Mitte April wurde zunächst aus der somalischen Region Banadir ein Fall von Kinderlähmung gemeldet. Einen Monat später erkrankte auch im kenianischen Dadaab ein Kind an Poliomyelitis. Bei 2 gesunden Kontaktpersonen des kenianischen Patienten konnten ebenfalls Polioviren nachgewiesen werden.
Der letzte kenianische Poliofall lag 2 Jahre, der letzte Fall aus Somalia gar 6 Jahre zurück. Dieses Wiederauftauchen der Kinderlähmung in Ländern, die jahrelang frei von Poliomyelitisfällen waren, ist ein trauriger Rückschlag in der Bekämpfung dieser Krankheit. Und kommt zu einem Zeitpunkt, an dem eigentlich die Hoffnung bestand, die Krankheit endlich ausrotten zu können. Nachdem Indien seit Januar 2011 keine neuen Infektionen mit Polio-Wildviren mehr gemeldet hatte, gibt es derzeit nur noch 3 Länder, in denen die Kinderlähmung endemisch ist. Und in allen dreien wurden dieses Jahr bisher weniger Fälle gemeldet als im Vergleichszeitraum des Vorjahres: Nigeria (dieses Jahr 22, Vorjahr 30 Fälle), Pakistan (dieses Jahr 8, Vorjahr 16 Fälle) und Afghanistan (dieses Jahr 2, Vorjahr 6 Fälle).
(Bild: EyeWire)
Aber trotz der Fortschritte in diesen 3 Ländern gibt es auch dort Grund zur Besorgnis: Nach wie vor werden Gerüchte propagiert, die Impfstoffe würden unfruchtbar machen, um so die muslimische Bevölkerung zu schwächen, oder die CIA nutze die Impfkampagnen, um die Bevölkerung auszuspionieren. Vielfach werden die Impfungen aus religiösen Gründen abgelehnt. Diese Überzeugungen gipfelten in den vergangenen Monaten in mehreren Anschlägen auf medizinisches Personal, das die Durchführung von Impfkampagnen vorbereitete. In Nigeria starben bei 2 Angriffen Anfang Februar insgesamt 9 Menschen. Seit Ende letzten Jahres wurden in Pakistan 7 Personen getötet.
Dr. Raymund Lösch und Dipl. Biol. Unn Klare, Bad Doberan
Quellen: promed, WHO