Pneumologie 2013; 67(03): 139
DOI: 10.1055/s-0033-1341336
Pneumo-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Krebsforschung – RNA macht Lungenkrebszellen mobil

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Publication Date:
05 March 2013 (online)

 

    Das RNA-Molekül MALAT1 ist ein Marker für den Verlauf einer Lungenkrebs-Erkrankung. Heidelberger Wissenschaftler haben nun herausgefunden, dass MALAT1 in Krebszellen Gene aktiviert, die Metastasen begünstigen. Bei Mäusen reduzierte ein Wirkstoff, der MALAT1 gezielt blockiert, Anzahl und Größe von Metastasen eines Lungentumors.

    Der überwiegende Teil – rund 80 % – unseres Erbguts enthält keine Bauanleitung für Proteine, wird aber dennoch in RNA-Moleküle abgeschrieben. Diese sog. nicht kodierenden RNAs übernehmen vielfältige Aufgaben in der Zelle. Neben einer gut untersuchten Gruppe kleiner RNAs sind auch langkettige, nicht kodierende Ribonukleinsäuren bekannt, die aus mehr als 200 Bausteinen bestehen.

    Die langen, nicht kodierenden RNAs regulieren u. a. die Zellteilung, das Wachstum oder den Zelltod. Daher war es auch nicht überraschend, dass viele dieser Steuermoleküle mit dem Fortschreiten von Krebserkrankungen in Verbindung stehen. So auch

    die RNA MALAT1, die bei verschiedenen Formen von Lungenkrebs als Marker für den Verlauf der Erkrankung gilt: "Je mehr MALAT1 die Tumorzellen bilden, desto wahrscheinlicher ist es, dass Metastasen auftreten und die Krankheit sehr ungünstig verläuft", sagt Dr. Sven Diederichs. In der Studie, deren Ergebnisse Anfang 2013 im Fachjournal Cancer Research publiziert wurden, untersuchte sein Team auf welche Weise MALAT1 tatsächlich in zelluläre Vorgänge eingreift und dadurch die Metastasierung begünstigt.

    Dem Forscherteam gelang es erstmals, MALAT1 in Lungenkrebszellen in der Kulturschale nahezu vollständig auszuschalten. MALAT1, so entdeckten sie an den veränderten Zellen, reguliert zahlreiche Gene, die an der Metastasierung beteiligt sind. Das bewirkt u. a., dass die MALAT1-negativen Tumorzellen in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind und daher weniger invasiv in umgebendes Gewebe einwandern können. Wurden sie auf Mäuse übertragen, bildeten sie in der Lunge der Tiere deutlich weniger Tumorherde als Krebszellen mit intaktem MALAT1. Ermutigt durch dieses Ergebnis prüften die Forscher, ob MALAT1 auch im intakten Organismus blockiert und damit die Metastasierung verhindert werden kann. Gemeinsam mit dem US-amerikanischen Unternehmen ISIS Pharmaceuticals entwickelten die Heidelberger Wissenschaftler kleine Nukleinsäure-Schnipsel (Antisense-Oligonukleotide), die von den Zellen aufgenommen werden und RNA-Moleküle gezielt blockieren. In Mäusen, denen menschliche Lungenkrebszellen injiziert wurden, verzögerten die MALAT1-spezifischen Antisense-Schnipsel die Metastasenbildung: In den Tierlungen fanden sich weniger und kleinere Krebsherde als bei Artgenossen, die den Wirkstoff nicht erhalten hatten.

    "Rund 10 Jahre nachdem wir MALAT1 als prognostischen Marker bei Lungenkrebs entdeckt haben, verstehen wir jetzt, wie diese nicht kodierende RNA die Metastasierung beeinflusst. Darüber hinaus hat sich die RNA als mögliches Zielmolekül für eine innovative Therapie mit Antisense-RNAs herausgestellt", so Diederichs Fazit.

    Nach einer Mitteilung des Deutschen Krebsforschungszentrums, Heidelberg


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