Einleitung
Die Sarkoidose ist eine granulomatöse Systemerkrankung, deren Genese bis heute weitgehend spekulativ ist. Die Erkrankung kann als Systemerkrankung nahezu jedes Organsystem betreffen. Die verschiedenen Organsysteme sind jedoch in unterschiedlicher Häufigkeit betroffen. Gemeinsam haben alle Organmanifestationen den Nachweis einer granulomatösen Entzündung. Am häufigsten findet sich eine pulmonale Sarkoidose in ca. 95 % aller Fälle. Andere Organe sind seltener befallen. Man unterscheidet vom Verlauf her zwei unterschiedliche Verlaufsformen der Sarkoidose. Die akute Sarkoidose zeigt sich als Löfgren-Syndrom mit der typischen Symptomtrias Mono- oder Oligoarthritis der Knie- oder Sprunggelenke, Erythema nodosum und mediastinale Lymphome. Deutlich seltener ist die zweite Form der akuten Sarkoidose, das Heerfordt-Syndrom mit der Symptomtrias Uveitis, granulomatöse Parotitis und periphere Fazialisparese. Zumindest das Löfgren-Syndrom ist eine spontan limitierend verlaufende Form der Sarkoidose und bedarf nur bei entsprechendem Leidensdruck des Betroffenen einer immunsuppressiven Therapie.
Bei der chronischen Sarkoidose besteht inzwischen Konsens, dass nur bestimmte Verläufe einer immunsuppressiven Therapie bedürfen. Hier stehen dem möglichen Vorteil einer Immunsuppression die potenziellen Therapiekomplikationen, allen voran schwere Infektionen, entgegen. Die [Tab. 1] gibt eine Übersicht über die Indikationen für eine systemische Immunsuppression [1]
[2]
[3].
Tab. 1
Die WASOG hat in einem Konsensuspapier 1999 [2]
[3] Indikationen für eine immunsuppressive Therapie einer Sarkoidose definiert.
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Zur Therapie der Sarkoidose sind nahezu alle Immunsuppressiva, die bekannt sind, zumindest kasuistisch in der Therapie der Sarkoidose eingesetzt worden. Im Folgenden sollen die relevanten Substanzen näher betrachtet werden und die Evidenz für einen Einsatz in der Therapie der Sarkoidose diskutiert werden.
Kortikosteroide
Die wichtigsten Vertreter der Gruppe der Kortikosteroide in der Behandlung von Autoimmunerkrankungen sind das Prednison, Prednisolon und das Methylprednisolon. Kortikosteroide haben vielfältige entzündungshemmende Effekte. So vermindern sie u. a. die Spiegel der Zytokine IL-1, IL-3, IL-4, IL-5, IL-8 und TNF-α, die Aktivität der Phospholipase A2 und Cyclooxygenase Typ 2 wird vermindert, Stickoxide werden reduziert und die Expression verschiedener Adhäsionsmoleküle wird blockiert.
Da Steroide als Therapie der ersten Wahl bei allen Manifestationen der Sarkoidose gelten, erfolgt hier aufgrund der sehr unterschiedlichen Evidenz eine getrennte Betrachtung der Organmanifestationen.
Pulmonale Sarkoidose
Erste Studien, die in den sechziger und siebziger Jahren durchgeführt wurden, untersuchten die Wirksamkeit von oralen Steroiden bei der pulmonalen Sarkoidose Stadium I [4]
[5]
[6]
[7]
[8], II [4]
[5]
[6]
[7]
[8]
[9] und teilweise auch III [4]
[5]. Nach einer sechs- bis zwölf-monatigen Therapie mit Steroiden konnte zunächst in den therapierten Gruppen häufiger eine Besserung beobachtet werden als in den unbehandelten Vergleichsgruppen. Nachdem die Therapie beendet wurde, war der Vorteil in der Nachbeobachtung z. B. nach 3 und 5 Jahren [6]
[7], sowie in der Langzeit-Nachbeobachtung mit einer mittleren Nachbeobachtungszeit von 8,9 Jahren [8], nicht mehr zu beobachten. In beiden Gruppen hatten 80 % der Patienten eine Besserung und 65 % eine komplette Remission. Bei Subgruppenanalysen zeigte sich, dass vor allem Patienten mit den Stadien II und III von der Steroidtherapie profitiert hatten.
Im weiteren Verlauf wurden noch mehrere Studien teilweise mit oralen, teilweise mit inhalativen Steroiden durchgeführt [10]
[11]
[12]
[13]
[14]
[15]
[16]
[17]
[18], die aber alle z. T. erhebliche methodische Schwächen aufweisen. Eine Cochrane-Analyse aus dem Jahr 2005 [19] fasst die Ergebnisse von 13 randomisierten kontrollierten Studien mit über 1000 Patienten zusammen und kommt zu dem Schluss, dass allenfalls in den pulmonalen Stadien II und III Hinweise vorliegen, die eine Steroidgabe rechtfertigen. Hier konnten sowohl radiologische Verbesserungen wie auch Besserungen verschiedener Lungenfunktionsparameter gesehen werden. Die Qualität der Studien wurde aber insgesamt als mäßig eingestuft. Die [Tab. 2] gibt einen Überblick über die Studienergebnisse der Studien, die ausschließlich die Sarkoidose untersuchten.
Tab. 2
Die Tabelle zeigt einen Überblick über die Studien mit Kortikosteroiden bei der pulmonalen Sarkoidose. Die Zahlen in der zweiten Spalte geben die Anzahl der eingeschlossenen Patienten und in Klammern die Patientenzahl, die die Studie abgeschlossen hat, an.
Studie
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Pat.-Zahl*
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pulmonaler Typ
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Steroid
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Radiolog. Outcome
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Lungenfunktion Outcome
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Albers 1995
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47 (38)
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I – III
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ICS vs. P
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k. A.
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FEV1, FVC und DLCO ohne Unterschied
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Baughman 2002
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22 (19)
|
I – IV
|
OCS vs. ICS
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k. A.
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OCS : FEV1 ↑ Keine Signifikanzangabe
|
Du Bois 2003
|
43 (34)
|
I – II
|
ICS vs. P
|
k. A.
|
k. A.
|
Erkkila 1998
|
19 (18)
|
I – II
|
ICS vs. P
|
Kein Effekt
|
DLCO ohne Unterschied
|
Israel 1975
|
83 (k. A.)
|
I – III
|
OCS vs. P
|
Typ II/III ↑
|
k. A.
|
James 1967
|
84 (75)
|
I – III
|
OCS vs. OPB vs. P
|
6 Mo ↑
|
k. A.
|
Ludwig 2005
|
15 (15)
|
I – III
|
ICS vs. P
|
Kein Effekt
|
FVC ohne Unterschied
|
McGrath 2002
|
31 (27)
|
II – IV
|
ICS vs. P
|
Kein Effekt
|
FEV1 und DLCO ohne Unterschied
|
Milman 1994
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21 (17)
|
k. A.
|
ICS vs. P
|
k. A.
|
k. A.
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Pietinalho 1999
|
189 (154)
|
I – II
|
ICS
|
k. A.
|
FVC und DLCO ohne Unterschied
|
Roth 1975
|
280 (172)
|
I – II
|
OCS vs. kT
|
12 Mo ↑
|
k. A.
|
Selroos 1979
|
39 (37)
|
II
|
OCS vs. kT
|
24/48 Mo ↑
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k. A.
|
Zaki 1987
|
159 (159)
|
I – III
|
OCS vs. P
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OCS weniger Progress
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FEV1, FVC und DLCO ohne Unterschied
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Verwendete Abkürzungen: OCS: orale Kortikosteroide; ICS: inhalative Kortikosteroide; OPB: Oxyphenbutazon; P: Plazebo; k. A.: keine Angabe; ↑: Besserung; DLCO: Co-Diffusionskapazität; FVC: forcierte Vitalkapazität, FEV1: Einsekundenkapazität.
Kardiale Sarkoidose
Aktuell liegen keine Daten aus prospektiven Studien zum Einsatz von Steroiden bei der kardialen Sarkoidose vor. In mehreren retrospektiven Beobachtungsstudien wurden zwischen 9 und 75 Patienten [20]
[21]
[22]
[23]
[24] mit kardialer Sarkoidose untersucht. Vor allem auf AV-Blockierungen wird in nahezu allen Publikationen ein positiver Effekt mit Besserung in etwa 50 – 60 % der beobachteten Patienten beschrieben. Nur eine Publikation [22] beschreibt auch eine Besserung der linksventrikulären Pumpfunktion, während eine andere Fallserie dies nicht beobachtet [24]. Besserungen ventrikulärer Rhythmusstörungen werden nur als Einzelfälle beschrieben. Ein Review von Sadek et al. [25] konstatiert für die ausgewerteten Studien bei AV-Blockierungen ein etwa 50 %iges Ansprechen auf eine Steroidtherapie im Vergleich zu keinerlei Besserung bei unbehandelten Patienten. Im Hinblick auf andere Manifestationen einer kardialen Sarkoidose können jedoch aufgrund fehlender bzw. widersprüchlicher Daten keine Aussagen gemacht werden.
Granulomatöse Hepatitis
In drei Fallbeobachtungsstudien [26]
[27]
[28] wird über 4 bis 24 Patienten mit granulomatöser Hepatitis berichtet. In zwei Fallserien werden Dosierungen von 0,5 bzw. 1 mg Prednison/kg/Tag angegeben. In der größeren Fallserie konnte bei 81 % ein komplettes Ansprechen, bei 9 % nur ein teilweises Ansprechen erreicht werden.
Renale Sarkoidose
Zwei Fallserien mit 17 [29] bzw. 47 [30] Patienten mit histologisch gesicherter renaler Sarkoidose bestätigen ein gutes Ansprechen auf Kortikosteroide. In beiden Publikationen zeigten die untersuchten Patienten initial eine deutlich eingeschränkte Nierenfunktion mit einer mittleren GFR von 26,8 ± 14 ml/min bzw. 20,5 ± 19 ml/min, entsprechend einer Niereninsuffizienz Stadium IV. Diese verbesserte sich unter der Steroidtherapie mit 0,5 bzw. 0,5 – 1 mg Prednison/kg auf eine GFR von etwa 50 ml/min nach 1 Jahr. Allerdings wurde in beiden Fallserien eine Relapsrate von 35 bzw. 36 % nach Beendigung der Steroidgabe beschrieben.
Kutane Sarkoidose
Die kutane Sarkoidose wird überwiegend mit topischen Steroiden oder intraläsionaler Applikation behandelt. Da sich das vorliegende Review ausschließlich mit systemischer Immunsuppression befasst, werden diese Applikationsformen an dieser Stelle nicht weiter berücksichtigt. Studien zur Wirkung systemischer Kortikosteroide liegen nicht vor. Allerdings ist davon auszugehen, dass systemische Kortikosteroide eine ähnliche Wirksamkeit zeigen wie topische Steroide.
Methotrexat (MTX)
Methotrexat ist bei vielen entzündlichen rheumatischen Erkrankungen das Immunsuppressivum der ersten Wahl. Es wird u. a. auch zur Einsparung von Kortikosteroiden verwendet. Eine randomisierte Plazebo-kontrollierte Studie konnte den steroidsparenden Effekt bei der Sarkoidose trotz der geringen Fallzahl belegen [30]. Eine weitere größere Studie, die allerdings nicht randomisiert und kontrolliert durchgeführt wurde [31], zeigte an 50 Patienten, die über 2 Jahre behandelt wurden, ebenfalls einen steroidsparenden Effekt.
Mehrere Fallserien bzw. Fallbeschreibungen [32]
[33]
[34]
[35]
[36]
[37]
[38]
[39] konnten bei unterschiedlichsten Organmanifestationen den steroidsparenden Effekt bestätigen. Im Rahmen eines Delphi-Prozesses wurde MTX von der WASOG (World Association of Sarcoidosis and Other Granulomatous Disorders) als Immunsuppressivum der ersten Wahl definiert [39].
Azathioprin
Azathioprin ist ein Purin-Nucleosid-Analogon, das in den aktiven Wirkstoff 6-Mercaptopurin umgewandelt wird. 6-Mercaptopurin hemmt mehrere Enzyme des Purinstoffwechsels und beeinflusst die DNA-Synthese. Es reduziert u. a. die Anzahl der B- und T-Lymphozyten sowie die Interleukin-2-Synthese. Eine erste Fallserie mit 11 Patienten von Müller-Quernheim et al. [40] zeigte auch für das Azathioprin einen steroidsparenden Effekt. In einer internationalen retrospektiven Kohorten-Vergleichsstudie wurde die Therapie von MTX (n = 145) mit Azathioprin (n = 55) verglichen, dabei konnte für das Azathioprin ein vergleichbarer Effekt wie für das MTX gezeigt werden [41].
Mycophenolat-Mofetil (MMF)
Mycophenolat-Mofetil (MMF)
Mycophenolat-Mofetil wird im Körper in Mycophenolsäure umgewandelt. Es ist ein Hemmer der Inosinmonophosphatdehydrogenase, einem Enzym der Purinneogenese. Vor allem proliferierende T- und B-Lymphozyten sind auf die De-novo-Synthese von Purinen angewiesen, während andere Zellarten über den Salvage-Pathway vorhandenes Purin nutzen können. MMF wirkt daher vor allem auf Lymphozyten zytostatisch. Es ist heute ein wichtiges Immunsuppressivum in der Organtransplantation zur Vorbeugung von Transplantatabstoßungen. Bei vielen Autoimmunerkrankungen wie z. B. dem systemischen Lupus erythematodes findet es aufgrund guter Studiendaten [42]
[43]
[44]
[45] jedoch eine breite „Off label“-Anwendung.
Zur Therapie der Sarkoidose liegen jedoch ausschließlich Fallbeschreibungen bzw. Fallserien vor. Eine retrospektive Analyse von 10 Patienten zeigte bei pulmonaler Sarkoidose einen steroidsparenden Effekt [46]. Die mittlere Prednisondosis konnte von 14,3 ± 13,3 auf 6,5 ± 2,3 mg reduziert werden. Bei vier der dokumentieren Patienten verbesserte sich gleichzeitig die funktionelle Vitalkapazität (FVC) und der radiologische Befund, die übrigen Patienten blieben im Verlauf stabil. Der Beobachtungszeitraum variierte von 8 – 66 Monaten.
Weitere Fallserien und Fallberichte zeigten auch bei renaler Sarkoidose einen steroidsparenden Effekt [47]
[48]
[49]
[50]. In einzelnen Fällen konnte die Nierenfunktion durch die zusätzliche Gabe von MMF weiter verbessert werden. Kontrollierte Studien zum Mycophenolat-Mofetil in der Therapie der Sarkoidose wurden bislang nicht durchgeführt.
Auch für die Neurosarkoidose berichten Fallserien [51] sowie Fallberichte [52]
[53] von einer Wirksamkeit des MMF. Eine weitere Manifestation, für die kasuistisch ein Effekt von MMF berichtet wird, ist die okuläre Sarkoidose [54].
Cyclosporin A
Cyclosporin A ist ein zyklisches Polypeptid, das von den Pilzen Tolpocladium inflatum und Cylindrocarpon lucidum gewonnen wird. Durch Komplexbildung mit Cyclophilin inhibiert es die enzymatische Wirkung von Calcineurin, was schließlich zu einer verminderten Produktion von Interleukin-2 führt, welches wiederum einen wichtigen T-Zell- und Makrophagenaktivator darstellt [55]. Für die Granulombildung sind diese Zellgruppen entscheidend, womit Cyclosporin A pathomechanistisch eine gute Therapieoption der Sarkoidose darstellen könnte.
Die einzige randomisierte, kontrollierte Studie zu Cyclosporin A bei pulmonaler Sarkoidose wurde von Wyser et al. vorgelegt [56]. Hierbei wurden 37 Patienten mit histologisch gesicherter Sarkoidose entweder mit Prednison-Monotherapie oder in Kombination mit Cyclosporin A behandelt. Beide Gruppen sprachen auf die Behandlung an, jedoch war weder nach 3, 9 noch nach 18 Monaten ein signifikanter Gruppenunterschied hinsichtlich Dyspnoegrad, Lungenfunktion, radiologischer Thoraxbefunde oder BAL (Broncho-Alveoläre Lavage) zu verzeichnen. Im Gegensatz dazu waren in der Cyclosporin A-Gruppe statistisch bedeutsam vermehrt unerwünschte Arzneimittelwirkungen wie Nierenfunktionseinschränkung und Hypertonie zu verzeichnen. Einen steroidsparenden Effekt – die einzige in dieser Situation noch rechtfertigende Indikation des Cyclosporin A – konnte die Gruppe jedoch auch nicht sicher nachweisen.
Ähnliche Schlüsse zogen Martinet und Kollegen bereits 1988, nachdem sie 20 Patienten mit gesicherter pulmonaler Sarkoidose mit Cyclosporin A behandelten. Sie konnten zwar einen In-vitro-Effekt auf die IL-2-vermittelte T-Zell-Aktivierung, jedoch keinen klinischen Benefit hinsichtlich Verbesserung der Vital- und Diffusionskapazität nachweisen [57].
Das in der Transplantationsmedizin nicht wegzudenkende Cyclosporin A gilt derzeit in der Behandlung der Sarkoidose als unwirksam. Eine Falldarstellung berichtet sogar von einer durch Cyclosporin A induzierten kutanen Sarkoidose [58].
Cyclophosphamid
Cyclophosphamid ist ein Zytostatikum aus der Gruppe der Alkylantien. Cyclophosphamid führt zu Einzel- und Doppelstrangbrüchen in sich schnell teilenden Zellen. Cyclophosphamid führt vor allem zur Depletion von CD4+-T-Helferzellen.
Der Einsatz von Cyclophosphamid wird in der Literatur nur kasuistisch [59]
[60] bzw. in einer kleinen Fallserie [61] vor allem in der Therapie der schwer verlaufenden Neurosarkoidose sowie bei der therapierefraktären kardialen Sarkoidose [62] als erfolgreich beschrieben.
Thalidomid
Das den Barbituraten verwandte Thalidomid hat neben seiner anti-VEGF-vermittelten Neovaskularisationshemmung auch antiinflammatorische Effekte, die über einen gesteigerten Abbau der TNF-α-mRNA und damit mit einer verminderten TNF-α-Expression erklärbar sind [63].
Thalidomid wurde ursprünglich als Sedativum entwickelt. Inzwischen findet es aber vor allem in seiner immunmodulatorischen und antiangiogenetischen Wirkung Anwendung. So konnte gezeigt werden, dass sich bei Sarkoidosepatienten Granulome unter Thalidomid zurückbilden [64]. Ältere Arbeiten hatten bereits bei anderen granulomatösen Erkrankungen wie Lepra und Tuberkulose positive Effekte auf die Granulome gezeigt [65]
[66]
[67].
Mehrere Fallserien mit 10 bis maximal 19 Patienten [68]
[69]
[70] zeigen besonders bei kutaner Sarkoidose ein gutes Ansprechen. Allerdings wurde in keiner der Publikationen eine Vergleichsgruppe mit Plazebo oder einer anderen Therapie mitgeführt. Während in einer Studie eine gewichtsadaptierte Thalidomiddosis (1,84 mg/kg) verwendet wurde, wurde in den anderen beiden Fallserien die Thalidomiddosis entweder langsam reduziert (Start 200 mg/d = > 100 mg/d) oder im Verlauf bei unzureichender Wirksamkeit gesteigert (50 mg/d = > 100 mg/d = > 200 mg/d). Allerdings traten je nach Publikation bei 20 % bis 50 % der behandelten Patienten neurologische Nebenwirkungen mit Entwicklung einer peripheren Neuropathie auf. Andere bekannte Nebenwirkungen, wie eine tiefe Beinvenenthrombose, wurden nur in einem Fall beschrieben.
Die Autoren beschreiben in einer Studie [71] außerdem zwar pulmonale radiologische Verbesserungen, die sich jedoch nicht in signifikanten Zunahmen der Vitalkapazität oder der CO-Diffusionskapazität widerspiegelten. Neben der Kutis gibt es für die Neurosarkoidose mehrere Einzelfallberichte über die Wirksamkeit von Thalidomid, auch wenn andere therapeutische Optionen wie Cyclophosphamid bereits versagt hatten [72]
[73]
[74].
Leflunomid
Leflunomid ist ein Prodrug, das im Körper rasch in den aktiven Wirkstoff Teriflunomid umgewandelt wird. Dieser hemmt die Dihydroorotatdehydrogenase, ein Enzym in der Pyrimidin-Neogenese. Hierdurch werden vor allem aktivierte Lymphozyten, die einen erhöhten Pyrimidinbedarf haben, gehemmt.
In zwei großen Fallserien wurde bei 76 bzw. 32 Patienten [75]
[76] mit systemischer Sarkoidose ein gutes Ansprechen gesehen. Bei vielen Patienten konnte nach 6 Monaten die Steroidtherapie beendet werden. Dokumentiert ist neben der pulmonalen Sarkoidose auch ein Ansprechen von Manifestationen der Augen, der Haut und des Herzens. Weitere Organmanifestationen wurden als Einzelfälle aufgeführt.
Antimalariamittel
Vor allem Hydroxychloroquin und geringer auch Chloroquin werden als Basistherapie vor allem in der Therapie verschiedener Kollagenosen (SLE, Sjögren-Syndrom) eingesetzt. Der genaue Wirkmechanismus auf das Immunsystem ist weiterhin unklar.
In einer kleinen randomisierten Plazebo-kontrollierten Studie [77] konnte ein positiver Effekt von Chloroquin auf pulmonale Funktionsparameter nachgewiesen werden. Daneben wurde die Wirksamkeit der Antimalariamittel vor allem bei der kutanen Sarkoidose in Einzelfällen und Fallserien belegt [78]
[79]
[80]
[81]
[82].
Pentoxyphyllin
Das ursprünglich in der pAVK-Therapie eingesetzte Pentoxyphyllin ist ein unspezifischer Phosphodiesterasehemmer, welcher die Spiegel proinflammatorischer Zytokine wie IL-2, IFN-γ und TNF-α und die Expression des IL-2-Rezeptors senken kann. Diese Zytokine sind, wie oben ausgeführt, in der Granulombildung und -aufrechterhaltung essentiell.
In einer doppel-blinden, randomisierten Studie behandelten Park et al. 27 Patienten mit histologisch gesicherter pulmonaler Sarkoidose entweder mit Prednison und Plazebo oder Prednison und Pentoxyphyllin [83]. Prednison wurde je nach Verträglichkeit während der Therapiephase ausgeschlichen. In den primären Endpunkten, Veränderung der Lungenfunktionsparameter und Dyspnoe-Score, fanden die Autoren keine signifikanten Unterschiede zwischen beiden Gruppen. In der Posthoc-Analyse konnten jedoch nach 8 und 10 Monaten ein geringerer Prednison-Bedarf und eine Tendenz zu einer verminderten Schubrate in der Verumgruppe ausgemacht werden. Ob dies angesichts einer Rate klinisch bedeutsamer Nebenwirkungen von > 90 % in der Pentoxyphyllin-Gruppe den Einsatz der Substanz rechtfertigt, scheint fraglich. Vorstellbar wäre eine Indikation bei Patienten mit Steroidintoleranz oder solchen, die durch eine längerfristige Steroidtherapie besonders gefährdet sind.
In einer älteren Arbeit konnte ein signifikanter Effekt auf Vitalkapazität und CO-Diffusion beschrieben werden [84]. Allerdings handelt es sich hierbei um eine Studie ohne direkten Vergleich mit einer Plazebo- oder einer Steroidmonotherapie-Gruppe.
Ein fester Stellenwert in der Sarkoidose-Therapie für Pentoxyphyllin kann aus der aktuellen Datenlage derzeit nicht abgelesen werden.
Ursodeoxycholsäure
In einer Fallserie mit insgesamt 17 Patienten konnte ein guter Effekt der Therapie mit Ursodeoxycholsäure auf die hepatische Sarkoidose gezeigt werden [85]. Die Leberwerte besserten sich, ebenso die Allgemeinsymptome wie Fatique und Juckreiz. Diesen Effekt zeigen auch mehrere Fallberichte [86]
[87]
[88]
[89].
TNF-alpha-Inhibitoren
Das proinflammatorische Zytokin TNF-α wird vorwiegend von Markophagen und anderen Antigen-präsentierenden Zellen produziert, um CD4+-T-Zellen zu attrahieren, die ihrerseits durch die Antigenpräsentation aktiviert werden und sich zur IL-2- und Interferon-γ (IFN)-produzierenden Th1-Subgruppe weiterentwickeln [55]. Eine gegen TNF-α gerichtete Therapie in der Sarkoidose scheint aus theoretischen Aspekten durchaus zielführend.
Die besten Daten existieren zu dem chimären TNF-α-Inhibitor Infliximab (IFX), dessen Wirksamkeit bei pulmonaler und extrapulmonaler Sarkoidose in größeren, doppel-blinden, randomisierten, kontrollierten Phase-II-Studien nachgewiesen wurde [90]
[91]. Judsen und Kollegen beschreiben hierbei an 138 Patienten die Wirksamkeit der TNF-α-Blockade durch IFX gegenüber Plazebo. Die Haut war dabei die zweithäufigste extrapulmonale Manifestation. Einschränkenderweise muss festgestellt werden, dass in dieser Arbeit der histologische Krankheitsnachweis in den extrapulmonalen Organen nicht verpflichtend war und dass ein übergreifendes, studienspezifisches, alle Organsysteme erfassendes Messinstrument zur Verlaufsbeobachtung eingesetzt wurde. Eine differenzierte separate Beobachtung des Ansprechens einzelner Organe gelang den Autoren nicht. Dennoch konnte ein signifikantes Ansprechen nach 24 Wochen Therapie beobachtet werden, was sich nach Absetzen des IFX nach weiteren 24 Wochen am Ende der Nachbeobachtung wieder mit der Plazebogruppe nivellierte. Die Autoren konnten keine gesicherten Vorteile einer höheren IFX-Dosierung mit 5 mg/kg KG im Vergleich zu 3 mg/kg KG nachweisen [91].
In einer retrospektiven Analyse über einen mittleren Zeitraum von rund 15 Jahren konnten Russel et al. die Langzeitwirksamkeit von IFX demonstrieren, wobei die mittlere Therapiedauer bei 46 Monaten lag [92]. Auffallend war eine deutlich bessere Wirkung des IFX auf extrapulmonale Läsionen. Kutane Läsionen bildeten sich in allen Patienten vollständig zurück. Positive Effekte auf die Vital- und Diffusionskapazität sowie die pulmonale Bildgebung erreichten erst in einer Subgruppenanalyse knapp das Signifikanzniveau. Darüber hinaus sind die Ergebnisse nur bedingt auf europäische Verhältnisse übertragbar, da die Studienpopulation hier weitgehend aus Afroamerikanern bestand, bei denen schwerere Verlaufsformen als bei Kaukasiern häufig sind.
Des Weiteren existieren Einzelfallberichte über die Wirksamkeit von IFX, wie zum Beispiel auf einen ZNS-Befall nach Cyclophosphamid-Versagen [93].
Zu anderen TNF-Blockern existieren Daten zu Adalimumab (ADA) und Etanercept (ETC). ADA wurde in einer kleinen randomisierten, doppel-blinden Studie gegen Plazebo getestet, wobei mit einer wöchentlichen Applikation von 40 mg s. c. eine sehr gute Wirksamkeit auf kutane Manifestationen beobachtet wurde [94]. Relevante Veränderungen in den pulmonalen Funktionstests bzw. der Bildgebung konnten die Autoren nicht verzeichnen. Andere Arbeiten fanden ebenfalls positive Effekte einer Therapie mit ADA [95]. ETC dagegen konnte keine relevante Wirksamkeit in der Therapie der pulmonalen oder extrapulmonalen Sarkoidose nachgewiesen werden [96]
[97].
Unter den TNF-α-Inhibitoren sind IFX und ADA nachweislich wirksam in der Sarkoidose-Behandlung. Ihre Stärken scheinen im Bereich der extrapulmonalen Manifestationsformen zu liegen, wobei sich abzeichnet, dass die Therapie kontinuierlich fortgesetzt werden muss, um anhaltende Effekte zu erzielen. Dabei sind häufige allergische Reaktionen und die Notwendigkeit der 4-wöchentlichen intravenösen Gabe des IFX nachteilig gegenüber dem subkutan durch den Patienten selbst applizierbaren ADA. Ein Head-to-head-Vergleich zwischen beiden Substanzen existiert bis dato für die Sarkoidose nicht. Die in Einzelfällen berichtete Exazerbation oder Triggerung einer Sarkoidose durch eine Anti-TNF-α-Therapie gilt es ebenfalls zu bedenken [98]
[99].
Rituximab
Rituximab ist ein Antikörper gegen CD20, ein Oberflächenantigen, das sich ausschließlich auf Zellen der B-Zellreihe findet. Interessanterweise finden sich einzelne Fallberichte zum Einsatz von Rituximab [100]
[101]
[102]. Diese ausschließlich gegen B-Zellen gerichtete Therapie genießt nach heutigem Kenntnisstand kein pathomechanistisches Korrelat in der Pathogenese der sarkoidalen Granulomentstehung. Sollten B-Zellen oder gar Antikörper hier eine Rolle spielen, wäre dies derzeit nicht bekannt, was dazu führt, dass keiner der zitierten Autoren den Wirkmechanismus erklären kann. Bei kritischer Betrachtung der genannten Fälle geht aus den meisten nicht zwingend hervor, dass Rituximab einen tatsächlichen Beitrag zum Therapieansprechen geleistet hat, da praktisch alle vorgestellten Patienten gleichzeitig mit teils hochdosierten Steroiden und anderen Immunsuppressiva behandelt worden waren. Sollte dennoch eine offensichtliche Wirkung beobachtet werden, muss immer hinterfragt werden, ob die histologisch gesehenen Granulome nicht doch Ausdruck einer ANCA-assoziierten Vaskulitis, die ebenfalls granulomatöse Entzündungen verursacht, sind.
Fazit
Besteht eine Therapieindikation, so sind Kortikosteroide die immunsuppressive Therapie der ersten Wahl. Bei unzureichender Wirksamkeit oder der Notwendigkeit einer längerfristigen Immunsuppression werden verschiedene Wirkstoffe eingesetzt, um Kortikosteroide einzusparen, deren Auswahl sich ganz wesentlich nach der Organmanifestation richtet. Für einige Organmanifestationen wurden inzwischen Vorschläge zum therapeutischen Vorgehen bei entsprechender Organbeteiligung gemacht. So wurde in einem Review von Hilderson et al. [103] ein Vorschlag zur Therapie der renalen Sarkoidose gemacht, die in [Abb. 1] dargestellt ist. Zur Therapie der pulmonalen Sarkoidose wurde von Baughman et al. [104] ein entsprechender Algorithmus einschließlich evidenzbasierter Empfehlungsgrade veröffentlicht, der in [Abb. 2] dargestellt ist. Nozaki et al. [105] haben ebenfalls einen Therapiealgorithmus für die Neurosarkoidose zusammengestellt ([Abb. 3]).
Abb. 1 Algorithmus zur Therapieentscheidung bei renaler Sarkoidose nach [103].
Abb. 2 Algorithmus zur Therapieentscheidung bei pulmonaler Sarkoidose nach [104].
Abb. 3 Algorithmus zur Therapieentscheidung bei Neurosarkoidose nach [105].
Über weite Strecken ist die immunusppressive Therapie der Sarkoidose aber nur durch eine geringe Evidenz gesichert und die verschiedenen immunsuppressiven Therapieschemata bzw. Wirkstoffe sind allenfalls durch retrospektive Analysen von Fallserien, in einigen Situationen sogar nur durch Einzelfallberichte abgesichert. Eine Übersicht über die Evidenz der verschiedenen Wirkstoffe bei den unterschiedlichen Organmanifestationen ist in [Tab. 3] zusammengetragen, die zugrunde liegende Einteilung der Evidenzgrade ist in [Tab. 4] zusammengestellt. Insgesamt wären dringend gute prospektive Studien zu den verschiedenen Wirkstoffen erforderlich, um eine so häufige Erkrankung wie die Sarkoidose mit ausreichender Evidenz behandeln zu können.
Tab. 3
Die Tabelle zeigt den Evidenzgrad für die verschiedenen Wirkstoffe in der Therapie der jeweiligen Organmanifestationen der Sarkoidose.
|
Lunge
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Leber
|
Niere
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Haut
|
ZNS
|
Gelenke
|
Augen
|
Herz
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Steroide
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I b
|
III
|
III
|
III
|
|
|
IV
|
III
|
Azathioprin
|
II a
|
|
IV
|
|
|
|
|
|
MTX
|
II a
|
|
|
II b
|
II b
|
|
|
|
Leflunomid
|
II b
|
|
|
IV
|
|
|
IV
|
IV
|
CQ/HCQ
|
I b
|
|
|
II b
|
|
IV
|
|
|
MMF
|
III
|
|
IV
|
|
IV
|
|
IV
|
|
TNF-α-Blocker
|
uneinheitliche Daten
|
IV
|
III
|
I b
|
III
|
kein Effekt
|
III
|
|
Pentoxyphyllin
|
kein wesentlicher Effekt
|
|
|
IV
|
|
|
|
|
Cyclosporin
|
kein Effekt
|
|
|
IV
|
IV
|
|
|
|
Thalidomid
|
IV
|
|
|
III
|
IV
|
|
|
|
Cyclophosphamid
|
|
|
|
|
III
|
|
|
IV
|
Ursodesoxycholsäure
|
|
III
|
|
|
|
|
|
|
Rituximab
|
IV
|
|
|
|
|
|
III
|
|
Tab. 4
Evidenzgrade, die der Einteilung in [Tab. 3] zugrunde liegen.
|
|
|
|
|
|