Aktuelle Dermatologie 2013; 39(11): 453-455
DOI: 10.1055/s-0033-1344951
Kasuistik
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Rekonstruktion eines Nasen-Wangen-Defektes mit einer kombinierten Lappenplastik

Reconstruction of Nose and Cheek Defect with a Combined Flap
R. Kasten
Praxis für Dermatologie, Mainz
› Author Affiliations
Further Information

Korrepsondenzadresse

Dr. med. Robert Kasten
Facharzt für Dermatologie
Kosmetische Medizin
Ambulante Operationen
Martinsstraße 17
55116 Mainz

Publication History

Publication Date:
11 November 2013 (online)

 

Zusammenfassung

Nach der Exzision von Gesichtstumoren können Wunden resultieren, die sich auf mehrere ästhetische Einheiten ausdehnen. Bei solchen kombinierten Defekten empfiehlt es sich, zunächst die plastische Deckung für jede einzelne ästhetische Zone zu planen und daraus dann ein Gesamtkonzept für den Wundverschluss zu entwickeln. Dadurch gelingt es meist, die kosmetisch wichtigen Grenzen zwischen den einzelnen ästhetischen Einheiten wiederherzustellen. Anhand einer Defektdeckung an Nasenflügel, Wange und Oberlippe wird dieses Vorgehen erläutert.


#

Abstract

Excision of a facial tumor may result in a wound that affects multiple aesthetic units. It is advisable to approach such a complicated defect by planning the wound closure for each aesthetic unit individually. In a second step these distinct designs should be integrated into a master plan. This method facilitates the restoration of the important borders between the aesthetic units. We illustrate this concept by reconstructing a defect of the nasal ala, the cheek and the upper lip.


#

Einleitung

Basalzellkarzinome können sich entlang der embryonalen Fusionslinien ausbreiten, wie zum Beispiel am Übergang vom Nasenflügel zur Wange [1]. Wenn dort Tumore entfernt werden, resultieren Defekte, die benachbarte ästhetische Einheiten betreffen. Die Grenzen dieser ästhetischen Zonen sollten beim Wundverschluss berücksichtigt werden, um ein natürlich wirkendes Ergebnis zu erzielen [2].

Am Beispiel eines Hautdefektes, der nach der Exzision eines sklerodermiformen Basalzellkarzinoms entstanden war, erörtern wir die Planung der Defektdeckung und stellen Details der Operation dar.


#

Befund und Operationsplanung

Bei einem 62-jährigen Patienten dehnte sich die Wunde auf drei ästhetische Einheiten aus. Der seitliche Nasenflügel, die Infraorbital- und die Perioralregion waren betroffen ([Abb. 1]). Der Wundverschluss sollte die einzelnen ästhetischen Einheiten und deren Grenzen mit Haut ähnlicher Textur möglichst effizient wiederherstellen. Bei komplizierteren, kombinierten Hautdefekten hat es sich bewährt, die plastische Deckung für jede ästhetische Einheit separat zu planen, weil so weniger Kompromisse bezüglich des kosmetischen Ergebnisses eingegangen werden. In einem zweiten Schritt sollte man die Planung in ein Gesamtkonzept integrieren, um das Donorgewebe möglichst effizient zu nutzen [2]. Die dreidimensionale Wiederherstellung des seitlichen Nasenflügels stellte bei dem vorliegenden Defekt die schwierigste Aufgabe dar. Der Wundverschluss sollte die spezifische Wölbung des Nasenflügels wiederherstellen, um eine freie Atmung zu ermöglichen und gleichzeitig einen natürlich wirkenden Übergang zur Wange zu schaffen. Zur plastischen Deckung dieses Nasenflügeldefektes können zum Beispiel Transpositionslappen von der Wange, Vollhauttransplantate oder sogenannte composite grafts eingesetzt werden, die aus Haut und Knorpel bestehen [3]. Unserer Erfahrung nach haben sich Insellappen mit einem muskulären Stiel bewährt. Diese Lappen lassen sich plastisch modellieren und weisen eine gute vaskuläre Versorgung auf. Außerdem kann man mit ihnen Haut ähnlicher Textur aus der Wundumgebung rekrutieren [4]. Ein Insellappen kann sich im Rahmen der Wundheilung allerdings kontrahieren, sodass im vorliegenden Fall die Gefahr bestand, dass sich der untere Nasenflügelrand verzieht. Deshalb planten wir die untere Kontur des Nasenflügels mit einem Knorpelstreifen aus der Concha zu verstärken. Den Infraorbitaldefekt wollten wir mit einer Verschiebelappenplastik von lateral verschließen. Bei diesem plastischen Verfahren können Ausgleichsexzisionen, sogenannte Burow-Dreiecke, erforderlich werden, damit man die Wundränder glatter adaptieren kann. Diese Exzidate werden oft verworfen. Bei unserem Patienten planten wir jedoch das obere Ausgleichsdreieck für den myokutanen Insellappen zu nutzen. Das untere Ausgleichsdreieck wurde in den oberen Teil der Oberlippenwunde gelegt, sodass nur ein kleines Dreieck gesunder Haut zusätzlich entfernt werden musste.

Zoom Image
Abb. 1 Defekt nach mikrografisch kontrollierter Exzision eines Basalzellkarzinoms.

#

Operation und Verlauf

Der kontralaterale Nasenflügel wurde als Muster verwendet, um das mit dem Insellappen bereitzustellende Hautareal abzumessen. Hierfür formten wir Aluminiumfolie vom Nahtmaterial über den ganzen rechten Nasenflügel und schnitten sie entlang der Kontur des gesamten Nasenflügels aus. Wir hatten nun eine Schablone, die die gesamte Fläche des rechten Nasenflügels abbildete. Dann strichen wir die Aluminiumfolie glatt, drehten sie auf die andere Seite und modellierten sie über den linken Nasenflügel. Der Anteil der Schablone, der sich über dem intakten Anteil des linken Nasenflügels befand, wurde abgeschnitten, sodass der übrig gebliebene Teil der Schablone dem fehlenden Hautareal des Nasenflügels entsprach. Die plastisch modellierte Schablone strichen wir nun glatt und platzierten sie oberhalb des Defektes, um die Umrisse des Insellappens mit einem Hautmarker anzuzeichnen ([Abb. 2]).

Zoom Image
Abb. 2 Skizzierung der Schnittführung mit einem Hautmarker. Kranial der Wunde ist der Umriss des myokutanen Lappens aufgezeichnet.

Von der linken Concha entnahmen wir ein 3 × 14 mm messendes Knorpeltransplantat, nachdem die über dem Knorpel liegende Haut inzidiert worden war. Der Knorpel wurde in subkutane Taschen der vorderen und hinteren Wundränder oberhalb des unteren Nasenflügelrandes gesteckt und mit einem resorbierbaren Nahtmaterial (Vicryl 5, Fa. Ethicon) zentral fixiert.

Wir umschnitten den myokutanen Insellappen bis zur subkutanen Schicht und unterminierten die umgebende Haut in der gleichen Ebene. An der lateralen, superioren und inferioren Grenze wurde der Insellappen bis unter die submuskuläre Schicht des Nasalismuskels inzidiert und in dieser Ebene 5 mm über den medialen Rand des Lappens hinaus unterminiert, um die Beweglichkeit zu verbessern. Der Insellappen wurde nun an diesem medial basierten Musculus-nasalis-Stiel nach inferior bewegt und mit wenigen subkutanen Nähten (Vicryl 5 – 0, Fa. Ethicon) sowie kutanen Einzelknopfnähten (Seralon 5 – 0, Fa. Serag-Wiessner) am Implantationsort fixiert. Den Hebedefekt des Insellappens, den Wangen- und den Oberlippendefekt verschlossen wir mit einer Verschiebelappenplastik von lateral mit subkutanen Nähten (Vicryl 5 – 0, Fa. Ethicon) und fortlaufend überwendlichen Nähten sowie Einzelknopfnähten (Seralon 5 – 0, Fa. Serag-Wiessner). Die Inzisionslinien konnten in die Nasolabialfalte und in die ästhetische Grenze zwischen der Nase und der Infraorbitalregion gelegt werden ([Abb. 3]).

Zoom Image
Abb. 3 Befund direkt nach Abschluss der Operation.

Die nicht-resorbierbaren Fäden wurden am siebten Tag entfernt. Sechs Monate nach der Defektdeckung zeigten sich eine fast normale Kontur des linken Nasenflügels und relativ unauffällige Narben in den Inzisionslinien ([Abb. 4]). Ausschlaggebend für den erfolgreichen Wundverschluss waren die differenzierte Operationsplanung für jede kosmetische Einheit und die Berücksichtigung deren natürlicher Grenzen.

Zoom Image
Abb. 4 Sechs Monate nach der Defektdeckung. Weitgehende Wiederherstellung der natürlichen Konturen.

#

Diskussion

Im Gesicht werden sechs ästhetische Einheiten voneinander abgegrenzt. Diese Zonen werden aufgrund ihrer Hautdicke, der Lichtreflektion, ihrer Elastizität sowie aufgrund der darunterliegenden Strukturen voneinander unterschieden. Man teilt das Gesicht demzufolge ein in die Stirnregion, in die periorbitale Zone, in die Nase, in die periorbitale Region, in die Wangen und die Kinnzone. Inzisionen sollten in den Hautspaltlinien möglichst in die Grenzen zwischen den ästhetischen Einheiten gelegt werden, damit die Narben weniger auffallen. Zudem hat es sich bewährt, Wunden mit Haut aus derselben ästhetischen Einheit zu verschließen, da dieses Gewebe das entfernte am besten hinsichtlich Textur, Dicke und Farbe ersetzt. Wenn dies nicht möglich ist, sollte eine Nahlappenplastik mit Haut aus einer benachbarten ästhetischen Einheit zum Wundverschluss verwendet werden [5] [6].

Im vorgestellten Fall war die differenzierte Operationsplanung für jede einzelne kosmetische Einheit unter Beachtung der Zonengrenzen ausschlaggebend für den Operationserfolg.


#
#

Interessenkonflikt

Der Autor gibt an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

  • Literatur

  • 1 Newman JC, Leffell DJ. Correlation of embryonic fusion planes with the anatomical distribution of basal cell carcinoma. Dermatol Surg 2007; 33: 957-964
  • 2 Dzubow LM, Zack L. The principle of cosmetic junctions as applied to reconstruction of defects following Mohs surgery. J Dermatol Surg Oncol 1990; 16: 353-355
  • 3 Humphreys TR, Goldberg LH, Wiemer DR. Repair of defects of the nasal ala. Dermatol Surg 1997; 23: 335-349
  • 4 Willey A, Papadopoulos DJ, Swanson NA et al. Modified single-sling myocutaneous island pedicle flap: series of 61 reconstructions. Dermatol Surg 2008; 34: 1527-1535
  • 5 Larrabee WF, Sherris DA Hrsg. Principles of Facial Reconstruction. New York: Lippincott-Raven Publishers; 1995
  • 6 Robinson MD, June K. Segmental reconstruction of the face. Dermatol Surg 2004; 30: 67-74

Korrepsondenzadresse

Dr. med. Robert Kasten
Facharzt für Dermatologie
Kosmetische Medizin
Ambulante Operationen
Martinsstraße 17
55116 Mainz

  • Literatur

  • 1 Newman JC, Leffell DJ. Correlation of embryonic fusion planes with the anatomical distribution of basal cell carcinoma. Dermatol Surg 2007; 33: 957-964
  • 2 Dzubow LM, Zack L. The principle of cosmetic junctions as applied to reconstruction of defects following Mohs surgery. J Dermatol Surg Oncol 1990; 16: 353-355
  • 3 Humphreys TR, Goldberg LH, Wiemer DR. Repair of defects of the nasal ala. Dermatol Surg 1997; 23: 335-349
  • 4 Willey A, Papadopoulos DJ, Swanson NA et al. Modified single-sling myocutaneous island pedicle flap: series of 61 reconstructions. Dermatol Surg 2008; 34: 1527-1535
  • 5 Larrabee WF, Sherris DA Hrsg. Principles of Facial Reconstruction. New York: Lippincott-Raven Publishers; 1995
  • 6 Robinson MD, June K. Segmental reconstruction of the face. Dermatol Surg 2004; 30: 67-74

Zoom Image
Abb. 1 Defekt nach mikrografisch kontrollierter Exzision eines Basalzellkarzinoms.
Zoom Image
Abb. 2 Skizzierung der Schnittführung mit einem Hautmarker. Kranial der Wunde ist der Umriss des myokutanen Lappens aufgezeichnet.
Zoom Image
Abb. 3 Befund direkt nach Abschluss der Operation.
Zoom Image
Abb. 4 Sechs Monate nach der Defektdeckung. Weitgehende Wiederherstellung der natürlichen Konturen.