Aktuelle Urol 2013; 44(05): 343-344
DOI: 10.1055/s-0033-1356862
Referiert und kommentiert
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Nephrolithiasis – Charakterisierung von Nierensteinen mittels CT

Contributor(s):
Elke Ruchalla

Urology 2013;
81: 727-730
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Publication History

Publication Date:
16 September 2013 (online)

 
 

Der Nachweis von Nierensteinen erfolgt oft in der Nativ-CT von Abdomen und Becken, mit einer hohen Sensitivität für die Diagnose und der möglichen Diagnose anderer Ursachen der Schmerzsymptomatik. Optimal wäre dabei, wenn die CT auch über die Zusammensetzung der Steine Auskunft geben könnte, denn Zystinsteine erfordern eine andere Behandlung als kalziumhaltige Steine. Eine chinesische Arbeitsgruppe hat diese Möglichkeit versucht.
Urology 2013; 81: 727–730

mit Kommentar

Mittels Dual-Energy-CT kann der chemische Aufbau von Nierensteinen zuverlässig abgeschätzt werden. Das meinen Xiaohu Li und Kollegen, die dazu insgesamt 116 Nierensteine bekannter Zusammensetzung in frische Schweinenieren eingebracht und in der CT untersucht haben.

Die Steine waren zwischen 6 und 15 mm große und bestanden zu mindestens 85 % aus einer einzigen chemischen Komponente. Aufgrund der in der Infrarot-Spektroskopie (als Referenzstandard) bestimmten Zusammensetzung wurden sie in 7 Gruppen eingeteilt:

  • Harnsäuresteine (n = 16)

  • Zystinsteine (n = 10)

  • Bruschitsteine (Calciumhydrogenphosphat-Dihydrat, n = 17)

  • Weddelitsteine (Calciumoxalat-Dihydrat; n = 14)

  • Whewellitsteine (Calciumoxalat-Monohydrat; n = 24)

  • Carbonatapatitsteine (Calciumphosphat; n = 12)

  • Struvitsteine (Ammoniummagnesiumphosphat; n = 23)

Die CT-Untersuchung erfolgte in einem Dual-Energy-Gerät (auch: Zwei-Spektren-CT) mit 80 bzw. 140 kV Röhrenspannung. Zum Vergleich wurden zusätzlich konventionelle CT-Aufnahmen (Röhrenspannung konstant 120 kV) angefertigt. Die Bilder des Dual-Energy-CTs wurden anschließend in 11 jeweils monochromatische Bildersets umgerechnet (40 keV bis 140 keV in Schritten von 10 keV). Beurteilt wurde die Fähigkeit zur Unterscheidung der verschiedenen Steinarten anhand der in den CT-Untersuchungen ermittelten Dichtewerte (in Hounsfield-Einheiten).

Steine unterschieden sich in ihrer Dichte signifikant

Es fanden sich für alle Steinarten in der konventionellen CT niedrigere mittlere Hounsfield-Dichten als für die monochromatischen Bilder der 50keV-Röntgenstrahlen. Dabei waren die mittleren Dichtewerte für die verschiedenen Steinarten signifkant unterschiedlich, außer für Harnsäure vs. Zystin, Weddellit vs. Whewellit sowie Bruschit vs. Carbonatapatit in der konventionellen, polychromatischen CT. Bei den 50keV-Bildern fanden sich zwar Überlappungen der Dichtebereiche für Whewellit und Weddelit, Struvit und Zystin sowie Carbonapatit und Bruschit – die mittleren Dichten allerdings unterschieden sich auch hier signifkant.

Fazit

Die Dual-Energy-CT kann bei Verwendung der 50keV-Strahlung den Aufbau von Nierensteinen besser darstellen als die konventionelle CT und so die Therapieplanung unterstützen, meinen die Autoren. Allerdings sollten noch klinische Untersuchungen von Patienten erfolgen, die diese Ex-vivo-Daten bestätigen müssten.


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Kommentar

GSI DECT – wirklich ein Edelstein?


Die Kenntnis der Harnsteinzusammensetzung ist nicht nur für die Metaphylaxe (Sekundärprävention), sondern schon für die Planung der optimalen Steintherapie von großer Bedeutung. Kleinere Harnsäuresteine lassen sich bspw. medikamentös auflösen. Für die ESWL (extrakorporale Stoßwellenlithotripsie) sind Steine aus Whewellit, Brushit und Zystin ein Problem. Die genaue Kenntnis der Steinzusammensetzung lässt sich bisher nur mittels Steinanalyse nach Steinentfernung erhalten. Das hilft zwar für die Metaphylaxe, kommt aber für die Therapieplanung zu spät.


Prätherapeutische Harnsteinanalyse


Daher versuchte man schon vor vielen Jahren mithilfe röntgendiagnostischer Methoden die Steinart prätherapeutisch zu bestimmen. Auf der konventionellen Röntgenaufnahme lassen sich zumindest kleinere Harnsäuresteine als nicht schattengebend erkennen. Schwierig wird es damit aber bei kalziumhaltigen Konkrementen. Eine gewisse Verbesserung erbrachte die konventionelle Computertomografie mit der Messung der Hounsfield-Einheiten (HE) [ 1 ] und daraus abgeleiteter Größen [ 2 ]. Mit der Verwendung der sog. Dual-Energy-Computertomografie (DECT) konnte die Zuverlässigkeit der prätherapeutischen Steinanalyse weiter verbessert werden [ 3 ], [ 4 ].


Gemstone Spectral Imaging (DECT)


Die Arbeitsgruppe um Li berichtet jetzt in der vorliegenden Arbeit über eine neue Variante der DECT, das sog. Gemstone Spectral Imaging DECT (GSI DECT). Dabei wird eine andere Spannung und Stromstärke als bei der konventionellen DECT verwendet. Es ist der erste Bericht über dieses Verfahren zur prätherapeutischen Harnsteinanalyse. Die Untersuchungen erfolgten in vitro mit reinen Steinen, die in Schweinenieren eingebracht wurden.


Im Vergleich zur konventionellen DECT fanden sich zwar signifikante Unterschiede zwischen allen untersuchten Steinmaterialien. Allerdings zeigten sich deutliche Überlappungen der HE von Weddellit und Whewellit, Struvit und Zystin bzw. Karbonatapatit und Brushit. Damit wird die Unterscheidbarkeit im Einzelfall schwierig – aber letztlich kommt es im klinischen Alltag gerade darauf an.


Ein weiterer Punkt ist, dass die Autoren bislang nur reine Steine untersucht haben. Tatsächlich bestehen aber rund 50 % aller Harnsteine aus verschiedenen Komponenten (sog. Mischsteine). Struvit z. B. kommt fast immer zusammen mit Apatit vor. Dies erschwert jedoch die korrekte Analyse.


Die Untersuchung erstreckte sich außerdem nur auf größere Steine (> 6 mm). Die Analyse kleinerer Konkremente wird aufgrund technischer Gegebenheiten sicherlich nicht einfacher.


Fazit


Letztlich handelt es sich um eine In-vitro-Studie. Auch wenn die Autoren ein In-vivo-Bild eines einzelnen Patienten mit einem korrekt analysierten Harnsäurestein zeigen (das hätte man auch schon mit der Messung der HE im konventionellen CT tun können), ist erfahrungsgemäß die Messung am Patienten schwieriger. Insgesamt zeigt die Arbeit einen interessanten Ansatz. Die Verbesserung gegenüber der konventionellen DECT ist relativ gering. Die DECT hat sich bisher nicht als Routineverfahren zur prätherapeutischen Harnsteinanalyse durchgesetzt. Daher ist es fraglich, ob der kleine Unterschied ausreichen wird, die GSI DECT im klinischen Alltag zu platzieren. Der Nachweis der Praxistauglichkeit steht noch aus.

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Nachweis eines Steins des linken NBKS im Nativ-CT. Die Zusammensetzung des Steins ist mit dieser Methode kaum nachwiesbar. (Bild: Asbach P, Beyersdorff D. Urolithiasis. In: Thieme Radbase)

Prof. Dr. Dr. Walter Ludwig Strohmaier, Coburg


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Prof. Dr. Dr. Walter Ludwig Strohmaier


ist Chefarzt der Klinik für Urologie und Kinderurologie des Klinikums Coburg

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Nachweis eines Steins des linken NBKS im Nativ-CT. Die Zusammensetzung des Steins ist mit dieser Methode kaum nachwiesbar. (Bild: Asbach P, Beyersdorff D. Urolithiasis. In: Thieme Radbase)