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DOI: 10.1055/s-0033-1344793
Aktuelle Entwicklungen in der Therapie des nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms
New Developments in Treatment of Non-Small Cell Lung CancerKorrespondenzadresse
Publication History
eingereicht19 August 2013
akzeptiert nach Revision28 August 2013
Publication Date:
06 November 2013 (online)
- Zusammenfassung
- Abstract
- Testung auf molekulare Marker
- Vakzin-Therapie beim NSCLC
- Anaplastische Lymphomkinase
- Stratifizierte Chemotherapie nach ERCC1-Bestimmung
- Multi-Tyrosinkinase-Inhibitoren beim NSCLC
- Erlotinib bei unselektionierten NSCLC Patienten
- Chemotherapie beim älteren Patienten
- Schlussfolgerungen
- Literatur
Zusammenfassung
Vom 30. 5 bis 3. 6. 2013 fand das Jahrestreffen der American Society of Clinical Oncology (ASCO) statt. Wie immer wurden neue Ideen, Therapieansätze und klinische Studien präsentiert und intensiv diskutiert. Einige neue Entwicklungen bei der Behandlung des fortgeschrittenen nicht-kleinzelligen Lungenkarzinoms (NSCLC) sollen hier kurz vorgestellt werden.
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Abstract
In early June the annual meeting of the American Society of Clinical Oncology (ASCO) took place. Several new hypotheses, therapy approaches and clinical studies were presented and intensively discussed. Some new developments in treatment of non-small cell lung cancer will be briefly discussed in this article.
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Testung auf molekulare Marker
Die meisten Fachgesellschaften empfehlen die Testung von Patienten mit Stadium IIIB/IV NSCLC auf das Vorliegen von aktivierenden EGFR (Epidermal Growth Factor Receptor)-Mutationen in Tumorzellen. Aufgrund der höheren Prävalenz soll diese Testung zumindest bei allen Patienten mit nicht-squamösem Lungenkarzinom durchgeführt werden und zwar idealerweise vor Therapiebeginn. Bisher wird hierfür Tumorgewebe benötigt, das durch genügend intakte Tumorzellen und eine nicht zu starke „Verdünnung“ durch stromale Zellen charakterisiert sein sollte. Aktuelle Studien untersuchen die Möglichkeit, auch zirkulierende Tumorzellen oder zirkulierende Tumor-DNA im peripheren Blut zur Testung auf aktivierende EGFR-Mutationen zu verwenden. In einer Biomarker-Untersuchung der FASTACT-Studie (Erstlinienchemotherapie mit oder ohne interkalierte EGFR-Tyrosinkinaseinhibitor (TKI)-Gabe bei asiatischen Patienten) wurde eine Analyse auf aktivierende EGFR-Mutationen sowohl aus Tumorgewebe als auch aus dem Plasma der Studienpatienten durchgeführt [1]. Von insgesamt 451 eingeschlossenen Studienpatienten konnten bei 224 Patienten beide Mutationsanalysen durchgeführt werden (Gewebetestung: EGFR-Mutationen bei 99 Patienten; EGFR-Wildtyp bei 135 Patienten). Die Testung im Plasma zeigte eine Übereinstimmung mit der Gewebetestung in 88 % der Proben bei einer Sensitivität von 77 % und einer Spezifität von 96 %. Das progressionsfreie und Gesamtüberleben war bei Patienten mit aus dem Plasma nachgewiesener EGFR-Mutation signifikant verbessert, wenn sie mit interkalierter TKI-Gabe zusätzlich zur Chemotherapie behandelt wurden [1]. Ob sich EGFR-Mutationsanalysen aus dem peripheren Blut als gute Alternative zur Gewebetestung etablieren, bleibt aktuell noch abzuwarten.
Neben EGFR-Mutationen gibt es weitere Alterationen, die als sogenannte „Driver-Mutations“ relevante Bedeutung für das Wachstum des Lungenkarzinoms des NSCLC haben und als mögliche gezielte Therapieansätze geeignet sind. So sollten Patienten mit EGFR-Wildtyp auch auf das Vorliegen einer EML4-ALK-Fusion getestet werden [2]. Im Herbst 2012 wurde zur Therapie von NSCLC-Patienten mit nachgewiesener ALK-Aktivierung (zumeist durch Nachweis einer EML4-ALK-Translokation) nach Erstlinientherapie der TKI Crizotinib zugelassen. Als weitere „ Driver-Mutationen“ gelten Mutationen von k-ras, BRAF, ROS1 und RET ([Abb.1 ]) [3]. Für einige dieser Zielstrukturen wurden bereits erste selektive Therapieansätze entwickelt, die derzeit in klinischen Studien geprüft werden und in ersten Auswertungen hohe Ansprechraten gezeigt haben, wie z. B. Dabrafenib bei Vorliegen einer spezifischen BRAF-Mutation [4] [5]. Die Prävalenz der „Driver-Mutationen“ ist häufig gering (z. B. 2 % aller Adenokarzinome), kann aber durch klinische und histologisch definierte Präselektion gesteigert werden [6]. Insgesamt zeichnet sich daher die klare Tendenz ab, Lungenkarzinome zunehmend nach molekularen Veränderungen zu untersuchen und Therapieansätze danach auszurichten. Dabei werden nicht nur bei Adenokarzinome, sondern auch bei anderen histologischen Subgruppen „Driver-Mutationen“ gefunden, die sich auch je nach histologischem Subtyp unterscheiden können.
Zwei Präsentationen auf dem diesjährigen ASCO-Kongress zeigten, dass eine systematische und umfassende Testung von NSCLC-Patienten möglich ist, eine bessere Therapieselektion erlaubt und dies auch zu deutlich verbessertem Überleben führen kann. In einem französischen, staatlich unterstützten Ansatz wurden landesweit in nur 8 Monaten 10.000 NSCLC-Patienten auf das Vorliegen mehrerer Biomarker untersucht (EGFR-Mutation, ALK-Fusionsgene, HER2, KRAS, BRAF, PI3KCA) ([Tab. 1]). Dabei wurden Doppelmutationen nur bei 0,9 % der Tumoren gefunden [7]. In einem weiteren, amerikanischen Projekt (Lung Cancer Mutation Consortium) wurden seit 2009 Biomarkerdaten von über 1000 Patienten aus 14 Zentren zusammengeführt und ausgewertet [8]. Das Überleben von Patienten mit „ Driver-Mutationen“ (n = 264), die eine zielgerichtete Therapie erhielten, war signifikant besser als 313 Patienten ohne „Driver-Mutationen“ (medianes Überleben von 3,5 Jahre versus 2,1 Jahre; p < 0,0001). Interessanterweise war das Überleben von Patienten mit „Driver-Mutationen“ aber ohne zielgerichtete Therapie ähnlich (2,4 Jahre) wie bei 361 Patienten ohne „Driver-Mutationen“. Dies ist damit die erste Studie, die einen Überlebensgewinn für die zunehmende Therapiestratifizierung, basierend auf molekularen Markern in einem breiten NSCLC-Gesamtkollektiv, zeigt. Zukünftige Studien sollten Fragen nach der am besten geeigneten Testmethode und geeigneten Untersuchungsmaterialien (z. B. histologische oder zytologische Präparate, zirkulierende DNA oder zirkulierende Tumorzellen) adressieren.
Analyse von Biomarkern |
Prozent |
Nieraucher |
Raucher |
gesamt 911 Patienten |
100 % |
||
aktivierende EGFR-Mutationen |
9,5 % |
33,2 % |
4,2 % |
Resistenz-vermittelnde EGFR-Mutationen |
0,5 % |
3,1 % |
0,3 % |
HER2-Mutationen |
0,9 % |
3,8 % |
0,2 % |
Kras-Mutationen |
27 % |
9,6 % |
31,7 % |
BRAF-Mutationen |
1,7 % |
1,8 % |
1,6 % |
PI3K-Mutationen |
2,6 % |
3,6 % |
1,7 % |
ALK-Rearrangement |
3,7 % |
9,7 % |
3,5 % |
negativ/andere |
53,8 % |
35,2 % |
56,8 % |
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Vakzin-Therapie beim NSCLC
Verschiedene Ansätze bezüglich einer Sensibilisierung der körpereigenen Immunabwehr gegenüber Tumorzellen werden auch beim NSCLC verfolgt. Eine wichtige Voraussetzung hierfür ist eine effektive Präsentation eines Tumorantigens durch Antigen-präsentierende Zellen (wie dendritische Zellen, Makrophagen und B-Lymphozyten), um tumorspezifische T-Zellen zu stimulieren [9]. Als Tumorantigene könnten vom Tumor überexprimierte, mutierte oder ektop exprimierte Proteine geeignet sein. Dieses komplexe Thema wird in einer späteren Ausgabe in dieser Zeitschrift erneut aufgegriffen werden. Als mögliches Tumorantigen könnte das Protein Mucin-1 (MUC-1) geeignet sein, das normalerweise auf sekretorischen Epithelzellen präsent ist und für die zelluläre Adhäsion durch Bindung an ICAM-1 bedeutsam ist. Bei NSCLC-Tumorzellen ist MUC-1 häufig überexprimiert und weist durch aberrante Glykosylierung eine andere Proteinstruktur aus. L-BLP25 ist ein synthetisches Vakzin gegen MUC-1, das aus 20-Aminosäuren besteht. In liposomaler Form führte L-BLP25 zusammen mit niedrig dosiertem Cyclophosphamid als Immunadjuvanz zu messbarer anti-MUC-1 T-Zell-Proliferation und Bildung von anti-MUC-1-Antikörpern. In einer früheren Phase-IIB-Studie mit 171 Patienten mit Stadium IIIB/IV NSCLC führte eine Vakzinierung mit L-BLP25 zu verlängertem Gesamtüberleben (Median 17,2 versus 13 Monate; p = 0,085), wobei Patienten mit Stadium-IIIB-Tumoren den größten Nutzen hatten (Median 30,6 versus 13.3 Monate; p = 0,07) [10].
Nun wurde eine Phase-III-Studie mit 1513 Patienten mit inoperablem NSCLC im Stadium III (38,2 % im Stadium IIIA und 61,3 % im Stadium IIIB) vorgestellt [11]. Nach Primärtherapie mit (in 65 % simultaner und in 35 % sequenzieller) Radiochemotherapie erhielten die Patienten mit stabiler Tumorerkrankung L-BLP25 oder Placebo wöchentlich über 8 Wochen, anschließend in 6-wöchigen Abständen bis zum Krankheitsprogress. Bei der Erstgabe von L-BLP25 wurde zusätzlich Cyclophosphamid verabreicht. Die Vakzinierung mit L-BLP25 wurde gut toleriert. Das mediane Gesamtüberleben konnte nicht signifikant verlängert werden (25,6 versus 22,3 Monate; p = 0,123). Dieser Unterschied war in einer Subgruppenanalyse für Patienten mit L-BLP25-Vakzinierung nach simultaner Radiochemotherapie signifikant (medianes Überleben von 30,8 versus 20,6 Monaten; p = 0,016). Das Ergebnis der Studie ist aktuell schwierig zu beurteilen. Möglicherweise werden durch eine simultane Radiochemotherapie im Vergleich zur sequenziellen Therapie unterschiedliche immunologische Effekte ausgelöst, die allerdings weiter erforscht werden müssen.
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Anaplastische Lymphomkinase
In 2007 wurde erstmals ein Fusiongen aus der anaplastischen Lymphomkinase (ALK) Tyrosinkinase und dem Protein EML4 (echinoderm microtubule-associated protein-like 4) beschrieben, welches bei 3 – 7 % aller NSCLC und bevorzugt bei jüngeren Patienten und Nierauchern detektiert werden kann [2]. In einer Phase-III-Studie (Profile 1007) zeigte sich im Vergleich zu einer Zweitlinientherapie mit Docetaxel oder Pemetrexed eine signifkante Verbesserung des progressionsfreien Überlebens für Patienten mit Crizotinib (7,7 versus 3,0 Monate; p < 0,0001) [12]. Wie auch bei der Therapie von Tumoren mit nachgewiesener EGFR-Mutation mit TKIs, so kommt es unter längerer Behandlung mit Crizotinib nach initialem Ansprechen häufig doch zu einem Tumorprogress. Neben der Evaluation von Resistenzmechanismen werden neue ALK-Inhibitoren entwickelt, die eine verbesserte Wirksamkeit zeigen sollen. Der TKI LDK378 ist ein ALK-Inhibitor, der in präklinischen Modellen eine ca. 20-fach erhöhte Affinität zum ALK-Rezeptor zeigte. In einer multizentrischen Phase-I-Studie bei 131 fortgeschrittenen ALK-positiven Tumoren wurden zunächst 59 Patienten dosiseskaliert und anschließend weitere 72 Patienten mit der maximal tolerierten Dosis (MTD) von 750 mg/Tag behandelt [13]. Es wurden sowohl Crizotinib vorbehandelte wie auch ALK-TKI-naive Patienten eingeschlossen. Bei 88 Patienten mit fortgeschrittenem ALK-positiven NSCLC und einer Therapie mit 400 – 750 mg/Tag LDK378 wurde eine Ansprechrate (Overall Response Rate, ORR) von 58 % beobachtet bei einem medianen progressionsfreien Überleben (PFS) von 8,6 Monaten. Die Therapie wurde insgesamt gut vertragen mit Übelkeit (72 %), Diarrhoe (69 %), Erbrechen (50 %) und Fatigue (31 %) als häufigste Toxizitäten. Als häufigste Grad-3 /4-Toxizitäten wurden ALT- (12 %), AST-Erhöhungen (6 %) und Diarrhoe (7 %) registriert. Interessanterweise war das Ansprechen von Crizotinib-resistenten NSCLC mit 45/79 (59 %) vergleichbar mit derjenigen bei Crizotinib naiven Patienten (21/35; 62 %). Zudem zeigte die Therapie mit LDK378 auch bei Tumoren mit einer definierten ALK-Mutation ein gutes Ansprechen, die bisher als möglicher Resistenzmechanismus für Crizotinib galten [13]. Es muss abgewartet werden, ob sich diese beeindruckende Wirksamkeit gerade auch bei Crizotinib-vorbehandelten NSCLC-Patienten in Folgestudien bestätigen lässt, die weitere Fragen nach der besten Therapiesequenz aufwerfen würde.
Ein weiterer, hoch selektiver ALK-Inhibitor der zweiten Generation ist CH5424802, für den Ergebnisse aus einer Phase I/II bei 58 ALK-positiven NSCLC vorgestellt wurden [14]. Bei insgesamt 43 ausgewerteten Patienten, die bisher keine anti-ALK-Therapie erhalten hatten, lag die Ansprechrate bei 93,5 % einschließlich zwei kompletter Remissionen. Zum Zeitpunkt der Auswertung erhielten 47/58 Patienten nach einer mittleren Behandlungszeit von 10,3 Monate weiterhin die Therapie mit CH5424802. Auch dieser Inhibitor wurde gut vertragen mit Geschmackstörungen, „Rash“, erhöhten Leberenzymen und Bilirubin sowie Konstipation als häufigste Nebenwirkungen, die zumeist mild ausgeprägt waren (CTC Grad 1/2) [14].
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Stratifizierte Chemotherapie nach ERCC1-Bestimmung
Bei der Suche nach möglichen prädiktiven Markern für das Ansprechen auf eine Platin-haltige Chemotherapie erlangte die Expression von ERCC1 (excision repair cross-complementing rodent repair deficiency, complementation group 1) große Aufmerksamkeit. ERCC1 hat große Bedeutung bei einer Reihe von DNA-Reparatur-Mechanismen [15]. In einer retrospektiven Analyse einer Phase-III-Studie zur Bedeutung einer adjuvanten Platin-haltigen Chemotherapie (IALT-bio) bei 867 Patienten mit reseziertem NSCLC zeigten chemotherapierte Patienten mit immunhistochemisch negativer ERCC1-Expression im Gegensatz zu Patienten mit erhöhter Expression ein verbessertes Überleben im Vergleich zu Patienten mit alleiniger Nachsorge [16].
Eine prospektive Phase-III-Studie randomisierte 275 Patienten mit fortgeschrittenem, unbehandeltem NSCLC nach Messung der Protein-Expression von ERCC1 und RRM1 für eine Standardtherapie mit Carboplatin und Gemcitabine oder für eine stratifizierte Chemotherapie: Je nach ERCC1/RRM1-Expression erhielten stratifizierte Patienten eine Therapie mit Carboplatin und Gemcitabine (niedrige ERCC1- und RRM1-Level), Carboplatin und Docetaxel (hohe RRM1- und niedrige ERCC1-Level), Gemcitabin und Docetaxel (niedrige RRM1- und hohe ERCC1-Level) oder Docetaxel und Vinorelbin (hohe ERCC1- und RRM1-Level) [17]. Das mediane progressionsfreie Überleben war im stratifizierten Therapiearm mit 6,1 versus 6,9 Monate nicht dem Standard-Therapiearm überlegen (p = 0,18). Das Gesamtüberleben war ebenfalls nicht signifikant verschieden (11,3 versus 11,3 Monate). Neben der Demonstration der Machbarkeit eines solchen stratifizierten Therapieansatzes muss diese Studie jedoch als negativ gewertet werden. Interessanterweise hatten Patienten, die für eine Therapie mit Carboplatin und Gemcitabine stratifiziert wurden, ein signifikant schlechteres progressionsfreies Überleben wie Patienten, die die gleiche Therapie im Kontrollarm erhielten (5,0 versus 8,1 Monate; p = 0,018). Dieses überraschende Ergebnis könnte durch einen methodischen Fehler erklärt werden. Das ERCC1-Gen enthält 10 Exone, die mindestens 4 verschiedene Isoformen kodieren. Die Bedeutung der einzelnen Isoformen bleibt größtenteils bisher unbekannt. Allerdings scheinen nicht alle Isoformen auch funktionell aktiv zu sein [18]. Alle Antikörper, die derzeit zur Diagnostik von ERCC1 verfügbar sind, erkennen mehrere und daher teilweise auch nicht relevante Isoformen für ERCC1. Eine wiederholte Analyse der Gewebeproben der IALTbio-Studie von der gleichen Arbeitsgruppe der Erstpublikation mit dem gleichen Antikörper (monoklonaler anti-ERCC1 Antikörper Ab-2, Klon 8F1) zeigte zwar eine im Median ähnliche ERCC1-Expression, aber eine verschiedene Expression bei 36 % der Proben, die zu unterschiedlicher Bewertung als „positiv“ oder „negativ“ führte. Der vormals gezeigte prädiktive Wert für ERCC1-Expression auf den Nutzen einer Platin-haltigen adjuvanten Chemotherapie ließ sich nicht reproduzieren [18]. Zusammenfassend scheint daher eine valide immunhistochemische Bestimmung von funktionellem ERCC1 aktuell nicht möglich. Zudem gibt es Hinweise auf alternative Mechanismen einer Resistenz gegenüber Platin-haltiger Chemotherapie [15]. Die ERCC1-Bestimmung bei der Therapieplanung des NSCLC als Hinweis auf eine mögliche Platin-Resistenz kann derzeit nicht befürwortet werden und sollte in der klinischen Praxis nicht erfolgen.
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Multi-Tyrosinkinase-Inhibitoren beim NSCLC
Die Bedeutung der Tumor-Angiogenese ist für die Entstehung, Progression und Metastasierung maligner solider Tumoren einschließlich des NSCLC allgemein anerkannt. In den letzten Jahren wurden eine Reihe von klein-molekularen Multi-Tyrosinkinase-Inhibitoren (multi-TKIs) in klinischen Studien evaluiert, die im Vergleich zu Bevacizumab ein breiteres Wirkungsmuster haben und mehrere, verschiedene angiogene Rezeptoren blockieren. Bisher konnte in Phase-III-Studien allerdings kein Multi-TKI in Addition zur Chemotherapie eine Verbesserung des Gesamtüberlebens erreichen. In einer Metaanalyse von 15 ausgewählten Phase-II/III-Studien über verschiedene Multi-TKIs als Monotherapie oder in Kombination mit Chemotherapie bei 8854 Patienten wurde ein signifikant verbessertes PFS (HR = 0,824; p < 0,001) und erhöhte Ansprechrate (OR = 1,27; p < 0,0001) bei allerdings nicht signifikant verbessertem Gesamtüberleben (HR = 0,962; p = 0,157) errechnet [19].
Nintedanib ist ein oraler Multi-TKI, der die Rezeptoren VEGFR1– 3 sowie von PDGFR-α und -β und FGFR1– 3 lang anhaltend blockiert [20]. Möglicherweise ist diese breite Hemmung von angiogenen Rezeptoren wie auch FGFR ein Vorteil dieser Substanz, um eine Induktion von Resistenzmechanismen zumindest zu verzögern. Eine Phase-III-Studie mit Patienten mit nicht-squamösem NSCLC bei Progress nach Erstlinientherapie zur Kombination von Pemetrexed mit Nintedanib oder Placebo wurde nach 713 eingeschlossen Patienten (geplant waren 1116) vorzeitig abgebrochen, da der primäre Endpunkt (Verbesserung des PFS) nicht mehr erreichbar schien. Nach vollständiger Analyse der vorhandenen Daten einschließlich einer unabhängigen Evaluation der radiologischen Befunde zeigte sich doch eine signifikante Verbesserung des PFS (4,4 versus 3,6 Monate, p = 0,0435) [21].
Eine weitere Phase-III-Studie wurde zur Kombination mit Nintedanib mit Docetaxel vorgestellt [22]. 1314 Patienten mit lokal fortgeschrittenem oder metastasiertem NSCLC, die bereits eine Vortherapie erhalten hatten, erhielten entweder Docetaxel und Nintedanib (n = 655) oder Docetaxel und Placebo (n = 659). Das Toxizitätsprofil war für die Therapiekombination gut beherrschbar mit Diarrhoe (42,3 % mit Nintedanib versus 21,8 % unter Placebo; Grade ≥ 3: 6,6 % versus 2,6 %) und Erhöhung der Leberwerte (hier gemessen die GPT: 28,5 % versus 8,4 %; Grade ≥ 3: 7,8 versus 0,9 %) als häufigste Nebenwirkungen. Es gab keine signifikanten Unterschiede in der Häufigkeit von schwerwiegenden Blutungen oder Blutdruckentgleisungen. Der primäre Endpunkt Verbesserung des PFS war signifikant positiv (Median 3,4 versus 2,7 Monate; p = 0,0019) unabhängig von der Histologie (Plattenepithelkarzinom p = 0,02; Adenokarzinom p = 0,02). In der gesamten Patientenpopulation war kein signifikanter Überlebensvorteil messbar, es gab lediglich einen Trend zugunsten der Kombination mit Nintedanib (Median 10,1 versus 9,1 Monate; p = 0,272). In einer präspezifizierten Subgruppenanalyse zeigte die Kombination mit Docetaxel und Nintedanib allerdings einen signifikanten Überlebensvorteil bei Patienten mit Adenokarzinomen (Median 12,6 versus 10,3 Monate; p = 0,0359). Von diesen Patienten hatten diejenigen den größten Überlebensgewinn, die bereits innerhalb von 9 Monaten nach Beginn der Erstlinientherapie eine Progression erlitten hatten (Median 10,9 versus 7,9 Monate; p = 0,0073) [22].
Diese Studie ist in mehrfacher Hinsicht interessant: Sie ist die erste Phase-III-Studie, die einen signifikanten und klinisch relevanten Überlebensvorteil für die Kombinationstherapie mit einem Multi-TKI für die Subgruppe der Patienten mit Adenokarzinomen zeigt. Zudem wirft sie die Frage auf, ob die prognostisch als sehr ungünstig eingestufte Subgruppe der therapierefraktären Patienten (Progress innerhalb 9 Monaten nach Beginn der Erstlinien-Therapie) von einer Therapieeskalation wie beispielsweise durch Kombination mit Nintedanib profitieren könnte. Schließlich lässt die Studie auch einen Nutzen einer anti-angiogenen Therapie über die Erstlinien-Therapie hinaus vermuten. Ähnlich wie die im letzten Jahr vorgestellte Studie beim kolorektalen Karzinom könnten auch Patienten mit nicht-squamösen NSCLC von einer längeren, über den Progress hinaus sich erstreckenden anti-angiogenen Therapie profitieren, was für Bevacizumab derzeit in einer Phase-III-Studie untersucht wird.
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Erlotinib bei unselektionierten NSCLC Patienten
Für Erlotinib konnte in der Zweit- oder Drittlinie eine signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens gegenüber Placebo auch für NSCLC-Patienten ohne EGFR-Mutation gezeigt werden, worauf die Zulassung dieses Medikaments zur Behandlung des NSCLC nach mindestens einer vorausgegangenen Chemotherapie erteilt wurde [23].
Bereits im letzten Jahr wurde auf dem ASCO-Kongress eine Studie vorgestellt, bei der das progressionsfreie Überleben (als sekundärer Endpunkt) bei einer Zweitlinientherapie mit Erlotinib von derjenigen nach einer Behandlung mit Docetaxel bei insgesamt 218 EGFR-Wildtyp-Patienten signifikant verschieden war [24]. Trotz einiger methodischer Unklarheiten (Veränderung des Studiendesigns bei laufender Studie), einer gewissen Heterogenität der beiden Therapiegruppen, einer überdurchschnittlich hohen Ansprechrate auf Docetaxel und der (derzeit noch bestehenden) Unkenntnis über den primären Endpunkt (Gesamtüberleben) warf diese Studie Fragen über den Stellenwert von Erlotinib bei Wildtyp-Patienten im Vergleich zu einer Chemotherapie auf.
In diesem Jahr wurde eine japanische Phase-III-Studie mit Erlotinib versus Docetaxel als Zweit- oder Drittlinientherapie bei 301 Patienten mit NSCLC und bekanntem EGFR-Status präsentiert [25]. Bei EGFR-Wildtyp-Tumoren war unter Docetaxel das progressionsfreie Überleben signifikant länger (2,9 versus 1,3 Monate; p = 0,013), allerdings war dieser Unterschied im Gesamtüberleben nicht mehr nachweisbar (9,2 versus 9,0 Monate; p = 0,914). Eine weitere Phase-III-Studie zeigte nach Stratifikation mit Hilfe eines kommerziellen Tests mit massenspektrometrischer Analyse von Serumproteinen (VeriStrat; die genaue Signatur ist unbekannt) bei insgesamt 285 Patienten mit Stadium IIIB/IV NSCLC bei Progress nach Erstlinientherapie für Patienten mit „schlechtem“ Veristrat-Score ein signifikant besseres Überleben nach einer Therapie mit Docetaxel als nach einer Zweitlinienbehandlung mit Erlotinib (Median 6,4 versus 3,0 Monate; p = 0,015) [26]. Patienten mit „gutem“ Veristrat-Score hatten ein vergleichbares Gesamtüberleben (Median 10,5 und 10,4 Monate; p = 0,616). Zusammenfassend scheint es eine Patientengruppe zu geben, die von einer Zweitlinientherapie mit Docetaxel mehr profitiert als von Erlotinib. Allerdings sind im klinischen Alltag auch unterschiedliche Toxizitätsprofile bei der Wahl der Therapie wichtig.
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Chemotherapie beim älteren Patienten
In einer deutschen multizentrischen Studie wurden 251 Patienten ≥ 65 Jahre mit nicht-quamösen NSCLC im Stadium IIIB/IV für eine Therapie aus Pemetrexed und Bevacizumab mit Carboplatin randomisiert über 4 – 6 Zyklen [27]. Anschließend wurde bei 51,9 % (Carboplatin-haltiger Arm) und 39,0 % (Kontrollarm) der Patienten eine Erhaltungstherapie mit Pemetrexed und Bevacizumab oder Bevacizumab alleine gegeben. Das mediane PFS war als primärer Endpunkt im Carboplatin-haltigen Therapiearm signifikant verbessert (6,8 versus 4,8 Monate; p = 0,04). Ebenso war das Ansprechen unter Platin-haltiger Therapie besser (44,4 % versus 31,4 %; p = 0.0343) und das Gesamtüberleben länger (15,2 versus 11,6 Monate; p = 0,21). Interessanterweise waren Grad-3/4-Toxizitäten in beiden Therapiearmen vergleichbar (64,4 % und 65,4 %). Diese Studie unterstreicht bisher publizierte Daten beispielsweise von Quoix und Kollegen, dass bei geeigneten Patienten eine Platin-haltige Chemotherapie (hier in zusätzlicher Kombination mit Bevacizumab) auch bei höherem Alter mit akzeptabler Verträglichkeit möglich ist und zu verbessertem Überleben führen kann [28]. Einschränkend muss allerdings in der aktuellen Studie das niedrige Einschlussalter von ≥ 65 Jahren zur Definition des „älteren Patienten“ kritisch gesehen werden. So lag das mediane Alter der Studienpatienten mit 71 bzw. 72 Jahren nur unwesentlich höher als das mediane Alter bei einem unselektionierten Patientenkollektiv (ungefähr 68 – 70 Jahre).
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Schlussfolgerungen
Es zeigt sich die zunehmende Komplexizität und Heterogenität bei der Therapieplanung für Patienten mit NSCLC, insbesondere im fortgeschrittenen Stadium. Die molekulare Diversifikation nimmt zu und erlaubt stratifizierte Therapieansätze mit im Vergleich zur Standardchemotherapie besserem Erfolg, der sich auch in der klinischen Praxis beobachten lässt. Neue Substanzen mit verbessertem Wirkungsprofil gegen identifizierte Strukturen lassen eine weitere Verbesserung des Therapieerfolges erwarten. Charakteristisch für diese Patienten ist die zunehmende Notwendigkeit von Gewebeanalysen auch nach Progression unter einer Therapie mit klein-molekularen Inhibitoren. Zudem gibt es neuartige Therapieansätze wie beispielsweise mit immunmodulatorischen Substanzen, die eine weitere Verbesserung der Behandlungsmöglichkeiten erhoffen lassen.
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Interessenkonflikt
N. Reinmuth erhielt Honoraria von Hoffmann-La Roche, Lilly, Boehringer, Otsuka. M. Reck erhielt Honoraria von Hoffmann-La Roche, Lilly, Pfizer, BMS, Daiichi-Sankyo, AstraZeneca. A. Gröschel erhielt Honoraria von Lilly, Hoffmann-La Roche, Boehringer, Bristol-Myers Squibb.
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Literatur
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