Z Orthop Unfall 2013; 151(06): 562
DOI: 10.1055/s-0033-1363633
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Tibiakopfosteotomie – Ist die HTO mit Osteotomie der Tuberositas Tibiae besser als die alleinige HTO?

Contributor(s):
Melena Struck
Longino PD et al.
Combined Tibial Tubercle Osteotomy with Medial Opening Wedge High Tibial Osteotomy Minimizes Changes in Patellar Height. A prospective cohort study with historical controls.

Am J Sports Med 09/2013;
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Publication History

Publication Date:
17 December 2013 (online)

 

Die valgisierende hohe Tibiakopfosteotomie in medialer open wedge Technik (HTO) oder lateraler closed wedge Technik ist eine anerkannte Operationsmethode zur Korrektur der Varusfehlstellung. Longino et al. untersuchten ob eine zusätzliche Osteotomie der Tuberositas Tibiae (TTO) bei der hohen medialen Tibiakopfosteotomie in der HTO das Risiko einer postoperativen Patella infera senken kann.
Longino P.D. et al. Combined Tibial Tubercle Osteotomy with Medial Opening Wedge High Tibial Osteotomy Minimizes Changes in Patellar Height. A prospective cohort study with historical controls. Am J Sports Med, September 2013.

Einleitung

Bei der medialen HTO kann es zu unvorhergesehenen Veränderungen des proximalen tibialen Slopes und der Patellaführung kommen. Dies kann zu einer relativen Verkürzung des Ligamentum patellae und somit zur Entstehung einer Patella infera führen. Bei Kombination der HTO mit einer TTO wird durch Einbeziehung der Tuberositas tibiae in das proximale Tibiaplateaufragment der Ansatzpunkt der Patella bei Distraktion mit angehoben. Die Patella verbleibt in unveränderter Position. Die Autoren nahmen an, dass die Kombination der HTO mit der TTO das Risiko einer veränderten Patellaführung minimiert. Zudem wurde die Hypothese erstellt, dass je höher die Varusfehlstellung und somit das Korrekturergebnis, desto höher der Einfluss auf die Patellahöhe bei alleiniger HTO.


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Methodik

29 Patienten mit medial open wedge HTO und TTO wurden in einer prospektiven Kohorten Studie mit 29 Patienten nach alleiniger HTO verglichen. In beiden Gruppen lag eine erhebliche metaphysäre tibiale Varusdeformität vor. Anhand von seitlichen Röntgenaufnahmen des Kniegelenkes mit proximaler Tibia im Stand wurde präoperativ die Patellahöhe und der tibiale Slope ermittelt und mit Aufnahmen 6 Monate postoperativ verglichen. Die Patellahöhe wurde u. a. anhand des Blackburne-Peel Index, Caton-Dechamps und Miura-Kawamura Index ausgewertet.

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Ergebnisse

Die durchschnittliche Osteotomie-Höhe betrug bei der HTO / TTO Gruppe 14 ± 2,8 mm und bei HTO 13,8 ± 2,7 mm. Es zeigte sich eine signifikant geringere postoperative Veränderung der Patellahöhe bei additiver TTO. Postoperativ erfüllten 3 von 29 Patienten nach HTO / TTO die Kriterien einer Patella infera. Bei alleiniger HTO waren es 11 von 29 Patienten. Die absolute Risikoreduktion einer Patella infera liegt somit bei 28 % bei additiver TTO. Zudem zeigen sich eine positive Korrelation zur präoperativen Varusdeformität (r = 0,52 und r = 0,41). Zwischen den Gruppen der HTO / TTO und der alleinigen HTO bestand 24 Monate postoperativ kein Unterschied im klinischen Ergebnis und der Patientenzufriedenheit.


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Fazit

Die Studie zeigt, dass die Veränderung der Patellahöhe nach medialer HTO durch eine additive TTO insbesondere bei hohem Korrekturausmaß verringert werden kann. Eine höhere Varusdeformität und somit eine größere Korrektur kann zu einer stärkeren Beeinflussung der Patellahöhe führen. Bei Patienten mit einer präoperativen mechanischen Beinachse von > – 8,5 ° und einer Korrektur von unter 12,5 mm zeigt sich im Studienergebnis ein geringerer Unterschied bei additiver TTO im Vergleich zu einer Korrektur von > 15 mm und einer präoperativen mechanischen Beinachse von > – 10 °. Die Kombination einer HTO mit TTO scheint insbesondere bei Patienten mit einer ausgeprägten tibialen Varusdeformität von Vorteil.

Die klinischen Konsequenzen einer postoperativen Patella infera durch Elevation der Gelenklinie und Veränderung des tibialen Slopes sind noch nicht abschließend geklärt. Weitere Studien sind erforderlich, um mögliche langfristige Auswirkungen auf das Patellofemoralgelenk wie beispielsweise durch einen erhöhten patellofemoralen Anpressdruck bei Patella infera resultierende degenerative Veränderungen zu untersuchen.


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