Aktuelle Dermatologie 2013; 39(06): 205
DOI: 10.1055/s-0033-1344227
Editorial
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tattoo und Haut

Tattoo and Skin
C. Bayerl
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Klinik für Dermatologie und Allergologie
Hauttumorzentrum Wiesbaden
Dr. Horst Schmidt Kliniken
Ludwig-Erhardt-Straße 100
65199 Wiesbaden

Publication History

Publication Date:
10 June 2013 (online)

 

Die Gletscherleiche Ötzi hatte 47 Tattoos. Über Hautreaktionen kann leider nichts mehr ausgesagt werden. Jedenfalls ist bekannt, dass er nicht an seinen Tattoos verstorben ist. Tätowierungsfarbstoffe und Tätowierstudios bergen Infektionsrisiken. Die Komplikationspalette umfasst bakterielle oder virale Infektionen wie z. B. Mollusca contagiosa, Hepatitis oder HIV. Tätowierfarben in der Haut führen aber auch zu immunologischen Unverträglichkeitsreaktionen. Beschrieben sind lichenoide, pseudolymphomatöse, granulomatöse, photoallergische oder Reaktionen unter dem Bild eines Ekzems [1] [2]. Allergene sind häufig die schlecht wasserlöslichen roten Azofarbstoffe. Nickel und Cadmium werden zwar weniger verwendet, dafür jedoch metallfreie Pigmente pflanzlicher Herkunft.

Als Triggerfaktoren für das Einsetzen der Symptomatik bei schon seit Jahren bestehenden Tattoos wurde UV-Bestrahlung [3] und kasuistisch Schwangerschaft [4] diskutiert. In einer Kasuistik über eine Tätowierung mit einem roten Farbstoff ließ sich eine lichenoide und pseudomembranöse Reaktion nachweisen. Die Epikutantestung blieb hier allerdings negativ [1]. Da es sich nicht immer um eine allergische Reaktion nach dem klassischen Kontaktallergiemuster handelt, ist häufig eine Histologie notwendig.

Bei 151 Patienten aus Frankreich, die die Entfernung eines Farb-Tattoos erbaten, wurden die Gründe für das Setzen eines Tattoos und die für das Entfernen untersucht. Gründe für den Wunsch zur Entfernung waren die Ästhetik, soziale Gründe, Arbeitsplatzgründe, Familien- oder Partnerdruck, Änderung des Lebensstils oder Partners und Unverträglichkeit mit dem aktuellen Lebenskonzept und Wertesystem – aber keine allergologischen Gründe oder Unverträglichkeitsbefürchtungen [5].

Neu sind die „Blacklight-Tattoos, die erst in der Disco leuchten – diese Modeströmung hat zugenommen und damit die Kontaktallergien [6]. In den USA hatten 24 % der Antwortenden bei einer Erhebung ein Tattoo. Wie viel Prozent davon dem „Glow in the dark“ oder dessen Synonymen, den „Black light Tattoos“ oder den „Chamäleon-Farben“ zuzuordnen sind, wurde nicht erhoben [7]. Dabei ist die Tätowiertechnik dieselbe, aber die Farbstoffe sind unterschiedlich. Aber was darin ist das allergologisch Bedenkliche?

Fluoreszierende Tattoos wurden eingesetzt, um Tiere zu markieren, sind jedoch nicht für die Anwendung am Menschen zugelassen. Größere Acrylat-haltige Partikel finden sich darin, wie auch in den Fillern zur Faltenunterspritzung. Auch auf die permanenten Filler zur Faltenreduktion, die Polymethacrylate enthalten, sind granulomatöse Reaktionen beschrieben. Diese Produkte sind in den USA von der FDA für den Einsatz am Menschen zugelassen. Bei uns werden sie nicht mehr oder kaum noch eingesetzt aufgrund der granulomatösen Reaktionen noch Jahre nach der Applikation. Es war aber viel Öffentlichkeitsarbeit nötig, um dies zu erreichen. Nun kommt der Boom der UV-fluoreszierenden Tattoos auf uns zu, mit kleineren PMMA-haltigen Mikrosphären. Das könnte das Allergen sein oder die fluoreszierende Substanz selbst. Systemische und topische antientzündliche Therapien werden in den Fällen der Intoleranz nötig. Bei granulomatösen Reaktionen ggf. ergänzt durch Chloroquin/Hydroxychloroquin bis hin zu Steroidunterspritzungen. Eine Entfernung mit dem Laser ist aufgrund fehlender farbhaltiger Zielstrukturen nicht möglich. Es finden sich aber auch Kasuistiken, bei denen eine Exzision notwendig wurde, und zwar wenn Strontiumoxid/Aluminium-haltige fluoreszierende Substanzen, Zinksulfat-haltige Zusammensetzungen oder Radioisotope eingesetzt wurden. Strontiumoxid/Aluminium-haltige fluoreszierende Inhaltsstoffe werden für Uhren, Zifferblätter oder Schalter, die nachleuchten sollen, eingesetzt.

Ihre
Christiane Bayerl


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Prof. Dr. Christiane Bayerl

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  • Literatur

  • 1 Plaza T, Kempf W. Lichenoide und pseudolymphomatöse Reaktion auf rotes Permanent-Tattoo „Schweizerkreuz“. Akt Dermatol 2010; 36: 374-376
  • 2 Vandersee S, Ulrich R, Günzl H-J et al. Lymphomatoide Kontaktdermatitis im rotfarbenen Anteil einer mehrfarbigen Tätowierung bei einem 21-jährigen Patienten. Akt Dermtol 2010; 36: 232-234
  • 3 Engel A, Spannberger A, Vasold R et al. Photochemische Spaltung eines Tätowierungspigments durch UV-B-Strahlung oder Sonnenlicht. JDDG 2007; 5: 583-590
  • 4 Thomas KM, Geier J, Bertsch H et al. Schweres allergisches Kontaktekzem durch rote Tätowierung – Manifestation während der ersten Schwangerschaft. Allergo Journal 2010; 19: S21
  • 5 Latrielle J, Levy JL, Guinot C. Decorative tattoos and reasons for their removal: a prospective study in 151 adults living in South of France. JEADV 2011; 25: 181-187
  • 6 Schumann T, Peitsch WK, Géraud C et al. Ultraviolet tattoo complicated by granulomatous inflammation. J Am Acad Dermatol 2011; 65: 124-126
  • 7 Denby KS, Brodell LA, Fender AB et al. Reaction to phosphorescent pigment in a nonprofessional tattoo. J Am Acad Dermatol 2009; 6: 1205-1206

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Prof. Dr. med. Christiane Bayerl
Klinik für Dermatologie und Allergologie
Hauttumorzentrum Wiesbaden
Dr. Horst Schmidt Kliniken
Ludwig-Erhardt-Straße 100
65199 Wiesbaden

  • Literatur

  • 1 Plaza T, Kempf W. Lichenoide und pseudolymphomatöse Reaktion auf rotes Permanent-Tattoo „Schweizerkreuz“. Akt Dermatol 2010; 36: 374-376
  • 2 Vandersee S, Ulrich R, Günzl H-J et al. Lymphomatoide Kontaktdermatitis im rotfarbenen Anteil einer mehrfarbigen Tätowierung bei einem 21-jährigen Patienten. Akt Dermtol 2010; 36: 232-234
  • 3 Engel A, Spannberger A, Vasold R et al. Photochemische Spaltung eines Tätowierungspigments durch UV-B-Strahlung oder Sonnenlicht. JDDG 2007; 5: 583-590
  • 4 Thomas KM, Geier J, Bertsch H et al. Schweres allergisches Kontaktekzem durch rote Tätowierung – Manifestation während der ersten Schwangerschaft. Allergo Journal 2010; 19: S21
  • 5 Latrielle J, Levy JL, Guinot C. Decorative tattoos and reasons for their removal: a prospective study in 151 adults living in South of France. JEADV 2011; 25: 181-187
  • 6 Schumann T, Peitsch WK, Géraud C et al. Ultraviolet tattoo complicated by granulomatous inflammation. J Am Acad Dermatol 2011; 65: 124-126
  • 7 Denby KS, Brodell LA, Fender AB et al. Reaction to phosphorescent pigment in a nonprofessional tattoo. J Am Acad Dermatol 2009; 6: 1205-1206

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