Aktuelle Dermatologie 2014; 40(05): 160
DOI: 10.1055/s-0034-1367559
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Prof. Dr. med. Hans Meffert
Dermatologisches Zentrum Berlin
Potsdamer Chaussee 80
14129 Berlin
Email: hans.meffert@web.de   

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Publication Date:
12 May 2014 (online)

 

    Lymphknotenmetastase oder verschlepptes Pigment? – Malignes Melanom innerhalb einer Schmucktätowierung
    Kurzkommentar zu Seite 184

    Lymphogranuloma venereum – Eine in Vergessenheit geratene Geschlechtskrankheit
    Kurzkommentar zu Seite 190

    Lymphknotenmetastase oder verschlepptes Pigment? – Malignes Melanom innerhalb einer Schmucktätowierung

    Kurzkommentar zu Seite 184

    „Nickel in Tätowiermitteln kann Allergien auslösen.“ Das verkündete das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) in der fett gedruckten Überschrift seiner neuesten Stellungnahme zum Thema Tätowiermittel. Das BfR empfiehlt, bis zu einer gesetzlichen Regelung für Tätowierungen und Permanent Make-up nur Farbmittel zu verwenden, die den Anforderungen der europäischen Kosmetik-Richtlinie und der deutschen Kosmetik-Verordnung entsprechen und die für die Verwendung in kosmetischen Mitteln zugelassen sind. Allerdings sei auch damit nicht sicher gewährleistet, dass keine unerwünschten Reaktionen auftreten können. Nachlesen kann man das in: Tattoos und Permanent Make-up sind nicht ohne Risiko (Stellungnahme Nr. 012/2013 des BfR vom 25. Oktober 2012 03/2004, 10. 4. 2004). Anmerkung des Verfassers: Über Risiken und Nebenwirkungen fragen Sie Ihren Tätowierer bzw. Tätowiererin.

    Kritiker werfen den sog. Bürokraten in Berlin oder Brüssel Regulierwut vor, die von der Mindestgröße von Kondomen bis zum Ausmaß der Biegung von Bananen reiche. Das weite Feld Tätowiermittel und Tätowierung ist leider nach wie vor ein schlimmes Beispiel völlig unzureichender Regulierung.

    Bei einem 40-jährigen Dachdecker mit seit Jahren bestehendem Nävus im Bereich einer großflächigen Schmucktätowierung entwickelte sich dort ein noduläres malignes Melanom. In der Biopsie des Wächterlymphknotens zeigte sich eine ausgeprägte schwärzliche Pigmentierung, die sich als Mikrometastasierung mit Ansammlung mineralischen Tätowierpigments entpuppte.

    Aus der Sicht des Dermatohistopathologen zeigt das, wie wichtig präzise klinische Angaben für ihn sind. Ohne ausreichende Information kann Tätowierpigment in einem Lymphknoten als Zeichen von Mikrometastasierung fehlgedeutet werden.

    Darüber hinaus zeigt der Nachweis von Tätowiermittelbestandteilen in einem Lymphknoten, dass bei Tätowierungen wesentliche Eigenschaften einer Impfung erfüllt sein können. Beim gegenwärtigen Stand des Tätowierwesens kann nicht ausgeschlossen werden, dass nicht nur Tätowierpigment, sondern auch weitere Substanzen oder gar lebende Materie in die Haut eingebracht werden können. Dem Arzt kann es nur grausen. Dem Gesetzgeber hoffentlich auch.

    Lymphogranuloma venereum – Eine in Vergessenheit geratene Geschlechtskrankheit

    Kurzkommentar zu Seite 190

    Seit dem Studium und der Weiterbildung zum Facharzt ist zu diesem Thema nicht viel im Gedächtnis hängen geblieben, vielleicht nur, dass es sich um die vierte der klassischen Geschlechtskrankheiten handelt. Im Braun-Falco-Plewig-Wolff von 1997 heißt es „In der westlichen Welt werden Lymphogranulomatosis-inguinalis-Erkrankungen fast ausschließlich unter Seeleuten, Homosexuellen, Prostituierten und bei aus Endemiegebieten heimkehrenden Reisenden oder Soldaten beobachtet“ (Seite 122). Dem aufmerksamen Leser wird nicht entgangen sein, dass die in der deutschsprachigen Literatur übliche Bezeichnung „Lymphogranuloma inguinale“ jetzt oft durch das angelsächsische „Lymphogranuloma venereum“ ersetzt wird, und das trotz aller Bemühungen um den Schutz der Persönlichkeit des Patienten und seiner Daten.

    Seit 2004 kam es in einigen industrialisierten Ländern völlig unerwartet zu sich langsam ausbreitenden Epidemien. Am häufigsten sollen MSM betroffen sein. Das sind Männer, die Sex mit Männern haben. Dieser in der medizinischen Literatur jetzt zunehmend verwendete Terminus wurde in den neunziger Jahren von Epidemiologen geprägt, die die Verbreitung von Infektionen unter Männern untersuchten, ohne dabei deren sexuelle Selbstidentifizierung berücksichtigen zu müssen. Die an Lymphogranuloma inguinale Erkrankten sollen oft auch HIV-positiv sein.

    Anhand eines eindrucksvollen Kasus wird alles beschrieben, was Dermatologen heute vom Lymphogranuloma venereum wissen sollten. Nach wie vor ist die klinische Diagnosestellung wesentlich. Cave die Verwechslung mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Die Labordiagnostik ist durch den direkten Nachweis von Clamydia-trachomatis-DNS (Polymerasekettenreaktion) erheblich verbessert worden. Die Therapie bleibt antibiotisch. Als pflichtbewusster Dermatologe sieht man sich frühzeitig nach relevanten AWMF-Leitlinien um. Erwähnt wird die Krankheit unter Mikrobiologischer Diagnostik bei Infektionen des Auges (S2 k), bei Rektovaginaler Fistel (S3) und in der letztmals im November 2002 aktualisierten Leitlinie der Deutschen Urologen „Synopse der sexuell übertragbaren Erkrankungen (STDs) mit Primärsymptomen im männlichen Genitale.“ Außerdem existiert ein aktueller Ratgeber für Ärzte aus dem Robert-Koch-Institut.


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    Prof. Dr. med. Hans Meffert
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    Potsdamer Chaussee 80
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