Definition
Eine pulmonale Hypertonie liegt dann vor, wenn der pulmonal-arterielle Mitteldruck (mPAP) 25 mmHg übersteigt [1]. Definitionsgemäß wird die Diagnose der pulmonalen Hypertonie somit invasiv mittels Rechtsherzkatheter gestellt. Echokardiografisch kann der mPAP zwar geschätzt bzw. aus dem systolischen Druck berechnet werden [2], aufgrund von Limitationen (Untersucherabhängigkeit, Schallqualität, Trikuspidalinsuffizienz) eignet sich die Echokardiografie aber vor allem zum Screening und als Verlaufsparameter. Andere Methoden, insbesondere die Bildgebung mittels Magnetresonanztomografie [3], werden bisher in der Klinik noch nicht routinemäßig angewendet.
Andere Kriterien neben dem mPAP, wie beispielsweise das Herzminutenvolumen, der Wedge-Druck (genauer der pulmonale kapilläre Verschlussdruck [PAOP]), der pulmonale vaskuläre Widerstand oder der transpulmonale Gradient (als Differenz zwischen dem pulmonalen Mitteldruck und dem kapillären Verschlussdruck), werden zur Diagnose nicht oder nur zur weiteren pathophysiologischen Einteilung der pulmonalen Drucksteigerung benötigt. Unterschieden wird des Weiteren eine präkapilläre pulmonale Hypertonie, bei der die Drucksteigerung in der Regel in den Widerstandsgefäßen vor dem kapillären Gefäßbett der Lunge stattfindet und mit einem niedrigen PAOP (< 15 mmHg) sowie mit einem erhöhten transpulmonalen Gradienten (TP > 12 mmHg) einhergeht, und eine postkapilläre pulmonale Hypertonie, bei der sich die Drucksteigerung vom linken Herzen quasi über die Drucksäulen des pulmonal-venösen Systems auf die rechtsventrikuläre Seite überträgt. Letztere geht mit einem erhöhten PAOP einher und wird je nach Verhalten des transpulmonalen Gradienten in eine passive (TP < 12 mmHg) oder in eine reaktive (TP > 12 mmHg) Form „out-of-proportion“ unterteilt [4]
[5].
Klinisch werden nach der Einteilung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fünf verschiedene Gruppen der pulmonalen Hypertonie unterschieden: die pulmonal-arterielle Hypertonie (PAH, WHO Klasse 1), die pulmonale Hypertonie im Zusammenhang mit Erkrankungen des linken Herzens (WHO Klasse 2) bzw. der Lunge (WHO Klasse 3), die chronisch-thromboembolisch bedingte Drucksteigerung (WHO Klasse 4) sowie die pulmonale Hypertonie als Folge verschiedener Entitäten (WHO Klasse 5), welche sich nicht einer der anderen vier Klassen zuordnen lassen. Während die PAH mit einer Inzidenz von 1 auf 2 – 15 Millionen pro Einwohner und Jahr eine seltene Krankheit ist [6], repräsentiert der Überbegriff der pulmonalen Hypertonie ein klinisch häufigeres Krankheitsbild, wobei genaue epidemiologische Zahlen diesbezüglich fehlen.
Pathogenese
Interessanterweise münden verschiedene klinische Formen der pulmonalen Hypertonie in eine gemeinsame pathogenetische Endstrecke (final common pathway), wobei dies sowohl pathologisch-anatomisch [7] wie auch molekular [8] zutrifft. Die pathogenetische Trias aus Vasokonstriktion, in situ Thrombosierung und Remodelling beeinflussen und bedingen sich gegenseitig, wobei die Vasokonstriktion wahrscheinlich einem eher frühen Krankheitsstadium entspricht. In der durch Hypoxie experimentell induzierten pulmonalen Hypertonie werden allerdings auch spezifische vaskuläre Veränderungen im Sinne eines Remodellings bereits nach wenigen Wochen beobachtet. Für den Krankheitsverlauf ist das Remodelling von besonderer Bedeutung, da Chronizität und Unheilbarkeit der Erkrankung hauptsächlich durch den pulmonalen Gefäßumbau bestimmt werden.
Auf histologischer Ebene zeigt sich das Remodelling als Verdickung der Intima und zwiebelschalenartigem Wachstum der Gefäßendothelien mit Ausbildung einer Neo-Intima und deutlicher Einengung des Gefäßlumens sowie als überschießende Proliferation der glatten Muskelzellen mit Ausbildung einer stark muskularisierten Media (Media-Hypertrophie) und Transmigration der Muskelzellen aus der Media in die Intima [9]. Diese Veränderungen werden in unterschiedlich starker Ausprägung bei allen Formen der pulmonalen Hypertonie gefunden [10]. Einzig plexiforme Läsionen, also septierte, netzartige Unterteilungen des Gefäßlumens, sind pathognomonisch für die PAH [11].
In den letzten Jahren sind verschiedene Faktoren als mögliche Trigger für den Gefäßumbau untersucht worden (zusammengefasst in [8]
[9]
[10]
[11]
[12]): inflammatorische Zytokine (Interleukin (IL-) 1 und 6 [13]
[14]) und Entzündungszellen (z. B. durch ein unterschiedliches mRNA-Profil der zirkulierenden B-Lymphozyten [15]), Chemokine (Fractalkine [16]
[17]
[18]
[19]), Transkriptionsfaktoren wie z. B. Nuclear Factor of Activated T-cells (NFAT [20]), die Inhibierung spannungsabhängiger Kalium-Kanäle durch Hypoxie [21], mitogen aktive Transmitter (Serotonin [22]
[23]) usw. Genetische und nicht-genetische Veränderungen des bone morphogenetic protein receptor type II (BMPR2) sind aber die wichtigsten Faktoren.
Der BMPR2 ist ein Protein aus der Transforming Growth-Factor-beta-Familie, welche Wachstum und Differenzierung von Zellen steuert. Der BMPR2 ist auf der Zelloberfläche von Endothelien und glatten Muskelzellen lokalisiert und, nach Bindung eines entsprechenden Liganden (i. e. BMP-2, – 4, – 9 welche parakrin von zirkulierenden Mono- und Lymphozyten oder autokrin von Gefäßendothelien produziert werden), phosphoryliert der BMPR2 einen Partnerrezeptor (BMPR1), was über verschiedene Smad-Transkriptionsfaktoren, inhibitors of differentiation und Zellzyklusproteine eine proliferationshemmende intrazelluläre Signalkette in Gang setzt [24].
Mutationen im BMPR2, der auf dem langen Arm des Chromosoms 2 kodiert wird, wurden im Zusammenhang mit der PAH erstmals 2000 beschrieben [25] und werden in ca. 80 % der familiären sowie in bis zu 25 % der idiopathischen PAH gefunden, weshalb diese Formen heute als hereditäre PAH bezeichnet werden [24]. Träger der Mutation weisen generell einen schwereren Krankheitsverlauf auf [26]. BMPR2-Mutationen sind auch bei der veno-okklusiven Form der PAH beschrieben worden [27]. Die genetischen Veränderungen des BMPR2 sind in die WHO-Einteilung der pulmonalen Hypertonie aufgenommen worden, ein genetisches Screening wird im klinischen Setting aber nicht generell empfohlen.
Darüber hinaus sind nicht-genetische Dysregulationen im Sinne einer verminderten Expression auch in anderen Formen der pulmonalen Hypertonie beschrieben worden, so z. B. bei Patienten mit Linksherzinsuffizienz [28], bei kongenitalen Herzerkrankungen [29], in der Hypoxie-induzierten pulmonalen Hypertonie und in verschiedenen Tiermodellen [30]
[31]. Bis vor kurzem ist darüber debattiert worden, ob es sich bei diesen nicht-genetischen Veränderungen um rein deskriptive Phänomene ohne pathogenetische Konsequenzen handelt. Mittlerweile konnte gezeigt werden, dass ein funktionell intakter BMPR2-Signalweg für die strukturelle und pathophysiologische Integrität der Lungenstrombahn von entscheidender Bedeutung ist.
mikroRNAs
Als wichtige Regulatoren für die Expression des BMPR2 konnten in den letzten Jahren mikroRNAs (miR) identifiziert werden. Seit dem Erstbeschrieb einer möglichen pathogenetischen Assoziation von miR und der Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie [32] sind mehrere wichtige Publikationen erschienen, welche die Bedeutung von miR, von BMPR2 [33]
[34] und insbesondere von miR in der Regulation von BMPR2 im Zusammenhang mit dem pulmovaskulären Remodelling untermauert haben.
MiR sind kleine, nicht-kodierende RNA-Fragmente, welche aus 20 – 22 Nukleotiden zusammengesetzt sind. Nach Transkription aus der entsprechenden genetischen Information auf der Desoxyribonukleinsäure (DNA) unterlaufen diese „preliminary transcripts“ einen Reifungsprozess in speziellen Enzymsystemen (z. B. Drosha, Dicer, wobei letzteres bei der Hypoxie-induzierten pulmonalen Hypertonie ebenfalls reduziert exprimiert gefunden wurde [35]). Dadurch entstehen reife, einzelsträngige miR, welche mittels Watson-Crick-Basenpaarung an die 3’UTR (untranslated region) der mRNA eines Zielgenes binden und so dessen Translation in ein Protein direkt oder über Degradation der mRNA verhindern. Es handelt sich damit um einen posttranskriptionellen Mechanismus, der sich vor allem auf Proteinebene bemerkbar macht. Vereinfacht gesagt, werden miR generell mit Prozessen assoziiert, welche zu einer verminderten Genexpression (gene silencing) führen ([
Abb. 1
]). Über hemmende Transkriptionsfaktoren kann dies natürlich auch zu einem positiven Feedback-Loop im Sinne von „Minus × Minus gibt Plus“ führen [36]. Die Bedeutung des zur entsprechenden miR komplementären „passenger-strands“ ist umstritten – er hat jedoch ein komplett anderes Spektrum an Zielgenen und spielt somit für ein bestimmtes Zielprotein einer miR bzw. für die Untersuchung einer bestimmten Krankheit keine Rolle. MiR werden zudem nicht nur innerhalb der Zelle gefunden, sondern können auch innerhalb von Exosomen sezerniert werden. Damit können miR auch „horizontal“ zwischen verschiedenen Zellen transferiert werden und (patho)physiologische Mechanismen unabhängig von der ursprünglichen Zelle beeinflusst werden [37]
[38]. Sekretorische miR sind zudem als Biomarker interessant.
Abb. 1 Übersicht über die Entstehung von mikroRNA. MikroRNAs sind kleine, nicht-kodierende RNA-Fragmente, welche aus 20 – 22 Nukleotiden zusammengesetzt sind. Nach Transkription aus der entsprechenden genetischen Information auf der Desoxyribonukleinsäure (DNA) unterlaufen diese „preliminary transcripts“ einen Reifungsprozess in speziellen Enzymsystemen (Drosha, Dicer). Dadurch entstehen reife, einzelsträngige miRs, welche mittels Watson-Crick-Basenpaarung an die 3ʼUTR (untranslated region) der mRNA eines Zielgenes binden und so dessen Translation in ein Protein direkt oder über Degradation der mRNA verhindern. Es handelt sich damit um einen posttranskriptionellen Mechanismus, der sich vor allem auf Proteinebene bemerkbar macht. Exosomale mikroRNA werden in die Zirkulation sezerniert und bewirken einen „horizontalen Transfer“ zwischen einer Ursprungszelle und Zielzellen (adaptiert nach [64]).
Verschiedene miR binden an die 3’UTR der BMPR2-mRNA und führen so theoretisch zu einer verminderten Expression des BMPR2 auf Endothelien und glatten Gefäßmuskelzellen. Die Bedeutung dieser miR ist bereits untersucht worden oder ist Gegenstand laufender Forschungsarbeiten. Dabei geht es primordial um die Rolle von miR in der Pathogenese des pulmonalen Gefäßumbaus; andere Arbeiten fokussieren auf die Verwendung von miR als kausal-therapeutische Angriffspunkte. In der Folge werden die aktuellen Daten zu miR und pulmonaler Hypertonie vorgestellt, eine Kurzübersicht gibt zudem [
Tab. 1
], und die verschiedenen Signalwege sind in [
Abb. 2
] zusammengestellt.
Tab. 1
Überblick über die wichtigsten mikroRNAs im Kontext der pulmonalen Hypertonie (PH).
mikroRNA
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Effekt
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Referenz
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miR-17 p
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Aufreguliert in Hypoxie- und Monocrotalin-induzierter PAH. Inhibierung begünstigt experimentelle PH.
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Pullamsetti et al., 2012 [40]
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miR-20a
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BMPR2-Expression ist bei Inhibierung durch AntagomiR-20a reduziert. Antagonisierung von miR-20a reduziert die experimentelle PH.
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Brock et al., 2012 [41]
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miR-124
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Vermindert in den glatten Muskelzellen der Media und in den Fibroblasten der Gefäßadventitia. Steuert die perivaskuläre Inflammation.
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Kang et al., 2013 [44]
Wang et al., 2014 [45]
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miR-125a
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Im Serum von Patienten mit präkapillärer pulmonaler Hypertonie vermindert. Potenzieller Biomarker.
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Huber et al, 2013 [47]
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miR-130
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Erhöhte Zellproliferation über Inhibierung von CDKN1A.
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Brock et al., 2013 [62]
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miR-145
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Deutlich erhöhte Spiegel bei PAH. Eine Antagonisierung scheint protektiv zu wirken.
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Caruso et al., 2012 [49]
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miR-150
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Im Serum von Patienten mit PAH vermindert vorhanden. Spiegel korrelieren mit Mortalität. Potenzieller Biomarker.
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Rhodes et al., 2012 [63]
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miR-204
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Weniger exprimiert in Hypoxie- und Monocrotalin-induzierter PH. Erhöhte Exprimierung von miR-204 reduziert die experimentell induzierte PH.
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Courboulin et al., 2011 [51]
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miR-21
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Überexprimiert in hypoxischer PH. Antagonisierung von miR-21 begünstigt die Entwicklung einer PH.
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Yang et al., 2012 [42]
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(miR-22) (miR-30) (let-7)
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Alle signifikant vermindert vorhanden. Es zeigten sich allerdings deutliche Unterschiede je nach Zeitpunkt und experimentellem Modell.
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Caruso et al., 2010 [35]
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(miR-322) (miR-451)
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Beide deutlich verstärkt vorhanden. Die miR-322 fiel nach 21 Tagen unter hypoxischen Konditionen bzw. nach Monocrotalin-Injektion wieder auf das Level der Kontrollgruppe.
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Caruso et al., 2010 [35]
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miR-424 miR-503
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Vermindert vorhanden in PH. Interaktion mit Apelin-Signalweg. Rescue-Expression verbessert das pulmonale Gefäßremodelling.
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Kim et al., 2013 [53]
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Abb. 2 Übersicht über die Zielgene von mikroRNAs, die bei der Entstehung und morphologischen Fixierung von pulmonaler Hypertonie bekannt sind (Details siehe Tab. 1 und Text, ergänzt nach [65]).
miR-17/miR-20
Die Assoziation von miR-17/-20 und der Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie wurde vor etwas mehr als vier Jahren postuliert [32].
miR-17 und miR-20 werden in einem cluster (miR-17/-92) kodiert, der mehrere miR umfasst. Dieser wird durch inflammatorische Zytokine, insbesondere das bei PAH-Patienten erhöht zirkulierende [13] und mit einer schlechteren Prognose [14] assoziierten IL-6 induziert. IL-6 agiert hauptsächlich über STAT3 (signal transducer and activator of transcription), seinen wichtigsten Transkriptionsfaktor, welcher wiederum an den Promoter von c13orf25 bindet. Diese phylogenetisch hochkonservierte Bindung führt zur Aufregulierung der reifen miR-17 und miR-20, welche konsekutiv an die mRNA von BMPR2 binden und so dessen Translation in das Protein verhindern. Dieser Mechanismus bietet in vitro eine erste Erklärung für die bis anhin nur rein deskriptiv festgestellte verminderte Expression von BMPR2 in verschiedenen Formen der pulmonalen Hypertonie. Das in plexiformen Läsionen nachgewiesene, konstitutiv aktive STAT3 [39] macht diese Hypothese zusätzlich attraktiv, da der Signalweg dann auch ohne erhöhten IL-6-Spiegel aktiv ist. Unterdessen wurde die wichtige Rolle von miR-17 und miR-20 wiederholt bestätigt: Caruso und Mitarbeiter erstellten ein miR-Profil während der Entwicklung einer experimentellen pulmonalen Hypertonie durch Hypoxie und Monocrotalin und fanden beide miR ebenfalls aufreguliert, wobei eine statistische Signifikanz nur im Monocrotalin-Modell gesehen wurde. Die Antagonisierung von miR-17 mittels intravenös applizierten AntagomiRs (siehe unten) korrigierte sowohl in der Hypoxie-induzierten pulmonalen Hypertonie wie auch im Monocrotalin-Model die BMPR2-Expression im Lungengewebe und führte zu einer deutlichen Verbesserung der rechtsventrikulären Hämodynamik (mPAP, rechter Ventrikel/rechtes Atrium) [40]. Auch die Hemmung der miR-20 – welche sich strukturell nur durch 2 Nukleotide von der miR-17 unterscheidet, in vitro allerdings eindrücklichere Effekte auf den BMPR2 gezeigt hatte [32] – führte zu einer funktionellen Normalisierung des BMPR2 auf der Zelloberfläche, was in einem signifikant verminderten Gefäßremodelling der pulmonalen Arteriolen und einer geringeren rechtsventrikulären Hypertrophie resultierte [41]. Die Effekte auf den Gefäßumbau waren dabei am ehesten durch eine verminderte Proliferation der glatten Muskelzellen bedingt.
miR-21
Die miR-21 kommt beim gesunden Menschen vor allem in distalen Lungenarteriolen sowie in der glatten Gefäßmuskulatur vor, was sie zu einem wichtigen Kandidaten im Kontext mit pulmonaler Hypertonie macht. Momentan ist die Rolle der miR-21 bei PAH kontrovers: Es gibt Daten, die zeigen erhöhte Levels von miR-21, andere zeigen eine deutliche Verminderung der miR-21 in PAH [35]
[42]
[43]. Wir favorisieren die Meinung, dass die miR-21, welche ebenfalls den BMPR2 antagonisiert, in PAH aufreguliert ist und so die Proliferation von pulmonalen Endothelien und Gefäßmuskelzellen erhöht. Eine Überexpression dieser miR führte entsprechend zu einer erhöhten Proliferation der human pulmonary artery smooth muscle cells. Zudem haben diverse andere Studien gezeigt, dass die miR-21 eine wichtige Rolle für den pulmonalen Gefäßumbau spielt [42].
miR-124
Kürzlich publizierte Arbeiten haben gezeigt, dass die miR-124 in pulmonary artery smooth muscle cells [44] und in Fibroblasten der pulmonalen Gefäßadventitia reduziert vorhanden ist [45]. Interessanterweise ist die miR-124 auch bei verschiedenen malignen Tumoren vermindert exprimiert, was mit einem aktivierten Phänotyp und einer vermehrten Proliferation und Migration von Zellen in Verbindung gebracht worden ist. In Muskelzellen interagiert miR-124 mit dem Transkriptionsfaktor NFAT, der bereits mit anderen mikroRNAs und der Pathogenese der pulmonalen Hypertonie in Zusammenhang gebracht wurde (siehe miR-204). In Fibroblasten von Patienten mit pulmonaler Hypertonie konnte durch die experimentelle Überexpression von miR-124 gezeigt werden, dass MCP-1 (monocyte chemoattractive protein-1), ein wichtiges Chemokine für mononukleäre Zellen, durch eine direkte Interaktion mit dem Zielgen in verminderten Konzentrationen gebildet wird. Umgekehrt konnte durch die Antagonisierung von miR-124 eine Erhöhung von MCP-1 erreicht werden: Die miR-124 scheint demnach entscheidend für die perivaskuläre Inflammation bei der pulmonalen Hypertonie verantwortlich zu sein. In eleganten Folgeexperimenten zeigten die Autoren zudem, dass die Expression der miR-124 in Fibroblasten durch epigenetische Mechanismen (in diesem Fall durch acetylierende Modifikationen von Histonen) kontrolliert wird, was gleichzeitig die Möglichkeit für therapeutische Interventionen bieten könnte [46].
miR-125
miR-17 und miR-20 sind, wie oben erwähnt, antagonisierbar, sodass der pulmonale Gefäßumbau verhindert oder – wenn bereits etabliert – im Sinne eines „reverse remodellings“ verbessert werden kann. Allerdings sind beide miR, zumindest was das Hypoxie-Modell betrifft, unter 10 % Sauerstoff nicht signifikant erhöht, weshalb die Suche nach weiteren, kausalen miR weitergeht. Als interessanter Kandidat konnte die miR-125 identifiziert werden, welche ebenfalls BMPR2 als Zielgen hat. Präliminäre Daten haben gezeigt, dass der Serumspiegel der miR-125 negativ mit dem pulmonal arteriellen Mitteldruck korreliert, d. h., je höher der pulmonale Mitteldruck ist, desto weniger miR ist im Serum vorhanden. Im experimentellen Modell der Hypoxie-induzierten pulmonalen Hypertonie wurden in hypoxischen Tieren (welche eine pulmonale Hypertonie entwickeln) ebenfalls verminderte Werte zirkulierender miR-125 gemessen, im Lungengewebe fanden sich allerdings erhöhte Werte. Die tiefen Serumwerte könnten somit Ausdruck des erhöhten intrazellulären Umsatzes sein, alternativ kann der verminderte Export durch die bei der pulmonalen Hypertonie bekanntermaßen gestörte Funktion von Dicer [35] bedingt sein. Ob die miR-125 ein interessanter Kandidat für einen pathogenetisch relevanten Biomarker im Serum von Patienten mit pulmonaler Hypertonie wird, muss allerdings in größeren, prospektiven Studien bestätigt werden [47].
miR-145
Cheng et al. zeigten 2009, dass die miR-145 in der Media der Gefäßwand übermäßig exprimiert ist, sie wird deshalb auch als phänotypischer Marker und Modulator der glatten Muskulatur betrachtet [48]. Die miR-145 scheint auch in der Entwicklung einer pulmonalen Hypertonie eine wichtige Rolle zu spielen. So hat die Gruppe um Caruso gezeigt, dass sich bei Wildtyp- Mäusen unter hypoxischen Bedingungen die Expression von miR-145 deutlich erhöht [35]. In miR-145-Knockout-Mäusen und in anti-miR behandelten Mäusen kam es, gemessen anhand des systolischen rechtsventrikulären Druckes, der rechtsventrikulären Hypertrophie und dem Anteil des pulmonalen Gefäßumbaus, nicht zur Entwicklung einer Hypoxie-induzierten pulmonalen Hypertonie. Eine Defizienz von miR-145, aber auch eine Reduktion der miR-145 via anti-miR-Behandlung scheint somit einen protektiven Effekt zu haben. Zudem wurde im Lungengewebe von Patienten mit PAH eine deutliche Hochregulierung von miR-145 festgestellt, vermutlich über eine Mutation in BMPR2. Ob die Überexpression von miR-145 auch in der Hypoxie-induzierten pulmonalen Hypertonie über den BMPR2 zustande kommt (z. B. über die in der Hypoxie beschriebene Dysregulation von BMPR2), ist unklar [49].
miR-150
Ein Screening der gesamten im Plasma von Patienten mit PAH vorhandenen RNA zeigte, dass vor allem die miR-150 weniger stark exprimiert ist. Diese Beobachtung konnte in zwei verschiedenen Kohortenstudien gemacht werden. Die miR-150 scheint ein sehr guter Prädiktor des Krankheitsverlaufs zu sein, da die miR-150-Werte im Plasma signifikant mit dem 2-Jahres-Überleben korrelieren [50]. Je weniger zirkulierende miR-150 im Plasma vorhanden ist, desto geringer ist somit die Überlebenswahrscheinlichkeit des Patienten. Wieso die Menge an zirkulierender miR-150 bei Patienten mit PAH vermindert ist, bleibt noch unklar, ebenso die Frage, aus welchen Zellen die miR-150 freigesetzt wird.
miR-204
Eine weitere, gut untersuchte miR ist die miR-204. Sie wurde im Tierexperiment und im Gewebe von PAH-Patienten reduziert gefunden und konnte zudem mit dem Schweregrad der pulmonalen Hypertonie assoziiert werden. Ihre verminderte Expression führt zu einem Überhang des Signalweges src-STAT3-NFAT, wobei die beiden letzteren wiederholt im Zusammenhang mit der Pathogenese des pulmonalen Gefäßumbaus beschrieben wurden. Damit scheint es zu einem pro-proliferativen, anti-apoptotischen Phänotyp der glatten Gefäßmuskelzellen zu kommen. Die miR-204 wirkt auf die Regulation des STAT3-miR-17/-92 Signalweges und könnte diesen zumindest hypothetisch verstärken. Zudem hat die aerosolisierte intratracheale Verabreichung von miR-204 im Tiermodell zu einer signifikanten Abnahme des Remodellings und zu einer Normalisierung der pulmonalen Hämodynamik geführt. Sie stellt damit eine wichtige, potenziell kausal-therapeutische Option für Patienten mit pulmonaler Hypertonie dar [51].
miR-424 und miR-503
Ein wichtiger Signalweg in der Steuerung des vaskulären Remodellings involviert Apelin, welches an einen G-Protein-gekoppelten Rezeptor auf Gefäßendothelien bindet und unter anderem die endotheliale Stickstoffmonoxid-Synthese ankurbelt. In Patienten mit pulmonaler Hypertonie sind verminderte Apelin-Serumwerte beschrieben, und Apelin-Knockout-Mäuse zeigen in hypoxischen Bedingungen eine stärkere Zunahme der pulmonalen Hypertonie als Wildtyp-Kontrollen [52]. Eine kürzlich publizierte Studie konnte zudem zeigen, dass in pulmonal-arteriellen Endothelzellen von PAH-Patienten der Apelin-Signalweg aufgrund von vermindert exprimierten miRs, nämlich miR-424 und miR-503, gestört ist. Dies wiederum führt zu einer verstärkten Reaktion von Wachstumsfaktoren (fibroblast growth factor FGF2) und vermehrter Proliferation von Gefäßzellen. Die therapeutische Verabreichung von miR-424 und miR-503 reduzierte im experimentellen Modell das vaskuläre Remodelling und bietet somit ebenfalls einen interessanten kausalen Therapieansatz [53].
miR-22, miR-30, let-7, miR-322 und miR-451
miR-22, miR-30, let-7, miR-322 und miR-451
In den Tiermodellen von Caruso und Kollegen wurden folgende miRs signifikant verändert vorgefunden: miR-322, miR-451, miR-22, miR-30 und let-7 [35]. Dabei waren die miR-451 und 322 deutlich verstärkt vorhanden, die miR-322 allerdings fiel nach 21 Tagen unter hypoxischen Konditionen bzw. nach Monocrotalin-Injektion wieder auf das Level der Kontrollgruppe. Die miR-22, 30c, let-7a und let-7f wurden als signifikant vermindert gemessen, auch hier zeigten sich allerdings deutliche Unterschiede je nach Zeitpunkt und experimentellem Modell.
Diese Unterschiede widerspiegeln vermutlich die pathophysiologische Art, wie beide Modelle eine pulmonale Hypertonie induzieren: Die Hypoxie führt primär zu einer Vasokonstriktion, sie stimuliert zudem Veränderungen in allen Gefäßschichten, führt im Unterschied zur Monocrotalin-Injektion allerdings kaum zu einer Entzündungsantwort.
Die bioinformatische Analyse, ebenfalls von Caruso und Kollegen durchgeführt, wies darauf hin, dass vor allem die in diesem Abschnitt erwähnten miRs mehrere gemeinsame Zielgene haben [35]. Diese Eigenschaft der miR weist auf die komplexe Regulierung von solchen „targets“ hin.
Therapie/Perspektive
Schweregrad, Prognose und Chronizität der pulmonalen Hypertonie werden über das pulmonal-vaskuläre Remodelling definiert. Die heute verwendeten spezifischen Vasodilatatoren haben zwar Lebensqualität und Mortalität der P(A)H-Patienten enorm verbessert, die pulmonale Hypertonie bleibt aber eine schwere, unheilbare Erkrankung ohne kausale Therapie. Der Off-Label-Einsatz von Tyrosinkinaseinhibitoren (Imatinib) hat in Fallbeschreibungen zwar zu einer Abnahme des pulmonalen Mitteldrucks und im experimentellen Modell zu einem „reverse Remodelling“ geführt, die Euphorie wurde in der IMPRES-Studie allerdings durch das Auftreten schwerwiegender unerwünschter Wirkungen (Subduralhämatome) gedämpft [54]; beim Einsatz eines anderen Tyrosinkinasehemmers (Dasatinib) wurde sogar die Entstehung einer pulmonalen Hypertonie beschrieben [55]. Aufgrund der Komplexität der multiplen Tyrosinkinasen ist der ideale Hemmer zur Behandlung der pulmonalen Hypertonie aktuell nicht vorhanden. Es bleibt auch unklar, ob miRs, welche die Expression dieser Tyrosinkinase-Rezeptoren (z. B. PDGF-R) steuern, hier eine therapeutische Rolle spielen können.
Neben ihrem Effekt auf den Gefäßumbau wirken miRs – indirekt oder direkt – auch auf die Kardiomyozyten des rechten Ventrikels. Die meisten experimentellen Studien haben zwar nicht untersucht, ob die Veränderungen der rechtsventrikulären Hypertrophie direkt durch AntagomiRs oder die Überexpression von miRs verursacht werden. Die miR-21 wurde aber wiederholt mit der Entstehung einer kardialen Fibrose [56]
[57] und der rechtsventrikulären Funktion [58] beschrieben und könnte in diesem Zusammenhang als rechtsventrikuläre „PH-targeted“-Therapie interessant werden.
AntagomiRs sind spezifische Antagonisten von miRs [59], sie werden als komplementäre Sequenz designed und zur Erhöhung der biologischen Stabilität mit einem Cholesterol-Ester oder einem verstärkten „backbone“ (LNA) modifiziert. AntagomiRs können intravenös, intraperitoneal oder per Inhalation appliziert werden und weisen kaum einen hepatischen First-Pass-Effekt auf, ihre Halbwertszeit scheint mehrere Tage zu betragen. Im Vergleich zu siRNA sind AntagomiRs kürzer und damit spezifischer, auch sind ihre Nebenwirkungen geringer. Der Einsatz von AntagomiRs scheint im Tiermodell gut tolerabel zu sein (gemessen am Verhalten der Tiere sowie an der hepatischen Interferon-Antwort als Surrogatmarker); auch in klinischen Studien bei Hepatitis C-Patienten, bei denen die miR-122 gehemmt wird, ist die Verträglichkeit gut [60]
[61]. Ein mögliches Problem stellen „off-target“-Effekte dar, d. h. Medikamentenwirkung außerhalb des gewünschten Zielorgans. Um den Wirkstoff vorwiegend in der Lunge zu applizieren, bietet die Verabreichung per Inhalation eine elegante Methode, welche zumindest im Tiermodell bereits erfolgreich angewendet wurde [51]. Diese präliminären Daten machen miRs zu einem attraktiven therapeutischen „target“ und AntagomiRs zu einem potenziell kausalen Therapieansatz in der Behandlung des Gefäßumbaus bei der pulmonalen Hypertonie.