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DOI: 10.1055/s-0033-1358641
Handpräferenztest HAPT 4–6 – Rechts oder links?
Subject Editor:
Publication History
Publication Date:
10 October 2013 (online)
- Die Anleitung fürs Kind kommt von der CD
- Den Ausprägungsgrad der Handpräferenz ermitteln
- In Deutschland und Österreich normiert
- Zusammenfassung und kritische Bewertung
Der Handpräferenztest für vier- bis sechsjährige Kinder ist im deutschen Sprachraum der erste standardisierte, normierte und publizierte Test für Handpräferenz. Er erfasst, wie ausgeprägt die Vorliebe eines Kindes für die rechte oder linke Hand ist und wie konstant es diese Seite einsetzt.
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Den Handpräferenztest für vier- bis sechsjährige Kinder (HAPT 4–6) gibt es seit 2011. Er wurde von Johanna Bruckner, Pia Deimann und Ursula Kastner-Koller in Wien entwickelt. Das Assessment erfasst die Handpräferenz eines Kindes und die Konstanz des Handeinsatzes. Wer es anwenden möchte, erhält es bei der Testzentrale des Hogrefe Verlags unter www.testzentrale.de. Geliefert wird es in einem bunten Karton (Abb.). Darin befinden sich Manual, Protokollbögen, eine Audio-CD und Testmaterialien wie zum Beispiel Stempelvorlagenblätter, Bälle, Würfel und Smiley-Aufkleber (Abb.). Die Durchführung dauert etwa 25 Minuten.
Ergotherapeuten, die Erfahrung im Umgang mit Kindern haben, können den Test mithilfe des Manuals sicher anwenden. Ergotherapeuten, die wenig Erfahrung mit der Händigkeit haben, sollten für die Interpretation und Planung von Interventionen für Kinder mit unklarer Handpräferenz Kollegen heranziehen, die sich auf diesen Bereich spezialisiert haben.
Die Anleitung fürs Kind kommt von der CD
Für die Durchführung bereitet die Therapeutin den Testraum entsprechend der Vorgaben vor: Der Tisch hat eine Höhe von 50–55 cm, damit das Kind im Stehen agieren kann. Um den Tisch herum ist ausreichend Platz. Nachdem die Testleiterin dem Kind die Materialien gezeigt hat, setzt sie sich in einiger Entfernung auf einen Stuhl und notiert ihre Beobachtungen. Die Anleitungen für das Kind spielt sie von der mitgelieferten CD-Rom ab. So erfährt das Kind, auf welche Position es sich stellen soll und welche Aufgabe auszuführen ist. Nachdem das Kind jede der 14 Aufgaben einmal gemacht hat, wiederholt es jede Aktivität noch zweimal (Tab.). Die Reihenfolge der Aufgabenstellung wird jedoch variiert, damit das Kind nicht weiß, welche Aufgabe als Nächstes kommen wird.
Mit dem HAPT 4–6 lassen sich der Ausprägungsgrad der Handpräferenz sowie die Konstanz des Handeinsatzes erfassen.
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Den Ausprägungsgrad der Handpräferenz ermitteln
Für die Auswertung zählt die Therapeutin den Einsatz der rechten und der linken Hand. Daraus berechnet sie den Laterialitätsquotient. Zum Vergleich stehen ihr Normtabellen zur Verfügung: eine für Mädchen und eine für Jungen. Aus diesen Tabellen kann sie den Prozentrang ablesen. Zusätzlich kann sie aus weiteren Tabellen, getrennt nach Geschlecht und der Seite der Präferenz, den Ausprägungsgrad der Handpräferenz ermitteln. Die Werte sind in durchschnittliche, über- und unterdurchschnittliche Ausprägungen kategorisiert.
Für die Händigkeitskonsistenz bewertet die Therapeutin, wie viele der Aufgaben das Kind bei allen drei Durchführungen immer mit derselben Hand ausgeführt hat. Auch hier gibt es für Geschlecht und Seite der Präferenz eigene Normtabellen, und die Ergebnisse werden in durchschnittliche, über- und unterdurchschnittliche Werte kategorisiert.
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In Deutschland und Österreich normiert
Da die Materialien und deren Anordnung standardisiert sind und die Anweisungen von einer CD-Rom abgespielt werden, wird von einer hohen Durchführungsobjektivität ausgegangen. Die Auswertungsobjektivität wird mit Cohens Kappa von 0,97 angegeben. Auch die Reliabilität der Items ist mit einem Crohnbachs Alpha von 0,95 hoch.
Für die Validität wurde das Testergebnis mit dem Globalurteil der Eltern und der Zeichenhand korreliert. Die Korrelation des Testergebnisses zum Elternurteil ist hoch signifikant (r=0,76), jedoch nicht perfekt. Aus der sehr hohen Korrelation der Elterneinschätzung mit der Zeichenhand (r=0,97) schließen die Entwicklerinnen, dass Eltern die Händigkeit ihres Kindes fast ausschließlich nach der Zeichenhand ihres Kindes beurteilen. Beim Zeichnen ist die Bevorzugung einer Seite am offensichtlichsten. Bei manchen Kindern liegen Handpräferenz und Handleistung jedoch nicht auf einer Seite. Andere Kinder zeichnen beispielsweise nicht mit ihrer präferierten Hand, weil sie in ihrer Zeichenhand beeinflusst wurden.
Der Test wurde anhand der Daten von 383 Kindern aus Österreich und 146 aus Deutschland normiert. Die Normierungsstichproben hatten ein ausgeglichenes Geschlechterverhältnis und eine ausreichend bis gute Übereinstimmung hinsichtlich Schichtzugehörigkeit und Ortsgröße.
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Zusammenfassung und kritische Bewertung
Der HAPT 4–6 ist der erste standardisierte, normierte und publizierte Handpräferenztest für Kinder im deutschen Sprachraum. Dass neben dem Ausprägungsgrad der Handpräferenz auch die Konstanz des Handeinsatzes in den getesteten Aktivitäten erfasst wird, ist positiv hervorzuheben. So unterscheidet der Test die Kinder mit inkonstantem Handeinsatz von den Kindern mit gemischter Händigkeit. Die Anleitungen für die Kinder sind in eine Geschichte verpackt und damit motivierend gestaltet. Dass die Instruktionen von einer CD abgespielt werden, ist für Ergotherapeuten etwas ungewohnt.
Trotz sehr guter Testgütekriterien reicht der HAPT 4–6 für eine umfassende Händigkeitsdiagnostik nicht aus.
Die Items des HAPT 4–6 beinhalten unter 14 Aufgaben viermal das Aufnehmen eines Gegenstandes. Studien haben gezeigt, dass diese vier Items genügend Trennschärfe haben. Es ist jedoch fraglich, ob hier nicht redundante Informationen in das Ergebnis einfließen. Die dreimalige Durchführung der Items lässt nicht zu, dass eine Hand bei einer Aktivität gleich oft eingesetzt wird wie die andere. Über alle Aktivitäten hinweg ist ein gleichwertiger Einsatz der Hände jedoch erkennbar, und dieser Wert fließt in die Berechnung des Lateralitätsquotienten ein. Insgesamt enthält der Test wenige anspruchsvolle oder bimanuelle Aufgaben. Bei bimanuellen Aufgaben kann die Therapeutin beobachten, welche Hand die Haltefunktion übernimmt und welche die Aktionshand ist. Diese „Rollenverteilung“ ist für die Händigkeitsdiagnostik oft sehr aufschlussreich.
Die Testgütekriterien des HAPT 4–6 wurden sorgfältig untersucht und erreichen sehr gute Werte. Auch die getrennten Normtabellen nach Geschlecht und nach bevorzugter Hand entsprechen dem Wissen über die unterschiedliche Lateralisierung von Rechtsund Linkshändern. Der HAPT überprüft somit gut den Aspekt der Handpräferenz. Für eine umfassende Händigkeitsdiagnostik bei Kindern mit unklarer Händigkeit ist der HAPT alleine jedoch nicht ausreichend. Um festzustellen, welche Hand die bessere Leistung erbringt, müssen weitere Verfahren hinzugezogen werden. Erst wenn Handpräferenz und Handleistung überprüft wurden, liegt ein differenziertes Bild von beiden Aspekten der Händigkeit vor.
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