Drug Res (Stuttg) 2014; 64(S 01): S5
DOI: 10.1055/s-0033-1358027
Symposium der Paul-Martini-Stiftung
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Antibiotic Stewardship – Strategien zur Sicherung eines intelligenten und rationalen Antibiotikaeinsatzes

W. V. Kern
Abteilung Infektiologie, Universitätsklinikum Freiburg
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Korrespondenzadresse

Winfried V. Kern
Universitätsklinikum Freiburg
Hugstetter Straße 55
79106 Freiburg

Publikationsverlauf

Publikationsdatum:
25. November 2014 (online)

 

    Die Entwicklung neuer antibakterieller Wirkstoffe bis zur Marktreife ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten stark zurückgegangen. Einige der wenigen Neuentwicklungen wurden mit Fokus MRSA angesichts der in den 90er Jahren stark ansteigenden MRSA-Prävalenzen gestartet. Das intensive Hochdurchsatz-Screening von Stoffbibliotheken ist vor allem bei (den heute dringend benötigten neuen) Substanzen gegen gram-negative multiresistente Erreger weniger erfolgversprechend und erfolgreich gewesen, und die Grundlagenforschung bezüglich neuer Zielstrukturen sowie besserer intrazellulärer Verfügbarkeit von Wirkstoffen (verbesserter Influx, erschwerter Efflux) in der gram-negativen Zelle ist wenig weiter gekommen. Investiert wurde in die Entwicklung verbesserter Betalactamase-Inhibitoren, aber auch in die Reevaluation von älteren Wirkstoffen im gram-negativen Bereich wie Polymyxin B/Colistin.

    Zugleich sind Versorgungsforschungsfragen dringlich geworden: Wie rational ist die Antibiotika-Anwendung in Praxis und Klinik? Wie lässt sich Antibiotika-Anwendung quantitativ und qualitativ messen? Wie und mit welchen Instrumenten kann die Antibiotika-Anwendung optimiert werden? Gibt es Substanzen/Substanzgruppen, die mit mehr oder weniger Resistenzentwicklung assoziiert sind? Müssen in Zukunft neben den „konventionellen“ klinischen und mikrobiologischen Endpunkten einer Substanz im Rahmen ihrer Zulassung „ökologische“ Endpunkte studiert werden und im Rahmen von Praxisleitlinien berücksichtigt werden? Wie relevant ist der Eintrag von resistenten Erregern aus der Lebensmittelproduktion und Tiermedizin in die Humanmedizin? Sind bei den obigen Fragen Antworten bereits so klar absehbar, dass darauf mit gesetzgeberischen Aktivitäten und/oder infrastrukturellen Maßnahmen begegnet werden kann oder muss? Aus den bisherigen Daten kann man hier bereits einige Ziele formulieren: 1. Striktere Indikationsstellung bei Atemwegsinfektionen im ambulanten Setting. 2. Kürzere Behandlungen und vermehrt gezielte Therapie (bei nachgewiesenem Erreger). 3. Vermehrte Beachtung der Regeln für die perioperative Antibiotika-Prophylaxe. 4. Reduktion des Einsatzes von Cephalosporinen und Fluorchinolonen. 5. Stärkere Berücksichtigung von PK-PD-Aspekten (Dosierungsfragen) vor allem bei kritischen Infektionen und Infektionen durch minderempfindliche und resistente Erreger. Instrumente und Hilfen sind hier besser abgestimmte und aktuellere Leitlinien, Informations- und Fortbildungsprogramme, gezielter Einsatz von Qualitätsindikatoren, die gewisse Investitionen vor allem in Personal mit Expertise in diesen Bereichen erfordern. In Deutschland gibt es einige Initiativen, die in dieser Richtung bereits Erfolge ausweisen können.


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    Interessenkonflikte: Forschungsunterstützung von Abbott, BMBF, BMG, Boehringer Ingelheim, DFG, DGI, EU, BMS, Gilead, GSK, Janssen, Pfizer, ViiV Healthcare; Vortragshonorare von Akademie für Infektionsmedizin, AstraZeneca, InfectoPharm, Pfizer; Beratertätigkeit für Sobi, Stiftung Warentest; Reisekostenunterstützung von AkdÄ, Bayer, BMG, BMBF, DGI, ESCMID, EU.

    Korrespondenzadresse

    Winfried V. Kern
    Universitätsklinikum Freiburg
    Hugstetter Straße 55
    79106 Freiburg