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DOI: 10.1055/s-0034-1368879
Radiologie in der NS-Zeit – Teil 3 – „Röntgenkunde und Volksgesundheit“: Radiologie und Röntgenologie in der NS-Erbgesundheitspolitik
Publication History
Publication Date:
20 February 2014 (online)
- Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933
- Unfruchtbarmachung durch Strahlen – Sterilisierung oder Kastration?
- Die „Ermächtigung zur Unfruchtbarmachung durch Strahlen“
Neben der Förderung, Zusammenfassung und Auswertung der wissenschaftlichen Facharbeit nannte die Satzung der DRG „die Beratung und Unterstützung der Reichsärztekammer bei der Verwertung der Röntgenkunde und Strahlenforschung im Dienst der Volksgesundheit“ als eine der Aufgaben der DRG. Diese fachliche Unterstützung bezog sich ausdrücklich nicht nur auf die individuelle, strahlendiagnostische und -therapeutische Krankenversorgung in freier Praxis und Krankenhaus, sondern auch auf „Zwecke der Volks-Hygiene bei Reihenuntersuchungen, Verhütung von Schädigungen auf dem Gebiete der Eugenik“.[1] Damit wurde die traditionelle, individuell-heilkundliche Arzttätigkeit um eine bevölkerungsmedizinische Perspektive erweitert, wie sie auch § 1 der „Reichsärzteordnung“ vom 13. Dezember 1935 (Reichsgesetzblatt I, S. 1433) in der Formel „Dienst an der Gesundheit des einzelnen Menschen und des gesamten Volkes“ für die Angehörigen der ärztlichen Berufe kodifizierte.
Auf dem Gebiet der Medizin und des Gesundheitswesens konkretisierte sich dieses Prinzip in der ‚Überordnung der Erhaltung der Gesundheit der Volksgesamtheit’ über den Schutz von Gesundheit und Wohlergehen des Individuums, so das Reichsgericht am 19. Juni 1936. Der Vollzug der Maßnahmen der Erbgesundheitspflege und der Rassenpolitik auf staatsrechtlicher, sozialpolitischer, aber auch medizinischer Ebene gestaltete die gesamte Gesellschaft im NS-Staat grundlegend um. In bisher nicht gekannter Weise ist es dem Nationalsozialismus gelungen, die Bedeutung des Staates als lebendiger „Volkskörper“ festzuschreiben, in dem – so eine juristische Formulierung aus dem Jahr 1934 – „der Wert der Einzelperson nur nach dem Grade ihres Nutzens für das Volksganze bemessen werden kann“[2].
Das „Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ vom 14. Juli 1933
Wie beim Umgang mit den sog. „gemeingefährlichen“, weil ansteckenden Krankheiten, wurde auch für den zur Sterilisierung vorgesehenen Personenkreis mit der gesundheitspolizeilich indizierten Notwendigkeit seiner Absonderung argumentiert: Eine Person, deren Unfruchtbarmachung beschlossen ist, „darf nur dann aus der Anstalt entlassen oder beurlaubt werden, wenn sie unfruchtbar gemacht oder die Entscheidung über die Unfruchtbarmachung wieder aufgehoben worden ist“[3], verfügte die VO der Reichsminister des Innern und der Justiz zur Ausführung des „Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses“ (GzVeN) vom 5. Dezember 1933. Diese implizite Gleichsetzung von hoch infektiösen Kranken mit den sog. „Erbkranken“ als potenziell „gemeinschaftsgefährdend“ sollte die Berechtigung der Ausgrenzung dieses Personenkreises unterstreichen – ein Unterfangen, das vor dem Hintergrund der meist verwandten Indikation „angeborener Schwachsinn“ absurd anmutet. Mit weit über 50% Anteil an den Krankheitsbildern rangierte der Schwachsinn vor allen übrigen, medizinisch-psychiatrisch klarer abgrenzbaren Erkrankungen der Schizophrenie, des manisch-depressiven Irreseins, der Epilepsie und der Huntington’schen Chorea, gefolgt von erblicher Blindheit, Taubheit oder körperlicher Missbildung sowie schwerem Alkoholismus.
Die „Erbgesundheit“ des deutschen Volkes sollte durch Maßnahmen der positiven wie der negativen Eugenik gestaltet werden. Anreize verschiedener Art zur Steigerung der Geburtenrate standen im Mittelpunkt der positiven Eugenik, unter negativer Eugenik wurden die Asylierung, das Verbot der Eheschließung und besonders die Beseitigung der Fortpflanzungsfähigkeit bei Menschen mit bestimmten, als vererbbar betrachteten psychiatrischen Erkrankungen zusammengefasst. Sterilisierung als Mittel der qualitativen Bevölkerungspolitik wurde in Deutschland vor 1933 u. a. im „Deutschen Ärzteblatt“, aber auch in Sachverständigengremien diskutiert[4], und sie wurde praktiziert in den Vereinigten Staaten und einigen europäischen Ländern wie Dänemark, Schweden oder der Schweiz ([Abb. 1]).
Die Besonderheit der im NS-Staat umgesetzten Politik der Sterilisierung lag zum einen in der Möglichkeit der Anwendung polizeilicher Gewalt zur zwangsweisen Vorführung des oder der zu Sterilisierenden zum medizinischen Eingriff, zum anderen in der zahlenmäßigen Dimension: Im Deutschen Reich wurden während der NS-Jahre insgesamt über 300 000 Menschen unfruchtbar gemacht, allein im Jahr 1934, dem ersten Jahr nach Inkrafttreten des GzVeN, belief sich die Zahl der Sterilisierten auf 56 244 Menschen[5]. Der operative Eingriff bei Männern stellte keine Schwierigkeit dar, aber die Eröffnung des Bauchraumes für die operative Sterilisierung bei einer Frau war mit einem gewissen Risiko verbunden und es kam häufiger zu Zwischenfällen, sogar zu Todesfällen. Da die Umsetzung des GzVeN, das als das ‚biopolitische Grundgesetz’ des Nationalsozialismus galt, unter keinen Umständen in öffentlichen Misskredit geraten sollte, wurde nach einer alternativen Form der Unfruchtbarmachung gesucht.
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Unfruchtbarmachung durch Strahlen – Sterilisierung oder Kastration?
Mit der 5. Verordnung zum GzVeN vom 25. Februar 1936 ([Abb. 2]) wurden auch die Strahlendiagnostiker und –therapeuten in die Unfruchtbarmachung durch Strahlenbehandlung aus rassehygienischen, nicht medizinisch-therapeutischen Gründen einbezogen; damit waren auch die alltägliche Röntgenologie und Radiologie in unethische medizinische Praktiken involviert. Zu diesem Zeitpunkt lagen bereits langjährige Erfahrungen mit der „temporären Sterilisation“ („Menolyse“, „dauernde Exovulierung“, „dauerhafte Röntgenamenorrhöe“) durch Röntgen- oder Radiumstrahlen vor, die besonders in der gynäkologischen Therapie verschiedener Erkrankungen eingesetzt wurde.[6] Seit Beginn der 1930er Jahre kritisierte jedoch die im Entstehen begriffene genetische Forschung diese Form der Strahlentherapie als potenziell „keimschädigend“ und warnte daher vor einer ‚leichtfertigen’ Indikation durch die medizinischen Praktiker. Der Stellenwert, den die nationalsozialistische Biopolitik den erbpflegerischen und rassehygienischen Fragen zumaß, machte eine prinzipielle Erörterung dieser widersprüchlichen wissenschaftlichen Ansätze dringend.
Bei einem Sachverständigen-Treffen im März 1933 in Göttingen trafen sich Genetiker mit Strahlenforschern und -medizinern, wobei letztere durch die Professoren und DRG-Mitglieder Hans Holfelder (Frankfurt / Main), Hermann Holthusen (Hamburg), Heinrich Martius (Göttingen) und Carl Joseph Gauss (Würzburg) vertreten wurden ([Abb. 3], [4]). Einstimmig wurde festgehalten, dass „die Gefahr der Erbschädigung durch Radium- und Röntgenstrahlen aufgrund der bisher vorliegenden Tier- und Pflanzenexperimente als gegeben angesehen werden muß“. Im Falle der Bestrahlung der männlichen und weiblichen Keimdrüsen sei daher „mit Rücksicht auf die Gefährdung des Keimgutes unseres Volkes“ äußerste Vorsicht geboten.[7] Bemerkenswert ist zum einen, dass diese Entschließung damit ganz in der Ausrichtung auf den „Volkskörper“, nicht auf den Einzelmenschen und seine individuelle Gen-Schädigung stand. Zum anderen wurde mit dieser gemeinsamen Erklärung von Genetikern und den strahlendiagnostisch und -therapeutisch tätigen DRG-Mitgliedern auch die medizinische Expertise als Grundvoraussetzung für die Durchführung der Strahlenanwendung festgelegt. Auf diesem Gebiet sollten nur ausgewiesene und ausgebildete ärztliche Experten tätig sein, die möglichst auf den Gebieten der Gynäkologie und der Radiologie / Röntgenologie über fundierte Kenntnisse verfügten.
Die DRG als den medizinisch-wissenschaftlichen Sachverstand auf diesen Fachgebieten organisierende Fachgesellschaft wurde, wie aus dem Geschäftsbericht über das Kalenderjahr 1936 hervorgeht, auch um eine „Gutachtliche Äußerung“ zum Thema „Unfruchtbarmachung durch Röntgenstrahlen“ gebeten, die von ihr gestellte Sachverständige auch abgegeben haben[8]. Beteiligt war die DRG in Form ihres „Ausschusses für wirtschaftliche und Standesfragen“, dessen Vorsitz 1936 der Hamburger Strahlenmediziner Prof. Dr. Fedor Haenisch (1874-1952) inne hatte, wahrscheinlich auch an der Festlegung der Höhe der für die Durchführung der Unfruchtbarmachung durch Röntgen- oder Radiumstrahlen fälligen Kosten[9], die wie andere erbrachte strahlendiagnostische und -therapeutische Leistungen nach dem gemeinsam mit der KVD ausgehandelten Tarif durch die Sozialversicherungsträger oder die Wohlfahrtsverbände zu begleichen waren ([Abb. 5]). Für den Eingriff veranschlagte das Reichs- und Preussische Innenministerium im Falle der Unfruchtbarmachung durch Bestrahlung mit Röntgenstrahlen eine Gebühr in Höhe 50 RM bzw. von 40 RM, wenn die Bestrahlung mit Radium vorgenommen wurde; obligatorisch waren 3 Nachuntersuchungen, die mit je 3 RM vergütet wurden.
Während die chirurgische Sterilisierung an jedem Krankenhaus und in den Krankenabteilungen der Heil- und Pflegeanstalten und der Gefängnisse durchgeführt werden durfte, wenn ein mit der Methodik vertrauter Chirurg dort tätig war[10], liegen die Verhältnisse in der Strahlenbehandlung aufgrund der komplizierten Abwägung der zu applizierenden Strahlendosis anders ([Abb. 6]). Im Gegensatz zur therapeutischen Anwendung handelte es sich nun um die Zuverlässigkeit der sterilisierenden Wirkung, die nicht mehr nur temporär, sondern endgültig sein sollte, und wenn möglich, ohne die gesundheitlichen Folgen einer Kastration auszulösen. Eine vom Reichsgesundheitsamt 1934 gestartete Umfrage bei 60 Radiologen und Gynäkologen ergab, dass die Vereinbarkeit dieser beiden Ziele kaum zu realisieren sei: Eine sichere Unfruchtbarmachung könne nur durch Röntgenstrahlen in einer höheren, sog. „Kastrationsdosis (300 R.E.)“ erreicht werden, dann müssten aber auch „Kastrationsfolgen mit allen Beschwerden“[11] in Kauf genommen werden, wie Prof. Dr. Ernst Rüdin (1874-1952) das strahlenfachliche Dilemma zuspitzte.
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Die „Ermächtigung zur Unfruchtbarmachung durch Strahlen“
Mit insgesamt 111 zur Strahlen-Sterilisation „ermächtigten“ Einrichtungen ist die Gesamtzahl der Anstalten deutlich niedriger als die Zahl der Kliniken, in denen operativ sterilisiert wurde, wie aus dem „Verzeichnis der zur Durchführung der Unfruchtbarmachung durch Strahlenbehandlung zugelassenen Institute und ermächtigten Ärzte“ vom 1. Juli 1936 hervorgeht[12]. Die Facharztausbildung des jeweils zum Eingriff zugelassenen Arztes bestimmte die Methode: Die Ärzteliste aus dem Jahr 1936 führt insgesamt 49 Röntgen-Fachärzte („Nur-Röntgenologen“) auf. Hinzu kommen 4 ausschließlich zur Radium-Anwendung ermächtigte Gynäkologen sowie 97 weitere Fachärzte, die sich wahrscheinlich in beiden Fachrichtungen qualifiziert hatten und daher sowohl mittels Röntgenstrahlen als auch durch Radium-Einlagen „sterilisieren“ durften („Auch-Röntgenologen“). Insgesamt sind daher 150 Ärzte – darunter keine Ärztin – im Deutschen Reich zur Unfruchtbarmachung durch Strahlenbehandlung ermächtigt; ein Abgleich mit dem Mitgliederverzeichnis der DRG von 1940 ergab, dass mit 77 dieser ermächtigten Ärzte etwa die Hälfte Mitglieder der DRG waren ([Abb. 7]).
Eine erste Bilanzierung der bisherigen Erfahrungen wurde 1939 in Stuttgart auf der 30. Tagung der DRG gezogen. Die Fortschritte auf dem Gebiet der Röntgenstrahlen (heute: RöFo) stellte unter der Kopfzeile „Strahlenkastration“ 2 Referate von Prof. Dr. Carl Joseph Gauss und Prof. Dr. Artur Pickhan, Berlin; [Abb. 8]) vorstellte. Gauss hatte bei allen 111 zur Strahlensterilisation zugelassenen Anstalten nach deren Erfahrungen gefragt. Zusammengefasst lautete das Resultat der 109 Antworten: ¾ der Anstalten verwendeten Operation und Bestrahlung nebeneinander, wobei 95% der Eingriffe auf die operative Sterilisation, und nur 5% auf die Bestrahlung entfielen, die sich wiederum zu 80% auf die Röntgen- und zu 20% auf die Radiumbestrahlung aufteilten. In 75% der Fälle wurde das Alter als Grund für die Wahl der Methode angegeben, aber auch die Vorauswahl durch das Gesundheitsamt spielte eine Rolle. Bestrahlung mit Röntgenstrahlen und die Radiumverwendung zeigten große Unterschiede im Hinblick auf Anzahl der Sitzungen und die Höhe der Dosis zur Erreichung der Unfruchtbarkeit. Negative Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit seien nicht beobachtet worden, wie Gauss betonte, auch habe sich das die Unfruchtbarmachung veranlassende Erbleiden kaum jemals durch die Bestrahlung verschlechtert, schien vielmehr eher gebessert, sodass der Referent zu der Einschätzung gelangte, dass die Bestrahlung im Rahmen des GzVeN „eine überaus wichtige und segensreiche Ergänzung der operativen Unfruchtbarmachung“ darstelle.[13]
Aus dem Cecilienhaus in Berlin berichtete Chefarzt Prof. Dr. Artur Pickhan von 32 ‚erbkranken’ Frauen, von denen 23 auf chirurgischem und 9 durch Röntgenstrahlen sterilisiert wurden. Auch Pickhan konnte keine negative Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit erkennen, er beschrieb die Auswirkungen auf das psychische Befinden bei unterschiedlichen Grundleiden als positiv. Ebenfalls bemerkenswert fand der Referent, dass sich Zwangsmaßnahmen „wie Fesselung, Narkose, Medikamente u. dgl.“[14] als unnötig erwiesen hätten. Die von Pickhan angewandte Dosis von etwa 360r [= Röntgen = Ionendosis] lag aus Gründen der zuverlässigen Unfruchtbarmachung über der üblichen Röntgendosis, aber er bevorzugte dennoch die Röntgensterilisation, weil sie am wenigsten an einen operativen oder operationsähnlichen Eingriff erinnere. Die sichere Außerkraftsetzung der Eierstocktätigkeit durch ‚normale’ Dosen, bezweifelte Pickhan, und riet zu großer Umsicht, indem er betonte, dass die zur Effizienz benötigten Strahlenhöhen eine Gefahr für die Schädigung benachbarter Organe und des gesamten Organismus mit sich bringen würden.
Zusammenfassend kann man annehmen, dass weniger als 2% der Gesamtzahl der etwa 360 000 Zwangssterilisierten der Unfruchtbarmachung durch Strahlenbehandlung unterzogen wurden[15], da die Methode erst im 3. Jahr der Geltung des GzVeN zugelassen wurde. Es existieren lediglich einzelne Hinweise auf die Anzahl von Frauen, die zur Unfruchtbarmachung einer Strahlenbehandlung unterzogen wurden. Der Nachweis, dass Unfruchtbarmachungen aus eugenischer und nicht aus medizinischer Indikation durchgeführt wurden, lässt sich anhand der psychiatrischen Vordiagnose ersehen, die auf den Überweisungsdokumenten vermerkt sind. Da die strahlentherapeutischen Methoden in den 1930er Jahren noch sehr jung waren, war das Interesse an ihrer wissenschaftlichen Begleitung durch Forschungsarbeiten groß, wie ein umfangreicher Fundus an medizinischen Dissertationen beweist. Ähnlich wie die beiden Referenten auf dem 30. Röntgen-Kongress 1939 bewerteten die zeitgenössischen Dissertationen die Unfruchtbarmachung durch Strahlenbehandlung insgesamt als positive Ergänzung der operativen Sterilisierungsmethode[16], dabei unterschlagend, dass es sich hierbei um eine Kastration mit allen unerwünschten, gesundheitsschädigenden Nebenwirkungen handelte. Eine systematische Bestandsaufnahme der Opfer eugenischer zwangsweiser Unfruchtbarmachung durch Strahlen ist immer noch ein Desiderat der Forschung.
Dr. Gabriele Moser
Universität Heidelberg
Institut für Geschichte und Ethik der Medizin
Im Neuenheimer Feld 327
69 120 Heidelberg
E-Mail: gabriele.moser@umtal.de
Dieser Beitrag wird in der Zeitschrift Strahlentherapie und Onkologie im Mai dieses Jahres in englischer Sprache veröffentlicht.
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1 Deutsche Röntgen-Gesellschaft: Geschäftsbericht für das Kalenderjahr 1936. Satzung und Mitglieder-Verzeichnis, Stand vom Juli 1937, Leipzig 1937, S. 6.
2 Begründung zum Gesetz über die Vereinheitlichung des Gesundheitswesens vom 3. Juli 1934, in: Reichsgesundheitsblatt 9 (1934), Nr. 32, S. 665 f.
3 Zit. n. Seyfarth, Carly: Der „Ärzte-Knigge“. Über den Umgang mit Kranken und über Pflichten, Kunst und Dienst der Krankenhausärzte, Leipzig 1935, S. 67.
4 Vgl. Die Eugenik im Dienste der Volkswohlfahrt. Bericht über die Verhandlungen eines zusammengesetzten Ausschusses des Preußischen Landesgesundheitsrats vom 2. Juli 1932, Berlin 1932; dort „Entwurf eines Sterilisierungsgesetzes“ und Begründung S. 107–112. Hans Holfelder war als Mitglied des Landesgesundheitsrates bei der Beratung anwesend.
5 Pohlen, Kurt (Bearb.): Gesundheitsstatistisches Auskunftsbuch für das Deutsche Reich. Ausgabe 1936 (= Veröff. a. d. Gebiete d. Medizinalverwaltung, Bd. 46, H. 4), Berlin 1936, S. 160.
6 Vgl. z.B. Schneider, Georg Heinrich: Grundriss der Röntgensterilisierung. Beobachtungen an 315 Fällen (...), Berlin 1931; dem Werk ist auch eine „Zusammenstellung der Sterilisierungstabellen“ beigegeben. Wichtig für die Fachgeschichte ist Frobenius, Wolfgang: Röntgenstrahlen statt Skalpell. Die Universitäts-Frauenklinik Erlangen und die Geschichte der gynäkologischen Radiologie von 1914–1945 (= Erlanger Forschungen, Reihe B, Naturwissenschaften und Medizin, Bd. 26), Erlangen 2003.
7 Zit. n. Gerstengarbe, Sybille: Paula Hertwig – Genetikerin im 20. Jahrhundert. Eine Spurensuche (= Acta Historica Leopoldina, Bd. 58), Halle/Saale, Stuttgart 2013, S. 113. Ich danke Alexander von Schwerin herzlich für diesen wichtigen Literaturhinweis.
8 Deutsche Röntgen-Gesellschaft: Geschäftsbericht für das Kalenderjahr 1936. Satzung und Mitglieder-Verzeichnis, Stand vom Juli 1937, Leipzig 1937, S. 4. Weitere Begutachtungen erfolgten über den Entwurf eines Röntgen-Gesetzes, Berufstätigkeit der Röntgen-Assistentinnen, Sicherheitsvorschriften, Normung von Bildwurfgeräten (ebd.).
9 Kosten für Unfruchtbarmachung durch Strahlenbehandlung. Runderlass des Reichs- und Preussischen Minister des Innern vom 24. April 1936 – IV A 5293/1079 f, in: DAeBl. 66 (1936), S. 616. Zum Vergleich: Ein sechstägiger Fortbildungskurs in Röntgenologie (für Chirurgen und Internisten) in Frankfurt/Main kostete im Jahr 1938 60 RM, der in Hamburg stattfindende achttägige Fortbildungskurs in „Strahlentherapie (besonders Tiefentherapie)“ 80 RM.
10 Die operativen Methoden wurden im Gesetzkommentar zum GzVeN, für den die KVD Pflichtbezug verfügt hatte, mit Abbildungen vorgestellt, vgl. Gütt, Arthur u.a. (Bearb.): Gesetz zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 (...), München 1934, S. 219–223 (Mann), S. 224–227 (Frau).
11 Rüdin: Einführungsbeitrag, in: Sachverständigenbeirat für Bevölkerungs- und Rassenpolitik im RMdI: Niederschrift über die Sitzung der Arbeitsgemeinschaft II am 11. 3. 1935, in: Schubert, Werner (Hg.), Ausschuss für Rechtsfragen der Bevölkerungspolitik (1934–1940) (...) (= Akad. f. Dt. Recht 1933–1945. Protokolle d. Ausschüsse, Bd. 12), Frankfurt/Main 2001, S. 352–388, S. 360.
12 Die Listen wurden im „Reichsmedizinalkalender“ sowie im „Deutschen Ärzteblatt“ veröffentlicht, vgl. Verzeichnis der deutschen Ärzte und Heilanstalten. Reichs-Medizinal-Kalender für Deutschland, Teil II, Bd. 58, Leipzig 1937, S. 66–70, und Verzeichnis der zur Durchführung der Unfruchtbarmachung durch Strahlenbehandlung zugelassenen Institute und ermächtigten Ärzte. Runderlass des Reichs- und Preussischen Minister des Innern vom 1. Juli 1936 – IV A 8969/1079, in: DAeBl. 66 (1936), Nr. 34, S. 856-860.
13 Gauss, Carl Joseph: Die Unfruchtbarmachung durch Strahlen, in: Strahlentherapie 66 (1939), S. 545–560, S. 560.
14 Pickhan, Artur: Unfruchtbarmachung durch Strahlen, in: Strahlentherapie (66) 1939, 561–569, S. 564.
15 Geschätzte Zahl aufgrund von neuen medizinhistorischen Studien, wie Grimm, Jana: Zwangssterilisationen von Mädchen und Frauen während des Nationalsozialismus – eine Analyse der Krankenakten der Universitäts-Frauenklinik Halle von 1934 bis 1945 (Diss. med.), Halle-Wittenberg 2004 und Doetz, Susanne: Alltag und Praxis der Zwangssterilisation. Die Berliner Universitätsfrauenklinik unter Walter Stoeckel 1942–1944, Berlin 2011. In München habe es unter Prof. Dr. Heinrich Eymer insgesamt 64 Strahlenunfruchtbarmachungen gegeben, in Würzburg unter Prof. Dr. Carl Joseph Gauss dagegen 111 (Frobenius, Wolfgang: BGGF-Ehrenmitglieder und das „Dritte Reich“, in: Anthuber, Christoph u.a. (Hg.), Herausforderungen. 100 Jahre Bayerische Gesellschaft für Geburtshilfe und Frauenheilkunde, Stuttgart, New York 2012, S. 115–137, S. 128).
16 Auf allerdings unsicherer Datenbasis konstatiert Stürzbecher für bestimmte Regionen Preußens einen „erheblichen Rückgang der Todesfälle bei sterilisierten Frauen“ von 72 Toten im ersten zu 41 Toten im zweiten Halbjahr 1936, in dem erstmals die Möglichkeit der Unfruchtbarmachung durch Strahlenbehandlung gegeben war; für 1936 geht der Autor von insgesamt 129 Röntgenkastrationen bei Frauen aus (Stürzbecher, Manfred: Der Vollzug des Gesetzes zur Verhütung erbkranken Nachwuchses vom 14. Juli 1933 in den Jahren 1935 und 1936, in: Das Öffentliche Gesundheitswesen (1974), S. 350–359, S. 356).