Aktuelle Dermatologie 2013; 39(10): 382
DOI: 10.1055/s-0033-1360570
Derma-Fokus
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Chronischer Pruritus – Unterschiede zwischen Frauen und Männern

Contributor(s):
Frank Lichert
Ständer S et al.
British Journal of Dermatology 2013;
168: 1273-1280
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Publication History

Publication Date:
05 November 2013 (online)

 
 

Etwa 20–27 % aller Erwachsenen weltweit sind von einem chronischen Pruritus betroffen. In aller Regel hat die Erkrankung einen negativen Effekt auf die Lebensqualität und kann zu emotionalen oder psychosomatischen Störungen führen.S. Ständer et al. haben unter Berücksichtigung verschiedener Krankheitsparameter geschlechtsspezifische Unterschiede bei Patienten mit chronischem Pruritus identifiziert.
British Journal of Dermatology 2013; 168; 1273–1280

Die retrospektive Studie aus Deutschland schloss 1037 Patienten mit chronischem Pruritus für eine Dauer von > 6 Wochen ein. 54,8 % der Teilnehmer waren weiblich. Die Autoren erstellten eine Datenbank, die demografische Daten, Pruritus-Charakteristika (Lokalisation, Krankheitsverlauf, Intensität, Qualität) sowie Informationen zu Komorbiditäten und Komedikationen enthielt. In die Analyse ging ebenfalls die Lebensqualität der Studienteilnehmer ein, die mithilfe des "Dermatology Life Quality Index" (DLQI) erfasst wurde. Auf Basis dieser Daten erfolgte die Identifizierung geschlechtsspezifischer Unterschiede.

Bei Männern die Komorbiditäten, bei Frauen die Psyche

Die männlichen Studienteilnehmer waren statistisch signifikant älter als die weiblichen: Das Durchschnittsalter bei der 1. Visite lag bei 61,7 ± 15,7 vs. 58,6 ± 16,1 Jahre; p < 0,001. Zudem wiesen die Männer gegenüber den Frauen statistisch signifikant häufiger kardiovaskuläre (p < 0,001) und urogenitale Komorbiditäten auf (p < 0,0001), eine höhere Zahl an Komedikationen (p = 0,041) sowie mehr dermatologische und systemische Erkrankungen, die einen chronischen Pruritus zur Folge hatten. Bei Frauen hingegen lagen dem Pruritus häufiger neuropathische und psychosomatische Erkrankungen zugrunde, und sie zeigten deutlich häufiger eine Krankheitsverschlechterung aufgrund emotionaler (p = 0,002) und psychosomatischer Faktoren (p = 0,046). Weibliche Studienteilnehmer berichteten öfter als männliche Studienteilnehmer von einem lokal begrenzten Jucken, das anfallartig auftrat und als stechend, warm oder schmerzhaft empfunden wurde (p < 0,05). Frauen waren zudem durch häufigere chronische Kratzläsionen sowie Prurigo nodularis gekennzeichnet (p = 0,001). Im Gegensatz dazu zeigten Männer deutlich öfter einen chronischen Pruritus auf nicht entzündeten Hautpartien (p = 0,004). Chronisches Jucken trat bei Männern im Vergleich zu Frauen statistisch signifikant häufiger am Rumpf und an den Beinen auf, hinsichtlich des Kopfes, des Halses, der Arme sowie der Anogenitalregion waren keine Unterschiede zwischen den Geschlechtern feststellbar. Frauen erreichten höhere Werte auf der visuellen Analogskala (p = 0,031) und empfanden einen größeren Einfluss auf die Lebensqualität als Männer (p = 0,033).

Fazit

Die Autoren identifizierten eine Reihe von geschlechtsspezifischen Unterschieden hinsichtlich der klinischen Präsentation des chronischen Pruritus, der zugrunde liegenden Erkrankungen sowie der Lebensqualität. Nach Meinung der Autoren müssen diese Unterschiede bei der Behandlung von Patienten mit chronischem Pruritus berücksichtigt werden. Zukünftige Forschungen sollten sich auf die Entwicklung einer geschlechtsspezifischen Diagnostik und Therapie konzentrieren.


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