ergopraxis 2013; 6(09): 14-16
DOI: 10.1055/s-0033-1356906
wissenschaft
© Georg Thieme Verlag Stuttgart - New York

Internationale Studienergebnisse


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Publication Date:
06 September 2013 (online)

 

Resilienz – Kinder früh stärken

In Frühinterventionen sollte man den Fokus auf die Eltern-Kind-Beziehung, die Selbstwirksamkeit und die Selbstkontrolle legen. So kann man die psychische Gesundheit und Resilienz von Kindern nachhaltig unterstützen. Zu diesem Ergebnis kamen die Psychologin Lauren Miller-Lewis und ihre Kollegen von der University of Adelaide in Australien. Die Forscher ermittelten die Ressourcen und Schwierigkeiten von 474 Kindern, jeweils im Kindergarten- und Grundschulalter. Dazu baten sie die Eltern und Lehrer, im Abstand von zwei Jahren, die Selbstwirksamkeit und Selbstkontrolle der Kinder einzuschätzen und ihre Beziehungen zueinander zu bewerten. Zu diesem Zweck erhielten die Bezugspersonen verschiedene standardisierte Fragebögen wie den „Strengths and Difficulties Questionnaire“, die „Self-Efficacy Scale“ oder die „Child-Parent Relationship Scale“. Außerdem ermittelten die Forscher stressvolle Lebenserfahrungen und den sozioökonomischen Status der Familien.

Den Ergebnissen zufolge bleiben Kinder trotz schwieriger Lebenssituationen eher psychisch gesund, wenn sie qualitativ gute Beziehungen zu ihren Eltern und Lehrern pflegen. Günstig wirken sich zudem eine positive Selbsteinschätzung sowie genügend Selbstkontrolle aus. Dabei haben ihre Stärken einen kumulativen Effekt. Das heißt, jede weitere Stärke wirkt sich zusätzlich positiv auf die psychische Gesundheit eines Kindes aus. Aus Sicht der Forscher schützen Selbstkontrolle, Selbstwirksamkeit und gute Beziehungen die Kinder davor, dass schwierige Lebenssituationen ihre psychische Gesundheit negativ beeinflussen. Indem Bezugspersonen und Therapeuten diese Faktoren bereits im Kindergartenalter fördern, vermitteln sie den Kindern eine gute Basis für ihre Zukunft.

akb

Child Adolesc Psychiatry Ment Health 2013; 7: 6

KOMMENTAR

Ergebnisse übertragbar


Es ist bekannt, dass sich schwierige Lebensbedingungen wie Armut, Gewalt oder Verlust eines Elternteils negativ auf die Gesundheit und Kompetenzen von Kindern auswirken können. Resilienzforscher beschäftigen sich mit der Frage, warum manche Kinder trotz solcher Situationen gesund bleiben und sich positiv entwickeln. Sie identifizieren Schutzfaktoren und entwickeln Präventionsangebote, die allen Kindern zugutekommen. In ihrer Untersuchung zeigen Lauren Miller-Lewis und ihre Kollegen, dass positive Beziehungen, Selbstwirksamkeit und Selbstkontrolle Kinder stärken und den Einfluss schwieriger Lebenssituationen verringern können.

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Die Resultate beschränken sich zwar auf australische Kinder, ähneln aber internationalen Studienergebnissen. Daher kann man davon ausgehen, dass Kinder in deutschsprachigen Ländern ebenso von den identifizierten Faktoren profitieren. Darum sollten Ergotherapeuten die Selbstwirksamkeit und Selbstkontrolle von Kindern fördern. Gleichzeitig können sie den Eltern vermitteln, wie wichtig diese Faktoren sind und ihre Beziehung zum Kind positiv beeinflussen. Das zeigt auch der Beitrag „Das Resilienzkonzept in der Ergotherapie - Kinder stärken“ von Helen Strebel (ergopraxis 11-12/12).


Ann Kennedy-Behr, PhD, MOccThy, BAppSc (OT), Ergotherapeutin


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Mentales Training bei Demenz – Kognitive Fertigkeiten verbessern

Nicht nur gesunde Senioren profitieren von einem mentalen Trainingsprogramm, das Rechen- und Leseübungen miteinander kombiniert. Auch demenziell erkrankte Menschen können dadurch ihre kognitiven Fertigkeiten verbessern. Das zeigte der Neurowissenschaftler Ryuta Kawashima anhand eines sechsmonatigen Trainings mit der sogenannten Lerntherapie am Smart Ageing International Research Center der Universität Tōhoku in Sendai, Japan.

Das Forschungsteam untersuchte in zwei randomisierten kontrollierten Studien, wie sich die Lerntherapie auf die kognitiven Leistungen von gesunden und demenziell erkrankten älteren Menschen auswirkt. An der ersten Studie nahmen 32 ältere Menschen mit Alzheimer- Demenz teil, die in einem Seniorenheim lebten. Die zweite Studie bezog 124 selbstständig lebende Senioren ein. Jeweils die Hälfte der Teilnehmer durchlief das Therapieangebot, während die andere Hälfte als Kontrollgruppe diente. Die Senioren der Experimentalgruppen führten sechs Monate lang an fünf Tagen pro Woche für 15 bis 20 Minuten verschiedene Lese- und Rechenübungen durch. Die Übungsaufgaben besaßen unterschiedliche Schwierigkeitsgrade und wurden individuell auf die Teilnehmer zugeschnitten. Konnten die Senioren eine Übung nicht lösen, erhielten sie Unterstützung von den Mitarbeitern des Lerncenters. Für die selbstständig lebenden Senioren bestand zudem die Möglichkeit, einmal pro Woche am Grundschulunterricht teilzunehmen. Die Forscher setzten vor und nach der Intervention sowie sechs Monate später verschiedene neuropsychologische Tests ein, wie den „Minimental Status Test“ (MMST), die „Frontal Assessment Battery“ (FAB) oder den „Digit Symbol Substitution Test“ (DST).

Laut Ergebnissen wirkt sich die Lerntherapie positiv auf die kognitiven Leistungen der Senioren aus und verzögert demenzielle Prozesse. Neben der mentalen Prozessgeschwindigkeit verbessert sie auch exekutive Funktionen wie die Denkflexibilität. Diese positiven Effekte lassen sich noch sechs Monate nach der Intervention nachweisen.

dawo

J Prev Med Public Health 2013; 46: S22-S27


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Strengths and Difficulties Questionnaire – Stärken und Schwächen ermitteln

Der Fragebogen „Strengths and Difficulties Questionnaire (SDQ)“ richtet sich an Eltern, Lehrer und andere Bezugspersonen von Kindern und Jugendlichen zwischen 4 und 16 Jahren. Er besteht aus 25 Items, die wesentliche psychosoziale Aspekte beleuchten. Jedes Item lässt sich mit „nicht zutreffend“, „teilweise zutreffend“ oder „eindeutig zutreffend“ einschätzen. Neben dem Instrument zur Fremdbewertung existiert auch ein Selbsteinschätzungsbogen, der sich für Kinder zwischen 11 und 17 Jahren eignet.

Die verschiedenen Versionen des Fragebogens stehen unter www.sdqinfo.org > „Questionnaires etc. View & Download“ > „German“ kostenlos auf Deutsch zur Verfügung.

fk


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Interprofessionelle Primärversorgung – Ergotherapie erfolgreich integrieren

Drei Schlüsselelemente helfen Ergotherapeuten dabei, ihren Platz in einem interprofessionellen Team zu festigen: Vertrauen, Verstehen und Zusammenarbeiten. Zu diesem Ergebnis kam ein Forschungsteam um die Ergotherapeutin Catherine Donnelly an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften der Queen’s University in Kingston, Kanada.

Das Ziel der Forscher war es, herauszufinden, welche Strukturen und Prozesse die Integration der Ergotherapie unterstützen. Dazu führten sie Fallstudien in vier interprofessionellen Teams der Primärversorgung durch. Sie kombinierten das Interviewverfahren mit einer schriftlichen Befragung und einer Dokumentenanalyse. Dabei bezogen sie Ergotherapeuten, Ärzte, Sozialarbeiter, Ernährungsberater, Pflegende sowie den verantwortlichen Direktor und den leitenden Arzt in die Studie ein. Sie befragten die Teammitglieder nach ihren Rollen, räumlichen Gegebenheiten, der Zusammenarbeit im Team und der Kooperation mit Gemeinden. Den Ergebnissen zufolge können sich Ergotherapeuten erfolgreich in ein Team integrieren, wenn sie den anderen Berufsgruppen ihre professionelle Rolle verdeutlichen. Außerdem stoßen sie auf größere Akzeptanz, wenn sie einen Arzt als Fürsprecher gewinnen oder sich zusätzlich in Lehre und Forschung engagieren. Eine Kultur der Zusammenarbeit erleichtert es Ergotherapeuten ebenso, sich effektiv in ein Team einzubringen. Hilfreich sind hier interdisziplinäre Programme, in denen jede Berufsgruppe bestimmte Aufgaben erfüllt. Zudem können Ergotherapeuten ihr eigenes Rollenverständnis stärken, indem sie sich mit Berufskollegen innerhalb und außerhalb des interdisziplinären Teams austauschen. Vertrauen stellt ein weiteres Schlüsselelement dar, das den Integrationsprozess unterstützt. Elektronische Patientenakten helfen den Teammitgliedern dabei, effektiv miteinander zu kommunizieren. Eine Zusammenarbeit vor Ort und regelmäßige Teamsitzungen bieten ihnen zudem die Möglichkeit, sich persönlich kennenzulernen und miteinander zu interagieren.

Aus Sicht der Forscher können bestimmte Strukturen und Strategien Ergotherapeuten darin unterstützen, einen festen Platz im interdisziplinären Team zu finden. Dazu sollten sie ihre professionelle Rolle verdeutlichen, ärztliche Fürsprecher gewinnen, sich in Lehre oder Forschung engagieren und konstruktiv mit verschiedenen Berufsgruppen zusammenarbeiten.

fk

BMC Family Practice 2013; doi:10.1186/1471-2296-14-60


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10 Prinzipien – Teamwork

Für eine erfolgreiche interdisziplinäre Zusammenarbeit gilt:

  1. Der Teamleiter gibt eine klare Richtung und Vision vor, hört den Teammitgliedern zu und unterstützt sie.

  2. Das Team hat Werte verinnerlicht, die sich im gemeinsamen Handeln zeigen und immer wieder dargestellt werden.

  3. Es besteht eine Teamkultur und interdisziplinäre Atmosphäre, in der Beiträge willkommen sind und die Teammitglieder einen Konsens anstreben.

  4. Erforderliche Ressourcen stehen zur Verfügung, um die Vision umsetzen zu können.

  5. Das Team legt seinen Fokus auf patientenorientierten Service, dokumentiert Outcomes und bezieht Rückmeldungen ein.

  6. Nützliche Kommunikationsstrategien fördern die interne Kommunikation und unterstützen die gemeinsame Entscheidungsfindung.

  7. Das Team setzt sich aus Mitarbeitern mit unterschiedlichen Kompetenzen zusammen, die sich gegenseitig ergänzen und eine bedarfsgerechte Patientenversorgung ermöglichen.

  8. Es werden bevorzugt Teammitglieder angeworben, die über interdisziplinäre Kompetenzen verfügen.

  9. Das Team respektiert individuelle Rollen und fördert gleichzeitig die Wechselbeziehungen zwischen diesen Rollen.

  10. Der Einzelne erhält durch Trainings, Belohnungssysteme und Karriereperspektiven die Möglichkeit, sich persönlich weiterzuentwickeln.

fk

Hum Resour Health 2013; doi: 10.1186/1478-4491-11-19


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