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DOI: 10.1055/s-0033-1356866
Wirksam ist das, was die gesetzlichen Krankenkassen erstatten.
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Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
19. September 2013 (online)
So äußerte sich kürzlich einer meiner universitären Kollegen, als er eine Veranstaltung moderierte, bei der ich in meinem Vortrag u.a. auf phytotherapeutische Alternativen zur Therapie des unkomplizierten Harnwegsinfektes hinwies. Eine medizinische S3- Leitlinie von 2010 benennt hier in der Tat nur Antibiotika als Option, weist aber auch darauf hin, dass die Resistenzrate des gramnegativen Bakteriums Escherichia coli, dem überwiegenden Auslöser dieser außerordentlich häufigen Erkrankung, bis zu 40% gegenüber einer Vielzahl von Antibiotika beträgt ([1]). Mittlerweile hat der unkritische Einsatz von Antibiotika übrigens dazu geführt, dass ärzten bei Intensivpatienten und Transplantierten nicht nur grampositive Pathogene wie der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA) und Vancomycinresistente Enterokokken (VRE) massive Schwierigkeiten bereiten, sondern viel häufiger, aber kaum im Fokus des öffentlichen Interesses stehend, multiresistente gramnegative Pathogene (MRGN) ([2]).
Insofern sollten zukünftig jegliche Maßnahmen, die zur Reduktion der Verwendung von Antibiotika bzw. von Resistenzproblemen führen, auch wenn sie nicht erstattungsfähig sind, mehr beachtet werden. Dies gilt in besonderer Weise für entsprechende Phytotherapeutika. Mein Kollege meinte dann übrigens beim nächsten Referenten, der sich einem palliativmedizinischen Problem widmete, nun kämen wieder die »wirklichen« Krankheiten an die Reihe, womit ich zum Thema dies vor Ihnen liegenden Heftes komme.
Erstmalig in der Zeitschrift für Phytotherapie liegt der Fokus auf der Palliativmedizin. Auch wenn viele von Ihnen hierbei vor allem an unheilbar erkrankte Krebspatienten denken mögen, so geht es hier doch um sehr viel mehr: Der Begriff »palliativ« bezeichnet therapeutische Maßnahmen, die nicht auf die Heilung einer Erkrankung, sondern auf die Linderung der durch sie ausgelösten Symptome ausgerichtet sind. Insofern sind die meisten Menschen in den letzten Jahren ihres Lebens davon betroffen. Im Fokus stehen Therapieverfahren, die die Lebensqualität erhöhen - nicht nur, weil man mit ihnen unangenehme Krankheitssymptome wirksam behandeln kann, sondern auch, weil sie nebenwirkungsarm sind. Die letztgenannte Eigenschaft spielt gerade bei alten multimorbiden Patienten eine große Rolle, die von einem umfangreichen Therapieplan bis hin zur tatsächlichen Übermedikation quoad vitam nicht mehr profitieren. Die in diesem Heft vorgelegte Kasuistik von Herrn Dr. Kempmann zeigt exemplarisch, welches bislang kaum genutzte Potenzial die Phytotherapie hier bereithält. Die fehlende Erstattungsfähigkeit führt allerdings bei Palliativpatienten zu einem bisher offenbar ignorierten ethischen Problem.
Dass zum kompetenten Einsatz bzw. Ersatz von Phytotherapie in diesem Bereich zudem eine erhebliche fachliche Kompetenz und eine sehr sorgfältige Literaturrecherche erforderlich sind, wird bei so mancher aktuellen Publikation zu dieser Thematik deutlich. Dies sollte besonders bedacht werden, wenn ein solcher Artikel mit der Adresse der Deutschen Krebsgesellschaft, der größten onkologischen Gesellschaft in Deutschland, veröffentlicht wird und mit Sicherheit von Krankenkassenmitarbeitern gelesen und so vermutlich zu zukünftigen Entscheidungsprozessen beitragen wird ([3]).
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- 1 Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und Management unkomplizierter bakterieller ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten: S-3 Leitlinie. AWMF-Register-Nr. 043/044; 2010
- 2 Schröppel K, Riessen R. Multiresistente gramnegative Bakterien. Problemkeime des 21. Jahrhunderts. Med Klin Intensivmed Notfmed 2013; 108 (2) 107-112
- 3 Hübner J. Komplementäre und Alternative Medizin in der Onkologie (I). Versicherungsmedizin 2013; 65 (2) 79-83
- 1 Epidemiologie, Diagnostik, Therapie und Management unkomplizierter bakterieller ambulant erworbener Harnwegsinfektionen bei erwachsenen Patienten: S-3 Leitlinie. AWMF-Register-Nr. 043/044; 2010
- 2 Schröppel K, Riessen R. Multiresistente gramnegative Bakterien. Problemkeime des 21. Jahrhunderts. Med Klin Intensivmed Notfmed 2013; 108 (2) 107-112
- 3 Hübner J. Komplementäre und Alternative Medizin in der Onkologie (I). Versicherungsmedizin 2013; 65 (2) 79-83

