Schlüsselwörter
Blutgefäße - Endothel - Stickstoffmonoxid (NO) - L-Arginin - Herz-Kreislauf-Erkrankungen - Arteriosklerose - oxidativer Stress - Mitochondrien - asymmetrisches Dimethylarginin (ADMA)
Der menschliche Blutkreislauf ist ein Wunderwerk, das aus über 100 000 km langen
Röhren und Gefäßen sowie dem Herz als Motor besteht, mit dem täglich mehr als 7000
Liter Blut durch unseren Körper gepumpt werden [1]. Über
das Blut werden unsere Organe mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Eine gute
Durchblutung unserer Gefäße ist daher die Voraussetzung für ein gesundes Leben. Die
Blutgefäße sind von einer Wand umgeben, die aus drei Schichten besteht. Außen ist
das Gefäß von Bindegewebe umgeben, darauf folgt eine Muskelschicht, die den
Blutdruck reguliert. Innen ist das Gefäß lückenlos mit einem einschichtigen Endothel
ausgekleidet, das die physiologische Barriere zwischen dem Blut und der Gefäßwand
darstellt. Das Gefäßendothel ist das größte Organ unseres Körpers [2]. Würde man es ausbreiten, könnte man zwei bis drei
Fußballfelder damit bedecken. Sein Gewicht beträgt bis zu 2 kg.
Gefäßgesundheit ist entscheidend
Gefäßgesundheit ist entscheidend
Bluthochdruck, Blutgerinnsel und Arteriosklerose mit ihren klinischen Konsequenzen
wie Herzinfarkt, Schlaganfall und periphere arterielle Verschlusskrankheiten sind
die Folgen eines gestörten Zusammenspiels zwischen dem Gefäßendothel und den
verschiedenen Komponenten des Blutes. Aus pathophysiologischen Untersuchungen in den
vergangenen Jahren ist deutlich geworden, dass dem Gefäßendothel aufgrund der
Freisetzung von Stickstoffmonoxid (NO) eine zentrale Rolle in der Gefäßgesundheit
zukommt [3]. NO wird im Endothel der Blutgefäße durch die
Aktivität des Enzyms NO-Synthase aus L-Arginin gebildet.
Endotheliales NO sorgt für die Gefäßgesundheit und kann daher in physiologischer
Weise der Entstehung von Bluthochdruck, Blutgerinnseln und Arteriosklerose
entgegen wirken.
Heute gehört es für jeden Medizinstudenten zum Lehrbuchwissen, dass die
L-Arginin-abhängige NO-Bildung bei nahezu jeder Art von Herz-Kreislauf-Erkrankung
gestört ist. Die Arbeiten der Mediziner Furchgott, Murad und Ignarro dazu sind 1998
mit dem Nobelpreis ausgezeichnet worden. Tausende weitere Studien und mehrere
Metaanalysen haben seither die essenzielle Wirkung von L-Arginin und NO als
Botenstoff im Herz-Kreislauf-System bestätigt. Die Bedeutung dieser endogenen
Moleküle für die Gesunderhaltung der Blutgefäße und als wichtiger Schutzmechanismus
vor Arteriosklerose und ihren Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt und Schlaganfall ist
damit zunehmend offensichtlich geworden [3].
Arteriosklerose physiologisch behandeln mit L-Arginin
Arteriosklerose physiologisch behandeln mit L-Arginin
NO entspannt und weitet die Arterien, ermöglicht so einen optimalen Blutfluss und
bildet die Grundlage für einen reibungslosen Sauerstoff- und Nährstofftransport zu
den einzelnen Organen. Eine Funktionsstörung des Endothels führt zu einem Mangel an
NO mit der Folge einer endothelialen Dysfunktion sowie Entstehung und Fortschreiten
einer Arteriosklerose, was schließlich zu Komplikationen wie Herzinfarkt und
Schlaganfall führen kann. Der Arteriosklerose geht also immer eine Funktionsstörung
des Gefäßendothels voraus.
Die Arteriosklerose entwickelt sich zunächst unbemerkt und wird oft erst entdeckt,
wenn sie weit fortgeschritten ist und bereits zu einem erhöhten Blutdruck und/oder
Durchblutungsstörungen geführt hat [2]. Daher galt die
Arteriosklerose lange Zeit als schicksalsbedingte, irreversible und nicht
behandelbare Erkrankung.
Neuere Untersuchungen zeigen nun erstmals, dass die Gesundheit des Endothels
durch die Aminosäure L-Arginin erhalten und sogar verbessert werden kann.
Dies wurde eindrucksvoll in der wegweisenden Metaanalyse von Bai et al. zur Wirkung
von L-Arginin auf die Endothelzellen und deren Funktion für die Gefäßgesundheit
demonstriert [4]. Für diese Analyse wurden 1466
Publikationen ausgewertet. Nur die besten Studien mit insgesamt 492 Patienten, die
stringente evidenzbasierte Kriterien erfüllt haben, wurden in die engere Bewertung
einbezogen. Die Verbesserung einer endothelialen Dysfunktion nach Supplementierung
von L-Arginin war hochsignifikant (p = 0,002). Bereits moderate, diätetische Mengen
der Aminosäure reichen aus, um diesen positiven Effekt auf die Gefäßgesundheit zu
erzielen.
Die essenzielle Notwendigkeit einer antiarteriosklerotischen und antithrombotischen
Behandlung demonstriert [Abb. 1], die den Verlauf einer
arteriosklerotischen Plaquebildung bei unbehandelten Patienten dokumentiert.
Abb. 1 a bis c Arterien mit unterschiedlichen Stadien
arteriosklerotischer Plaques nach Ölrotfärbung. a kleine
arteriosklerotische Plaques am Beginn ihrer Entwicklung; Arterienlumen noch
nicht eingeengt; b mittelgradig fortgeschrittene Plaques; Lumen wird
zunehmend kleiner; c weit fortgeschrittene Plaques; Lumen weitgehend
verschlossen
In einer weiteren Metaanalyse von Dong et al. aus dem Jahr 2011 wurde nun auch
ein konsistenter und hochsignifikanter Effekt von L-Arginin auf den
diastolischen und systolischen Blutdruck nachgewiesen (Senkung des systolischen
Blutdrucks um 5,39 mmHg und des diastolischen Blutdrucks um 2,66 mmHg im
Mittelwert bei den 387 Probanden und Patienten der eingeschlossenen Studien mit
p < 0,001) [5].
Oxidativer Stress schädigt die Gefäße
Oxidativer Stress schädigt die Gefäße
Eine zu starke Bildung oder gestörte Entgiftung von reaktiven Verbindungen und freien
Radikalen kann zu oxidativem Stress führen, der die Gefäße und v. a. das Endothel
irreversibel schädigt [6]. Dieser Stress kann gefährliche
Folgen für das Gefäßsystem entfalten und durch eine Oxidation seiner Moleküle und
Zerstörung der Mitochondrien den Körper und seine Zellen irreversibel schädigen.
Diesen degenerativen Prozessen gilt es durch entsprechende Maßnahmen präventiv und
regenerativ entgegen zu wirken.
Oxidativer Stress führt
-
zu einer verstärkten Endothelzelldegeneration,
-
zum Verlust von Telomeraseaktivität und
-
zu einer Telomerverkürzung,
– kurz gesagt zu all jenen Faktoren, die mit einer vorzeitigen Alterung des
Gefäßsystems einhergehen [6], [7], [8], [9], [10], [11], den Blutkreislauf
stören und im Extremfall sogar ganz zum Erliegen bringen [6]. Da es immer ganz entscheidend auf das physiologische Gleichgewicht
und die endogene Balance zwischen dem protektiven NO und endogenen gefährlichen
freien Radikalen ankommt [7], [9], [12], begünstigt jede Störung dieser
Balance das Fortschreiten der Arteriosklerose. Diese ist stets mit einem erheblichen
oxidativen Stress und damit einem schrittweisen Zusammenbruch des mitochondrialen
Energiestoffwechsels verbunden [6], [9].
Der oxidative Stress beruht v. a. auf der Bildung von hochreaktiven Sauerstoff- und
Stickstoffverbindungen. Diese reaktiven und damit giftigen Verbindungen gehen fast
alle aus den mitochondrialen Stoffwechselreaktionen im Endothel hervor [6], [9]. Bei unzureichender
Entgiftung durch endogene protektive Mechanismen kann daher dieser oxidative Stress
dem Organismus gefährlich werden.
Die Hemmung der Bildung von endothelialem NO durch oxidativen Stress [6], [7], [10], [11] kann die
Gefäßgesundheit so stark einschränken, dass es zu schweren Stoffwechselstörungen
mit degenerativen Erkrankungen wie der Arteriosklerose und den damit immer
verbundenen schwerwiegenden Durchblutungsstörungen kommt.
Schutzfaktor L-Arginin
L-Arginin ist das entscheidende und alleinige endogene Substrat für die Bildung
von NO. Bei einem Mangel an L-Arginin können die Enzyme, die NO bilden,
entkoppelt werden und statt des protektiven NO die gefährlichen
Superoxidanionradikale produzieren [7], [10], [13]. Dies führt zu
einem gefährlichen oxidativen Stress [13]. Eine
Supplementation mit L-Arginin kann dem vorbeugen und so den Organismus wirksam
schützen [3], [6], [7], [8], [10], [13]. Umgekehrt führt
oxidativer Stress zu einem Arginin- und NO-Mangel [7], [10], [11].
Diese experimentellen und klinischen Studien belegen eindrucksvoll, dass der
Ernährungsbaustein L-Arginin vor oxidativem Stress schützen kann.
Mitochondriale Stimulation
Mitochondriale Stimulation
Neben seiner bekannten Rolle in der Gefäßdilatation und Endothelregulation spielt
L-Arginin als Vorstufe und Nährstoff mit NO als entscheidendem Botenstoff auch eine
essenzielle Rolle bei der Stimulation der Aktivität und Bildung von Mitochondrien
[8], [14].
NO ist der bestimmende endogene Regulator der mitochondrialen Biogenese und
Physiologie [14]. Damit reguliert die Versorgung mit
L-Arginin Struktur und Funktion dieser endogenen Zellkraftwerke und somit auch
die gesamte Energiestoffwechseleffizienz im Organismus [8].
Daher spielt die bioenergetische Stimulation durch L-Arginin als Nährstoff und
Vorstufe von NO eine entscheidende Rolle als gesundheitsfördernde und -erhaltende
Nahrungsaminosäure im Organismus.
Mortalitätsfaktor ADMA
Das asymmetrische Dimethylarginin (ADMA) ist der endogene Gegenspieler von Arginin.
Seine Konzentrationen sind bei fast allen Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen
und Stoffwechselproblemen stark erhöht. ADMA hemmt die Enzyme, welche NO bilden und
verringert die Bioverfügbarkeit von L-Arginin. Erhöhte ADMA-Spiegel steigern den
Bedarf an L-Arginin daher erheblich, vermindern kompetitiv die argininabhängige
NO-Synthese und verursachen so einen sehr gefährlichen NO-Mangel, der immer mit
einem erhöhten oxidativen Stress unter Bildung hochreaktiver und zerstörerischer
Radikale verbunden ist. Ferner entkoppelt ADMA die Enzyme, die NO bilden. Es kommt
stattdessen zu einer vermehrten Bildung der schädlichen Superoxidanionradikale [7], [10], [13], die stark prooxidativ, proentzündlich und gefäßschädigend wirken
[3]. Schließlich verbrauchen diese reaktiven
Superoxide den Radikalfänger NO [13] und führen so zu
einer weiteren Konzentrationsabnahme dieses für die Gefäßgesundheit so essenziellen,
da antioxidativ und somit vasoprotektiv wirkenden, antiarteriosklerotischen
Wirkstoffs.
Fazit
Die Verfügbarkeit der Nahrungsaminosäure L-Arginin ist von entscheidender Bedeutung
für die Vermeidung von oxidativem Stress, der durch ein Ungleichgewicht zwischen
protektiven Radikalen wie dem NO und gefährlichen Radikalen wie den
Superoxidanionradikalen verursacht wird. Da NO in der Reaktion mit überschüssigen
Superoxidanionradikalen verbraucht wird, steht dieser wichtige Botenstoff nicht mehr
ausreichend zur Verfügung, um eine ausreichende Durchblutung und damit eine hohe
Stoffwechseleffizienz zu gewährleisten.
Der durch oxidativen Stress ausgelöste Mangel an dem Eiweißbaustein L-Arginin und dem
protektiven Radikal NO führt daher zu einer erheblichen Beeinträchtigung wichtiger
Strukturen und Funktionen des Endothels. Tausende Originalarbeiten und die
entscheidenden 3 kürzlich veröffentlichten großen Metaanalysen haben ergeben, dass
L-Arginin als sehr gut verträglicher natürlicher Baustein unserer Nahrung die
Endothelgesundheit verbessern, den Bluthochdruck wirksam normalisieren und die
Gesundheit, insbesondere bei Stoffwechselstörungen wie Diabetes mellitus,
entscheidend verbessern kann.
L-Arginin wird zurzeit intensiv beforscht als ein sehr vielversprechender natürlicher
Wirkstoff zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Gesundheit des Gefäßsystems,
welches alle Organe des Körpers mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt. Die
Aminosäure kann in Zukunft in den verschiedensten Anwendungsbereichen eingesetzt
werden und dürfte deshalb auch mehr und mehr in den Standardtherapien der
Arteriosklerose und des Bluthochdrucks sowie in der Behandlung verschiedener
Durchblutungsstörungen wie der vaskulären Demenz Einzug halten. Erste
L-Arginin-Produkte, wie Telcor Arginin Plus und Pascovasan, werden bereits
therapeutisch mit großem Erfolg in verschiedenen Indikationen eingesetzt. Das
Potenzial von L-Arginin gilt es nun voll zu erschließen und nutzbringend für die
Patienten einzusetzen.
Über die therapeutische Anwendung und die empfohlenen Verzehrsmengen informiert der
Beitrag der Autoren in der Rubrik Praxis.
Interessenkonflikte: Herr Prof. Dr. Horst Robenek hat keine
Interessenkonflikte. Herr PD Dr. Burkhard Poeggeler arbeitet auch für QUIRIS
Healthcare, Anbieter von diätetischen Argininprodukten. Diese wirtschaftliche
Verbindung wird deshalb hier ausdrücklich angezeigt.