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DOI: 10.1055/s-0033-1343182
Mitteilungen aus der Bundesdirektorenkonferenz (BDK)
Verband leitender Ärztinnen und Ärzte der Kliniken für Psychiatrie und PsychotherapiePublication History
Publication Date:
13 May 2013 (online)
Frühjahrstagung in Zwiefalten
Zusammenfassung einer spannenden Tagung
Anlässlich des 200-jährigen Bestehens der Psychiatrischen Klinik in Zwiefalten (ZfP Südwürttemberg) fand die diesjährige Frühjahrstagung der Bundesdirektorenkonferenz bei bestem Wetter in idyllischer Landschaft am Rande der Schwäbischen Alb und am Tor zu Oberschwaben statt.
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Schwerpunktthema war die „Akutversorgung psychosomatisch Kranker“. Der erste Tag war diesem Thema gewidmet, das von den Referenten aus den unterschiedlichen Blickwinkeln verschiedener Versorgungsstrukturen, aber auch verschiedener Facharztprägung, beleuchtet wurde. Ausgangspunkt waren die von G. Längle, Bad Schussenried, vorgetragenen Daten zur höchst ungleichen Verteilung von psychosomatischen Betten in Deutschland. So sind in Bayern 29 Betten je 100 000 Einwohner in psychosomatischen Kliniken oder Abteilungen aufgestellt, in Schleswig-Holstein sind es 26 Betten, in Baden-Württemberg 11, in Hessen 8 und in Thüringen 1,5. Die Betten im Fachbereich Psychiatrie und Psychotherapie sind dagegen relativ gleichmäßig verteilt mit rund 65 Betten pro 100 000 Einwohnern. Insgesamt sind 42 % der Psychosomatik-Betten in Bayern lokalisiert, nimmt man Schleswig-Holstein und Baden-Württemberg hinzu, sind es 68 % der Betten. Lediglich in Baden-Württemberg sind die dort angesiedelten rund 1800 Betten gleichmäßig über die Fläche verteilt. Mit rund 45 Standorten ist in diesem Bundesland jeder Stadt- und Landkreis zumindest mit einer Basisversorgung bedient. In manchen Bundesländern hingegen ist eine psychosomatische Bettenplanung nicht vorhanden, die vorhandenen Psychosomatik-Betten wurden vielerorts nicht geplant, sondern entstanden auf dem Klageweg.
Auf diesem Hintergrund wurde die Möglichkeit einer Regionalversorgung und die Sinnhaftigkeit einer Abgrenzung zwischen psychosomatischen und psychiatrischen Betten umfänglich diskutiert. Verständlich ist die aktuelle Versorgungssituation und die Existenz zweier „Psychofachärzte“ nur aus historischer Perspektive, wie dies von M. Jähnel und G. Bergmann überzeugend dargestellt wurde. Die reale Versorgungssituation wurde von den Referenten am Beispiel einer psychiatrisch/psychosomatischen Abteilung am Allgemeinkrankenhaus (Tauberbischofsheim), einer psychosomatischen Abteilung in einer Fachklinik für Psychiatrie (Göppingen) und einer spezialisierten Fachklinik für Psychosomatik (Prien am Chiemsee, vorgestellt durch U. Voderholzer) erläutert. Modelle der regionalen Versorgungssicherung auch im Bereich der Psychosomatik in enger Verbindung mit den psychiatrischen Strukturen zeigte D. Grupp vom ZfP Südwürttemberg auf. Zur heftigen Diskussion forderte dann die sehr klare Positionierung von P. Falkai aus München heraus, der sich in Fortsetzung seiner Bemühungen während seiner DGPPN-Präsidentschaft dafür einsetzt, einen gemeinsamen Facharzt für die beiden Psychofächer zu erreichen. Heißen könnte dieser z. B. „Facharzt für psychosoziale Medizin“. Bisher scheiterte dieser Versuch nach seinen Worten an der mangelnden Bereitschaft der Psychosomatiker, ein gemeinsames Facharztcurriculum zu entwickeln und so die Inhalte beider Facharztcurricula in einer sachdienlichen Weise zusammenzuführen.
Angesichts der Beiträge wurde deutlich, dass eine Trennung zwischen den beiden Fachgebieten eher als künstlich zu bewerten sei, inhaltlich kaum nachzuvollziehen und auch die Patienten eher verwirrt würden über die konkreten Inhalte der Behandlungsangebote. Angesichts der mangelnden Trennschärfe der beiden Fachgebiete sei auch Planungssicherheit nicht zu erreichen. M. van Brederode vom Landschaftsverband Rheinland berichtete über eine intensive Diskussion in seiner Planungsbehörde, die auf dieser Basis auch zu dem Schluss kam, beide Fachgebiete gemeinsam zu berechnen und zu beplanen. Angesichts des minimalen Anteils der in der dortigen Region existierenden Psychosomatik-Betten an der Gesamtversorgung sei dies der einzig sinnvolle und mögliche Weg.
In der abschließenden Podiumsdiskussion war neben den genannten Aspekten die Frage der Versorgungsverpflichtung auch für die großen, hochspezialisierten psychosomatischen Kliniken ein wichtiger Diskussionsgegenstand.
Um dem Gedanken der Work-Life-Balance gerecht zu werden, fanden sich nach den intensiven Diskussionen des Nachmittags alle TeilnerhmerInnen zu einem genussvollen Abendessen in der historischen Prälatur des Klosters Zwiefalten zusammen. Vom Süddeutschen Salonorchester mit Wiener Café-Haus-Musik begleitet wurde bis lange in die Nacht hinein diskutiert und gefeiert.
Am zweiten Tag standen verbandsinterne Themen im Vordergrund, so der Dauerbrenner „Psychiatrisches Entgeltsystem“. Vorgestellt wurden die vor wenigen Wochen beim InEK eingereichten Veränderungs- und Verbesserungsvorschläge. Einig waren sich alle Beteiligten weiterhin in der grundsätzlichen Kritik am neuen Entgeltsystem, spürbar war in der Diskussion auch der nach wie vor unvermindert vorhandene Zorn über die Ersatzvornahme durch das Bundesgesundheitsministerium. Inhaltlich haben verschiedene Gruppierungen unterschiedliche Wege beschritten: Die Bundesdirektorenkonferenz reichte mit dem TEPP-System, das den Mitgliedern ja vorliegt, eine grundsätzlich vom PEPP-System abweichende Berechnungssystematik ein, auch auf dem Hintergrund, den Protest weiterhin nachhaltig auszudrücken. Die genauen Inhalte dieses auf echten Tagesentgelten aufbauenden Systems sind der Handreichung zu entnehmen, die den BDK-Mitgliedern per E-Mail zur Verfügung gestellt wurde. Es ist zu hoffen, dass sich das InEK sehr ernsthaft mit dieser alternativen Möglichkeit auseinandersetzt und mit der BDK ins Gespräch kommt. Eher innerhalb des neuen Systems und verbunden mit dem Versuch dieses zu modifizieren und zu erweitern, befinden sich die Vorschläge, die von der DGPPN eingereicht wurden oder die von der Aktion Psychisch Kranken eingebrachten Modelle. Gegenüber diesen Ansätzen zur Modifikation des PEPP-Systems verwies der Modell-Pionier A. Deister auf die Möglichkeit Modelle nach § 64 b SGB V zu realisieren. Er konnte berichten, dass zwei Tage zuvor ein entsprechendes Modell mit sämtlichen Kassen in Schleswig-Holstein für die Region Itzehoe vereinbart werden konnte. Dies macht Mut für eine Reihe weiterer regionaler Modellprojekte, die noch in Verhandlung sind.
Berichtet wurde noch zu den psychosomatischen Institutsambulanzen, die derzeit im GBA verhandelt werden.
Kurz vor Ende der Tagung und leider unter erheblichen Zeitdruck stellte T. Steinert eine Erhebung zu den Folgen der Rechtsunsicherheit im vergangenen Jahr vor, die durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zur medikamentösen Zwangsbehandlung verursacht wurde. Es ist zu hoffen, dass diese hochinteressante Untersuchung in Bälde veröffentlicht wird.
Abschließend lud der Vorsitzende T. Pollmächer im Namen von G. Laux zur nächsten Herbsttagung der BDK in Wasserburg am Inn ein. Schwerpunktthema wird die evidenzbasierte Medizin in ihren verschiedenen für die Psychiatrie wichtigen Facetten sein.
Prof. Dr. Gerhard Längle
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