Transfusionsmedizin 2013; 03(01): 12
DOI: 10.1055/s-0033-1341555
Aktuell referiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Thrombozytenforschung – Rolle von miRNAs bei Biogenese und Funktion von Thrombozyten

Contributor(s):
Frank Lichert
Dangwal S, Thum T.
Thromb Haemost 2012;
108: 599-604
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Publication History

Publication Date:
28 March 2013 (online)

 

    Thrombozyten sind entscheidend an der primären Hämostase beteiligt, sie spielen aber auch eine Rolle bei verschiedenen Krankheiten. Dazu gehören das akute Koronarsyndrom sowie der Schlaganfall. Thrombozyten besitzen weder einen Kern noch genomische DNA. Allerdings finden sich in ihnen verschiedene RNA-Typen, darunter auch microRNAs (miRNAs).
    S. Dangwal und T. Thum fassten in einem Übersichtsartikel die wissenschaftlichen Ergebnisse zu miRNAs in Thrombozyten zusammen und diskutierten die Rolle dieser kurzen, hochkonservierten RNAs bei der Plättchenbiogenese und -funktion.

    Thromb Haemost 2012; 108: 599–604

    Bei den miRNAs handelt es sich um 21–23 Nukleotide lange, nicht kodierende RNAs. Sie sind an der Regulation von etwa 60 % aller proteinkodierenden Säugetier-Gene beteiligt. Dies geschieht unter anderem durch Translationshemmung. Mehrere Studien aus der jüngeren Vergangenheit beschrieben die Expression von miRNAs innerhalb von Thrombozyten. Offenbar beeinflussen miRNAs die Biogenese von Thrombozyten sowie deren Funktion. An der Bildung von Megakaryozyten (Megakaryozytopoese), aus denen die Thrombozyten entstehen, sind unter anderem folgende miRNAs beteiligt: miR-10a, miR-130 sowie miR-155.

    Bei der Differenzierung der Megakaryozyten spielen wiederum die miRNAs miR-34a sowie miR-150 eine Rolle. Hyperreaktivität von Thrombozyten zeigt ein erhöhtes Risiko für einen Myokardinfarkt, Schlaganfall sowie für eine periphere Arterienkrankheit an, während eine Hyporeaktivität die Blutungsneigung erhöht. Mehrere Studien untersuchten jüngst die Assoziation zwischen miRNAs und der Reaktivität von Thrombozyten. So steht die miR-96a in Zusammenhang mit der Granula-Exozytose, und miR-200b, miR-495 sowie miR-107 haben einen Einfluss auf die Hyperreak- tivität der Thrombozyten.

    Seit der Entdeckung von miRNAs in Thrombozyten konnten verschiedene erkrankungsspezifische miRNA-Expressionsmuster ermittelt werden. So zeigten Thrombozyten von Patienten mit koronarer Herzkrankheit signifikant erhöhte Levels von miR-340* und miR-624*. Zudem war eine miR-28-Überexpression in Thrombozyten feststellbar, die von Patienten mit myeloproliferativen Neoplasien gewonnen wurden.

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    Knochenmark mit hyperplastischer Erythropoese. Die Abbildung zeigt viele Erythroblasten (EB) und einen Megakaryozyt, aus dem sich die Thrombozyten differenzieren in Giemsa-Färbung (1:200) (Symbolbild, Quelle: Allgemeine und spezielle Pathologie. Riede, Werner, Schaefer, Hrsg., Stuttgart: Thieme Verlag; 2003).
    Fazit

    MiRNAs beeinflussen in vielfältiger Weise die Plättchenbiogenese und Plättchenfunktion. Zudem stehen Thrombozyten-miRNA-Expressionsmuster mit bestimmten Krankheitsbildern in Zusammenhang. Möglicherweise gelingt es zukünftig in Thrombozyten neue therapeutische miRNA-"Targets" für thrombotische bzw. kardiovaskuläre Erkrankungen oder sogar für bestimmte Krebsformen zu identifizieren, so die Hoffnung der Autoren.


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    Knochenmark mit hyperplastischer Erythropoese. Die Abbildung zeigt viele Erythroblasten (EB) und einen Megakaryozyt, aus dem sich die Thrombozyten differenzieren in Giemsa-Färbung (1:200) (Symbolbild, Quelle: Allgemeine und spezielle Pathologie. Riede, Werner, Schaefer, Hrsg., Stuttgart: Thieme Verlag; 2003).