Der Klinikarzt 2013; 42(08): 377
DOI: 10.1055/s-0033-1356512
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Metastastiertes Kolorektalkarzinom – Implikationen und Hypothesen aus FIRE 3

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Publikationsdatum:
02. September 2013 (online)

 
 

Generell sollte bei allen Patienten mit metastasiertem kolorektalen Karzinom (mCRC) eine Operation mit kurativer Intention angestrebt werden. Jedoch sind die Lebermetastasen in rund 80 % der Fälle zumindest initial nicht resektabel, berichtete Prof. Ulf Neumann, Aachen. In dieser Situation kommt der Wahl der Erstlinientherapie eine hohe Bedeutung zu, um hohe Ansprechraten und ein möglichst langes Überleben der Patienten erreichen zu können, konstatierte Prof. Volker Heinemann, München. Und Neumann ergänzte: "Das Outcome korreliert mit dem Ansprechen" [ 1 ].

Überraschendes Ergebnis: signifikanter Überlebensvorteil

Bei Patienten mit metastasierten KRAS-Wildtyp-Tumoren scheint die zielgerichtete First-line-Therapie mit Cetuximab (Erbitux®) auf dem Boden einer Chemotherapie aus Folsäure, Fluorouracil und Irinotecan (FOLFIRI) eine gute Wahl zu sein. Denn in der FIRE-3-Studie, deren Ergebnisse auf dem diesjährigen Kongress der American Society of Clinical Oncology (ASCO®) in Chicago präsentiert wurden, ergab sich unter dem cetuximabhaltigen Chemotherapieregime im Vergleich zur bevacizumabbasierten Behandlung ein signifikanter Überlebensvorteil von 3,7 Monaten – bei einem akzeptablen Nebenwirkungsprofil, berichtete Dr. Dominik Modest, München [ 2 ].

Während das mediane Gesamtüberleben im Cetuximabarm 28,7 Monate betrug, lag es in der Bevacizumabgruppe bei nur 25 Monaten. Bei einer Hazard Radio von 0,77 entspricht dies einer Reduktion des Mortalitätsrisikos um 23 % für die mit Cetuximab behandelten Patienten (p = 0,017). "Für uns Onkologen ist dies richtig viel", kommentierte Heinemann das Studienergebnis, "und das Überleben ist schließlich das, was für unsere Patienten zählt."


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Subgruppe mit höheren Ansprechraten

Das progressionsfreie Überleben (PFS) der beiden Studiengruppen war dagegen mit 10,0 bzw. 10,3 Monaten (p = 0,547) vergleichbar. Mit 62 % im Cetuximabarm und 58 % im Bevacizumabarm waren zudem die Gesamtansprechraten (ORR), der primäre Endpunkt, ähnlich hoch (p = 0,183).

In einer vorab spezifizierten Studienpopulation – Patienten, die mindestens 3 Chemotherapiezyklen erhalten hatten und deren Ansprechen auf die Behandlung computertomografisch mindestens einmal nach der Baseline-Erhebung auswertbar war ("assessable patients"; n = 526) – zeigte sich allerdings bei den Cetuximabpatienten eine signifikant bessere Gesamtansprechrate als im Vergleichsarm (72,2 versus 63,1 %; Odds Ratio 1,52; p = 0,017).

"Diese zusätzliche Analyse haben wir ausschließlich für die Evaluation der Responseraten geplant", erklärte Heinemann, "um die Patienten zu erfassen, die man bezüglich des Effekts der Chemo- und der Antikörpertherapie auswerten konnte. Alle anderen Analysen wurden mit den 592 Patienten der ‚Intent-to-Treat’-Population (ITT-Population) durchgeführt, das kann man nicht oft genug betonen."

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(Bild: Fotolia, Fotograf/Grafi ker: Sebastian Kaulitzki)

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Implikationen und Hypothesen aus FIRE 3

Warum sich der signifikante Vorteil bezüglich des Gesamtüberlebens, ein sekundärer Studienendpunkt, nicht auch in den Ansprechraten und dem progressionsfreien Überleben der ITT-Population widerspiegelt, lasse sich derzeit nicht beantworten, konstatierte der FIRE-3-Studienleiter. Einen Bias oder sogar ein Zufallsergebnis schloss er jedoch aus.

Vielmehr spreche manches dafür, dass es bei KRAS-Wildtyp-Patienten besser sei, zunächst eine Anti-EGFR-Strategie und erst dann eine antiangiogene Strategie einzusetzen, so Heinemann. Er hält eine biologische Modifikation des Tumors durch die Erstlinientherapie für möglich.

Einen interessanten Erklärungsansatz für das bessere Ansprechen der Patienten auf die Cetuximabtherapie sieht Heinemann aber auch in einer potenziell unterschiedlichen Tiefe der Remission aufgrund beider Regime. "Noch haben wir die Daten nicht genau genug evaluiert", so Heinemann, "unter Umständen jedoch erlaubt die antiangiogene Therapie jedoch nur eine vergleichsweise geringe Tiefe des Ansprechens."


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Intensive neoadjuvante Therapie kann sich auszahlen

Wie sehr CRC-Patienten mit initial nicht resektablen Metastasen von hohen Ansprechraten auf eine intensive neoadjuvante Therapie profitieren können, verdeutlichte Prof. Ulf Neumann, München, anhand der 5-Jahres-Follow-up-Daten der CELIM[ 2 ]-Studie. Bei einer Ansprechrate von 70 %, konnten nach einer cetuximabhaltigen Chemotherapie (FOLFOX oder FOLFIRI) bei immerhin 34 % der Patienten initial nicht resektable Lebermetastasen doch vollständig entfernt werden (R0-Resektion).

Dementsprechend hoch war auch das mediane Gesamtüberleben der CELIM-Patienten (n = 106): War eine R0-Resektion der Lebermetastasen möglich, lag es bei 53,9 Monaten, Patienten mit weiterhin nicht resektablen Metastasen leben dagegen im Schnitt nur 21,9 Monate [ 3 ]. "Etwa die Hälfte der Patienten, mit sekundär resektablen Metastasen war nach 5 Jahren noch am Leben", schloss Neumann.

Stephanie Schikora, Stuttgart

Quelle: Pressekonferenz "Neue Daten vom ASCO – Erbitux in der Therapie des metastasierten Kolorektalkarzinoms" am 14. Juni 2013 in München. Veranstalter: Merck Serono GmbH, Darmstadt.


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1 FOLFIRI plus cetuximab versus FOLFIRI plus bevacizumab in first line treatment of metastatic colorectal cancer


2 CEtuximab in neoadjuvant treatment of non-resectable colorectal LIver Metastases


  • Literatur

  • 1 Adam R et al. Ann Surg 2004; 240: 1052-1064
  • 2 Heinemann V et al. J Clin Oncol 2013; (Suppl. 31) abstr LBA 3506]
  • 3 Folprecht G et al. J Clin Oncol 2013; (Suppl. 31) aabstr LBA 3538]

  • Literatur

  • 1 Adam R et al. Ann Surg 2004; 240: 1052-1064
  • 2 Heinemann V et al. J Clin Oncol 2013; (Suppl. 31) abstr LBA 3506]
  • 3 Folprecht G et al. J Clin Oncol 2013; (Suppl. 31) aabstr LBA 3538]

 
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(Bild: Fotolia, Fotograf/Grafi ker: Sebastian Kaulitzki)