäten verlässlich beobachten und bewerten können.

Saja

WtvE 2012; 2: 15-25


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Seltene Erkrankungen – Knapp jede vierte Krankheit ist selten

In der Europäischen Union gilt eine Erkrankung als selten, wenn nicht mehr als 5 von 10.000 Menschen von ihr betroffen sind. Rund 30.000 Krankheiten sind bekannt, davon gelten etwa 7.000-8.000 als selten. Diese sind zu 80 Prozent genetisch bedingt und verlaufen in der Regel schwerwiegend und chronisch.

GS

Bundesministerium für Gesundheit. Maßnahmen zur Verbesserung der gesundheitlichen Situation von Menschen mit seltenen Erkrankungen in Deutschland. Studie an der Leibniz Universität Hannover; 2009


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Neuromuskuläre Erkrankungen – Betroffene gemeinsam unterstützen

Klienten mit neuromuskulären Erkrankungen wie Multiple Sklerose benötigen multiprofessionelle Behandlungsangebote, die sinnvoll ineinandergreifen. Zu diesem Fazit kommt die Ergotherapeutin Dr. Edith Cup vom Medizinischen Zentrum der Radboud Universität Nijmegen, Niederlande.

In ihrer Doktorarbeit wertete die Forscherin Artikel zu bestehenden Versorgungsangeboten für neuromuskuläre Erkrankungen unter drei Sichtweisen aus: einer professionsbezogenen, einer wissenschaftlichen und einer klientenzentrierten.

  • >  Menschen mit neuromuskulären Erkrankungen profitieren am meisten von einem multiprofessionellen Behandlungsangebot aus Physiotherapie, Ergotherapie und Logopädie. Vor allem, wenn die Interventionen aufeinander abgestimmt sind und Behandlungsziele effizienter verfolgt werden. Inder bisherigen Praxis erhalten Betroffene allerdings nur selten eine ergotherapeutische oder logopädische Behandlung, während sie häufig an physiotherapeutischen Maßnahmen teilnehmen.

  • >  Aus wissenschaftlicher Perspektive scheinen die Klienten vor allem von Aerobic undKrafttraining zu profitieren. Erste Studien zeigen zudem, dass eine ergotherapeutische und logopädische Behandlung zu positiven Effekten führt.

  • > Die Betroffenen selbst beschreiben, dass sie sich durch die Erkrankung immer stärker aus ihrem soziokulturellen Umfeld zurückziehen: weil Muskelkraft und Ausdauer nachlassen und weil sich die kognitiven und psychosozialen Voraussetzungen verändern. Bekannte und Freunde reagierten oft verständnislos, während die Partner unter der vermehrten Belastung und Verantwortung leiden.

Obwohl sich die Erkrankung auf viele Lebensbereiche auswirkt, scheinen die behandelnden Therapeuten oftmals nur Ausschnitte dieser Problematik wahrzunehmen. Die Forscherin rät therapeutischen Berufsgruppen, sich intensiver auszutauschen und gemeinsame Dokumentationssysteme zu nutzen. Sie sieht großen Bedarf, Leitlinien für die Behandlung neuromuskulärer Erkrankungen zu entwickeln. Zudem könnten Selbstmanagementprogramme die Betroffenen darin unterstützen, wieder stärker an ihrer Umwelt teilzuhaben.

mewe

WtvE 2011; 4: 5-12


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