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DOI: 10.1055/s-0034-1369702
Differential Diagnoses of Paranasal Sinus Disorders: A Radiological Approach – Radiologische Differenzialdiagnostik der Nasennebenhöhlenraumforderungen
Publikationsverlauf
Publikationsdatum:
27. März 2015 (online)
Bei der Bildgebung der Nasennebenhöhlen (NNH) sind die ggf. kontrastmittelangehobene Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT) und gelegentlich auch das Röntgen wichtige diagnostische Mittel. Entzündliche Prozesse der Nasennebenhöhlen sind in der klinischen Routine am häufigsten; sie sind meist durch Luft-Flüssigkeitsspiegel (Pus, Retentionsflüssigkeit u. a.) bzw. zirkuläre Schleimhautschwellungen charakterisiert und somit von solitären oder multiplen Raumforderungen (benigne / maligne) zu differenzieren. Die benignen Prozesse zeichnen sich meistens durch eine klare Abgrenzung von umgebenden Strukturen aus, während maligne Raumforderungen häufiger ihre Umgebungsstrukturen destruieren und schlecht von ihrer Umgebung abgrenzbar sind. Die Bildgebung ist hier diagnostisch wegweisend und hilft bei der Entwicklung des Therapiekonzepts.
Entzündliche / Inflammatorische Prozesse
Sinusitis
Eine der häufigsten Pathologien in der NNH-Diagnostik ist die akute ([Abb. 1]) bzw. chronische ([Abb. 2]) Sinusitis. Bei Kindern ist die akute Sinusitis hauptsächlich im Siebbein (SB) lokalisiert, während beim Erwachsenen am häufigsten die Kieferhöhle (KH) und dann mit absteigender Häufigkeit die SB, Stirnhöhle (SH) und Keilbeinhöhle (KB) betroffen sind. Selten ist bei einer akuten Sinusitis eine Bildgebung indiziert. Es kann sich aber im Röntgen eine Polsterbildung bei Schleimhautschwellung darstellen und ggf. bei Pus zu einer Spiegelbildung der betroffenen NNH kommen. Bei der chronischen Sinusitis (Persistenz der Sinusitis über 3 Monate) zeigen sich im CT / MRT zirkuläre Schleimhautschwellungen oft ohne KM-Enhancement. Durch den zunehmenden chronischen Reiz kann es zu einer Verdickung und Mehrsklerosierung der knöchernen Begrenzung der betroffenen NNH und zu einer Verkleinerung des entsprechenden Lumens kommen. Bei vorliegender submukosaler Sekretretention, d. h. bei Verschluss muzinöser Drüsen (Retentionszysten) lässt sich eine KM-aufnehmende Mukosa darstellen, die hypodense Areale einschließt [Eggesbø HB et al. Eur Radiol 2006; 16: 872–888; Som PM, Curtin HD. Radiol Clin North Am 1993; 31: 33–44].




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Muko- / Pyozele
Ebenso kann es aufgrund einer entzündlichen, posttraumatischen oder postoperativen Obstruktion mit konsekutiver Sekretansammlung zu einer Muko- bzw. Pyozele kommen ([Abb. 3]). Dabei ist das schleimige oder eitrige Sekret von einem Zellensack umgeben und stellt damit eine zystenähnliche Struktur dar. Durch den zunehmenden Druck auf die umgebenden Wände kann es zur Ausdünnung des begrenzenden Knochens kommen, Knochendestruktionen zeigen sich jedoch nicht [Som PM, Curtin HD. Radiol Clin North Am 1993; 31: 33–44]. Bei vorliegender Pyozele werden erhöhte Dichtewerte (Pus) und Lufeinschlüsse sichtbar. Im MRT zeigt sich eine rundliche Läsion mit hohem Signal in T2w. Eine zunehmende Eindickung des Sekrets führt zur Signalumkehr (niedriges Signal in T2w und hohes Signal in T1w) [Eggesbø HB et al. Eur Radiol 2006; 16: 872–888; Som PM, Curtin HD. Radiol Clin North Am 1993; 31: 33–44]. Im Gegensatz zu malignen Tumoren kommt es jedoch nicht zu einem KM-Enhancement.


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Mykosen
Die nicht invasive allergische Pilzsinusitis und das saprophytäre Aspergillom ([Abb. 4]) sind von invasiven Mykosen ([Abb. 5]), die bei reduziertem Immunstatus, z. B. bei Diabetes mellitus, HIV, posttransplant oder Radio / Chemotherapie entstehen abzugrenzen. Die häufigsten Erreger sind A. fumigatus, Mucor und C. albicans. Im CT zeigt sich bei den noninvasiven Formen eine meist vollständige Verschattung einer oder mehrerer NNH ohne Flüssigkeitsspiegel aber evtl. mit raumforderndem Charakter und Ausdünnung der umgebenden knöchernen Strukturen. Zentral können Verkalkungen auftreten. Das MR-Signalverhalten in T1w-Sequenzen ist variabel, beim Aspergillom jedoch meist hypointens aufgrund des Fungusballs. In T2w zeigen beide Formen meist hypointense Areale aufgrund der vorhandenen Verkalkungen und dichten Pilzhyphen. Das Kontrastmittel reichert sich randlich entlang der vorhandenen Mukosa an. Bei der akut invasiven Form zeigen sich osteodestruktive Läsionen mit einer invasiven Infiltration in die umgebenden Strukturen wie Orbita, Schädelbasis oder nach intrakraniell. Die kontrastmittel-angehobene CT erfasst die ossären und weichgeweblichen Veränderungen; die MRT stellt die Pilzstrukturen in T2w hypointens dar, sodass sie oft gar übersehen werden können (komplette Signalauslöschung), und zeigt ein deutliches KM-Enhancement der befallenen umgebenden Weichteile, insbesondere auch bei einer orbitalen oder intrakraniellen Mitbeteiligung. Perfusionsausffälle in der Mukosa aufgrund der Angioinvasion werden manchmal beobachtet [Aribandi M et al. Radiographics 2007; 27: 1283–1296].




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Morbus Wegener
Morbus Wegener ([Abb. 6]) ist eine nekrotisierende granulomatöse Vaskulitis, die bei 90% der Patienten die NNH befällt und hier zu mukosalen Ulzerationen führt. Im CT zeigen sich noduläre Weichgewebsveränderungen, die mit den Zeichen einer chronischen Sinusitis wie Mehrsklerosierung und Volumenminderung der NNH einhergehen. Die nodulären Weichgewebsveränderungen sind im MRT in T1w durch hypo- bis isointenses, in T2w hypointenses bzw. bei akuter Exazerbation hyperintenses Signalverhalten sowie eine homogene Kontrastmittelaufnahme gekennzeichnet, die am besten in fettgesättigten Sequenzen sichtbar ist [Horger M. Fortschr Röntgenstr 2007; 179: 445–449].


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Benigne Raumforderungen
Zyste
Eher einen röntgenologischen Zufallsbefund stellt die Zyste dar. Diese treten am häufigsten in den KH auf und lassen sich in radikulär odontogene (von Zahnwurzel ausgehend), follikulär (von verlagerten Zahnkeimen ausgehend) und Schleimhautzysten (ausgehend von KH-Schleimhaut) unterscheiden. Im CT stellen sie sich als rundliche glattwandige Strukturen dar, die die anatomischen Grenzen nicht überschreiten. Die odontogene Zyste ([Abb. 7]) stellt sich z. B. als rundliche Formation am Boden der KH dar ohne jedoch zu expandieren. Meist lässt sich hier auch Wurzelmaterial erkennen.


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Invertiertes Papillom
Mit seinem polypoiden Erscheinungsbild zählt das invertierte Papillom zu den häufigsten Nasenschleimhautpapillomen. Es ist ein expansiv wachsender epithelialer Tumor der nasalen Mukosa und macht ca. 5% der sinunasalen Tumoren aus. Häufig geht er von der Mukosa des mittleren Nasengangs aus und kann in die KH (69%), das SB (50–90%), die KB (10–20%) und die SH (10–15%) wachsen. Klinisch zeigt sich vielfach eine einseitige Obstruktion, Epistaxis und Hyp- oder Anosmie. Im CT zeigt sich ein ungleichmäßiges Remodelling der knöchernen Strukturen. Im MRT stellt sich das invertierte Papillom in T1w hpyointens, T2w hyperintens dar und nimmt typischerweise säulen- oder girlandenförmig Kontrastmittel auf ([Abb. 8]). Differenzialdiagnostisch läßt sich der Chaoanalpolyp mit einem hohen T2w Signal und randlicher KM-Aufnahme gut vom invertierten Papillom unterscheiden.


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Osteom
Das Osteom als isolierte Raumforderung ist vorwiegend in SB und SH lokalisiert und tritt meist als röntgenologischer Zufallsbefund als knochendichte, glatt begrenzte Raumforderung in Erscheinung ([Abb. 9]). Differenzialdiagnostisch müssen das sinunasale ossifizierende Fibrom sowie die sinunasale fibröse Dysplasie vom Osteom abgregrenzt werden; dies gelingt im Allgemeinen mittels der CT im Knochenfenster.


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Chondrom
Das Chondrom, ebenfalls ein benigner Tumor der NNH ist sehr selten, kommt am häufigsten im SB vor. Im Röntgen zeigt sich eine weichteildichte Verschattung, eine Arrosion einer oder mehrerer Wände und häufig septenartige oder granulomatöse Verkalkungen [Veras EF et al. Ann Diagn Pathol 2009; 13: 41–46].
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Hämangiom
Hämangiome treten eher selten in den NNH auf. Sie zeigen sich als expansiv wachsende raumfordernde Läsion mit einer homo- bis heterogenen KM-Anreicherung ([Abb. 10]). Das CT-Bild zeigt sich eher homogen. Bei Einblutungen werden inhomogene glatt begrenzte raumfordernde Läsionen sichtbar. Es sind Verkalkungen möglich und auch Zeichen von Druckarrosionen und Remodelling. Während im MRT die T1w intermediär erscheint (Ausnahme Einblutung: signalreiche Areale), zeigen sich in der T2w hyperintense mit hypointensen (Einblutung) Arealen.


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Maligne Raumforderungen
Die häufigsten malignen Tumoren der NNH sind das Plattenepithelkarzinom (60–80%), das Adeno- und Adenoidzystische Karzinom (jeweils 10%). Wesentlich seltener treten Chondrosarkome, Osteosarkome und maligne Lymphome oder Metastasen (Niere, Lunge, Mamma, Hoden, SD) auf.
Plattenepithel-CA
Das Plattenepithel-CA ([Abb. 11]) tritt am häufigsten in der Kieferhöhle gefolgt von Sinus ethmoidales, Sinus frontalis und Sinus sphenoidales im Alter zwischen 55–65 Jahren auf. Charakteristisch ist die knöcherne Destruktion. Im MRT ist das Signalverhalten in T1w variabel, während es aufgrund der hohen Zelldichte in T2w hypointens zur Darstellung kommt. Die KM-Aufnahme ist geringer als bei Adeno-CA, Ästhesioneuroblastom oder Melanom. Differenzialdiagnostisch ist das Adenoidzystische-CA ([Abb. 12]) abzugrenzen, es geht von den submukösen Speicheldrüsen der NNH aus und dehnt sich gehäuft perineural aus.




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Adenokarzinom
Adenokarzinome sind in Zusammenhang mit beruflicher Hartholzstaubexposition als Berufskrankheit anerkannt. Sie wachsen ebenfalls lokal destruierend und infiltrierend, haben jedoch meist im Gegensatz zum Plattenepithel-CA eine erhöhte T2w-Signalintensität und kräftigere KM-Aufnahme. Gerade bei fortgeschrittenen Stadien sind auch häufig Nekrosen und Einblutungen erkennbar [Park CY et al. Head Neck Oncol 2012; 4: 48].
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Lymphom
Als maligne Lymphome kommen vorwiegend das Non-Hodgkin-Lymphom (NHL) und das Plasmozytom in den NNH vor. Das NHL kommt typischerweise als lobulierte, glatt begrenzte, expansiv wachsende Raumforderung mit eher hyperdenser homogener Binnenstruktur im nativ CT und hypointens in T2w zur Darstellung aufgrund des hohen Kern / Zytoplasma-Verhältnisses. Die KM-Anreicherung ist ebenfalls homogen, jedoch geringer als in der sinunasalen Mukosa. Das Plasmozytom manifestiert sich intramedullär und extramedullär ([Abb. 13]) als raumfordernde Weichteilläsion mit kräftiger homogener KM-Anreicherung. Als Zeichen des ossären Befalls sind im CT Osteolysen erkennbar.


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Ästhesioneuroblastom
Das Ästhesioneuroblastom ist ein maligner neurogener Tumor mit Ursprung im olfaktorischen Epithel der Nasenhöhle und Lamina Cribrosa, es macht weniger als 5% der sinunasalen Tumoren aus. Typisch ist die Expansion in die NNH, Orbita und Rhinobasis. Die Tumorränder sind gut abgrenzbar, der Tumor selbst nimmt stark KM auf. In größeren Tumoren können Verkalkungen, Einblutungen, Nekrosen und Zysten im Randbereich vorhanden sein ([Abb. 14]).


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Melanom
Das maligne Melanom ([Abb. 15]) kommt in den Nasennebenhöhlen mit einer Inzidenz von 1/50000–100000 sehr selten vor. Aufgrund der sehr unspezifischen Symptome wie Nasenbluten und der schwierigen Abgrenzung zu benignen Prozessen wird es erst spät als solches diagnostiziert und hat dadurch eine sehr schlechte Prognose. Im CT stellt es sich als die umgebenden Strukturen destruierender Weichteilprozess dar, der im MRT bei melanotischem Melanom T1w hyperintens, T2w hypointens und beim amelanotischen Melanom T1w intermediäres Signal und T2w variables Signalverhalten aufweist. Einblutungen sind häufig und weisen in T2* deutliche Suszeptibilitätsartefakte auf [Gasparyan A et al. World J Clin Oncol 2011; 2: 344–347].


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Osteosarkom
Das Osteosarkom kommt mit 0,7–3% in den kraniofazialen Knochen wie Mandibula, Maxilla und den NNH vor. Hierbei handelt es sich um einen destruktiv aggressiv progredient wachsenden Tumor mit Tumormatrixmineralisation und periostaler Reaktion („sunburst“ Zeichen). Sowohl osteolytische wie auch osteoblastische Formen sind möglich. Die Osteolysen zeigen sich mit einem über den Knochenteil hinausgehenden Weichteilanteil, einem heterogenen Enhancement und insgesamt einer eher unspezifischen Bildgebung. Während die osteoblastische Form mit Tumormatrixverkalkungen und „sunburst“-artigen Ausziehungen im CT gut detektierbar ist.
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Rhabdomyosarkom
Mit 75% ist das Rhabdomyosarkom das häufigste Weichteilsarkom und kommt vorwiegend im Kindesalter vor; es macht 4% aller soliden malignen Tumoren im Kopf-Hals-Bereich aus. Es stellt sich als große raumfordernde Läsion mit Infiltration benachbarter Kompartimente und mäßiger KM- Anreicherung dar [Fyrmpas et al. J Laryngol Otol 2009;123:990-996 ]. Im CT werden besonders ausgedünnte Knochenwände, die oft komplett destruiert sind und unscharf begrenzte Arrosionen an kräftigen Knochen erkennbar ([Abb. 16]).


U. Ehrenpford, M. Schulze, S.D. Ioanoviciu, M. Horger, K. Reimann; Tübingen
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