ergopraxis 2013; 6(05): 6-7
DOI: 10.1055/s-0033-1347272
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Briefe an die Redaktion


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Publication Date:
14 May 2013 (online)

 

Zur Artikel „AufgePEPPt – Das neue Entgeltsystem in der Psychiatrie“ , ergopraxis 3/13

Entgeltsystem birgt Zündstoff

Liebe Redaktion,
über ein so aktuelles Thema wie das neue PEPP in der Psychiatrie habe ich mich als Leser gefreut – ich stimme Ihnen zu: Es ist ein Gesprächsthema!

Allerdings erscheint mir der Artikel in der Darstellung noch zu unkritisch. Man sollte auch berichten, dass nahezu alle großen Klinikträger, Krankenhäuser, Patientenverbände, Krankenhausgesellschaften, Landschaftsverbände und sogar Bezirksregierungen über zahlreiche Resolutionen ihre Kritik und Sorge an dem neuen Entgeltsystem geäußert haben. Sie alle wurden im Entwicklungsprozess nicht angemessen beteiligt, und das Gesetz wurde über eine Ersatzvornahme, gegen ihren Rat, durch das Gesundheitsministerium in Kraft gesetzt. Als Zeichen ihres politischen Protestes nutzen zahlreiche Krankenhäuser und Träger deshalb in diesem Jahr nicht die Möglichkeit, auf das neue System umzustellen!

Die im Artikel als „lohnend“ beschriebene frühe Umstellung wird somit nahezu flächendeckend boykottiert.

Auch könnte man durchaus kritischer über die Auswi rkungen für die Ergotherapie des PEPP berichten. Die PsychPV, als langjährige Orientierung der Personalbemessung und -verteilung, wird bei der Einführung wegfallen. Welches System oder ob überhaupt ein neues Steuerungsinstrument veröffentlicht wird, ist derzeit unklar. Es kann erwartet werden, dass es jedem einzelnen Krankenhaus oder sogar jeder einzelnen Abteilung überlassen bleibt, welche Berufsgruppen künftig an der Therapie beteiligt sind. Die Entscheider werden Abteilungsärzte oder ärztliche Direktoren sein. Bei der Personalverteilung in Krankenhäusern haben Ergotherapeuten erfahrungsgemäß eine eher schwache Lobby gegenüber Ärzten oder der großen Berufsgruppe der Pflegekräfte.

Die angestrebte Steuerung über Qualitätsindikatoren wird nach meiner Einschätzung die Ergotherapie zu Beginn nicht erfassen. Zudem ist anzunehmen, dass diese zum Start sicher nur für einige wenige Krankheitsbilder verfügbar sein werden.

Das neue System ist, wie auch das DRGSystem, ein sogenanntes „lernendes System“. Jedes Jahr wird Ende Oktober der Katalog mit neuen OPS, Entgeltwerten und Abrechnungsrichtlinien für das Folgejahr veröffentlicht. Krankenhäuser können daher nur über einen sehr begrenzten Zeitraum (max. ein Jahr) ihre Personalfinanzierung planen. Es ist zu erwarten, dass deutlich mehr Zeitverträge vergeben werden und hierüber eine Steuerung erfolgen wird. Auch dies wird Auswirkungen auf die Beschäftigungsverhältnisse von Ergotherapeuten haben.

Auch inhaltlich möchte ich anmerken, dass durchaus Gruppen von bis zu 18 Personen von einem Therapeuten durchgeführt werden können. Die Gruppen können sogar größer sein, es erfolgt nur keine Vergütung für mehr als 18 Patienten. Es ist nur für ärztliche oder psychologische Therapeuten festgeschrieben, dass bei über neun Patienten zwei Therapeuten oder mehr eingesetzt werden müssen.

Es ist zwar richtig, dass die kleinste zu erfassende Therapieeinheit 25 Minuten ist, danach können jedoch im Fünf-Minuten-T akt weitere Therapieminuten erfasst werden.

Es ist nicht festgelegt, wer an einer multiprofessionellen Teamsitzung teilnimmt – zwei Berufsgruppen sind hier wohl der rechnerische Mindeststandard, wobei durch die festgelegte Leitung des Teams durch einen Facharzt bereits eine Berufsgruppe definiert ist.

Die angestrebte leistungsbezogene Vergütung ist nicht erkennbar.

Als Mitarbeiter in einem Kalkulationskrankenhaus möchte ich noch anmerken, dass die zur Entwicklung des neuen Entgeltsystems erfassten und der INEK bereitgestellten Daten keinerlei Verweildauerregression widerspiegeln. Der Gesetzgeber, der ein neues Entgeltsystem einführen wollte, hatte zu Beginn das Ziel, ein tagespauschaliertes System zu entwickeln, das leistungsbezogen vergütet. Eine Verkürzung der Verweildauer war hier nicht geplant! Diese wurde im Nachhinein in das Abrechnungssystem eingebaut und ist in der Versorgung nicht nachvollziehbar.

Die angestrebte leistungsbezogene Vergütung ist somit nicht erkennbar! In den Daten zur Entwicklung konnten gar keine verlässlichen „Kostentrenner“ gefunden werden. Die alte PsychPV, mit Regel- und Intensivbehandlung, erscheint aktuell verlässlicher als das neue PEPP.

Durch das neue Entgeltsystem in der jetzigen Form werden Fehlanreize für die Versorgung von Menschen mit psychischen Erkrankungen gesetzt. Es ist zu erwarten, dass diese, ähnlich wie bei der Einführung der DRGs, schnell und noch sehr akut in das ambulante System entlassen werden, das nicht darauf eingerichtet ist, so kranke Patienten zu behandeln. Da die Krankenhäuser zusätzlich für Wiederaufnahmen vor dem 21. Tag nach der Entlassung über die weiterlaufende Verweildauerregression „bestraft“ werden, könnte hier eine geringere Motivation zur Wiederaufnahme behandlungsbedürftiger Patienten entstehen.

Nicht zu vergessen ist, dass die meisten psychiatrischen Krankenhäuser Pflichtversorger sind. Sie haben gar nicht die Freiheit zu steuern, welche Patienten sie (bei gegebener Indikation) aufnehmen oder nicht.

Aus meiner Sicht lässt das PEPP (auch für die Ergotherapie) noch sehr viele Fragen offen, und man sollte aktuell eher mit Besorgnis in die Zukunft der psychiatrischen Krankenhausversorgung blicken!

Viele Grüße Andreas Pfeiffer (begleitet als Ergotherapeut im LVR-Klinikum Düsseldorf - Kliniken der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf die Einführung von OPS und PEPP)

Zur Artikel „Anti-Prokrastinationstraining“, ergopraxis 11-12/12


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Formular zur Handlungsplanung

Sehr geehrtes ergopraxis-Team,
ich habe gerade die November-A usgabe aus 2012 durchgeblättert und fand das von Thorsten Jordan vorgestellte Anti-Prokrastinationstraining interessant. Sehr gerne hätte ich das Formular des Handlungsplans.

Mit herzlichen Grüßen aus Wien Karin Winge

Anmerkung der Redaktion

Sehr geehrte Frau Winge,
wir haben mit dem Autoren Rücksprache gehalten, er freut sich über das Interesse und Sie können ihn gerne per E-Mail kontaktieren: thorsten.jordan@wkp-lwl.org. Viel Erfolg bei der Handlungsplanung und der Therapie!


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