Z Orthop Unfall 2013; 151(02): 129
DOI: 10.1055/s-0033-1345673
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Achillessehnenruptur – Chirurgische oder konservative Therapie?

Contributor(s):
Uwe Gringmuth
Soroceanu A et al.
Surgical Versus Nonsurgical Treatment of Acute Achilles Tendon Rupture. A Meta-Analysis of Randomized Trials.

J Bone Joint Surg Am 2012;
94: 2136-2143
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Publication History

Publication Date:
25 April 2013 (online)

 
 

Bei der Achillessehnenruptur sind die chirurgische und auch die konservative Therapie akzeptierte Behandlungsmethoden. Befürworter der chirurgischen Therapie argumentieren mit einer geringeren Rerupturrate im Vergleich zur konservativen Therapie. Konservative Behandler hingegen betonen die operativen und postoperativen Risiken nach chirurgischer Versorgung. Die Frage nach der besseren Therapie zeigt in der aktuellen Literatur widersprüchliche Ergebnisse. Auch die Vergleichbarkeit der teilweise sehr unterschiedlich angelegten Studien ist fraglich.
Soroceanu A et al. Surgical Versus Nonsurgical Treatment of Acute Achilles Tendon Rupture. A Meta-Analysis of Randomized Trials. J Bone Joint Surg Am 2012; 94: 2136–2143

Einleitung

Die operative Versorgung der Achillessehnenruptur ist trotz höherem Risiko für allgemeine Komplikationen eine anerkannte Behandlungsmethode in Nordamerika, da ihr ein geringeres Risiko einer Reruptur zugesprochen wird. Jedoch haben neuere Studien, insbesondere diese, die eine frühe Mobilisierung in funktionelle Orthesen berücksichtigen, diese Meinung infrage gestellt. Ziel dieser Metaanalyse war es, die chirurgische und konservative Behandlung im Hinblick auf die Rerupturrate, das Gesamtniveau von anderen Komplikationen, die Rückkehr zur Arbeit, den Wadenumfang und funktionelle Ergebnisse sowie die Auswirkungen der frühen Mobilisation auf die Reruptur-Rate zu untersuchen.


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Ergebnisse

Zehn Studien erfüllten die Aufnahmekriterien. Wenn eine funktionelle Nachbehandlung mit einer frühen Mobilisierung durchgeführt wurde, waren die Reruptur-Raten gleich für chirurgische und konservativ behandelte Patienten (Risiko-Differenz = 1,7 %, p = 0,45). Wenn keine funktionelle Nachbehandlung mit einer frühen Mobilisierung durchgeführt wurde, lag die absolute Reruptur-Risikoreduzierung durch die chirurgische Therapie bei 8,8 % (p = 0,001 zugunsten der chirurgische Therapie). Die chirurgische Therapie war mit einem absoluten Risiko von 15,8 % (p = 0,016 zugunsten konservativer Therapie) für andere Komplikationen als Rerupturen assoziiert. Chirurgisch behandelte Patienten kehrten 19,16 Tage früher ins Arbeitsleben zurück (p = 0,0014). Es gab keinen statistisch signifikanten Unterschied zwischen den beiden Behandlungen in Bezug auf Wadenumfang (p = 0,357), Kraft (p = 0,806) oder funktionelle Ergebnisse (p = 0,226).


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Kommentar

Die vorliegende Metaanalyse schloss bei Erfüllen der vergleichbaren Aufnahmekriterien insgesamt 10 von 614 Studien in ihre Analyse ein. Folgende Aussagen können aus der dieser Studie gewonnen werden:

  1. Die Nachbehandlung mit einer frühzeitigen Mobilisation (aktive Plantarflexion 10 Tage nach Rupturversorgung) hat sich als Einflussfaktor für die Rerupturrate in den Meta-Regressionsanalysen herausgestellt.

  2. Dabei ist die Rerupturrate nach konservativer und chirurgischer Therapie gleich, wenn Patienten einer Nachbehandlung mit einer frühzeitigen Mobilisation unterzogen wurden.

  3. Wurden Patienten nicht mit einer frühzeitigen Mobilisation nachbehandelt, reduziert die chirurgische Therapie im Vergleich zur konservativen Therapie die Rerupturrate um 8,8 %.

  4. Das absolute Risiko von 15,8 % für andere Komplikationen ist nach chirurgischer Therapie 3,9-mal höher als nach konservativer Therapie.

  5. Im Durchschnitt arbeiten Patienten nach chirurgischer Therapie 19 Tage früher wieder.

  6. Es gibt keine statistisch signifikanten Unterschiede zwischen chirurgischer und konservativer Therapie hinsichtlich Wadenumfang, Kraft oder Funktionalität.

Unter Berücksichtigung des hohen therapeutischen Evidenzlevels (I) kann man nach den Daten dieser Metaanalyse die konservative Therapie der akuten Achillessehnenruptur in Zentren, welche eine frühe Mobilisierung im Nachbehandlungsschema berücksichtigen, empfehlen. Negativ ist festzuhalten, dass kein direkter Vergleich zwischen einer frühfunktionellen Nachbehandlung gegenüber einer konventionellen Nachbehandlung (mit Immobilisierung für 6–8 Wochen) nach operativer oder konservativer Therapie gemacht wurde. Weiterhin wurde keine differenzierte Unterscheidung zwischen offen chirurgischen und perkutanen Versorgungsverfahren gegenüber der konservativen Therapie getroffen. Alleinig die Indikation zur operativen oder konservativen Therapie von der jeweiligen Nachbehandlung abhängig zu machen, scheint mir für die Entscheidungsfindung nicht ausreichend zu sein. Somit sollten weitere Kriterien zur Klärung der Frage, welche Patienten für welche Therapieverfahren geeignet sind, in künftigen randomisierten Studien untersucht werden.

Die sonografische Klassifikation der Achillessehnenruptur nach Amlang und Zwipp, welche sich an der Lokalisation der Ruptur, dem Kontakt der Sehnenenden und der Struktur des Interponats zwischen den Sehnenenden orientiert, kann insbesondere für die individuelle Therapiewahl hilfreich sein.


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