Aktuelle Dermatologie 2013; 39(04): 113
DOI: 10.1055/s-0033-1343904
Derma-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Leitlinien – Offenlegung von Interessenkonflikten: Standards dringend nötig

Contributor(s):
Johannes Weiß
Langer T et al.
Dtsch Arztebl Int 2012;
109: 836-842
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Publication History

Publication Date:
10 April 2013 (online)

 
 

    Bei der Erstellung von medizinischen Leitlinien können Interessenkonflikte die Empfehlungen in unangemessener Weise beeinflussen. T. Langer et al. haben nun den Umgang mit Interessenkonflikten bei der Leitlinienerstellung analysiert.
    Dtsch Arztebl Int 2012; 109: 836–842

    Die Autoren ermittelten hierzu über die Datenbank der AWMF (Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften) alle gültigen S2- und S3-Leitlinien aus dem Zeitraum August 2009–Dezember 2011. Jeweils 2 Personen begutachteten diese unabhängig voneinander bezüglich der Offenlegung von Interessenkonflikten. Für alle Leitlinien, in denen dies der Fall war, dokumentierten wiederum 2 Gutachter unabhängig voneinander die Angaben zum Verfahren und zu den Ergebnissen der Erklärungen der Interessenkonflikte. Neben den Leitlinien berücksichtigten die Autoren diesbezüglich auch Leitlinienreports und Methodenberichte. Erfasst wurden Vortrags-, Schulungs-, Berater- oder Gutachtertätigkeiten, Drittmittel, Eigentumsverhältnisse sowie Besitz von Geschäftsanteilen. Auch persönliche Beziehungen zu Vertretungsberechtigten eines Unternehmens der Gesundheitswirtschaft, Mitgliedschaft in Berufsverbänden und Fachgesellschaften sowie sonstige politische, akademische, wissenschaftliche und persönliche Interessen wurden berücksichtigt.

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    Lediglich in einer der 60 ausgewerteten Leitlininen wurde berichtet, dass Leitlinienmitglieder mit Interessenkonflikt von der Abstimmung einzelner Empfehlungen ausgeschlossen wurden. (Bild: PhotoDisc)

    Insgesamt werteten die Autoren 297 Leitlinien aus, von denen sich in 60 (20 %) Angaben zu Interessenkonflikten fanden. 53 Leitlinien (18 %) gaben eine Abfrage von Interessenkonflikten an, veröffentlichten jedoch keine genauen Ergebnisse; 184 Leitlinien (62 %) machten keinerlei Angabe zu Interessenkonflikten. An den 60 Leitlinien, die Angaben zu Interessenkonflikten machten, waren insgesamt 1606 Personen beteiligt, von denen 1379 solche Angaben machten. Von 227 Personen ließen sich keine Angaben identifizieren. Bei 680 Personen (49 %) gab es Hinweise auf einen finanziellen Interessenkonflikt. 522 (38 %) erhielten seitens der Medizinindustrie finanzielle Zuwendungen für Vortrags- und Schulungstätigkeiten, 403 (29 %) berichteten über eine Gutachteroder Beratertätigkeit, 316 (23 %) erhielten Unterstützungen für Forschungsvorhaben. In 86 % der Fälle wurden auch Interessenkonflikte aufgrund der Zugehörigkeit zu Fachgesellschaften oder Berufsverbänden angegeben. Nach der Einführung der neuen AWMF Regeln wurden Interessenkonflikte deutlich häufiger berichtet (8 % von 256 Leitlinien vor Einführung vs. 95 % von 41 Leitlinien nach Einführung).

    Fazit

    Auch wenn in den neuen Leitlinien der AWMF seit 2011 Interessenkonflikte der Autoren offengelegt werden, fehlen nach wie vor Standards für die Bewertung und den Umgang damit und sollten daher dringend entwickelt werden, so die Autoren.


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    Lediglich in einer der 60 ausgewerteten Leitlininen wurde berichtet, dass Leitlinienmitglieder mit Interessenkonflikt von der Abstimmung einzelner Empfehlungen ausgeschlossen wurden. (Bild: PhotoDisc)