Der demografische Wandel beeinflusst auch die Transfusionsmedizin: Weniger Spender
stehen für einen steigenden Bedarf zur Verfügung. Strobel et al. erstellten eine Bedarfsanalyse
für Gerinnungsfaktoren und zeigten, dass nur wenige Krankheitsgruppen für die hohen
Transfusionsleistungen verantwortlich waren.
Vox Sanguinis 2012; 103: 122–129
Die retrospektive Analyse schloss alle allogenen Blutübertragungen und gerinnungsaktiven
Faktorkonzentrate aus Plasma für das Jahr 2006 ein (Antithrombin, Faktor VIIa, VIII,
IX, XIII, Fibrinogen, Prothrombinkomplex PCC). Ausschließlich stationäre Patienten
wurden in die Studie aufgenommen. 5 Krankheitsgruppen waren mit einem hohen Bedarf
an PCC, Fibrinogen, Faktor XIII und Antithrombin assoziiert. Dies waren Herz-Kreislauf-Erkrankungen,
zentralnervöse Krankheiten, Polytraumen sowie Leber- und Pankreasfunktionsstörungen.
Den größten Anteil hatten Beatmungs- und Transplantationspatienten.
255 Patienten erhielten 748 600 Einheiten PCC. Davon waren 55,78 % beatmet oder Herz-
/ Lebertransplantierte. Nur 4,6 % der polytraumatisierten Patienten erhielten PCC.
Diese bekamen besonders häufig Fibrinogen. Jedem 3. Patienten mit einem Polytrauma
oder einer Lebertansplantation wurde Fibrinogen infundiert. Faktor XIII wurde besonders
häufig von Patienten mit Malignomen benötigt, die eine Knochenmark- oder Blutstammzelltransplantation
erhalten hatten (58,7 % des Gesamtbedarfs). Der einzige untersuchte gerinnungshemmende
Faktor war Antithrombin. Insgesamt 431 Patienten bekamen 1 194 000 IU. Damit wurde
Antithrombin am häufigsten und in der größten Menge angewendet. Betroffen waren hauptsächlich
heparinisierte Patienten mit einer Langzeitbeatmung und nach Polytraumen. Verglichen
mit 1996 seien die Hauptindikationsgruppen nicht wesentlich verändert.
Für Beatmungs- und Transplantationspatienten müssen die meisten Transfusionsleistungen
aufgewendet werden. (Symbolbild, Quelle: DynamicGraphics)
Die Gesamtkosten für Blutübertragungen und Transfusionen gerinnungsaktiver Substanzen
betrugen 4467 Mio. Euro. Davon entfielen 1117 Mio. Euro auf Gerinnungsfaktoren. Dieser
Anteil von 25 % stand der vergleichsweise kleinen Patientengruppe gegenüber, denn
nur 14,5 % derjenigen mit einem Transfusionsbedarf benötigten Gerinnungsfaktoren.
Die höchste Summe wurde für Faktor VIII aufgewendet (7,1 % der Kosten für Gerinnungsfaktoren
und 28,4 % der Gesamtkosten). Ein weiterer Kostentreiber war Faktor VIIa, der 25 %
der Gesamtsumme ausmachte, den aber nur 4,45 % der Patienten mit einem Bedarf an Gerinnungsfaktoren
erhielten. Die meisten bekamen Antithrombin (46,75 %), das mit 7,8 % einen geringen
Teil der Kosten für gerinnungsaktive Produkte bedingte.
Nur wenige Krankheitsgruppen waren für den hohen Transfusionsbedarf erforderlich.
Dies gelte für Bluttransfusionen und für gerinnungsaktive Substanzen. Die Kostenlast
durch hämostaseologisch wirksame Präparate war sehr unterschiedlich.