Nackenschmerzen – Passiv versus aktiv: kein Unterschied
Nackenschmerzen – Passiv versus aktiv: kein Unterschied
Ob Mobilisation und Manipulationen oder Physio- und Übungstherapie – betrachtet man den aktuellen Stand der Wissenschaft, ist es bei Patienten mit Nackenschmerzen egal, welche Therapie sie erhalten: Unterm Strich geht es danach allen gleichermaßen besser. So lautet das Ergebnis eines systematischen Literaturreviews amerikanischer und israelischer Wissenschaftler.
Die Autoren fanden bei ihrer Suche insgesamt 197 Artikel, nach der Vorauswahl waren es noch 32. Diese sichteten sie vollständig. Übrig blieben sieben Artikel, die alle Einschlusskriterien für das Review erfüllten. Vier davon verglichen Mobilisation und Manipulation mit Physiotherapie (z. B. Stretching) und Übungstherapie (z. B. Gerätetraining). Ergebnis: Die kurz- und langfristigen Unterschiede zwischen Mobilisationen/Manipulationen und Physio-/Übungstherapie hinsichtlich Schmerzintensität, Behinderung, Zufriedenheit mit der Behandlung usw. waren nur marginal.
Einmal mehr bemängeln die Autoren in ihrem Fazit, dass die exakten Behandlungsinhalte zwischen den einzelnen Studien stark variieren und die Outcomeparameter nicht standardisiert sind. Ein wirklicher Vergleich ist daher nur bedingt möglich.
Josc
Evid Based Spine Care J 2013; 4: 30–41
Tennisellenbogen – Thrombozytenreiches Plasma als Therapieoption
Tennisellenbogen – Thrombozytenreiches Plasma als Therapieoption
Die Injektion von thrombozytenreichem Plasma (PRP) in die Sehne des M. extensor carpi radialis brevis und das umgebende Gewebe hilft möglicherweise Patienten mit therapieresistentem Tennisellenbogen.
Amerikanische Forscher verglichen den Effekt des Plasmas mit dem eines Lokalanästhetikums an 230 Menschen, die seit mindestens drei Monaten einen therapieresistenten Tennisellenbogen hatten. Zwölf Wochen nach der Infiltration waren die Schmerzen bei Handgelenkstreckung bei der PRP-Gruppe um 55 % zurückgegangen, bei der Anästhesiegruppe nur um 47 %.
Nach 24 Wochen hatten sich die Schmerzen der PRP-Gruppe um 71 % verringert, die der anderen Patienten um 55 %. Auch die Druckschmerzhaftigkeit war in der PRP-Gruppe jedes Mal geringer.
Dies ist bereits die dritte Studie, die den Effekt von PRP bei Ellenbogenschmerzen zeigte. Die Autoren empfehlen daher, davon Betroffene mit PRP zu therapieren, bevor eine OP in Erwägung gezogen wird.
josc
Am J Sports Med 2013; doi: 10.1177/0363546513494359
Arthroskopie bei Gonarthrose – IQWiG sieht bislang keinen Nutzen
Arthroskopie bei Gonarthrose – IQWiG sieht bislang keinen Nutzen
Das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) untersucht derzeit, welchen Nutzen eine therapeutische Arthroskopie für Patienten mit Gonarthrose hat. Das vorläufige Ergebnis: Einen Anhaltspunkt für den Nutzen dieser Intervention gibt es lediglich im Vergleich mit der Injektion von Glukokortikoiden. Im Vergleich mit anderen nichtaktiven Behandlungen – darunter auch Plazebobehandlungen und „keine Behandlung“ – und den meisten aktiven Interventionen konnte das Institut dagegen keinen Vorteil der Arthroskopie feststellen.
Das IQWiG basiert seine Aussage auf zehn randomisierte kontrollierte Studien, die es bei seiner Recherche identifiziert hat. Darin erhielten insgesamt 1.190 Patienten, die im Schnitt zwischen 46 und 66 Jahre alt waren, eine therapeutische Arthroskopie mit Lavage (Spülung mit Kochsalzlösung) und gegebenenfalls einem Debridement (Abtragung von Veränderungen an Knochen und Knorpel). Zu unerwünschten Therapiewirkungen konnte das Institut keine Aussagen machen, da die Datenlage dafür unzureichend sei.
Laut der Pressemitteilung erkranken in Deutschland etwa 17 % aller Männer und 27 % aller Frauen im Laufe ihres Lebens an Arthrose. Überwiegend betroffen sind Hüft- und Kniegelenke. Weltweit haben rund 10 % der Männer und 18 % der Frauen über 60 eine symptomatische Arthrose. Zu den Risikofaktoren für die Entwicklung einer Gonarthrose gehören unter anderem Alter, Geschlecht, genetische Faktoren und Übergewicht.
josc
Pressemitteilung des IQWiG vom 10.9.2013
Lavage, Debridement oder das Knie lediglich angeritzt? Egal, denn im Outcome macht das offenbar keinen Unterschied.
(Abb.: Dr. M. Walensi/Thieme Verlagsgruppe)
Lumboischialgie – Kernspintomografie erfasst klinische Veränderungen nicht
Lumboischialgie – Kernspintomografie erfasst klinische Veränderungen nicht
Der Sinn einer Magnetresonanztomografie bei lumbalen Rückenschmerzen wird schon seit längerer Zeit in Frage gestellt. Nun zeigt auch eine aktuell publizierte Studie aus den Niederlanden, dass die Skepsis berechtigt ist.
Die Autoren untersuchten 283 Patienten, die an einer Studie zur konservativen und operativen Therapie bei Lumboischialgie und lumbaler Diskushernie teilnahmen. Sie scannten die Teilnehmer zu Beginn der Studie und klassifizierten die MRT-Aufnahmen anhand einer 4-Punkte-Skala: („1“ = Diskushernie definitiv vorhanden; „4“ = Diskushernie definitiv nicht vorhanden). Nach einem Jahr untersuchten die Wissenschaftler die Teilnehmer erneut und befragten sie, inwieweit sich ihre Symptome durch die jeweilige Intervention verändert hatten.
84 % der Studienteilnehmer ging es zu diesem Zeitpunkt besser als bei der ersten Untersuchung. Die MRT-Bilder erfassten diese klinischen Veränderungen allerdings nicht: Von den Patienten mit einer Diskushernie hatten 85 % ein gutes Outcome (primärer Outcome- Parameter war der Roland Disability Questionnaire), von denjenigen ohne Bandscheibenschaden waren es 83%. Umgekehrt war bei 35 % der Patienten mit gutem klinischen Ergebnis noch eine Diskusschädigung im MRT nachweisbar, bei denen mit schlechtem Ergebnis waren es 33 %. Anhand der MRT-Bilder konnten die Autoren also nicht sagen, wer von den Probanden ein gutes Ergebnis hatte und wer ein schlechtes.
Josc
N Engl J Med 2013; 368: 999–1007
Bandscheibe – MRT
Anteil aller Menschen ohne Rückenbeschwerden, bei denen radiologisch ein Bandscheibenschaden nachweisbar ist
N Engl J Med 2013; 368: 999–1007
Schlaganfall – Läsionsgröße beeinflusst Armfunktion nicht
Schlaganfall – Läsionsgröße beeinflusst Armfunktion nicht
Die Größe der Hirnläsion nach einem Schlaganfall scheint bei den Betroffenen nur einen geringen Einfluss auf die langfristige motorische Erholung der oberen Extremität zu haben. Zu diesem Schluss kommen Stephen Page und sein Team von der Ohio State University, USA.
Die Autoren untersuchten, inwiefern die Läsionsgröße, berechnet anhand einer CToder MRT-Aufnahme, mit der langfristigen Funktionsentwicklung des paretischen Armes korreliert. Dazu schlossen sie 139 Patienten ein, die im Schnitt etwa fünf Jahre zuvor einen Schlaganfall erlitten hatten. Das Ergebnis: Die Läsionsgröße hat keinen nennenswerten Einfluss auf die langfristige Erholung des betroffenen Arms – weder auf Schädigungsebene (z. B. bei der Kraftentwicklung) noch auf Funktionsebene.
hoth
Arch Phys Med Rehabil 2013; 94: 817–21
Schlaganfall – Kraft exzentrisch trainieren
Schlaganfall – Kraft exzentrisch trainieren
Menschen nach Schlaganfall profitieren häufig von einem Training, das die neuromuskuläre Aktivität der betroffenen Extremitäten verbessert. Ob dabei ein exzentrisches oder ein konzentrisches Krafttraining effektiver ist, haben nun amerikanische Wissenschaftler untersucht.
Sie teilten 34 Patienten, die zwischen sechs und 18 Monate zuvor einen Schlaganfall erlitten hatten, zufällig in zwei Gruppen ein. Eine trainierte fünf Wochen lang dreimal wöchentlich wichtige Muskelgruppen des paretischen Beines exzentrisch, die andere konzentrisch. Danach folgte für beide Gruppen ein dreiwöchiges Gehtraining. Vor und nach dem Training prüften die Wissenschaftler die Kraft und Bewegungsgeschwindigkeit sowie die Gehgeschwindigkeit der Probanden.
Sie fanden heraus, dass sich die Patienten, die exzentrisch trainiert hatten, bei allen Parametern mehr verbessert hatten als diejenigen mit konzentrischem Training.
hoth
Neurorehabil Neural Repair 2013; 27: 335–344
Kombinieren Patienten nach Schlaganfall Laufbandtraining mit exzentrischem Krafttraining, können sie ihre Gehgeschwindigkeit effektiv verbessern.
(Abb.: Image State)
Morbus Parkinson – Osteopathie und Gehtraining mit unterschiedlichen Effekten
Morbus Parkinson – Osteopathie und Gehtraining mit unterschiedlichen Effekten
Die Gangparameter von Patienten mit Morbus Parkinson lassen sich möglicherweise nicht nur durch ein physiotherapeutisches Gehtraining beeinflussen, sondern auch durch kraniosakrale Osteopathie.
Thomas Müller und Angela Pietsch von der Klinik Berlin-Weissensee führten mit 18 an Morbus Parkinson erkrankten Patienten, die moderate motorische Beeinträchtigungen hatten, eine Pilotstudie durch. An zwei aufeinanderfolgenden Tagen erhielten die Patienten jeweils eine Behandlungseinheit mit physiotherapeutischem Gehtraining und eine mit kranialen Techniken. Vor und nach jeder Behandlung untersuchten die Autoren die Schrittlänge und die Gehgeschwindigkeit der Probanden mit dem 10-Meter-Gehtest. Dabei stellten sie fest, dass das Gehtraining zwar die Schrittlänge positiv und statistisch signifikant beeinflusst, auf die Gehgeschwindigkeit jedoch keinen Einfluss hat. Nach der osteopathischen Behandlungseinheit war es genau andersherum.
Dieses Ergebnis sollte jedoch aufgrund des Pilotcharakters der Untersuchung und einer nur einmalig angewandten Technik mit Vorsicht betrachtet werden.
hoth
NeuroRehabilitation 2013; 32: 135–40
Rheuma – Physiotherapie so wichtig wie Medikamente
Rheuma – Physiotherapie so wichtig wie Medikamente
Nach aktuellen Leitlinien ist die Physiotherapie ein wesentlicher Bestandteil der Versorgung von Patienten mit Rheuma. Unklar ist bislang, wie Patienten die Notwendigkeit und Bedeutsamkeit der Physiotherapie einschätzen. Daher befragten Andrea Pfingsten und Bernhard Borgetto aus Hildesheim fünf Patienten mit einem leitfadengestützten Interview.
Die meisten Teilnehmer erachteten Physiotherapie als einen wichtigen oder gar den wichtigsten Bestandteil der Versorgung – teilweise wichtiger als die medikamentöse Behandlung. Die Therapie helfe ihnen vor allem, Lebensqualität, Beweglichkeit und Schmerz positiv zu beeinflussen und den Alltag besser zu bewältigen. Fast alle sahen die derzeitige physiotherapeutische Versorgung als unzureichend an. Gründe dafür seien vor allem das mangelnde persönliche Engagement der Betroffenen, aber auch das Verordnungsverhalten der Ärzte. Von den behandelnden Therapeuten erwarten die Patienten, dass sich diese auf rheumatische Erkrankungen spezialisiert haben. Das sei oft nicht der Fall.
Die Autoren glauben, dass ein stärkerer Fokus auf individuelle Bedürfnisse dieser Patienten die Therapie effektiver machen kann.
hoth
Akt Rheumatol 2013; 38: 50–54
Frozen Shoulder – Therapie mit - 110° C
Frozen Shoulder – Therapie mit - 110° C
Patienten mit Frozen Shoulder, die zusätzlich zu physikalischer Therapie und passiven Mobilisationen eine Kältetherapie in einer Kühlkammer erhalten, haben weniger Schmerzen und eine bessere Beweglichkeit als diejenigen, die keine Kältetherapie bekommen.
Ein Team koreanischer Forscher schloss in seine Studie 30 Patienten ein, die seit mindestens drei Monaten unter Schmerzen und Bewegungseinschränkungen in der Schulter litten, und teilte sie per Zufall in zwei Gruppen ein. Alle Teilnehmer erhielten physikalische Therapie, etwa Hotpacks, Elektrotherapie und Ultraschall, sowie passive Gelenkmobilisationen. Die Interventionen fanden vier Wochen lang dreimal wöchentlich statt. Die Hälfte der Probanden bekam zusätzlich 24 Kältetherapieeinheiten. Dazu hielten sie sich zunächst eine Minute lang in einem -50° C kalten Raum auf, dann zweieinhalb Minuten in einer -110° C kalten Kammer und am Ende noch einmal für 30 Sekunden in dem -50° C kalten Raum.
Nach den vier Wochen hatte sich bei allen Patienten Schmerz, Bewegungsausmaß und Schulterfunktion verbessert – bei den Patienten mit Kältetherapie allerdings deutlich mehr als bei den restlichen Probanden.
josc
Arch Phys Med Rehabil 2013; 94: 9–16
Frozen Shoulder – Phasen
Stadium I (Freezing Phase) > Schmerzen, insbesondere nachts. Keine wesentlichen Bewegungseinschränkungen
Stadium II: (Frozen Phase) > Schmerzen lassen nach, passive und aktive Bewegungseinschränkungen stehen im Vordergrund
Stadium II (Thawing Phase) > Auflösung der Bewegungseinschränkung und Abklingen der Schmerzen
Imhoff A, Linke RD et al. Checkliste Orthopädie. 2. Aufl. Stuttgart: Thieme; 2010
Aktuelle Studienergebnisse auf Thiemes Themenwelten
Ab sofort gibt es auf unserer Thieme Themenwelt „Physiotherapie“ einen neuen Service für Sie: weitere aktuelle Studienergebnisse, sortiert nach Thema (Muskuloskeletal/Schmerz, Neuroreha, ...) und alle vier Wochen aktualisiert. Klicken Sie einfach unter www.thieme.de/physiotherapie-studienergebnisse.
Morbus Parkinson – Sturzrisiko mit einfachem Test feststellen
Morbus Parkinson – Sturzrisiko mit einfachem Test feststellen
Mit dem Timed-up-and-go-Test lässt sich zuverlässig beurteilen, wie groß das Sturzrisiko von Patienten mit Morbus Parkinson ist.
Joe Nocerra und sein Team aus verschiedenen US amerikanischen Universitäten analysierten die Daten von 2.097 Patienten, die den Timed-up-and-go-Test durchgeführt hatten – einen einfachen Test, um Gangmobilität und -sicherheit zu beurteilen. Drei Monate später sollten die Teilnehmer angeben, wie häufig sie seit dem Test gestürzt waren. Es zeigte sich, dass diejenigen, welche für den Test mehr als 11,5 Sekunden benötitgen, ein erhöhtes Sturzrisiko hatten. 75 % der gefallenen Patienten hätten sich so vorhersagen lassen.
hoth
Arch Phys Med Rehabil 2013; 94: 1300–1305
(Frank Kleinbach/Thieme Verlagsgruppe (nachgestellte Situation))
Beim Timed-up-and-go-Test
steht ...
... der Proband auf Kommando von einem Stuhl auf, geht in seinem normalen Gangtempo drei Meter geradeaus, läuft dann wieder zum Stuhl zurück und setzt sich hin. Der Tester notiert die Zeit in Sekunden, die der Proband vom Zeitpunkt des Startkommandos bis zum erneuten Kontakt mit der Sitzfläche braucht.