OP-Journal 2013; 29(3): 248-259
DOI: 10.1055/s-0033-1360154
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Schulter – Rotatorenmanschette

Arthroscopic Joint Reconstruction: Shoulder – Rotator Cuff
Simon Jakob Herrmann
,
Martin Jaeger
,
Julian Mehl
,
Dirk Maier
,
Kaywan Izadpanah
,
Peter Ogon
,
Norbert Südkamp
Further Information

Dr. med. Simon Jakob Herrmann, Assistenzarzt
Dr. med. Martin Jaeger, Sektionsleiter Schulterchirurgie
Julian Mehl, Assistenzarzt
Dr. med. Dirk Maier, Funktionsoberarzt
Dr. med. Kaywan Izadpanah, Facharzt
Prof. Dr. med. Norbert Südkamp, Geschäftsführender Direktor
Klinik Orthopädie und Traumatologie, Department Chirurgie, Universitätsklinikum Freiburg
Hugstetter Straße 55
79194 Freiburg i. Br.

 

Dr. med. Peter Ogon
Zentrum Sportorthopädie Freiburg
Breisacher Straße 84
79110 Freiburg

Publication History

Publication Date:
07 May 2014 (online)

 

Zusammenfassung

Rotatorenmanschettenrupturen zählen zu den häufigsten, degenerativen Sehnenerkrankungen. Beim jüngeren Patienten können sie als traumatische Verletzung auftreten, in der Mehrzahl der Fälle sind sie jedoch als multifaktorielle und schließlich degenerative Erkrankung des Sehnengewebes zu sehen. Hauptsymptom der Manschettenruptur sind Schmerzen und ein funktionelles Defizit der Schulter. Voraussetzung für eine weiterführende bildgebende Diagnostik ist die klinische Untersuchung und Funktionstestung, die zur Formulierung der Verdachtsdiagnose führt. Ein verminderter akromiohumeraler Abstand in der konventionell-radiologischen a.– p. Aufnahme gilt als indirekter Hinweis auf eine Ruptur der Rotatorenmanschette und, bei einem Wert von unter 7 mm, als starker, negativer prognostischer Faktor. Heute ist die Kernspintomografie der diagnostische Goldstandard. Sie hat eine hohe Sensitivität und erlaubt zusätzlich die Mitbeurteilung muskulärer fettiger Atrophie sowie Begleitpathologien. Mit konservativen Therapiemaßnahmen, wie Analgesie, manueller Therapie und krankengymnastische Beübung können eine signifikante Reduktion der Schmerzen und eine Verbesserung des aktiven Bewegungsumfangs erreicht werden. Operativ wird heute zumeist arthroskopisch vorgegangen, und die Sehne mithilfe von Fadenankern anatomisch refixiert. Die operative Therapie führt in aktuellen Studien zu einer signifikanten Verbesserung der Funktion, Schmerzreduktion und hoher Patientenzufriedenheit. Um den operativen Therapieerfolg nach Rekonstruktion sicherzustellen, ist eine stufenweise Nachbehandlung mit initialer Lagerung auf einem Schulterabduktionskissen, kontinuierlicher Bewegungstherapie und schrittweiser Aufbelastung notwendig.


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Abstract

Rotator cuff ruptures are the most common degenerative tendon disorder. They may occur as a result of traumatic injury in the younger patient but the majority of the cases can be seen as a multifactorial and finally degenerative disorder of the tendon tissue. The main symptoms of a rotator cuff lesion are pain and functional deficits of the shoulder. Prerequisites for further diagnostic imaging procedures are thorough clinical examination and functional tests of the shoulder leading to a tentative clinical diagnosis. A reduced acromiohumeral distance in conventional radiological ap-view is considered to be an indirect indicator for rotator cuff injury and a reduction of the acromiohumeral interval to < 7 mm has been named by different authors as a negative parameter for the prognosis. Magnetic resonance imaging is today the gold standard of imaging procedures and permits, in addition, an interpretation of muscular atrophy of the rotator cuff. Significant pain relief can be achieved by conservative therapy such as analgesia, manual therapy and physiotherapeutic exercises and leads to improvements in the active range of motion. Surgical rotator cuff repair can be done by arthroscopic refixation of the tendon at the footprint with the use of suture anchors. Surgical intervention leads to significant improvements in function, pain relief and patient satisfaction according to recent studies. To assure surgical therapeutic success after reconstruction and to improve strength and function of the shoulder, postoperative care with initial immobilisation followed by gradual loading is indicated.


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Epidemiologie

Rupturen der Rotatorenmanschette gehören zu den häufigsten Krankheitsbildern der Schulter und gelten als eine der häufigsten Sehnenverletzungen des Menschen. Codman, der sich zu Beginn des letzten Jahrhunderts intensiv mit der Epidemiologie und chirurgischen Therapie von Verletzungen der Rotatorenmanschette beschäftigte, beschrieb in einer Studienpopulation von 46-Jährigen bis über 80-Jährigen postmortal eine Prävalenz von 39 % für Rupturen der Supraspinatussehne. In einer aktuellen Studie von Yamamoto et al. wird eine Prävalenz für sonografisch diagnostizierte komplette Rotatorenmanschettenrupturen innerhalb der allgemeinen Population von knapp über 20 % beschrieben [1].

Bei dem heute zunehmend hohen Funktionsanspruch in Freizeit und sportlicher Aktivität entwickeln Patienten auch mit kleineren Rupturen Symptome wie Schmerzen und Funktionsverlust. Verletzungen der Rotatorenmanschette gewinnen damit in der klinischen Arbeit weiter an Bedeutung. Ursache dafür ist in einer alternden Gesellschaft auch die starke Altersabhängigkeit von Rotatorenmanschettenrupturen: Yamamoto et al. konnten einen Anstieg der Prävalenz von 6,7 % bei unter 40-Jährigen auf bis zu 45 % in der Population von über 70-Jährigen nachweisen. Damit verbunden ist auch die Frage, wie Erfolg versprechend eine operative Rekonstruktion der Rotatorenmanschette beim älteren, möglicherweise multimorbiden Patienten mit bereits degenerativ veränderten Sehnengewebe ist.

Für die Einordnung der klinischen Bedeutung von Rotatorenmanschettenverletzungen muss betont werden, dass ein Teil der Patienten mit Rupturen asymptomatisch oder zumindest symptomarm bleibt. Aus sonografischen Beobachtungen ist bekannt, dass bis zu 50 % der initial asymptomatischen Patienten nach 3 Jahren Symptome entwickeln, ohne dass dies im Zusammenhang mit einer Größenprogredienz stehen muss. Nur bei genauester Kenntnis sowohl operativer als auch konservativer Therapiemethoden und der jeweiligen Prognose ist für diese Patienten ein individueller Therapievorschlag möglich.

Bei einer altersabhängigen Prävalenz von bis zu 45 % bei über 70-Jährigen stellen Rupturen der Rotatorenmanschette in einer alternden Gesellschaft mit hohem Funktionsanspruch nicht zuletzt eine sozioökonomische Herausforderung dar.


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Ätiologie

Verletzungen der Rotatorenmanschette sind im Zusammenspiel von multiplen auf die Sehne einwirkenden, extrinsischen Faktoren und in der Sehne selbst sich abspielenden Prozessen, also intrinsischen Faktoren zu sehen. Die multifaktorielle Genese von Verletzungen der Rotatorenmanschette wurde dabei bereits sehr früh in der wissenschaftlichen Auseinandersetzung von Codman betont. Anhand seiner klinischen Erfahrung und postmortalen Beobachtungen machte er sowohl extrinsische (Trauma, Impingement) als auch intrinsische (degenerative Veränderungen der Sehne mit Nekrose und Kalzifizierung) Faktoren geltend.

Auf der Suche nach effektiven operativen Therapiemöglichkeiten beschrieb Neer die anteriore Akromioplastik als Resektion des anterioren, unteren Anteils des Akromions und des akromioklavikulären Bandes. Aufgrund seiner guten postoperativen klinischen Ergebnisse mit Akromioplastik bei Rotatorenmanschettenruptur vertrat Neer die These, dass eine Einklemmung zwischen dem akromialen Bogen und der Rotatorenmanschette in 95 % aller Rupturen als ursächlich anzusehen sei [2]. Der mechanische Konflikt zwischen den Sehnen der Rotatorenmanschette und dem akromialen Bogen wird „Outlet impingement“ genannt und gilt als wichtiger extrinsischer Faktor. Die Bedeutung des Impingements in der Pathogenese von Rotatorenmanschettenrupturen konnte durch Beobachtungen gestützt werden, die eine Korrelation zwischen der von Bigliani in 3 Typen als gerade, gebogen und hakenförmig eingeteilten Form des Akromions und der Inzidenz von Rotatorenmanschettenrupturen nachwiesen.

Die pathophysiologische Bedeutung intrinsischer Faktoren wird aus der einfachen Feststellung deutlich, dass das Sehnengewebe der Rotatorenmanschette einem Alterungsprozess unterliegt. Histologisch konnten von Uthoff et al. in alterndem Sehnengewebe der Rotatorenmanschette mukoide Degeneration, Verkalkung und fettige Infiltration der Sehnen nachweisen, und diese degenerativen Veränderungen zeigten eine positive Korrelation mit Rotatorenmanschettenrupturen [3]. Dies erklärt, warum selbst bei massiven Läsionen in der Rotatorenmanschette in 50 % der Fälle kein traumatisches Ereignis in der Anamnese zu eruieren ist.

Da die Schulter das Kugelgelenk mit höchstem Bewegungsumfang darstellt, sind die Sehnen der Rotatorenmanschette im Gegensatz zu den meisten anderen Sehnen des menschlichen Körpers v. a. bei Rotationsbewegungen höchsten Belastungen und Scherkräften ausgesetzt. Auf mikroskopischer Ebene führt dies zum Verlust der Faserlängsausrichtung der Kollagenfasern mit Knickbildung und Aufweitung des interfibrillären Raumes und beschleunigt bei repetitiver Belastung den Alterungsprozess. Vor allem einer Überbeanspruchung der Rotatorenmanschette durch Überkopfarbeiten oder Maximalbelastung beim Sportler kommt ätiologische Bedeutung zu. Dies kann zu repetitiven Mikrotraumen führen, sodass schließlich ein Bagatelltrauma eine komplette Ruptur verursachen kann.

Die Beurteilung von traumatischen Einflüssen auf die Schulter als ätiologischer Faktor von Rotatorenmanschettenrupturen ist v. a. in der gutachterlichen Beurteilung von Bedeutung. Je nach Studie führen bis zu 100 % der Patienten ein traumatisches Ereignis als ursächlich an, was aber nicht die Realität abbildet [4]. Rein traumatische Rotatorenmanschettenrupturen werden v. a. beim jüngeren Patienten gesehen, 60 % der Verletzungen bei Patienten jünger 45 Jahre treten als Folge von Sport- und Verkehrsunfällen und nach Schulterluxation auf. Um die Relevanz von traumatischen Faktoren für Rotatorenmanschettenläsionen zu untersuchen, wurden von Rickert et al. Anstrengungen unternommen, deren Reißfestigkeit biomechanisch zu ermitteln. Dabei konnte beschrieben werden, dass die maximale Zugbelastbarkeit mit dem Alter abnimmt. Beim 65-jährigen Patienten waren jedoch immer noch Zugkräfte bis zu 900 N für eine Ruptur der Supraspinatussehne erforderlich. Somit kann nicht allein aufgrund des Lebensalters ein traumatisches Ereignis als Ursache einer Ruptur abgelehnt werden. Vielmehr muss der Unfallmechanismus detailliert anamnestiziert werden. Potenziell ist jede eine Zugbelastung auf die Sehnen der Rotatorenmanschette verursachende Kraft geeignet, zu einer traumatischen Läsion der Manschette zu führen.

Mehr und mehr hat sich bis heute die Vorstellung durchgesetzt, dass die Ätiologie von Verletzungen der Rotatorenmanschette als multifaktorielles Geschehen zwischen degenerativen Prozessen im Rahmen der physiologischen Alterung, Einklemmung (Outlet Impingement) am akromialen Bogen und traumatischen Faktoren zu sehen ist.


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Diagnostik

Anamnese

Die klinischen Beschwerden, die bei Verletzungen der Rotatorenmanschette schließlich zum ersten Arztkontakt führen, werden vom Patienten häufig in typischer Weise beschrieben: dumpfer Schulterschmerz, Funktions- und Kraftverlust, Schmerzexazerbation bei Überkopfarbeit. Führendes Symptom ist sicherlich der Schulterschmerz. Typischerweise klagen 80 % der Patienten über nächtliche, den Schlaf störende Schmerzen. Funktionsdefizite sind nicht immer offensichtlich oder können vom Patienten in der Anamnese nicht eindeutig benannt werden, typisch sind jedoch Einschränkungen und Beschwerden bei Bewegungen über die Horizontale. Der erfahrene Untersucher wird diese Symptome gezielt erfragen, um Hinweise auf Einschränkungen in Alltag und Beruf sowie den Leidensdruck zu ermitteln.

Um im Nachhinein langwierige gutachterlicher Auseinandersetzungen zu vermeiden, muss ein vom Patienten ggf. angeführtes traumatisches Geschehen detailliert anamnestiziert und dieses dokumentiert werden. Insbesondere muss eruiert werden, ob durch den beschriebenen Unfallmechanismus potenziell eine Zugkraft auf Teile der Rotatorenmanschette eingewirkt hat; als typische Unfallmechanismen hierfür wurden passiv forcierte Rotation, passive Traktion oder axiale Stauchung nach kranoventral oder ventromedial beschrieben. Des Weiteren kann es im Rahmen einer Schulterluxation zum Abscheren der Manschette am Glenoid kommen (sog. „Inlet impingement“). Dagegen führen direkte Unfallmechanismen im Sinne eines Anpralltraumas typischerweise nicht zu einer Verletzung der Rotatorenmanschette [4].

Der Unfallmechanismus sollte bestmöglich nachvollzogen werden und gibt erste Hinweise für ein möglicherweise vorliegendes Verletzungsmuster und über evtl. Begleitverletzungen.


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Klinische Untersuchung

Die klinische Untersuchung spielt eine zentrale Rolle in der Diagnostik und Differenzialdiagnostik von Rotatorenmanschettenläsionen.

Ziel der klinischen Untersuchung muss die Formulierung einer Verdachtsdiagnose sein, diese ist Voraussetzung für eine zielgerichtete weiterführende Diagnostik mit ggf. bildgebenden Verfahren und deren sinnvolle Beurteilung.

Codman beschrieb 1934 die Palpation der Rotatorenmanschette, dabei steht der Untersucher hinter dem Patienten und umgreift die Schulter von kranial, sodass der Daumen die Skapula fixiert und mit dem Zeigefinger die Rotatorenmanschette ventral des Akromions palpiert werden kann. Die andere Hand des Untersuchers greift den Unterarm des Patienten bei flektiertem Ellenbogen und kann so Rotationsbewegungen in der Schulter ausführen. Die Palpation sollte immer im Seitenvergleich erfolgen. Wolf und Agrawal beschreiben die Palpation eines Niveauunterschieds im Sinne eines Defekts der Rotatorenmanschette und einer prominenten Tuberositas majus als Hinweis für eine komplette Rotatorenmanschettenruptur mit einer Sensitivität von 96 % und Spezifität von 97 %. Einschränkend muss gesagt werden, dass kleine Defekte oder Partialrupturen palpatorisch nur eingeschränkt beurteilbar sind. Nach Habermeyer erlaubt der Palpationsgriff nach Codman auch die Palpation einer verdickten Bursa subacromialis und von Krepitationen im subakromialen Raum als Begleiterscheinung einer Rotatorenmanschettenpathologie.

Die klinische Untersuchung der Rotatorenmanschette beinhaltet die Bewegungsanalyse der Schulter, die Beurteilung der Muskelkraft und sog. Lag Signs sowie die Funktionsbeurteilung der Rotatorenmanschette mit einer Reihe klinischer Tests. Murrell et al. untersuchten die Kombination von 3 klinischen Funktionstests: Außenrotations-Lag Sign, Schwäche des M. supraspinatus und Impingement Tests. Sie konnten zeigen, dass, wenn alle 3 Tests positiv waren, Patienten mit einer Wahrscheinlichkeit von 98 % arthroskopisch kontrolliert eine Verletzung der Rotatorenmanschette aufwiesen, die Sensitivität der kombinierten Tests war mit 57 % jedoch relativ gering. Dabei wurde in dieser Studie nicht nach Lokalisation der Rotatorenmanschettenruptur getrennt. Hegedus et al. untersuchten in einer großen Metaanalyse eine Vielzahl klinischer Funktionstests der Rotatorenmanschette hinsichtlich Sensitivität und Spezifität. Als Ergebnis heben sie v. a. die klinische Bedeutung des Außenrotations-Lag Sign als Indikator für Verletzungen der Rotatorenmanschette, des Hornblowers-Zeichen als Test für den M. teres minor sowie des Belly Press und Bear Hug Test als Funktionstest für den M. subscapularis hervor. Der Bear Hug Test hat mit 60 % die größte Sensitivität für Verletzungen des M. subscapularis. Insgesamt schwanken die Angaben zur Sensitivität und Spezifität der einzelnen Tests in der Literatur jedoch deutlich, so wird z. B. für den Jobe-Test eine Sensitivität von 32,1–98,5 % für Rupturen des M. supraspinatus angegeben. Teilweise besteht Uneinigkeit, ob Kraftverlust oder Schmerzangabe als positiver Test zu gelten haben. Itoi et al. untersuchten, bei welchem Schwellenwert des Kraftgrads nach Janda die höchste Genauigkeit der Funktionstests erreicht wird und kamen zu dem Schluss, dass der Jobe-Test mit einem Kraftgrad kleiner 5/5 und der Lift-off Test mit Kraftgrad kleiner 3/5 die höchste statistische Genauigkeit erreichen.

Im klinischen Alltag ist es wichtig, die einzelnen Funktionen der Rotatorenmanschette zielgerichtet mit verschiedenen spezifischen Tests zu beurteilen, dabei ist es hilfreich, nach einem festen Schema vorzugehen. Mit etwas Erfahrung und unter Kenntnis der anatomischen und biomechanischen Verhältnisse ist der Untersucher so in der Lage, die Lokalisation des Rotatorenmanschettendefekts klinisch zu bestimmen. Die sorgfältige Analyse der Schulterfunktion sollte in jedem Fall zu einer klinischen Verdachtsdiagnose führen und ist Voraussetzung für jede bildgebende Diagnostik.


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Bildgebende Diagnostik

Die bildgebende Diagnostik bei Verdacht auf Ruptur der Rotatorenmanschette folgt einem standardisierten Vorgehen und beginnt mit konventionell radiologischen Aufnahmen in 3 Ebenen: True a.–p. Aufnahme mit hängendem, neutralrotiertem Arm bei Rotation des Thorax um 30–45° in Richtung der betroffenen Schulter, Outlet View (Y-Aufnahme) und transaxilläre Aufnahme. Rotatorenmanschettendefekte mittlere Größe zeigen eine hohe Korrelation von subchondraler Sklerose, Zystenbildung und osteophytären Anbauten im Bereich des Tuberculum majus. Da der Kraftvektor der Muskeln der Rotatorenmanschette nach kaudal gerichtet ist, führen Rupturen typischerweise zu einer Dezentrierung des Humeruskopfs nach kranial [7]. Hinweis hierfür ist eine Unterbrechung des Bogens zwischen dem Unterrand des Glenoids und des Humeruskopfs, die sog. Maloney-Linie. Die Kranialisierung des Humeruskopfs lässt sich anhand des akromiohumeralen Abstands quantifizieren ([Abb. 1]).

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Abb. 1 Schulter True a.–p. in konventioneller Technik bei einem Patienten mit Rotatorenmanschettenruptur. Es zeigt sich ein Humeruskopfhochstand mit vermindertem akromiohumeralen Abstand (AHA) und unterbrochener Maloney-Linie.

Eine Reduktion des akromiohumeralen Abstands auf < 7 mm ist ein Hinweis auf Verletzung mehrerer Sehnen der Rotatorenmanschette und wird von verschiedenen Autoren als negativer prognostischer Parameter gewertet.

Die konventionell radiologische Bildgebung erlaubt bei Verdacht auf Rotatorenmanschettenruptur eine differenzialdiagnostische Abklärung von AC-Gelenksarthrose, Tendinitis calcarea und Frakturen.

Die Ultraschalldiagnostik bietet die Möglichkeit einer direkten Darstellung der Sehnen und Muskeln der Rotatorenmanschette sowie der periartikulären Weichteile, insbesondere der Bursa subacromialis. Als dynamische Untersuchung ermöglicht die Ultraschalldiagnostik als derzeit einzige bildgebende Diagnostik die Untersuchung am bewegten Gelenk. Die großen Unterschiede der in der Literatur dokumentierten Werte für die Sensitivität machen jedoch deutlich, dass die Methode stark untersucherabhängig ist. In der klinischen Praxis verliert die Sonografie deswegen gegenüber dem MRT an Bedeutung, wenngleich sie dem erfahrenen Untersucher eine bildgebende Diagnostik mit hoher Sensitivität und ohne Strahlenbelastung ermöglicht.

Die Magnetresonanztomografie (MRT) ist heute in der Diagnostik unverzichtbar, muss jedoch immer mit einer Verdachtsdiagnose und eindeutigen Fragestellung verbunden sein, um die klinische Untersuchung sinnvoll zu ergänzen. Bradley et al. weisen darauf hin, dass eine unkritische MRT-Diagnostik die Diagnosesicherheit bei Schulterbeschwerden nicht erhöht, die Therapieentscheidung nicht signifikant beeinflusst und das klinische Outcome nicht verbessert. Das MRT ermöglicht mit seiner hohen Auflösung und Differenzierung verschiedener Weichteilgewebe und der Rekonstruktion verschiedener Raumebenen (transversal, axial, parasagittal) eine Aussage über Lokalisation und Größe der Ruptur, Sehnenretraktion, muskuläre Atrophie und Markraumveränderungen (sog. „Bone bruise“). Die intraartikuläre Injektion von Kontrastmittel (MR-Arthrografie) erhöht die Sensitivität der MRT-Diagnostik, insbesondere für artikulärseitige Partialdefekte der Rotatorenmanschette ([Abb. 3]).

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Abb. 2 Gezeigt ist die Rechtsseitenlagerung zur arthroskopischen Rekonstruktion der Rotatorenmanschette der linken Schulter. Der linke Arm wird dabei mit 6 kg Gewicht in leichter Abduktion gehalten und zusätzlich im Bereich des Oberarms unterstützend nach lateral gezogen. Angezeichnet sind anatomische Landmarken: Akromion, Korakoid, Klavikula und korakoakromiales Band. Zusätzlich sind das dorsale (1), das anterosuperiore (2) und das anteroinferiore (3) Portal markiert.
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Abb. 3 Fallbeispiel 1. 61-jähriger Patient mit intraoperativ kompletter Ruptur der Supraspinatussehne (Bateman II, Patte I). In der Schulter-true-a.–p.-Aufnahme ist die Maloney-Linie nicht unterbrochen (Vergleich [Abb. 1]), es zeigt sich kein wesentlicher Humeruskopfhochstand (a). Im kontrastmittel-(KM-)unterstützten MRT der Schulter zeigt sich eine ansatznahe Ruptur der Supraspinatussehne am Tuberculum majus mit Kontrastmittelaustritt von intraartikulär und nur leichter Retraktion der Sehne (b). Das Tangentzeichen als Hinweis auf Muskelatrophie ist negativ, das Verhältnis zwischen Muskelbauch und Fossa supraspinatus ist aber bereits reduziert (c). Intraoperativ lässt sich die Ruptur von intraartikulär einstellen (d), zusätzlich zeigt sich als Folge eines Impingements eine fransige Auffaserung des Schulterdachs (e). Von subakromial lässt sich die ansatznahe Ruptur am Tuberculum majus darstellen (f), die Rekonstruktion gelingt mit einer Naht in „Double Row Suture Bridge“-Technik (g).

Die MRT-Bildgebung der Schulter ermöglicht die Beurteilung von Degeneration und fettiger Atrophie der Muskeln der Rotatorenmanschette, hierfür müssen geeignete T1-gewichtete Sequenzen durchgeführt werden [8]. Über eine Linie, die zwischen Spina scapula und Korakoid auf Höhe des Glenoids gezogen wird, kann in der axialen Schnittebene die muskuläre fettige Atrophie zuverlässig abgeschätzt werden: Liegt der Muskelbauch des Supraspinatusmuskels unter dieser Linie, ist das „Tangent sign“ positiv,  muss von einer wesentlichen Atrophie des Muskels ausgegangen werden ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Fallbeispiel 2. 59-jährige Patientin mit intraoperativ kompletter Ruptur der Supraspinatus- und Infraspinatussehne (Bateman III, Patte III, V-Form). In der Schulter-true-a.–p.-Aufnahme ist die Maloney-Linie nicht unterbrochen (Vergleich [Abb. 1]), es zeigt sich kein wesentlicher Humeruskopfhochstand (a). Im KM-MRT der Schulter zeigt sich eine Ruptur der Supraspinatussehne mit Kontrastmittelaustritt und Retraktion des Sehnenstumpfs bis unter das Glenoid (b). Im Liegen tritt der Humeruskopf weit nach kranial unter das Schulterdach (b). Die Subscapularissehne ist intakt, die Bizepssehne ist jedoch etwas nach medial aus dem Sulcus luxiert und stellt sich ausgedünnt dar (c). In den sagittalen Schnitten zeigt sich bereits eine deutliche Atrophie des Supraspinatusmuskels, das Tangentzeichen ist jedoch noch negativ (c). Intraoperativ zeigt sich ein großer und ausgefranster Defekt der Rotatorenmanschette (f), von subakromial liegt der Blick auf das Glenoid frei (h). Die Rekonstruktion gelingt nach der „Margin Convergence“-Technik (e). Dabei wird der Defekt schrittweise von medial nach lateral verschlossen, es wird zunächst ein Faden medial vorgelegt und geknotet, danach wird ein weiterer Faden lateral vorgelegt und geknotet. So gelingt schließlich ein guter Verschluss des Defekts, zuletzt wird die Sehne mit einem weiteren Fadenanker am Footprint-Areal reinseriert (nicht gezeigt). Von subakromial zeigt sich nun ein kompletter Verschluss des Defekts (i).

Der Grad der fettigen Atrophie der Muskeln der Rotatorenmanschette hat Einfluss auf die Prognose nach operativer Rekonstruktion der Rotatorenmanschette.

Die Computertomografie (CT) findet aufgrund der weniger guten Differenzierung der Weichteile und der Strahlenbelastung nur noch bei Kontraindikation zur MRT-Diagnostik (z. B. Metallimplantate, Klaustrophobie) Anwendung.


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Klassifikation

Die Klassifikation der Rotatorenmanschettenruptur spiegelt zunächst den Versuch einer deskriptiven Zuordnung und Einteilung wider. Für die klinische Praxis ist aber entscheidend, dass sich aus dem Schweregrad auch eine Aussage über die Prognose der Verletzung treffen lässt. Über die Zuordnung von Größe und Form und in Kenntnis der Prognose bietet sich schließlich die Möglichkeit, nach Abschluss der Diagnostik eine evidenzbasierte Therapieentscheidung zu treffen.

Nach Bateman erfolgt die Einteilung der kompletten Rotatorenmanschettenruptur nach Größe des Defekts, v. a. Massenrupturen Typ IV nach Bateman zeigen signifikant schlechteres Outcome ([Tab. 1]).

Tab. 1 Komplette Rotatorenmanschettenruptur – Klassifikation nach Bateman.

Grad

typische Größe

Bezeichnung

I

< 1 cm

klein

II

1–3 cm

mittel

III

3–5 cm

groß

IV

> 5 cm

massiv

Vor allem für die Prognose nach operativer Rekonstruktion spielt der Grad der Retraktion der betroffenen Sehne eine entscheidende Rolle. Dieser Zusammenhang wurde von Patte beschrieben, der auch eine entsprechende Klassifikation vorschlug ([Tab. 2]). Lässt sich der retrahierte Sehnenanteil nicht ausreichend mobilisieren, ist eine spannungsfreie Refixation am Footprint-Areal und damit physiologische Muskelarbeit nicht möglich.

Tab. 2 Komplette Rotatorenmanschettenruptur – Klassifikation nach Patte.

Grad

Beschreibung

I

Rupturrand zwischen Tuberculum majus und Apex humeri

II

Rupturrand zwischen Apex humeri und Glenoid

III

Rupturrand medial Glenoid

Rupturen können nach Habermeyer entsprechend der Lokalisation einem ventralen, kranialen und dorsalen Sektor zugeteilt werden: dem ventralen Sektor A werden Subscapularis, Rotatorenintervall und lange Bizepssehne zugeordnet, dem kranialen Sektor B die Supraspinatussehne und dem dorsalen Sektor C schließlich die Sehnen von Infraspinatus und Teres minor [5]. Ellman et al. führte schließlich eine Klassifikation der kompletten Rotatorenmanschettenruptur ein, die Größe und Lokalisation gemeinsam berücksichtigt [6] ([Tab. 3]).

Tab. 3 Komplette Rotatorenmanschettenruptur – Klassifikation nach Ellman.

Grad

typische Größe

Bezeichnung

I

< 2 cm

klein

II

2–4 cm

groß

III

> 4 cm

massiv

IV

Cuff-Arthropathie

Lokalisation

A

Supraspinatus

B

Infraspinatus

C

Teres Minor

D

Subscapularis

Die Einführung der arthroskopischen Technik am Schultergelenk mit Exploration von artikulär und subakromial erlaubte die Unterscheidung des Defekts in komplette, die gesamte Sehne betreffende Rupturen und Partialrupturen. Nach Ellman erfolgt eine arthroskopische Einteilung der Partialrupturen nach Lokalisation in artikulärseitig, bursaseitig oder intratendinös und nach Größe des Defekts ([Tab. 4]). Snyder et al. erweiterten die Klassifikation entsprechend ihrer klinischen Erfahrung um den makroskopischen Aspekt an der Defektstelle der Partialruptur. Sie beschrieben ein Spektrum der Sehnenverletzung von Grad I mit Bursitis bzw. Synovitis und leichten, lokalisierten Ausfransungen der Kapsel bis hin zu Grad IV mit Fransen- und Rissbildung in Sehnenfasern, sowie Lappenriss unter Retraktion der betroffenen Sehnenanteile.

Tab. 4 Partielle Rotatorenmanschettenruptur – Klassifikation nach Ellman.

Grad

Größe

I

< 3 mm tief

II

3–6 mm tief

III

> 6 mm tief

Lokalisation

A

artikulärseitig

B

bursaseitig

C

interstitiell

Die bisher vorgestellten Klassifikationen konzentrieren sich auf die rupturierte Sehne. Die Rekonstruktion der rupturierten Sehne erfordert jedoch, soll sie in ihrer Funktion über eine reine Tenodese hinausgehen, eine Betrachtung der Funktionsfähigkeit der dazugehörenden Muskeln. Die Einführung der Schnittbildgebung (CT und MRT) ermöglichte bereits präoperativ neben der Beurteilung des Defekts der Rotatorenmanschette auch die Beurteilung von ggf. vorhandenen pathologischen Veränderungen der umgebenden anatomischen Strukturen und stellte damit neue Herausforderungen an die bestehenden Klassifikationssysteme. Dabei konnte gezeigt werden, dass ein chronischer Defekt der Sehne zu einem Mangel an Kontraktion im betroffenen Muskel und schließlich zu fettiger Degeneration und Atrophie führt ([Abb. 3] und [4]).

Thomazeau klassifizierte nach MRT-morphologischen Kriterien den Schweregrad der Atrophie im Supraspinatusmuskel nach Ruptur der Sehne ([Tab. 5]). Goutallier et al. entwickelten anhand von computertomografischen Kriterien eine Einteilung nach Anteil der fettigen Degeneration der Muskeln der Rotatorenmanschette nach Sehnenruptur. Der Schweregrad der fettigen Infiltration korreliert mit dem Patientenalter und schreitet je nach betroffenem Muskel unterschiedlich schnell voran, wobei die fettige Degeneration v. a. im Subscapularis schnell progredient ist. Ein bereits fortgeschritten fettig degenerierter Muskel verschlechtert das funktionelle Outcome.

Tab. 5 Muskelatrophie im MRT – Klassifikation nach Thomazeau.

Grad

Verhältnis Muskel/Fossa supraspinata

Bezeichnung

I

1,00–0,60

normale oder nur geringe Atrophie

II

0,60–0,40

mäßige Atrophie

III

< 0,40

schwere Atrophie

Fettige Degeneration und Atrophie der Muskeln der Rotatorenmanschette nach Rotatorenmanschettenruptur haben Einfluss auf Therapiewahl und Therapieerfolg und müssen bereits präoperativ mit entsprechenden diagnostischen Maßnahmen evaluiert werden.


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Therapie

Konservative oder operative Therapie?

Betrachtet man die Literatur, so gibt es auch heute noch häufig Unklarheiten darüber, wann eine Rotatorenmanschettenruptur konservativ oder operativ therapiert werden sollte. Eine allgemeingültige Antwort wird es hierfür auch sicherlich nie geben, denn das passende Therapieregime sollte individuell erstellt werden, wobei nicht nur die Art und Ausprägung der Verletzung, sondern auch die Ziele und körperlichen Ansprüche des Patienten berücksichtigt werden sollten. Bei Partialrupturen oder eher kleinen und wenig symptomatischen Komplettrupturen kann sicherlich zunächst die Indikation zur konservativen Therapie gestellt werden. Ebenso ist man sich weitestgehend darüber einig, dass eine operative Rekonstruktion bei sehr großen, degenerativen Defekten, die bereits mit irreversiblen strukturellen Veränderungen einhergehen, aufgrund der schlechten Erfolgsaussichten nicht durchgeführt werden sollte. Auch hier wäre eine konservative Therapie zunächst Mittel der Wahl.

Als klare Kontraindikationen für ein konservatives Vorgehen sieht Habermeyer ein akutes Trauma ohne bekannten Vorschaden der Rotatorenmanschette, eine primäre Beteiligung der Subscapularis- oder Infraspinatussehne sowie einen hohen körperlichen Anspruch bei aktiven Patienten [5].

Ein Faktor, der bez. der Therapieentscheidung immer wieder kontrovers diskutiert wird, ist das Patientenalter. In einer Studie von Cofield konnte gezeigt werden, dass eine direkte Korrelation zwischen Patientenalter und Defektgröße der Rotatorenmanschette besteht, und dadurch ein schlechteres postoperatives Ergebnis bei älteren Patienten bedingt ist. Andererseits gibt es Arbeiten, deren Ergebnisse Mut machen, die Indikation zur Operation auch auf ältere Patienten auszuweiten. So konnten Böhm et al. in einer Studie aus dem Jahr 2006 auch bei Patienten über 60 Jahre ein gutes und mit jüngeren Patienten vergleichbares Outcome nach Rotatorenmanschettenrekonstruktion feststellen [9]. Auch die klinischen Ergebnisse von Djahangiri et al. nach Rekonstruktion der Supraspinatussehne bestätigen die Ansicht, dass ältere Patienten ebenso von einer operativen Therapie profitieren und nicht länger bevorzugt konservativ behandelt werden sollten.

Vielfach konnte gezeigt werden, dass eine Verletzung der Rotatorenmanschette einen progredienten Verlauf hinsichtlich Defektgröße und Beschwerdesymptomatik nimmt, weshalb bei kompletten Rupturen ein zunächst konservatives Vorgehen kritisch bedacht werden muss. Bei 50 % der konservativ behandelten Patienten lässt sich innerhalb von 18 Monaten eine Größenprogredienz der Läsion feststellen, und laut Yamaguchi et al. entwickeln 50 % der Patienten mit zunächst asymptomatischen Rotatorenmanschettenrupturen innerhalb von 3 Jahren schmerzhafte Beschwerden.

Nach 18 Monaten kann in knapp 50 % der konservativ behandelten Patienten eine Größenprogredienz des Defekts der Rotatorenmanschette nachgewiesen werden.

In pathophysiologischen Untersuchungen konnten zwar die Einsprossung von neuen Blutgefäßen und eine erhöhte Fibroblastenaktivität in Rotatorenmanschettenrupturen nachgewiesen werden, eine spontane Heilung mit Verschluss des Defekts konnte bisher jedoch noch nie festgestellt werden. Stattdessen zeigen komplette Rupturen der Rotatorenmanschette eine progrediente Degeneration mit rascher Retraktion der Sehne und Verfettung der Muskulatur. Untersuchungen am Tiermodell haben zudem gezeigt, dass diese Veränderungen bei einer verzögerten Sehnenrekonstruktion irreversibel sind. Daraus folgernd lässt sich sagen, dass bei akuten, kompletten und symptomatischen Rotatorenmanschettenrupturen eine operative Rekonstruktion indiziert ist, die frühzeitig innerhalb von 3 Monate erfolgen sollte. Von einem konservativen Therapieversuch wird in diesen Fällen abgeraten, es sei denn, der Patient lehnt eine Operation grundsätzlich ab [10].


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Operative Therapie

Erstmalig beschrieben wurde die operative Rekonstruktion der Rotatorenmanschette durch Codman im Jahr 1911, nachdem er 2 Patienten mit einer offenen Naht der Supraspinatussehne versorgte und über ein zufriedenstellendes Ergebnis 3 Monate postoperativ berichtete. Einen weiteren großen Meilenstein legte Neer mit seiner Arbeit aus dem Jahr 1972, welche über lange Zeit als Standard bei der Therapie von extrinsischen Rotatorenmanschettenrupturen galt. Über einen anterosuperioren Zugang mit Deltoideussplit bis 5 cm distal des Akromioklavikulargelenks beschrieb er die subakromiale Dekompression, die anschließende Mobilisation der Sehnen und Muskeln sowie schließlich die transossäre Naht der Rotatorenmanschette. Auch Maßgaben für die postoperative Nachbehandlung wurden durch Neer festgelegt. In den folgenden Jahren kam es v. a. durch die zunehmende Verbreitung der Schulterarthroskopie zu einer stetigen Weiterentwicklung der etablierten Techniken. So beschrieb Levy die Rekonstruktion der Rotatorenmanschette in „Mini-open“-Technik, indem er einer arthroskopischen subakromialen Dekompression (ASD) eine minimalinvasive Rekonstruktion der Rotatorenmanschette über einen Deltoideussplit folgen ließ. Im Zuge der zunehmenden operativen Erfahrung und verbesserter Techniken im Bereich der Schulterarthroskopie kam es schließlich zur Entwicklung erster rein arthroskopischer Verfahren mit sehr guten postoperativen Ergebnissen.

Mit der konsekutiv zunehmenden operativen Erfahrung und der enormen Erweiterung der technischen Möglichkeiten im Bereich der arthroskopischen Technik am Schultergelenk gilt die arthroskopische Therapie heute als Standard der operativen Therapie der Rotatorenmanschettenruptur [11].


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Indikation zur operativen Therapie

Bezüglich der Indikationsstellung zur operativen Therapie spielt das Patientenalter weiterhin eine wichtige Rolle. Wie bereits beschrieben ist das postoperative Outcome nach Rotatorenmanschettenrekonstruktion mit zunehmendem Alter weniger gut. Dennoch konnte die Indikation zur Operation aufgrund der guten Ergebnisse neuerer Studien zuletzt auch auf ältere Patienten ausgeweitet werden [9]. Älteren Patienten kann aufgrund dieser Ergebnisse eine operative Therapie nicht grundsätzlich vorenthalten werden. Wolf et al. empfehlen, bei Patienten > 50 Jahre bei klinischem Verdacht auf Rotatorenmanschettenruptur zunächst 6–12 Wochen konservative Therapie auszuschöpfen.

Anders gestaltet sich das Vorgehen bei jüngeren Patienten mit nachgewiesener kompletter Rotatorenmanschettenruptur. Aufgrund der Gefahr der raschen Ausbildung irreversibler, degenerativer Veränderungen ist die Empfehlung hier ganz klar eine frühzeitige operative Rekonstruktion, auch wenn hierfür bislang keine evidenzbasierten Studienergebnisse vorliegen.

Ob die Symptomdauer einen prognostischen Faktor darstellt, konnte bisher nicht abschließend geklärt werden. Einerseits beschreibt Ellman schlechtere postoperative Ergebnisse bei längerer Schmerzsymptomatik, andererseits konnte Romeo keine Korrelation zwischen der Symptomdauer und dem postoperativen Outcome feststellen. Eine klare Indikation zur frühzeitigen operativen Rekonstruktion der Rotatorenmanschette besteht bei jungen und mittelalten Patienten mit traumatischen Rupturen [10]. Ebenso besteht weitestgehend Einigkeit über die absoluten Kontraindikationen für eine operative Rekonstruktion der Rotatorenmanschette: fortgeschrittene Omarthrose, Defektarthropathie, florider Infekt der Schulter und Parese des N. suprascapularis oder des Armplexus. Eine mangelnde Patientencompliance ist mit Blick auf die postoperative Nachbehandlung als relative Kontraindikation zu sehen. Weitere wichtige Entscheidungsfaktoren bez. einer operativen oder konservativen Therapie sind v. a. die Ausprägung der Sehnenretraktion und die Ausprägung einer ggf. bereits bestehenden fettigen Muskelatrophie. Als kritische Grenzen zur OP-Indikation sehen wir hier eine Sehnenretraktion ≥ Grad 3 nach Patte sowie eine fettige Muskelatrophie ≥ Stadium 3 nach Goutallier, da sonst mit schlechten postoperativen Ergebnissen zu rechnen ist und v. a. bei höhergradiger Muskeldegeneration das Risiko einer Reruptur signifikant erhöht ist [8]. Zudem gilt ein verringerter akromiohumeraler Abstand als negatives prognostisches Kriterium für das postoperative Ergebnis. Walch et al. konnten feststellen, dass ein präoperativer akromiohumeraler Abstand < 7 mm mit schlechteren postoperativen Ergebnissen im Constant-Score und einer geringeren Wiederherstellung der Kraft korreliert [7].

Die Indikation zur operativen Therapie sollte bei drittgradiger Sehnenretraktion nach Patte, fettiger Atrophie des Muskels Stadium III oder IV nach Goutallier sowie Reduktion des akromiohumeralen Abstands auf < 7 mm sehr zurückhaltend gestellt werden, da die postoperativen Ergebnisse teilweise unbefriedigend sind und im Falle von fettiger Degeneration das Risiko einer Reruptur signifikant erhöht ist.

Offen chirurgische, Mini-open und arthroskopische OP-Techniken

Die arthroskopische Technik zur Rotatorenmanschettenrekonstruktion hat sich in den letzten Jahren immer weiter entwickelt, sodass heute fast alle Verletzungen von der Partialruptur bis zur Massenruptur arthroskopisch versorgt werden können [11].

Neben der besseren Weichteilschonung durch die kleineren Hautinzisionen weist die arthroskopische Rekonstruktion im Vergleich zur offenen Technik noch verschiedene weitere Vorteile auf. So bestehen eine bessere Übersicht im subakromialen Raum und eine bessere Möglichkeit zur funktionellen und dynamischen Beurteilung der Rotatorenmanschettenverletzung. Die Sehnenqualität, die Sehnenretraktion, die Rupturform und die Mobilisierbarkeit der Sehnenenden können arthroskopisch sehr gut evaluiert werden, und v. a. rein intraartikuläre Läsionen können arthroskopisch besser beurteilt werden.

Eine sorgfältige diagnostische Arthroskopie gilt als diagnostischer Goldstandard bei Rotatorenmanschettenverletzungen und hat jeder Therapie, ob offen chirurgisch oder arthroskopisch, vorauszugehen ([Abb. 3] und [4]).

Im Zuge der fortschreitenden Verbreitung und Akzeptanz der Schulterarthroskopie erfolgten schließlich erste Studien, die gute postoperative Ergebnisse nach rein arthroskopischer Rotatorenmanschettenrekonstruktion nachweisen konnten [12]. Es liegen heute zahlreiche wissenschaftliche Arbeiten vor, die das postoperative Ergebnis der verschiedenen Operationstechniken (offen, mini-open oder arthroskopisch) anhand von klinischen Scores, körperlicher Untersuchung und bildgebender Verfahren untersucht haben. Wenngleich es keine prospektive Studie gibt, die alle 3 Techniken auf einmal miteinander verglichen hat, so konnte im direkten Vergleich von jeweils 2 der unterschiedlichen OP-Techniken kein signifikanter Unterschied im klinischen Outcome festgestellt werden. Als gewisser Vorteil der arthroskopischen Technik im kurzfristigen Follow-up konnte zwar eine bessere postoperative Schmerzreduktion und schnellere postoperative Mobilisierung nachgewiesen werden, im langfristigen Follow-up war dieser Unterschied jedoch nicht mehr signifikant. Mit der Rerupturrate nach erfolgter Rotatorenmanschettenrekonstruktion beschäftigten sich Vermae et al., wobei 2 Jahre postoperativ kein signifikanter Unterschied zwischen arthroskopischer und Mini-open-Technik festgestellt werden konnte.

Trotz der zunehmenden Erfahrung und technischen Weiterentwicklung im Bereich der Schulterarthroskopie wird die rein arthroskopische Behandlung von Komplettrupturen der Subscapularissehne weiterhin kontrovers diskutiert. Zwar gibt es einzelne Arbeiten, die gute, und mit der offenen Technik vergleichbare postoperative Ergebnisse aufweisen, jedoch ist zu bedenken, dass diese Studien von absoluten Spezialisten der arthroskopischen Rotatorenmanschettenrekonstruktion durchgeführt wurden.

Die rein arthroskopische Rekonstruktion der Subscapularissehne stellt hohe Ansprüche an die Erfahrung und technischen Fertigkeiten des Operateurs, weshalb in diesen Fällen die offen chirurgische Technik indiziert sein kann.

Zusammenfassend lässt sich feststellen, dass der Trend bei der operativen Behandlung von Rotatorenmanschettenrupturen in den letzten Jahren weg von der offen chirurgischen Technik hin zum rein arthroskopischen Vorgehen geht. Dies ist v. a. durch die bessere Akzeptanz durch die Patienten bedingt. Evidenzbasierte Unterschiede im postoperativen Outcome zwischen den verschiedenen OP-Verfahren konnten bisher nicht nachgewiesen werden. So konnte auch ein Expertenkomitee der AAOS in einer 2011 veröffentlichten Leitlinie aufgrund der vorliegenden Studienlage keine Empfehlung für eine überlegene operative Therapietechnik abgeben [13].


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Lagerung zur arthroskopischen Rekonstruktion

Die arthroskopische Refixation von Rupturen der Rotatorenmanschette kann grundsätzlich in der sog. Beach-Chair-Position oder in Seitenlage erfolgen. Weitverbreitet ist die Beach-Chair-Position. Im Vergleich zur Seitenlagerung hat man oft bessere Möglichkeiten, durch Rotation oder Abduktion des Armes die Spannung des Verschlusses zu reduzieren. Darüber hinaus empfiehlt sich die Beach-Chair-Lagerung, wenn u. U. eine intraoperative Konversion auf ein offenes Verfahren notwendig werden sollte. Nachteilig können jedoch nach oben aufsteigende Gasblasen sein, die das Gesichtsfeld verlegen, sofern eine Hochfrequenzablation ohne Absaugung verwendet wird.

Wir bevorzugen die Seitenlagerung ([Abb. 2]). Dabei wird der Patient stabil auf einer Vakuummatratze gelagert. Um eine Druckschädigung des N. axillaris zu vermeiden, wird die kontralaterale Schulter druckstellenfrei gelagert. Diesbez. wird die Vakuummatratze an dieser Stelle ausgespart und der Thorax mit einer Rolle angehoben. Durch die Aufhängung des zu operierenden Armes an einem Doppelarmhalter mit ca. 5–6 kg Extensionsgewicht gelingt eine dosierte Extension des Armes und somit ein komfortabler Zugang zum Schultergelenk. Bei der Lagerung des Patienten sowie Positionierung des Doppelarmhalters ist darauf zu achten, dass der Körper weder nach vorn oder hinten verkippt ist, um die Orientierung während der Arthroskopie nicht zu erschweren und den subakromialen Raum nicht unnötig einzuengen.

Die Lagerung des Patienten zu arthroskopischen Eingriffen an der Schulter ist besonders wichtig. Sie muss sorgfältig erfolgen, um intraoperative Komplikationen und Probleme zu vermeiden.


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Die Bedeutung der Akromioplastik in der operativen Therapie der Rotatorenmanschettenruptur

Die Impingement-Beschwerden stehen weiterhin im Vordergrund der klinischen Symptome von Rupturen der Rotatorenmanschette. Diesbez. wurde bereits von Neer die anteriore Akromioplastik beschrieben. Dabei wird ein knöcherner Keil vom anterioren Unterrand des Akromions abgemeißelt und das Lig. coracoacromiale durchtrennt. Im Rahmen der arthroskopischen Operationstechniken wurde die Akromionplastik entsprechend angepasst. Mithilfe einer Walzenfräse wird in der Technik nach Ellman der anteriore Akromionsporn von lateral nach medial und von anterior nach posterior abgetragen. Dieses Vorgehen ist auch heute noch ein weitverbreiteter Bestandteil der arthroskopischen Rotatorenmanschettenrekonstruktion. Während früher das Lig. coracoacromiale regelhaft durchtrennt wurde, wird gegenwärtig versucht, dieses möglichst zu erhalten und nur von der Unterfläche des Akromions abzuschieben. Hintergrund für dieses Vorgehen ist die Befürchtung, andernfalls den Ursprung des M. deltoideus zu schwächen, den korakoakromialen Bogen zu destabilisieren und Verklebungen zwischen der rauen, angefrischten Unterfläche des Akromions und der Rotatorenmanschette zu provozieren. Mittlerweile erscheint es erwiesen, dass die Langzeitergebnisse der arthroskopischen subakromialen Dekompression bei Patienten mit subakromialem Impingement den Ergebnissen nach offener subakromialer Dekompression überlegen sind. Budoff et al. demonstrieren ihre guten Ergebnisse nach Versorgung per Débridement von Partialrupturen der Rotatorenmanschette ohne Akromionplastik. Es wurden lediglich „knöcherne Auswüchse“ sparsam reseziert. Budoff erklärt dieses damit, dass bis zu 90 % der Rotatorenmanschettenrupturen als Folge eines Non-Outlets resultieren. Er unterstreicht insbesondere die Bedeutung von Überlastung und Übernutzung. Hyvönen relativiert darüber hinaus die Bedeutung der subakromialen Dekompression. Er zeigte, dass die alleinige arthroskopische Dekompression das natürliche Fortschreiten einer Partialruptur zu einer Komplettruptur der Rotatorenmanschette nicht aufhalten kann. Belegt werden diese Ergebnisse durch eine Metaanalyse, die keine signifikanten Unterschiede im Outcome nach arthroskopischer Rekonstruktion der Rotatorenmanschette mit oder ohne arthroskopische subakromiale Dekompression aufzeigt.

Im Rahmen einer arthroskopischen Refixation der Rotatorenmanschette empfehlen wir eine nur sparsame subakromiale Dekompression mit Bursektomie der Bursa subacromialis. Eine routinemäßige ASD ist nicht indiziert. Sie sollte bevorzugt bei einer Form des Akromions Typ III nach Bigliani und nachgewiesener Supraspinatusruptur und bei enthesiopathischen Traktionsosteophyten erfolgen.


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Die Refixation der Rotatorenmanschette – Double-Row versus Single-Row Fixation

Bis heute wurde eine Fülle von Nahttechniken entwickelt, um die Rotatorenmanschette zu refixieren. Im Wesentlichen lassen sich einreihige von zweireihigen Techniken unterscheiden. Erstere werden auch heute noch zahlreich in Form von einfachen Nähten, Matratzen-Nähten und Modifikationen der Mason-Allen-Naht angewendet. Um den Anpressdruck der Rotatorenmanschette auf dem Footprint-Areal zu erhöhen, haben sich daneben verschiedene zweireihige Nahttechniken etabliert ([Abb. 3]). Insbesondere die zweireihigen Nahtbrücken-Techniken zeigen eine deutliche Verbesserung der biomechanischen Fixierungseigenschaften. Sie unterscheiden sich durch eine biomechanisch verbesserte Auflage der Rotatorenmanschette und weisen deutlich bessere Eigenschaften hinsichtlich der Auszugskräfte, Spaltbildungen und Scherkräfte auf. Typischerweise wird dabei die mediale Ankerreihe nahe der Knochenknorpelgrenze eingebracht. Die laterale Ankerreihe findet sich im Bereich der lateralen Wange des Tuberculum majus. Jüngste Entwicklungen basieren auf einer komplett knotenlosen Technik. Diese verhindern nicht nur ein sekundäres Lösen der Knoten, sondern sind auch noch schneller durchführbar.

Sowohl kernspintomografisch als auch computertomografisch ließen sich von Charousset et al. und Sugaya et al. überlegene strukturelle Heilungsraten nach doppelreihiger Refixationen der Rotatorenmanschette beobachten. Jedoch gelingt es bis heute nicht, diese biomechanischen und biologischen Vorteile der doppelreihigen Versorgung im Rahmen von klinischen Studien auf Level-I-Evidenzebene widerzuspiegeln. Chen et al. veröffentlichten diesbez. 2013 eine Metaanalyse der gegenwärtigen Evidenz. In einer 1. Analyse wurden 6 prospektiv randomisierte Studien eingeschlossen. Diese zeigten zusammenfassend keine signifikanten Unterschiede hinsichtlich der Endpunkte Constant-, UCLA- und ASES-Score. In einer weiteren, 2. Analyse wurden zusätzlich 4 prospektive und 2 retrospektive Kohortenstudien berücksichtigt. Dieses erlaubt eine zusätzliche Subgruppenanalyse. In der Subgruppe von Rupturen < 3 cm ließen sich ebenfalls keine signifikanten klinischen Unterschiede anhand von funktionellen Scores und strukturellen Einheilungsergebnissen nachweisen. Anders scheint es mit größeren Rupturen zu sein. In der Subgruppe von Rupturen > 3 cm wurden signifikante Vorteile der doppelreihigen Fixierung anhand des ASES- und UCLA-Score beobachtet. Auch erscheint derartig die strukturelle Einheilung der Rotatorenmanschette verbessert.

Auffällig ist in jedem Fall der veränderte Versagensmodus nach doppelreihiger Versorgung von Rotatorenmanschettenrupturen. Während nach einreihiger Naht die Rotatorenmanschette lateral ausreißt und sich oft noch reichlich Gewebe zur späteren Refixation findet, zeigt die Reruptur nach doppelreihiger Versorgung ein gänzlich anderes Bild. Hier rupturiert die Manschette medial der medialen Nahtreihe. Zwischen den Ankerreihen verbleibt regelhaft Gewebe der Rotatorenmanschette, das weiterhin das Footprint-Areal überdeckt. Dieses kann bei der Revisionsoperation nicht weiter erhalten werden, sodass eine Defektsituation eintritt, die entsprechend ungünstiger versorgt werden kann und eine deutlich schlechtere Prognose hat.

Die aus der offenen Chirurgie gewohnten transossären Refixationstechniken lassen sich zwar ebenfalls arthroskopisch anwenden. Sie haben sich jedoch bisher nicht durchsetzen können. Im Gegensatz dazu sind Nahtanker weitverbreitet ([Abb. 3]). Sie stehen in verschiedenen Werkstoffen zur Verfügung. Neben bioresorbierbaren Ankern sind Titan-, PEEK- und Bio-Composite-Anker gebräuchlich. Letztere erlauben einer verbesserte Integration des Ankers im Knochen, sowie ein Einwandern von Stammzellen zur frisch refixierten Rotatorenmanschette. Unklar ist bis heute, welcher Werkstoff die meisten Vorteile bietet. Titananker sind zwar inert, produzieren jedoch im Rahmen von MRT-Kontrolluntersuchungen erhebliche Artefakte, die eine weitere Beurteilung der Rotatorenmanschette nicht mehr zulassen. Bioresorbierbare Ankersysteme sind wiederholt durch mitunter nicht unerhebliche Lysesäume aufgefallen und dadurch in die Diskussion geraten. Somit liegt die Hoffnung in den jüngsten Entwicklungen von PEEK- und Bio-Composite-Ankern.

Wichtig ist in jedem Fall, die Ankersysteme korrekt einzubringen, um somit das Risiko eines Ankerausrisses zu vermindern. Dabei soll der in einem spitzen Winkel relativ zur Zugrichtung der Rotatorenmanschette implantiert werden.


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Postoperative Ergebnisse und Prognose nach operativer Rekonstruktion

Eine Analyse der gegenwärtigen Literatur führt zu dem Schluss, dass die Ergebnisse nach Rekonstruktion von Rotatorenmanschettenverletzungen unterschiedlicher Größe insgesamt ermutigend sind. Sie unterstützen ein operatives Vorgehen. Heutzutage wird überwiegend ein arthroskopisches Vorgehen gewählt. Soweit nicht anders vermerkt, werden in allen unten angegebenen Studien arthroskopische Verfahren verwendet. Dabei unterscheiden sich die Ergebnisse nach offener und arthroskopischer Refixation von Rotatorenmanschettenrupturen klinisch nicht signifikant.

Die Behandlung von Partialrupturen der Rotatorenmanschette hat eine gute Prognose ([Tab. 6]). Nach arthroskopischer Therapie kann ein postoperativer ASES-Score von mindestens 80 erwartet und ein UCLA-Score von über 31 erwartet werden. Deutsch et al. demonstrieren 3 Jahre nach arthroskopischer Therapie eine signifikante Schmerzreduktion, sowie ein zufriedenstellendes Ergebnis (mindestens „gut“) bei 98 % aller Patienten. Der ASES-Score betrug in diesem Nachuntersuchungszeitraum 93.

Tab. 6 Postoperative Ergebnisse nach Rekonstruktion partieller Rotatorenmanschettenrupturen.

Studie

n

Nachuntersuchungszeitraum (Monate)

postoperative Ergebnisse (präoperativ/postoperativ)

Deutsch A
2007

41

38

ASES 93
98 % zufriedenstellendes Ergebnis
VAS 6,5/0,8

Kim KC
2013

32

17

ASES 79
UCLA 35,7
VAS 6,1/1,9

Kamath G
2009

37

39

ASES 83
VAS 6,5/2,7
93 % Patientenzufriedenheit

Porat S
2008

36

42

UCLA 31,5
83 % zufriedenstellendes Ergebnis

Tauber M 2008

16

Minimum 18

UCLA 32,8
VAS 7,9/1,2
94 % Patientenzufriedenheit

Weber SC 1999

33

38

UCLA 31,6

Auch bei kleinen bis mittelgroßen Komplettrupturen der Rotatorenmanschette ist das postoperative Ergebnis prognostisch sehr gut ([Tab. 7], [Abb. 3]). Die Ergebnisse sind vergleichbar mit denen bei Partialrupturen. Aktuelle Studien belegen einen postoperativen ASES-Score zwischen 88 und 95. Die Schmerzreduktion ist signifikant und die Patientenzufriedenheit sehr hoch. Bei kompletten kleinen bis mittelgroßen Defekten der Rotatorenmanschette konnte in aktuellen Studien ein postoperativer ASES-Schulter-Score zwischen 88 und 95 bei signifikanter Schmerzlinderung und hoher Patientenzufriedenheit beschrieben werden. Pearsall et al. veröffentlichen Ergebnisse 51 Monate nach operativer Versorgung und beobachten einen UCLA-Score von 31. Die Schmerzen waren bei einer Reduktion um 4,4 Punkte auf der visuellen Analogskala mit 3,4 Punkten noch vergleichsweise hoch.

Tab. 7 Postoperative Ergebnisse nach Rekonstruktion kompletter, kleiner bis mittelgroßer Rotatorenmanschettenrupturen.

Studie

n

Nachuntersuchungszeitraum (Monate)

postoperative Ergebnisse (präoperativ/postoperativ)

Verma NN 2006

71

39

ASES 95
VAS < 1,0
99 % Patientenzufriedenheit

Neyton L 2013

107

16

Constant 54,5/80

Ames JB 2012

115

36

ASES 59/93

Pearsall AW 2007

52

51

UCLA 14/31
VAS 7,8/3,4

Lee E 2007

36

16,5

ASES 46/89

Millett PJ 2011

217

75,6

ASES 88
Patientenzufriedenheit im Mittel 8 auf einer Skala von 0–10

Nach arthroskopischer Rekonstruktion von partiellen bis mittelgroßen Rupturen kann eine sehr hohe Patientenzufriedenheit beobachtet werden. Die Schmerzreduktion ist signifikant, eine Verbesserung von Kraft und Funktion der Schulter ist oft festzustellen.

Die operative Versorgung von Massenrupturen schneidet erwartungsgemäß weniger gut ab ([Tab. 8]). Zufriedenstellende Ergebnisse lassen sich nur bei ca. 75 % aller Patienten beobachten. Es kann ein UCLA-Score mit Werten zwischen 29 und etwas über 30 Punkten erwartet werden. Gleichwohl scheinen die Patienten von einem operativen Vorgehen zu profitieren. Die postoperative Schmerzreduktion erscheint signifikant. Es werden VAS-Werte zwischen 0,9 und 1,3 dokumentiert. Entsprechende Langzeitergebnisse werden von Denard et al. publiziert. Sie berichten 10 Jahre nach operativer Versorgung von Massenrupturen über gute Langzeitergebnisse mit einem ASES-Score von 87 Punkten. 78 % aller Patienten waren nach 10 Jahren mit ihrem Ergebnis zufrieden.

Tab. 8 Postoperative Ergebnisse nach Rekonstruktion von Rotatorenmanschettenmassenrupturen.

Studie

n

Nachuntersuchungs-Zeitraum (Monate)

postoperative Ergebnisse (präoperativ/postoperativ)

Iagulli ND 2012

86

24

UCLA: partielle Rekonstruktion 29,5
komplette Rekonstruktion 29,6
zufriedenstellendes Ergebnis: partielle Rekonstruktion 76 %, komplette Rekonstruktion 71 %

Denard PJ 2012

126

99

ASES 86,6
UCLA 30,5
VAS Schmerz 6,3/1,3
78 % zufriedenstellendes Ergebnis

Chung SW 2013

108

32

ASES 83
VAS 5,0/1,3
65 % zufriedenstellendes Ergebnis

Park JY 2013

36

37,6

ASES 88,1
VAS 6,4/0,9


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Nachbehandlung nach operativer Rekonstruktion

Um ein positives funktionelles Ergebnis nach operativer Rekonstruktion der Rotatorenmanschette zu erreichen, ist eine konsequente postoperative Nachbehandlung entscheidend.

Hauptziele der Nachbehandlung nach arthroskopischer Rekonstruktion sind ein Vermeiden von postoperativer Schultersteifheit und Verbesserung der Funktion und Kraft.

Eine erfolgreiche krankengymnastische Beübung erfordert die individuelle Anpassung an den intraoperativen Befund und die im Einzelnen vorgenommene operative Rekonstruktion. Ziel ist zunächst eine Ruhigstellung in einer Position, die eine Zugbelastung der betroffenen Sehne vermeidet und so eine Anheilung der Sehne ermöglicht. Dies wird häufig durch eine Ruhigstellung im Schulterabduktionskissen erreicht. Wichtig ist, dass von Beginn an eine passiv assistierte Beübung der Schulter durch den Therapeuten und im Motorbewegungsstuhl erfolgt. Unter diesen Umständen führt eine Ruhigstellung für bis zu 6 Wochen nicht zu einem signifikant eingeschränkten Bewegungsumfang nach 12 Monaten.

Über den Zeitpunkt des Beginns mit aktiver physiotherapeutische Beübung liegen nur ungenügende Daten in der aktuellen Literatur vor. Eine frühe aktive Mobilisation gefährdet die Heilung der Sehne und kann zum Ausreißen der rekonstruierten Sehne führen, weshalb die meisten Autoren zunächst eine Restriktion der aktiven Bewegung bevorzugen. Klintberg und Kollegen konnten zeigen, dass eine frühe aktive und passive Beübung ab dem 1. postoperativen Tag keine negative Auswirkung auf das funktionelle Ergebnis hat, bei einer kleinen Studienpopulation von 9 Patienten konnten jedoch auch keine signifikanten Verbesserungen des Ergebnisses analysiert werden. Letztlich entscheidet der Operateur anhand des intraoperativen Befunds über die Dauer der Restriktion für aktive Beübung nach intraoperativen Befund (Rupturgröße, Sehnenqualität, Spannung der Sehne nach Rekonstruktion).

In einer Umfrage an deutschen orthopädischen und unfallchirurgischen Kliniken wurde nach dem Zeitpunkt des Beginns mit aktiver und passiver Beübung gefragt. 66,5 % empfehlen eine passiv assistierte Beübung ab dem 1. postoperativen Tag und nach 5 Tagen wurde an 80 % der Kliniken mit einer passiven Mobilisation begonnen (18,3 % keine Angaben). Mit aktiver Beübung wird in 10 % der befragten Kliniken in der 1.–3. Woche begonnen, in 18,7 % in der 4. Woche und bis zur 6. Woche haben 64,1 % mit der aktiven Beübung begonnen (21,4 % keine Angaben).

Wir bevorzugen eine Ruhigstellung für 6 Wochen im 15° Schulterabduktionkissen, da so die Vorspannung der Rotatorenmanschette postoperativ reduziert werden kann. Mit passiver Abduktion und Flexion beginnen wir am 1. postoperativen Tag, die aktive Flexion/Extension und Rotation wird ab der 4. Woche beübt, nach 6 Wochen wird die Bewegung auch in Abduktion und Adduktion freigegeben.

Eine frühe additive Behandlung im Motorbewegungsstuhl (Continuous passive motion – CPM) führt zu einer signifikant früheren Wiederherstellung der Beweglichkeit im Schultergelenk [14]. Wir setzen CPM mit guten Ergebnissen sowohl im stationären als auch im poststationären Bereich für bis zu 4 Wochen ein.


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  • Literatur

  • 1 Yamamoto A, Takagishi K, Osawa T et al. Prevalence and risk factors of a rotator cuff tear in the general population. J Shoulder Elbow Surg 2010; 19: 116-120
  • 2 Neer 2nd CS. Anterior acromioplasty for the chronic impingement syndrome in the shoulder: a preliminary report. J Bone Joint Surg Am 1972; 54: 41-50
  • 3 Uhthoff HK, Sano H. Pathology of failure of the rotator cuff tendon. Orthop Clin North Am 1997; 28: 31-41
  • 4 Weber M. Empfehlungen zur Begutachtung von Schäden der Rotatorenmanschette. DGU-Mitteilungen und Nachrichten Supplement 2004; 26: 27-33
  • 5 Habermeyer P, Lichtenberg S. Therapie der Rotatorenmanschettenruptur – arthroskopische und offen chirurgische Techniken. In: Habermeyer P, Lichtenberg S, Magosch P, Hrsg. Schulterchirurgie. München: Urban & Fischer; 2010
  • 6 Ellman H, Kay SP, Wirth M. Arthroscopic treatment of full-thickness rotator cuff tears: 2- to 7-year follow-up study. Arthroscopy 1993; 9: 195-200
  • 7 Walch G, Marechal E, Maupas J et al. [Surgical treatment of rotator cuff rupture. Prognostic factors]. Rev Chir Orthop Reparatrice Appar Mot 1992; 78: 379-388
  • 8 Goutallier D, Postel JM, Gleyze P et al. Influence of cuff muscle fatty degeneration on anatomic and functional outcomes after simple suture of full-thickness tears. J Shoulder Elbow Surg 2003; 12: 550-554
  • 9 Boehm TD, Rolf O, Baumann B et al. Comparison of the functional results after rotator cuff repair in patients below and above 60 years of age. Obere Extremität 2006; 1: 2-7
  • 10 Petersen SA, Murphy TP. The timing of rotator cuff repair for the restoration of function. J Shoulder Elbow Surg 2011; 20: 62-68
  • 11 Burkhart SS, Lo IK. Arthroscopic rotator cuff repair. J Am Acad Orthop Surg 2006; 14: 333-346
  • 12 Gartsman GM, Khan M, Hammerman SM. Arthroscopic repair of full-thickness tears of the rotator cuff. J Bone Joint Surg Am 1998; 80: 832-840
  • 13 Pedowitz RA, Yamaguchi K, Ahmad CS et al. Optimizing the management of rotator cuff problems. J Am Acad Orthop Surg 2011; 19: 368-379
  • 14 Michael JW, König DP, Imhoff AB et al. [Efficiency of a postoperative treatment after rotator cuff repair with a continuous passive motion device (CPM)]. Z Orthop Ihre Grenzgeb 2005; 143: 438-445

Dr. med. Simon Jakob Herrmann, Assistenzarzt
Dr. med. Martin Jaeger, Sektionsleiter Schulterchirurgie
Julian Mehl, Assistenzarzt
Dr. med. Dirk Maier, Funktionsoberarzt
Dr. med. Kaywan Izadpanah, Facharzt
Prof. Dr. med. Norbert Südkamp, Geschäftsführender Direktor
Klinik Orthopädie und Traumatologie, Department Chirurgie, Universitätsklinikum Freiburg
Hugstetter Straße 55
79194 Freiburg i. Br.

 

Dr. med. Peter Ogon
Zentrum Sportorthopädie Freiburg
Breisacher Straße 84
79110 Freiburg

  • Literatur

  • 1 Yamamoto A, Takagishi K, Osawa T et al. Prevalence and risk factors of a rotator cuff tear in the general population. J Shoulder Elbow Surg 2010; 19: 116-120
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  • 14 Michael JW, König DP, Imhoff AB et al. [Efficiency of a postoperative treatment after rotator cuff repair with a continuous passive motion device (CPM)]. Z Orthop Ihre Grenzgeb 2005; 143: 438-445

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Abb. 1 Schulter True a.–p. in konventioneller Technik bei einem Patienten mit Rotatorenmanschettenruptur. Es zeigt sich ein Humeruskopfhochstand mit vermindertem akromiohumeralen Abstand (AHA) und unterbrochener Maloney-Linie.
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Abb. 2 Gezeigt ist die Rechtsseitenlagerung zur arthroskopischen Rekonstruktion der Rotatorenmanschette der linken Schulter. Der linke Arm wird dabei mit 6 kg Gewicht in leichter Abduktion gehalten und zusätzlich im Bereich des Oberarms unterstützend nach lateral gezogen. Angezeichnet sind anatomische Landmarken: Akromion, Korakoid, Klavikula und korakoakromiales Band. Zusätzlich sind das dorsale (1), das anterosuperiore (2) und das anteroinferiore (3) Portal markiert.
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Abb. 3 Fallbeispiel 1. 61-jähriger Patient mit intraoperativ kompletter Ruptur der Supraspinatussehne (Bateman II, Patte I). In der Schulter-true-a.–p.-Aufnahme ist die Maloney-Linie nicht unterbrochen (Vergleich [Abb. 1]), es zeigt sich kein wesentlicher Humeruskopfhochstand (a). Im kontrastmittel-(KM-)unterstützten MRT der Schulter zeigt sich eine ansatznahe Ruptur der Supraspinatussehne am Tuberculum majus mit Kontrastmittelaustritt von intraartikulär und nur leichter Retraktion der Sehne (b). Das Tangentzeichen als Hinweis auf Muskelatrophie ist negativ, das Verhältnis zwischen Muskelbauch und Fossa supraspinatus ist aber bereits reduziert (c). Intraoperativ lässt sich die Ruptur von intraartikulär einstellen (d), zusätzlich zeigt sich als Folge eines Impingements eine fransige Auffaserung des Schulterdachs (e). Von subakromial lässt sich die ansatznahe Ruptur am Tuberculum majus darstellen (f), die Rekonstruktion gelingt mit einer Naht in „Double Row Suture Bridge“-Technik (g).
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Abb. 4 Fallbeispiel 2. 59-jährige Patientin mit intraoperativ kompletter Ruptur der Supraspinatus- und Infraspinatussehne (Bateman III, Patte III, V-Form). In der Schulter-true-a.–p.-Aufnahme ist die Maloney-Linie nicht unterbrochen (Vergleich [Abb. 1]), es zeigt sich kein wesentlicher Humeruskopfhochstand (a). Im KM-MRT der Schulter zeigt sich eine Ruptur der Supraspinatussehne mit Kontrastmittelaustritt und Retraktion des Sehnenstumpfs bis unter das Glenoid (b). Im Liegen tritt der Humeruskopf weit nach kranial unter das Schulterdach (b). Die Subscapularissehne ist intakt, die Bizepssehne ist jedoch etwas nach medial aus dem Sulcus luxiert und stellt sich ausgedünnt dar (c). In den sagittalen Schnitten zeigt sich bereits eine deutliche Atrophie des Supraspinatusmuskels, das Tangentzeichen ist jedoch noch negativ (c). Intraoperativ zeigt sich ein großer und ausgefranster Defekt der Rotatorenmanschette (f), von subakromial liegt der Blick auf das Glenoid frei (h). Die Rekonstruktion gelingt nach der „Margin Convergence“-Technik (e). Dabei wird der Defekt schrittweise von medial nach lateral verschlossen, es wird zunächst ein Faden medial vorgelegt und geknotet, danach wird ein weiterer Faden lateral vorgelegt und geknotet. So gelingt schließlich ein guter Verschluss des Defekts, zuletzt wird die Sehne mit einem weiteren Fadenanker am Footprint-Areal reinseriert (nicht gezeigt). Von subakromial zeigt sich nun ein kompletter Verschluss des Defekts (i).