Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2014; 21(01): 8-9
DOI: 10.1055/s-0034-1370741
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Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

DRF Luftrettung erweitert ihre Flotte für weltweite Ambulanzflüge – Neues Flottenmitglied optimiert medizinische Versorgung

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Publikationsdatum:
26. Februar 2014 (online)

 

    Jährlich leistet die DRF Luftrettung rund 800 Ambulanzflüge in weltweit über 100 Ländern. Ob Urlauber oder Geschäftsreisende, die sich im Ausland verletzen oder schwer erkranken – die Luftrettungsorganisation ist mit ihren Ambulanzflugzeugen zur Stelle und bringt die Patienten zur medizinischen Behandlung in ihre Heimatländer. Koordiniert werden die Einsätze durch eine eigene Alarmzentrale. Seit August 2013 startet zusätzlich zu den 2 Ambulanzflugzeugen des Typs Lear 35A ein moderner Learjet des Typs 45XR vom Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden aus (Abb. [ 1 ]): Welche medizinischen Möglichkeiten ergeben sich mit dem neuen Flottenmitglied? Was wurde bei der Planung der Innenausstattung berücksichtigt?

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    Abb. 1 Das neue Flottenmitglied der DRF Luftrettung: schnell unterwegs und optimal für weltweite Ambulanzflüge ausgestattet. (Quelle: DRF Luftrettung)

    Medizinische Möglichkeiten im neuen Flugzeug

    Die wichtigste Neuerung des Learjet 45 XR ist die Doppelstretcherkonfiguration: die Möglichkeit, 2 Patienten gleichzeitig zu transportieren. „Wir können jetzt bis zu 2 NACA 5 – das heißt intensivmedizinisch zu betreuende Patienten, die sich in Lebensgefahr befinden – gleichzeitig transportieren. Dafür wurde jede Behandlungseinheit im Learjet 45XR mit dem dazugehörigen technischen Equipment autark ausgestattet, um die Patienten unabhängig voneinander versorgen zu können“, erläutert Michael Engel, Leitender Arzt im Bereich Ambulanzflugzeuge (Abb. [ 2 ]).

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    Abb. 2 Wichtigste Neuerung ist die Doppelstretcherkonfiguration, mit der 2 Patienten gleichzeitig transportiert und unabhängig voneinander behandelt werden können. (Quelle: DRF Luftrettung)

    Der erste Doppelstretchereinsatz ging von Madeira über Porto nach Paris. Transportiert wurden 2 Unfallopfer: Ein Mann hatte nach einem Sturz eine Hirnblutung erlitten und war in der Neurochirurgie in einer Klinik auf Madeira operiert und versorgt worden. Die medizinische Besatzung des Ambulanzflugzeugs übernahm den Patienten in der Klinik. Aufgrund der Befunde, seines kritischen Zustands und in Hinblick auf den für den Patienten sichersten Transport entschied die medizinische Besatzung, ihn noch in der Klinik zu analgosedieren und zu intubieren. Der andere in Porto aufgenommene Patient hatte sich nach einem Quadunfall eine Beckenfraktur zugezogen, die in einer Klinik vor Ort operiert worden war. Der komplizierte Bruch wurde mit einem externen Fixateur stabilisiert, durch entsprechende Medikamentengabe wurde der Patient während des Flugs schmerzfrei gehalten.


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    Ausstattung hat höchsten Standard

    Seit rund 30 Jahren ist die DRF Luftrettung neben der Hubschrauberrettung mit Ambulanzflugzeugen weltweit im Einsatz. Für den neuen Learjet 45 XR hat die Luftrettungsorganisation ein medizinisches Innenraumkonzept realisiert, in das ihre jahrzehntelange Erfahrung eingeflossen ist. Die medizinischen Geräte an Bord wurden an den höchsten Standard in der medizinischen Intensiv- und Notfallversorgung angepasst (Abb. [ 3 ]). „Wir können sowohl Patienten mit komplexen internistischen und traumatologischen Erkrankungen transportieren und behandeln, als auch Kinder versorgen und überwachen,“ erklärt Bernd Zimmer, Abteilungsleiter Flugzeuge. Zu der medizintechnischen Grundausstattung jedes Behandlungsplatzes an Bord zählen:

    • ein Beatmungsgerät Hamilton T1,

    • ein Patientenmonitor Corpuls C3 mit einer Defibrillations- und Schrittmachereinheit,

    • 4 Braun-Space-Perfusoren und -Infusomaten,

    • ein Notfallrucksack,

    • eine Vakuummatratze,

    • stationäre und transportable Absaugeinheiten sowie

    • Ampullarien.

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    Abb. 3 Medizinische Geräte entsprechen höchstem Standard in der Intensiv- und Notfallversorgung. (Quelle: DRF Luftrettung)
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    Abb. 4 Das neue Flugzeug hat auch aus Pilotensicht einige Vorteile. (Quelle: DRF Luftrettung)

    Darüber hinaus sind ein Sonografiegerät und ein Videolaryngoskop verfügbar. Aufgrund einer neuen 300bar-Technik werden außerdem insgesamt 18 000 l stationärer Sauerstoff mitgeführt, mehr als die doppelte Menge im Vergleich zur Vorhaltung an Bord des Lear 35A. Hinzu kommen noch 2 transportable Sauerstoffflaschen mit 2000 l. „Damit verfügen wir über große Reserven auf Langstreckenflügen, selbst für Patienten mit extrem hohem Sauerstoffbedarf, wie zum Beispiel bei nicht invasiven Beatmungsverfahren. Damit ist der O2-Vorrat auch bei langen Transportzeiten immer ausreichend“, erläutert Michael Engel.


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    Mehr Platz an Bord

    Der Learjet 45 XR bietet außerdem deutlich mehr Platz als der Learjet 35A, wovon die Besatzungen und die Patienten profitieren: „Wir haben nun bessere Zugangsmöglichkeiten bei der medizinischen Versorgung. Die essenziellen Lagerungsmöglichkeiten der Patienten wurden damit optimiert. Außerdem besteht mehr Flexibilität zur Erweiterung der medizinischen Crew und zur eventuellen Mitnahme von Begleitpersonen“, erklärt Bernd Zimmer.

    Die medizinische Besatzung des Learjet 45XR besteht in der Regel aus 2 Rettungsassistenten/Fachkrankenpfleger und einem Facharzt mit intensivmedizinischer Weiterbildung. Für spezielle Einsätze stehen ebenfalls weitere Fachärzte zur Verfügung, beispielsweise Neonatologen/Pädiater zum weltweiten Transport von Neugeborenen und Frühchen. „Um eine bestmögliche Versorgung der Patienten an Bord zu gewährleisten verfügen wir über festangestellte Rettungsassistenten sowie einen festen Stamm an erfahrenen Ärzten. Zur Gewährleistung eines hohen Qualitätsstandards führen wir für unsere medizinischen Besatzungen regelmäßig DIVI-Intensivtransport- und Simulatorkurse durch. Außerdem veranstaltet die Abteilung Medizin Flugzeuge pro Jahr mindestens 2 Fortbildungen zu intensivmedizinischen Themen. Hinzu kommen weitere von der DRF Luftrettung Akademie® organisierten Trainings, beispielsweise PHTLS-/EPLS- oder von der DEGUM zertifizierte Sonografiekurse“, ergänzt Zimmer.


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    Vorteile im Flugbetrieb

    Die neue Maschine, erläutert Flottenchef Flugbetrieb Flugzeuge Udo Kordeuter, hat auch aus Pilotensicht einige Vorteile:

    • Der Learjet des Typs 45XR hat eine sehr gute Steigrate, gewinnt damit schneller an Höhe, spart Treibstoff und kann Flugplätze mit kürzeren Start- und Landebahnen anfliegen, die näher am Patienten sind.

    • Die AOG-Zeiten (AOG = aircraft on ground: Zeit, die ein Flugzeug aus technischen Gründen am Boden bleiben muss) sind vergleichsweise kurz, weil die Versorgung des Flugzeugs mit Ersatzteilen erfahrungsgemäß zügig läuft.

    • Die Frontscheibe im Cockpit des Learjet 45 ist beheizt und beschlägt nicht.

    • Die Kabine ist mit einem Minitriebwerk, das auch am Boden betrieben werden kann, permanent klimatisierbar und erhöht den Komfort von Patienten und Crew.

    • Die Betankung über einen einzigen Tankstutzen, an den alle Tanks angeschlossen sind, spart Zeit, die letztendlich den Patienten zugutekommt.


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    Rückholung: viel Logistik und Teamarbeit

    Zur Koordination der weltweiten Einsätze ist die Alarmzentrale der DRF Luftrettung am Flughafen Karlsruhe/Baden-Baden an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr mit erfahrenen Einsatzdisponenten besetzt. Geht ein Notruf ein, beginnt eine umfangreiche medizinische und flugbetriebliche Vorbereitung: Die Einsatzkoordinatoren der Alarmzentrale organisieren den vollständigen Transport des Patienten von Krankenhausbett zu Krankenhausbett. Während ein Mitarbeiter zum Beispiel notwendige Visa und Landegenehmigungen einholt, informiert ein anderer die medizinische Abteilung. Diese holt in einer umfassenden Abklärung beispielsweise mithilfe von Arzt-zu-Arzt-Gesprächen die medizinischen Fakten ein und plant die Versorgung während des Transports. Nach einer genauen Planung der Flugroute wird die Besatzung alarmiert und detailliert über den Einsatz informiert. Innerhalb von 2 Stunden nach Eingang der Alarmierungen sind die Besatzungen startklar.

    Das Einsatzspektrum kann sehr vielfältig sein: Die DRF Luftrettung holt nicht nur Förderer, die sich als Urlauber oder Geschäftsreisende im Ausland verletzen oder schwer erkranken bei medizinischer Notwendigkeit und ärztlicher Anordnung aus dem Ausland zurück. Im Rahmen einer Kooperation mit der Luxembourg Air Ambulance (LAA) werden im Auftrag von Versicherungen und Assistancen Repatriierungen durchgeführt, beispielsweise für Mitarbeiter, die für ihre Firmen im Ausland tätig sind und zur weiteren medizinischen Behandlung in ihre Heimatländer geflogen werden müssen.

    Quelle: Pressetext DRF Luftrettung, 22.10.2013


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    Abb. 1 Das neue Flottenmitglied der DRF Luftrettung: schnell unterwegs und optimal für weltweite Ambulanzflüge ausgestattet. (Quelle: DRF Luftrettung)
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    Abb. 2 Wichtigste Neuerung ist die Doppelstretcherkonfiguration, mit der 2 Patienten gleichzeitig transportiert und unabhängig voneinander behandelt werden können. (Quelle: DRF Luftrettung)
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    Abb. 3 Medizinische Geräte entsprechen höchstem Standard in der Intensiv- und Notfallversorgung. (Quelle: DRF Luftrettung)
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    Abb. 4 Das neue Flugzeug hat auch aus Pilotensicht einige Vorteile. (Quelle: DRF Luftrettung)