Aktuelle Dermatologie 2013; 39(12): 526-528
DOI: 10.1055/s-0033-1358958
Nachruf
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

In memoriam Karl Holubar

* 3. 6. 1936 in Wien, † 6. 1. 2013 in Zeiselmauer
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult.Gerd Plewig
Ludwig-Maximilians-Universität
Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie
Frauenlobstraße 9 – 11
80337 München

Publication History

Publication Date:
12 December 2013 (online)

 

    Mit Karl Holubar hat die deutschsprachige Dermatologie einen ganz Großen ihres Faches verloren. Bei jedem seiner Auftritte spürten Gesprächspartner oder Auditorium, dass eine unverwechselbare Persönlichkeit präsent war. Die seismografisch von ihm ausgehenden Schwingungen reichten von faszinierend und mitreißend bis zu stillen introvertierten Momenten, aus denen gelegentlich auch Enttäuschungen zu spüren waren. Mit dem charmanten österreichischen Klang seiner Stimme, dem rauschenden Fluss seiner Worte mit heraussprudelnden Fakten, Namen, Gegebenheiten und Zahlen wurden seine Auftritte stets zu etwas Besonderem. Nicht jeder konnte alles aus diesen kaleidoskopischen Passagen aufnehmen

    Karl war stets um das Wohl der Dermatologie und der Dermatohistorie bemüht, und so hat er viele Kolleginnen und Kollegen durch seine Anteilnahme motiviert und unterstützt. Zudem war er ein hochbegabter Dermato-Archäologe, der den Boden unseres Faches in vielen Ländern der Welt nach Zeugnissen und Spuren der Vergangenheit durchsuchte. Einmal ein Ziel vor Augen, ließ er nicht nach, bis er aus verstaubten Archiven, Kirchenbüchern, Bibliotheken oder Gesprächen mit Nachfahren das gefunden hatte, was andere nicht erkannt hatten. Niemand war so wortgewaltig oder beherrschte so viele Sprachen der verschiedenen Kulturkreise in Wort und Schrift wie er. Dabei blieb es aber nicht aus, dass auch scharfe Ecken und Kanten hervortraten und verbale sowie schriftliche Auseinandersetzungen gelegentlich erfolgten. Er selber schien gelegentlich unter diesen Eruptionen zu leiden und suchte das ausgleichende Gespräch mit Freunden, um derartige Enttäuschungen zu überwinden. Allein das Zuhören eines Freundes schien für ihn ein Weg zu sein, um aus den düsteren Stunden herauszukommen. Sein überraschender Tod am Tag der Heiligen Drei Könige machte uns sehr betroffen.

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    Abb. 1 Professor Karl Holubar.

    Karl studierte Medizin in Wien und promovierte 1960. Die Ausbildung zum Dermatologen begann er an der renommierten Wiener Universitätshautklinik, gefolgt von einem ersten Forschungsaufenthalt 1958 bei Professor Rudi Cormane (1925 – 1987) in Amsterdam. Die Habilitation behandelt das Basalzell-Nävus-Syndrom, das auch als Handbuchbeitrag von Josef Jadassohn (1863 – 1936) im Ergänzungsband Alfred Marchionini (1899 – 1965) III, 3A publiziert wurde. Seinen zweiten Forschungsaufenthalt verbrachte er 1972 bis 1973 als Research Fellow bei Professor Ernest Beutner (1923 – 2013) in Buffalo, USA. Zurück in Wien hatte er eine steile Karriere vor sich: Extraordinarius an der I. Universitätshautklinik und Kommissarischer Leiter der Klinik 1980/1981. Mutig war sein Entschluss als Ordinarius an die Hautklinik der Hebräischen Universität Jerusalem (1983 – 1986) zu gehen, eine glänzend gemeisterte Herausforderung, da er Sprache und Schrift des Landes beherrschte und viele Freundschaften aufbauen konnte.

    Nochmals profilierte Karl sich 1986 mit der Habilitation für das Fach Geschichte der Medizin an der Wiener Universität und bekleidete von 1989 – 2001 als Professor und Vorstand das Institut für Geschichte der Medizin in der Währinger Straße. Es war die Metamorphose vom wissenschaftlich-klinischen Dermatologen zum Medizinhistoriker, dem nun die altehrwürdige Institution, die noch aus der Kaiserzeit stammte, übertragen wurde. In dieser dritten Phase seines Lebens zeigte Karl seine besondere Stärke. Wissenschaftliche Aufsätze, Buchkapitel und Monografien sprudelten in diesen Jahren aus dem Institut, alles sorgfältig recherchiert. Karl ahnte, dass manch verborgener Schatz in den Archiven des Instituts lagerte. Wie ein Sherlock Holmes entdeckte er bislang unbekannte Dokumente, vor allem künstlerisch wertvolle Zeichnungen und Aquarelle des 18. und 19. Jahrhunderts aus den Händen begabter Arzt-Künstler-Generationen. Mit Freude arbeitete er sich durch die aus dem Ausland zugestifteten Buchbestände hindurch. So entstanden eine Reihe eindrucksvoller Artikel, Bücher und Atlanten zu medizinhistorischen Themen, die er mit großer Begeisterung zusammen mit Kolleginnen und Kollegen verfasste.

    Im Jahr 2001 musste Karl die ihm so liebgewonnene Institution verlassen. Schmerzlich war, dass in der nachfolgenden Zeit ihm der Zugang zu den Bibliotheksbeständen und seinem früheren Arbeitsplatz verwehrt wurden, was ihn traurig, ja teilweise verbittert machte.

    Ein letzter ganz großer Wurf gelang ihm mit der Konzeption und gemeinsamen Herausgeberschaft des im gleichen Jahr verstorbenen Dermatologen und Medizinhistorikers Albrecht Scholz/Dresden (1940 – 2013) sowie den Professoren Günther Burg/Zürich, Walter H. C. Burgdorf/Tutzing und Harald Gollnick/Magdeburg mit dem bilingual gestalteten monumentalen Werk Geschichte der deutschsprachigen Dermatologie/History of German Language Dermatology (Wiley-Blackwell, 2009). Unermüdlich hat er sich als Autor und auch darüber hinaus für die internationale Verbreitung des Buches eingesetzt.

    Seine letzten, ebenfalls mit Herzensblut verfassten Beiträge betreffen die Kapitel über John Thorne Crissey (1924 – 2009), Marie Nicolas Devergie (aîné) (1784 – 1842), Joseph Plenck (1735 – 1809) sowie das Prooímion für die deutsche Ausgabe 2008 und die soeben erschienene englische Ausgabe Pantheon of Dermatology. Outstanding Historical Figures (Christoph Löser, Gerd Plewig, Walter H. C. Burgdorf, eds, Springer, 2013).

    Sein Curriculum vitae ist reich gefüllt mit klinischen und experimentellen Arbeiten in den besten Journalen der Welt, zahlreichen Büchern und Buchbeiträgen, einer langen Liste von Ehrenmitgliedschaften renommierter Fachgesellschaften aller Kontinente sowie Ehrenbezeichnungen seiner Heimat Österreich. Karl hatte es verstanden, ein internationales Netz von Freunden aufzubauen und sorgfältig zu pflegen. Durch seine Familie fand Karl Holubar einen Kontrapunkt, der ihm Ruhe, Sicherheit und Geborgenheit neben den zahlreichen beruflichen Ämtern und Einladungen in die verschiedensten Winkel der Welt gab. Seine von ihm so geliebte Gattin Christine, mit der er 52 Jahre verheiratet war, hat ihn verständnisvoll im Leben begleitet und ihm stets guten Halt gegeben. Die Söhne Karl und Leopold haben den Eltern viel Freude bereitet. Karl Holubar hat seine letzte Ruhe auf dem Friedhof von Zeiselmauer vor den Toren der Stadt Wien gefunden.

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    Abb. 2 Titelseite (New York: Praeger, 1981).
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    Abb. 3 a, b Titel und Tafel, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 1993.
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    Abb. 4 a, b Skin in Water-Colours, Aquarelles from Hebra’s Department in Vienna (Blackwell, Berlin 2003),  Umschlag und Tafel.
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    Abb. 5 a, b Looking at Eyes and Faces, Ophthalmologic Water-Colours Drawn Largely by Physician-Artists Vienna late 18th and 19th Centuries (Austrian Academy of Sciences, Vienna 2006), Umschlag und Tafel.
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    Abb. 6 Bilinguale Monografie (Wiley-Blackwell, 2009).
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    Abb. 7 Karl und Christine Holubar bei einer Ehrenpromotionsfeier 2006 in der Universität Bratislawa/Slowakei.

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    Danksagung

    Abb. 3 b, 4 b und 5 b Bildersammlung, Sammlungen und Geschichte der Medizin, MedUni Wien.


    Korrespondenzadresse

    Prof. Dr. med. Dr. h. c. mult.Gerd Plewig
    Ludwig-Maximilians-Universität
    Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie
    Frauenlobstraße 9 – 11
    80337 München


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    Abb. 1 Professor Karl Holubar.
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    Abb. 2 Titelseite (New York: Praeger, 1981).
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    Abb. 3 a, b Titel und Tafel, Österreichische Akademie der Wissenschaften, Wien 1993.
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    Abb. 4 a, b Skin in Water-Colours, Aquarelles from Hebra’s Department in Vienna (Blackwell, Berlin 2003),  Umschlag und Tafel.
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    Abb. 5 a, b Looking at Eyes and Faces, Ophthalmologic Water-Colours Drawn Largely by Physician-Artists Vienna late 18th and 19th Centuries (Austrian Academy of Sciences, Vienna 2006), Umschlag und Tafel.
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    Abb. 6 Bilinguale Monografie (Wiley-Blackwell, 2009).
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    Abb. 7 Karl und Christine Holubar bei einer Ehrenpromotionsfeier 2006 in der Universität Bratislawa/Slowakei.