Subscribe to RSS
DOI: 10.1055/s-0034-1369730
Chronisches Darmversagen – Kosteneffizienz der Dünndarmtransplantation versus totale parenterale Ernährung
Publication History
Publication Date:
09 April 2015 (online)
Ein chronisches Darmversagen mit unzureichender Nährstoffresorption, meist aufgrund eines Kurzdarmsyndroms, entsteht bei Verlust von 70–75% der gesamten Dünndarmlänge. Heute stehen dabei im Wesentlichen zwei Therapieoptionen zur Verfügung: eine häusliche totale parenterale Ernährung (TPE) oder eine Dünndarmtransplantation. Die Kosteneffizienz der Transplantation haben nun niederländische Wissenschaftler durchgerechnet.
Roskott AM, Groen H, Rings EH et al. Cost-effectiveness of intestinal transplantation for adult patients with intestinal failure: a simulation study. Am J Clin Nutr 2015: 79–86
Eine Dünndarmtransplantation kann die Überlebenszeit bei Patienten mit chronischem Darmversagen im Vergleich zu einer TPE etwas verlängern, ist aber mit deutlich höheren Kosten verbunden. Zu diesem Ergebnis kommt die Arbeitsgruppe um Anne Roskott, die anhand von Zahlen des Dutch Registration of Intestinal Failure and Intestinale Transplantation (DRIFT), des internationalen Intestinal Transplant Register (ITR) sowie Daten aus Patientenakten und Expertenmeinungen aus den niederländischen Zentren eine Modellrechnung aufgestellt haben.
Dabei wurden simulierte Patienten mit einer Rate von 40/Monat über 10 Jahre aufgenommen, mit einer maximalen Nachbeobachtungsdauer von 40 Jahren. Eine Dünndarmtransplantation wurde 10% der Patienten angeboten, bei denen die weitere Lebenserwartung unter fortgesetzter TPE als unter 12 Monate liegend eingeschätzt wurde – so das derzeitige Aufnahmekriterium in das Transplantationsprogramm. Beurteilt wurden die Kosten pro gewonnenem Lebensjahr durch die Transplantation auf Grundlage der niederländischen Kostenzahlen.
Aus den Simulationen errechnete sich eine durchschnittliche Überlebenszeit von
-
14,6 Jahren ohne Transplantation und
-
14,9 Jahren mit Transplantation
Bei der TPE wurden Kosten von 13 276 EUR für den Beginn der Behandlung zugrunde gelegt und von 77 652 EUR / Jahr für die Folgezeit. In diese Folgekosten gingen die Ernährungslösungen ein, die häusliche Unterstützung durch geschulte Pflegekräfte und eventuelle erneute Klinikaufenthalte wegen mit der TPE einhergehenden Komplikationen. Bei der Transplantation schlug der Eingriff selbst, einschließlich Screening, klinischer und ambulanter Nachbehandlung, mit ca. 73 000 EUR zu Buche und war mit 13 000 EUR / Jahr in der Folge verbunden. Für diese Kosten war vor allem die medikamentöse Immunsuppression verantwortlich, dazu kamen ebenfalls erneute Klinikaufenthalte und die weitere ambulante Nachsorge. Insgesamt errechnete sich daraus ein Betrag von knapp 20.000 EUR pro Lebensjahr, das durch die Transplantation gewonnen wurde.
Der Zuwachs an Lebenserwartung bei Darmversagen durch die Transplantation im Vergleich zur TPE von 3 Monaten scheint marginal, so die Autoren. Allerdings bezieht sich dieser Wert auf eine große Population, in der 90% der Patienten eben nicht transplantiert werden. Für den individuellen Patienten dürfte der resultierende Nutzen höher liegen. Wurde das Modell mit einer Transplantationsrate von 15% bzw. 20% durchgerechnet, ergaben sich bei gleicher Kosteneffizienz höhere Gewinne an Überlebenszeit. Weiterhin liegen der Rechnung lediglich die direkten medizinischen Kosten zugrunde, nicht aber indirekte Kosten, die z. B. durch Arbeitsunfähigkeit entstehen. Insgesamt, so schließen die Verfasser, könnten sie sich für die Zukunft eine Ausweitung der Transplantationsindikation vorstellen.
Dr. Elke Ruchalla, Trossingen
#