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DOI: 10.1055/s-0034-1367478
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Publication History
Publication Date:
11 April 2014 (online)
- Anamnese und klinischer Befund
- Laborbefund
- Histologischer Befund
- Histologische Begutachtung
- Auflösung
- Literatur
Anamnese und klinischer Befund
Ein 28-jähriger Soldat der Bundeswehr stellte sich in der dermatologischen Ambulanz des Bundeswehrzentralkrankenhauses vor. Er klagte über nichtjuckende, bis centgroße, quaddelartig erscheinende, rundlich bis ovale Hautvorwölbungen ([Abb. 1]). Diese fanden sich primär am Körperstamm und im Bereich des Nackens, vereinzelt auch an den Armen. Gesicht, sichtbare Schleimhäute und Beine waren erscheinungsfrei. Die Effloreszenzen fühlten sich weich an und konnten ähnlich einem Klingelknopf eingedrückt werden ([Abb. 2]). Einige der hernienartigen Vorwölbungen wiesen Entzündungszeichen auf. Andere hatten ein hautfarbenes Kolorit. Die Hauterscheinungen würden seit Jahren bestehen und es seien im Laufe der Zeit weitere Herde aufgetreten. Beschwerden würden die Effloreszenzen nicht bereiten. Der Patient empfand sie als störend. Die Familienanamnese war dermatologisch unauffällig.
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Laborbefund
Das Routinelabor war unauffällig. Antikörper auf Borrelia burgdorferi waren nicht nachweisbar (ELISA-IgG und ELISA-IgM negativ). Weiterhin unauffällig: ANA/ENA, Phospholipid-Antikörper (Cardiolipin-IgG, Cardiolipin-IgM, β2-Glycoprotein 1-IgG, β2-Glycoprotein 1-IgM, Anti-Phosphatidylserin IgG).
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Histologischer Befund
Stufenschnitte durch das Hautbiopsat zeigten eine regulär aufgebaute Epidermis. Im Stratum reticulare sah man verschmälerte Kollagenfasern und in diesem Bereich auch umschriebener Verlust elastischer Fasern ([Abb. 3]) und nur diskretes superfizielles perivaskuläres Lymphozyteninfiltrat. Im Bereich der Veränderungen kollagener und elastischer Fasern und vor allem am Übergang zur angrenzenden regulär aufgebauten Haut sah man fokal kleine Aggregate mehrkerniger histiozytärer Riesenzellen, teilweise mit bläulich tingierten Fasern im Zytoplasma. In der PAS-Färbung kein Pilz nachweisbar.
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Histologische Begutachtung
Diskrete granulomatöse Dermatitis mit Elastophagozytose und umschriebenem Verlust elastischer Fasern.
Wie lautet die Diagnose?
(Auflösung nächste Seite)
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Auflösung
Diagnose: Anetodermie.
Zur Anetodermie (Synonym: Dermatitis maculosa atrophicans) rechnet man eine Gruppe von seltenen Hautatrophien unbekannter Ätiologie. Man findet am Körperstamm aber auch an den Extremitäten (bei unserem Patienten zusätzlich am Nacken) rundliche, ovale, teils längliche linsen- bis münzgroße Herde. Diese weisen an der Oberfläche gefältelte, zigarettenpapierartige Vertiefungen oder durch das subkutane Fettgewebe verursachte hernienartige Vorwölbungen auf, die sich ähnlich einem Klingelknopf eindrücken lassen [5]. Die Anetodermieherde können einzeln oder – wie bei unserem Patienten – disseminiert auftreten.
Ähnliche Hautatrophien werden auch beim Lupus erythematodes integumentalis bzw. bei der Acrodermatitis atrophicans beobachtet [3]. Beide Erkrankungen konnten bei unserem Patienten labortechnisch und histologisch ausgeschlossen werden.
Histologisch lässt sich eine Rarefizierung bzw. Phagozytose von elastischen Fasern objektivieren [4]. Die kollagenen Fasern sind verdünnt oder fragmentiert. Je nach Entwicklungsstand der Anetodermie finden sich perivaskuläre Lymphozyteninfiltrate.
Je nach klinischem Erscheinungsbild kann die Anetodermie in verschiedene Typen eingeteilt werden. Man ist heute eher der Ansicht, dass die Erscheinungsformen nicht unterschiedliche Erkrankungen darstellen, sondern als unterschiedliche Entwicklungsstufen derselben Dermatose zu deuten sind.
Anetodermie Typ Jadassohn ([Abb. 4]): Bei dieser Form werden weißliche, aber besonders auch rötliche Atrophieherde gefunden, d. h. es geht ein entzündliches Stadium mit Rötung und Schwellung voraus [1] [2]. Der Typ Jadassohn weist histologisch (wie zum Teil bei unserem Patienten) ödematöse Veränderungen mit perivaskulären und lymphozytären Infiltraten bestehend aus Histiozyten, Plasmazellen und Riesenzellen auf. Später entwickelt sich eine Fragmentation und ein Verlust von elastischen Fasern. Da unser Patient noch derartige entzündliche Anetodermieveränderungen aufwies, kann möglicherweise vermutet werden, dass das Krankheitsbild noch progredient ist.
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Anetodermie Typ Pellizari und Typ Alexander: Beim sehr seltenen Typ Pellizari lässt sich ein urtikarielles Vorstadium und beim Typ Alexander ein bullöses Initialstadium objektivieren [6]. Beide Anetodermieformen konnten bei unserem Erkrankten weder erfragt noch gesehen werden.
Anetodermie Typ Schwenninger-Buzzi ([Abb. 5]):Diese Anetodermieform lässt keine entzündlichen Vorstadien erkennen. Braun-Falco schreibt: „die Atrophieherde scheinen spontan zu entstehen, wobei meist – wie auch bei unserem Patienten – der Körperrumpf betroffen ist“ [3]. Es lassen sich weißliche, münzförmige atrophische Effloreszenzen sehen. Weiterhin lassen sich Hautlücken tasten, aus denen sich das subkutane Fettgewebe vorwölbt.
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Bei unserem Erkrankten konnten wir ein entzündliches Stadium (Typ Jadassohn) mit rötlichen, hernienartigen Atrophien diagnostizieren, was wir eher als ein akutes Stadium der Anetodermie ansahen. Daneben ließen sich weißliche, mehr hautfarbene Vorwölbungen (Typ Schwenninger-Buzzi) erkennen. Diese deuteten wir eher als ein Endstadium der atrophischen Herde.
In einigen Publikationen wurden bei Anetodermie-Patienten Autoimmunerkrankungen, Luesinfektionen, Borreliosen aber auch Organbeteiligungen (Knochen, Herz, Gastrointestinaltrakt, Augen) beschrieben [7]. Wir konnten eine systemische Beteiligung bei unserem Patienten ausschließen.
Therapie: Alle Therapien sind nur von geringem Wert. Allein im entzündlichen Stadium sind Behandlungsansätze möglich. Es wird Penizillin vorgeschlagen, was aber kontrovers diskutiert wird [3] [7]. Natürlich ist es sinnvoll, bei nachgewiesener Borreliose eine Therapie mit Penizillin oder Doxycyclin einzuleiten. Andere Autoren sagen, in einigen Fällen wären mit Colchizin, Hydroxychloroquin oder Dapson bei der entzündlichen Anetodermie Erfolge erzielt worden [7]. Im atrophen nichtentzündlichen Stadium ist eine Behandlung nicht möglich.
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Literatur
- 1 Altmeyer P, Holzmann H. Lexikon der Dermatologie. Heidelberg: Springer; 1986: 33
- 2 Altmeyer P. Anetodermie. Heidelberg: Springer; 2010: L90.91
- 3 Braun-Falco O, Plewig G, Wolff HH. Dermatologie und Venerologie. Heidelberg: Springer; 2002: 711-712
- 4 Pönnighaus JM, Jaeger G, Baum H-P. Anetodermie Schwenninger-Buzzi auf dunkler Haut. Der Hautarzt 2001; 52: 950-951
- 5 Nagy E, Nagy-Vezekényi K, Kása A. Anetodermie. Zeitschrift Haut- und Geschlechtskrankheiten 1986; 61: 1545-1548
- 6 Korting GW, Denk R. Dermatitis maculosa atrophicans. Dermatologische Differentialdiagnose. Stuttgart: Schattauer; 1974: 212-213
- 7 Bruch-Gerharz D, Reifenberger J. Anetodermie bei positiver Borrelienserologie. Der Hautarzt 2011; 10: 720-722
Korrespondenzadresse
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Literatur
- 1 Altmeyer P, Holzmann H. Lexikon der Dermatologie. Heidelberg: Springer; 1986: 33
- 2 Altmeyer P. Anetodermie. Heidelberg: Springer; 2010: L90.91
- 3 Braun-Falco O, Plewig G, Wolff HH. Dermatologie und Venerologie. Heidelberg: Springer; 2002: 711-712
- 4 Pönnighaus JM, Jaeger G, Baum H-P. Anetodermie Schwenninger-Buzzi auf dunkler Haut. Der Hautarzt 2001; 52: 950-951
- 5 Nagy E, Nagy-Vezekényi K, Kása A. Anetodermie. Zeitschrift Haut- und Geschlechtskrankheiten 1986; 61: 1545-1548
- 6 Korting GW, Denk R. Dermatitis maculosa atrophicans. Dermatologische Differentialdiagnose. Stuttgart: Schattauer; 1974: 212-213
- 7 Bruch-Gerharz D, Reifenberger J. Anetodermie bei positiver Borrelienserologie. Der Hautarzt 2011; 10: 720-722
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