Zur Mortalitätsprognose bei ambulant erworbener Pneumonie (AEP) werden die Risiko-Scores
CRB–65 (Confusion, Respiratory Rate, Blood Pressure, Age ≥ 65) und PSI (Pneumonia
Severity Index) häufig empfohlen. M. Kolditz et al. haben überprüft, ob sich mit den
Biomarkern Copeptin und MR-proADM (mittregionales Proadrenomedullin) die Vorhersage
verbessern lässt.
Respir Medicine 2012; 106: 1320–1328
Die prospektive Untersuchung des prädiktiven Werts der neuen Biomarker wurde mit Entzündungsindikatoren,
den genannten Scores sowie dem Score der American Thoracic Society (ATS) und Infectious
Diseases Society of America (IDSA) mit 9 Minor-Kriterien verglichen. Dafür standen
51 konsekutiv stationär aufgenommene Patienten mit AEP zur Verfügung. Zu den Ausschlusskriterien
gehörten u. a. nosokomiale Pneumonien und Aufnahme auf die Intensivstation innerhalb
der ersten 24 Stunden. Die Krankheitsschwere wurde anhand aller Scores beurteilt.
Am Morgen nach der stationären Aufnahme wurden Blutproben entnommen. Sämtliche Labormessungen
fanden verblindet statt. Die vorher definierten Ergebnisparameter waren Aufnahme auf
die Intensivstation oder Mortalität am 7. Tag nach Krankenhausaufnahme (I) sowie klinische
Instabilität 72 Stunden nach Blutentnahme (II).
Verbesserte Prädiktion mit Copeptin
Der Copeptin-Wert erhöhte sich bei Patienten, die in Bezug auf beide Ergebnisparameter
schlechte Verläufe hatten. Damit war Copeptin neben dem PSI-Score und den ATS/IDSA-Minor-Kriterien
der einzige Parameter, der deutliche Unterschiede bei Patienten mit frühen Zustandsverschlechterungen
ergab. Die diagnostische Kapazität von Copeptin, Ereignisse entsprechend (I) vorherzusagen,
erreichte einen AUC-Wert von 0,81 mit einem optimalen Cut-off-Wert von 35 pmol/l.
Die Sensitivität betrug 78 %, die Spezifität 79 %, der positive prädiktive Wert (PPV)
40 % und der negative prädiktive Wert (NPV) 92 %. Die Werte für die Vorhersage klinischer
Instabilitäten innerhalb von 36 Stunden waren für Copeptin: AUC 0,74, optimaler Cut-off
25 pmol/l, Sensitivität 60 %, Spezifität 81 %, PPV 75 % und NPV 68 %. Der Biomarker
MR-proADM erreichte AUC-Werte von 0,67 für (I) und 0,61 für (II).
Die Anwendung des PSI-Scores für die Vorhersage entsprechend des ersten Ergebnisparameters
ergab einen AUC-Wert von 0,75 und war damit Copeptin nicht unterlegen (p = 0,36).
In der Kombination mit Copeptin stieg dieser Wert auf 0,83. Dagegen schnitt der CRB-65-Score
deutlich schlechter ab als der Biomarker (AUC 0,57, p = 0,018). Mit der Kombination
CRB-65-Score plus Copeptin kam der AUC-Wert nicht an den von Copeptin allein heran
(AUC 0,78). Die Vorhersage von Aufnahmen auf die Intensivstation oder Mortalität am
7. Tag nach Krankenhausaufnahme mit 9 ATS/IDSA-Minor-Kriterien war ebenso zuverlässig
wie mit Copeptin (AUC 0,81). Die Kombination aus den Kriterien plus Biomarker verbesserte
den AUC-Wert auf 0,85. Bei einem optimalen Cut-off bei mehr als 2 Kriterien lag die
kombinierte Sensitivität bei 89 % und die Spezifität bei 67 %.
Copeptin ermöglichte bei Patienten mit AEP in dieser Studie eine bessere Prädiktion
früher Zustandsverschlechterungen und anhaltender klinischer Instabilitäten. Zusätzlich
verbesserte der Biomarker die prädiktiven Eigenschaften etablierter klinischer Scores,
so die Autoren.