Aktuelle Dermatologie 2013; 39(08/09): 363
DOI: 10.1055/s-0033-1353553
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© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Professor Dr. med. Friedrich Georg Nürnberger

G. Kolde
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Prof. Dr. med. Gerhard Kolde
Dermatologisches Zentrum Berlin
Potsdamer Chaussee 80
14129 Berlin

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Publication Date:
11 September 2013 (online)

 
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Prof. Dr. med. Friedrich Georg Nürnberger

Am 20. April 2013 ist Prof. Dr. med. Friedrich Georg Nürnberger in Berlin verstorben.

Friedrich Nürnberger wurde am 13. Mai 1929 in Kaiserslautern geboren. Nach dem Abitur studierte er Humanmedizin an der Johannes-Gutenberg-Universität in Mainz, wo er 1956 das Staatsexamen als Gutenberg-Stipendiat ablegte. Schon während des Studiums als Tutor in der Anatomie tätig, wandte er sich zunächst diesem Fach zu und fertigte bei dem bekanntem Histologen M. Watzka eine Dissertation mit dem Titel „Über die Wirkung von Wein auf die Leber im Tierexperiment“ an. Nach der Promotion im Jahre 1959 war er bis 1961 Assistent an der Medizinischen Klinik der Universität Mainz. Eine beruflich erworbene schwere Virushepatitis machte ihn für zwei Jahre berufsunfähig und zwang ihn zu einem langen Klinikaufenthalt in Kassel, damals ein Zentrum der Hepatologie. Hier lernte er seine erste Ehefrau Hannelore kennen und entdeckte sein Interesse für die Dermatologie. Ab 1964 erfuhr er seine Weiterbildung bei G. W. Korting an der Hautklinik der Universität Mainz. Kaum Facharzt, holte ihn G. Stüttgen 1970 als Oberarzt an die Hautklinik des Rudolf-Virchow-Krankenhauses der Freien Universität Berlin. Friedrich Nürnberger habilitierte sich 1971 und wurde noch im selben Jahr zum Universitätsprofessor und Vertreter von G. Stüttgen berufen. Bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1994 war er zugleich Leiter der Poliklinik und Leiter der histologischen Laboratorien. Bei voller Schaffenskraft war er danach noch 10 Jahre als niedergelassener Dermatologe und Dermatohistologe am Kurfürstendamm tätig.

Der bedeutende P. G. Unna hat einmal gesagt, dass ein ausgezeichneter Dermatologe ist, wer mit histologisch geschultem Blick das klinische Bild und umgekehrt mit klinischem Blick die feingewebliche Struktur begutachtet. Das war bei Friedrich Nürnberger der Fall. Schon seine ersten Publikationen sind subtile klinisch-histologische Fallbeschreibungen. Das Spektrum seiner Veröffentlichungen umfasst nahezu alle Bereiche unseres Faches, einschließlich Andrologie, Proktologie und Infektiologie. Und Friedrich Nürnberger war einer der ersten deutschen Dermatologen, der die Elektronenmikroskopie in Diagnostik und Forschung einsetzte. Seine 1967 veröffentlichte elektronenmikroskopische Untersuchung der Akantholyse beim Morbus Hailey-Hailey gehört, obwohl in deutscher Sprache verfasst, zu den noch heute zitierten Schlüsselarbeiten [1]. Das gilt auch für seine licht- und elektronenmikroskopische Charakterisierung der aktinischen Elastose, die er in Kooperation mit M. Dogliotti aus Johannesburg durchführte [2]. Ein regelrechter Paukenschlag waren seine Veröffentlichungen zum Wesen der Cellulite. Anhand von systematischen klinisch-histologischen Untersuchungen konnte er belegen, dass die ach so gefürchtete Dellenbildung nicht krankhaft, sondern natürliche Folge der bei Frauen anders angelegten Struktur und Verzahnung des subkutanen Fettgewebes ist. Die zusammenfassende Publikation mit dem prägnanten Titel „So called Cellulite: An invented Disease“ wurde bis heute weit über 100-mal zitiert [3]. Es lohnt sich noch immer, diese Arbeit zu lesen!

Friedrich Nürnberger war ein passionierter Hochschullehrer und gefragter Referent auf nationalen und internationalen Kongressen. Seine klinisch-histologischen Falldemonstrationen, gewürzt durch manche Anekdote, waren bei Studenten und Assistenten außerordentlich beliebt. Er gehörte über Jahrzehnte zu den führenden Mitgliedern der Berliner Dermatologischen Gesellschaft und nahm bis ins hohe Alter regelmäßig und stets in Begleitung seiner zweiten Ehefrau Johanna an den Tagungen teil. Unter seiner Präsidentschaft beging die Gesellschaft 1986 ihr 100-jähriges Bestehen mit einer feierlichen Tagung im Rudolf-Virchow-Krankenhaus. Höhepunkt der Tagung war der Festvortrag von A. Hollander aus Boston/USA über die Schicksale jüdischer Dermatologen vor, während und nach dem Nazi-Regimen. Die Aufarbeitung und Bekanntmachung dieses Kapitels der deutschen Dermatologie war Friedrich Nürnberger ein besonderes Anliegen. So veröffentlichte er 1992 die Lebensgeschichte von Abraham Buschke, der erster Chefarzt der Hautklinik im Rudolf-Virchow-Krankenhaus war und 1943 im Konzentrationslager Theresienstadt verstarb [4].

Mit Friedrich Nürnberger verliert die Berliner und deutsche Dermatologie einen renommierten und hoch geschätzten Kollegen. Sein Humor und seine Schlagfertigfertigkeit bleiben legendär. Wir werden ihn nicht vergessen.


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  • Literatur

  • 1 Nürnberger F, Müller G. Elektronenmikroskopische Untersuchungen über die Akantholyse bei Pemphigus familiaris benignus. Arch Klin Exp Dermatol 1967; 228: 208-219
  • 2 Nürnberger F, Schober E, Marsch WC, Dogliotti M. Actinic elastosis in black skin. A light- and electronmicroscopic study. Arch Dermatol Res 1978; 262: 7-14
  • 3 Nürnberger F, Müller G. So-called cellulite: an invented disease. J Dermatol Surg Oncol 1978; 4: 221-229
  • 4 Gold JA, Nürnberger FG. In memoriam a tribute to Abraham Buschke. J Am Acad Dermatol 1992; 26: 1019-1022

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14129 Berlin

  • Literatur

  • 1 Nürnberger F, Müller G. Elektronenmikroskopische Untersuchungen über die Akantholyse bei Pemphigus familiaris benignus. Arch Klin Exp Dermatol 1967; 228: 208-219
  • 2 Nürnberger F, Schober E, Marsch WC, Dogliotti M. Actinic elastosis in black skin. A light- and electronmicroscopic study. Arch Dermatol Res 1978; 262: 7-14
  • 3 Nürnberger F, Müller G. So-called cellulite: an invented disease. J Dermatol Surg Oncol 1978; 4: 221-229
  • 4 Gold JA, Nürnberger FG. In memoriam a tribute to Abraham Buschke. J Am Acad Dermatol 1992; 26: 1019-1022

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