Einleitung
Unter den Cheyletiella (Pelzmilben) gibt es 5 verschiedene Raubmilben, die von human- und veterinärmedizinischer Bedeutung sind. Cheyletiella befallen häufig Tiere, wie z. B. C. yasguri (Hund), C. blakei (Katze) und C. parasitovorax (Kaninchen). Sie können allerdings auch vom Tier auf den Mensch übertragen werden und führen zu polymorphen Hautirritationen [1]. Die Milben sind etwa 0,5 mm groß und meist weißlich gefärbt. Diese Parasiten können sich von anderen Milben ernähren, bevorzugen jedoch Hautprodukte als Nahrung und schädigen so die Epidermis. Abseits des belebten Wirtes überleben die Raubmilben zum Teil bis zu 10 Tage. Für das Auslösen der stark juckenden Hautbeschwerden reicht sogar die alleinige Kontamination mit Milbenkot aus, in dem Antigen-wirksame Bestandteile enthalten sind. Beim Menschen rufen die Erreger akute Dermatitiden mit Papel- und Pustelbildung, insbesondere an der Brust und an den Unterarmen, mit heftigem Juckreiz hervor [2]. Die Krankheitssymptome beschränken sich meist auf das Körperareal, wo der Kontakt mit dem befallenen Tier stattfand, jedoch sind auch generalisierte Hautsymptome möglich. Die Symptomatik kann von vereinzelten papulösen und pustulösen Läsionen bis hin zu großflächigen urtikariellen Reaktionen mit blasenbildenden Effloreszenzen variieren. Nichtsdestotrotz verläuft manchmal die Krankheit besonders bei Tieren asymptomatisch. Trotz gleicher Exposition weisen nicht alle Tierbesitzer die gleichen klinischen Symptome auf, was auf eine individuell unterschiedliche allergische Reaktionsbereitschaft gegenüber den Milbenbestandteilen zurückzuführen ist. Cheyletiellen sind oft leicht nachzuweisen. Gebräuchlich sind die mikroskopische Untersuchung von Hautgeschabsel, der Klebebandabriss, ausgekämmtes Material oder ausgezupfte Haare [6]. Im Folgenden berichten wir von einer Patientin mit Cheyletiella-Dermatitis.
Kasuistik
Anamnese
Eine 61-jährige Patientin stellt sich in unserer Klinik mit seit etwa 2 Wochen stark juckenden Hautveränderungen im Bereich des Abdomens, an den Flanken sowie an der Brust beidseits vor ([Abb. 1] und [Abb. 2]). Innere Erkrankungen waren nicht bekannt, die Medikamentenanamnese war unauffällig und allergische Dispositionen wurden verneint. Klinisch fanden sich multiple papulöse, teils urtikarielle sowie vesikulöse und pustulöse Effloreszenzen mit Exkoriationen. Der Dermografismus war rot, jedoch nur leicht eleviert. Die eigene Anamnese bezüglich Hautkrankheiten war leer. Anzeichen für einen Infekt bestanden nicht, die Lymphknoten waren ebenfalls nicht tastbar. Freizeitaktivitäten wurden verneint. Die Patientin wohnte mit ihrem Mann zusammen, der beschwerdefrei war. Ihr Hund kratzte sich seit etwa 3 Wochen ebenfalls häufig.
Abb. 1 Nahaufnahme von der linken Brust der Patientin. Perimamillär zeigen sich multiple papulöse, teils auch vesikulöse Effloreszenzen.
Abb. 2 Fernaufnahme von der linken Flanke der Patientin: Es zeigen sich multiple unregelmäßig verteilte, teils auch gruppierte, urtikarielle Papeln sowie vereinzelt Pusteln und Exkoriationen.
Diagnostik
Eine Probeexzision einschließlich Immunfluoreszenz wurde von zwei verschiedenen Stellen vorgenommen. Es wurde eine Laborkontrolle mit Autoantikörpern (ANA, ENAscreen), Pemphigus- und Pemphigoid-Antikörpern sowie eine Allergiediagnostik mit Gesamt-IgE durchgeführt, die keine pathologischen Befunde erbrachte. Das Hautbiopsat zeigte eine superfizielle perivaskuläre und interstitielle Dermatitis mit Gewebseosinophilie und Papillarkörperödem, was gut mit einer Arthropodenreaktion vereinbar war ([Abb. 3]). Im Serum zeigte sich eine Eosinophilie von 820/µl (Norm. 40 – 360/µl). Die weiterführenden Untersuchungen erbrachten keinen Hinweis auf eine bullöse Autoimmundermatose [5]. Des Weiteren erfolgte die Untersuchung des Hundes beim Tierarzt. Es wurde ein Abrisspräparat mittels Tesafilm von den Haaren abgenommen. Dabei konnten lichtmikroskopisch Cheyletiella-Spezies beobachtet werden ([Abb. 4]).
Abb. 3 Histologischer Befund der Patientin: korbgeflechtartige Orthokeratose, wenig verändertes Epithel mit einzelnen intraepithelialen Eosinophilen. Prominentes subepitheliales Ödem mit Ausziehung der Reteleisten. Im oberen und mittleren Korium dichte, teils perivaskuläre, teils interstitiell gelegene Infiltrate aus Lymphozyten, Histiozyten und reichlich eosinophilen Granulozyten.
Abb. 4 An Haar angeheftete erwachsene Milbe (Cheyletiella yasguri). Die weiblichen Milben legen Eier, die an die Haare des Wirtstiers angeheftet werden und aus denen sich über Larven- und Nymphenstadium wieder adulte Tiere entwickeln.
Therapie und Verlauf
Aufgrund der ausgeprägten Symptomatik erfolgte eine intensivierte systemische antipruriginöse Therapie mit Fenistil (1 Ampulle zweimal täglich i. v.) und Atarax (25 mg/1 Tablette zur Nacht) sowie eine Lokaltherapie mit steroidhaltigem Produkt Klasse II plus Polidocanol in Unguentum emulsificans. Des Weiteren wurde Permethrin-Creme 5 % einmalig angewendet. Darunter kam es zur raschen Linderung des Juckreizes. Die Hautläsionen zeigten sich langsam innerhalb von 2 Wochen rückläufig. Postinflammatorische Hyperpigmentierungen blieben an den befallenen Arealen trotzdem bestehen. Die Patientin wurde auf die Notwendigkeit der unverzüglichen Behandlung des Tieres und dessen Schlafstätte hingewiesen [3].
Diskussion
Die Anzahl der Milben-assoziierten Dermatosen nimmt offensichtlich mit der steigenden Anzahl an Haustieren (wie z. B. Hunde, Katzen, Kaninchen) zu. Multiple Zoonosen können temporär den Menschen befallen und sollten daher als mögliche Ursache juckender papulöser Hautveränderungen Berücksichtigung finden. Bei der Vorstellung der Patienten beim Hautarzt imponiert meist ein wenig charakteristisches Krankheitsbild. Die temporär humanpathogenen Milben sind häufig auf der Haut des Menschen nicht nachweisbar. Eine genaue Anamnese und die gleichzeitige tierärztliche Untersuchung des Tieres sind unverzichtbar. Oft kommen anhand des histologischen Befundes oder des klinischen Bildes verschiedene Differenzialdiagnosen infrage. Der Verdacht auf eine parasitäre Genese ergibt sich mitunter erst nach erfolgloser symptomatischer Therapie oder bei positivem Nachweis von Milben auf dem Haustier. Die Erhebung einer gründlichen Anamnese ist unabdingbar. Nach der Bestätigung der Diagnose orientiert sich die Behandlung nach dem Ausmaß der klinischen Beschwerden des Patienten. Bei fehlender Symptomatik kann man auf eine Therapie verzichten, da diese Zoonose üblicherweise eine spontane Heilung innerhalb von 3 Wochen zeigt. Bei persistierendem Juckreiz wird eine antipruriginöse Therapie eingeleitet, die in Kombination mit lokalen Glukokortikosteroiden sowie Akariziden (z. B. aus der Gruppe der Pyrethroide) zur raschen Linderung der Beschwerden führt. In seltenen Fällen kommt eine interne Behandlung mit Ivermectin 0,2 – 0,3 mg/kg KG per os als Einmaltherapie in Frage [8].
Fazit
Bei ätiologisch unklaren juckenden Dermatitiden des Menschen mit entsprechender Anamnese (Haustierbesitzer, Landwirte, berufliche Exposition) ist an Milbenbefall zu denken. Dem Tierarzt kommt in diesem Zusammenhang eine wichtige beratende und aufklärende Aufgabe zu. Im Falle eines positiven Befundes ist eine symptomatische antipruriginöse Therapie des Menschen meist ausreichend und eine gezielte antiparasitäre Behandlung des Tieres anzustreben.