Aktuelle Dermatologie 2014; 40(08/09): 353-355
DOI: 10.1055/s-0034-1377418
Tagungsbericht
© Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

14. Jahres-Symposium der Berliner Stiftung für Dermatologie

14th Symposium of the Berlin Foundation of Dermatology
C. Geilen
Dermatologie am Luisenplatz, Potsdam
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Korrespondenzadresse

Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Christoph Geilen
Dermatologie am Luisenplatz
Luisenplatz 1
14471 Potsdam

Publication History

Publication Date:
03 September 2014 (online)

 

Das 14. Jahres-Symposium der BSD fand am Samstag, den 10. Mai 2014 im Seminaris CampusHotel in Berlin statt. In ihrer einleitenden Begrüßung ließ es sich auch diesmal die gerade in ihrem Amt für weitere 4 Jahre bestätigte I. Vizepräsidentin der Freien Universität Berlin Frau Professor Dr. med. Monika Schäfer-Korting nicht nehmen einen orientierenden Überblick über die künftigen Aktivitäten der FUB zu geben, nicht zuletzt, um das Interesse des Präsidiums für das Gebiet der medizinischen Forschung zu verdeutlichen. Sie unterstrich dabei die engere Bindung der BSD an die Freie Universität Berlin und wünschte der Veranstaltung sowie der Stiftung selbst in der Verfolgung ihrer Satzungsziele trotz der finanziellen Engpässe weiterhin viel Erfolg ([Abb. 1]). Der Geschäftsführer der Stiftung, Prof. Orfanos, dankte nachdrücklich im Namen der BSD der FU-Vizepräsidentin und der Freien Universität Berlin für ihre fortwährende Unterstützung.

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Abb. 1 Prof. Dr. med. Monika Schäfer-Korting, I. Vizepräsidentin der Freien Universität Berlin.

Nachdem das Lichterfelder Streichquartett mit Werken von Joseph Haydn und Jacob Gade für den festlichen musikalischen Rahmen des Symposiums gesorgt hatte, hielt Professor Dr. jur. Christian Pestalozza vom Institut für Staatslehre, Staats- und Verwaltungsrecht der Freien Universität Berlin den diesjährigen Gastvortrag und erläuterte Fragen der ärztlichen Ethik in der medizinischen Forschung, ausgehend von der Deklaration von Helsinki, und ihre Bedeutung für die Tätigkeit des Arztes im Rahmen der Berufsordnungen (s. unten). Durch die konzise Aufzählung der ärztlichen Pflichten und die Vielfalt der geltenden Ethik-Regeln wurde die hohe Verantwortung des Arztes deutlich, der zum Teil unter-, zum Teil überfordert wird ([Abb. 2]).

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Abb. 2 Prof. Dr. jur. Christian Pestalozza, Freie Universität Berlin.

Im Anschluss daran hat das Kuratoriumsmitglied Prof. Dr. med. Harald P. Gollnick, Magdeburg, die Laudatio für den diesjährigen Preisträger, Herrn Priv.-Doz. Dr. med. Ronald Wolf aus der Klinik und Poliklinik für Dermatologie und Allergologie der LMU München, gehalten, stellte den wissenschaftlichen Werdegang des Preisträgers vor und würdigte seine Forschungsarbeiten auf dem Gebiet der Psoriasis. In seinem Vortrag (s. u.) ging der Preisträger in didaktischer Weise auf die Bedeutung einer unterschwelligen Entzündungsbereitschaft der Haut bei Patienten mit Psoriasis ein, verfolgte das Köbner-Phänomen und erläuterte molekularbiologische Techniken, mit denen er ein wirksames Peptid, Koebnerisin genannt, entdecken konnte. Dieses Peptid scheint sowohl in die Regulation der kutanen Entzündung als auch in die antimikrobielle Abwehr der Haut eingebunden zu sein. Hieraus wäre es denkbar, neue Therapiestrategien für die Psoriasis zu entwickeln. Nach seinem überzeugenden Vortrag wurde Herrn Priv.-Doz. Dr. R. Wolf der Wissenschaftspreis 2013 der Berliner Stiftung für Dermatologie samt Urkunde und einem Scheck in Höhe von 10 000 € überreicht ([Abb. 3]).

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Abb. 3 Übergabe des Wissenschaftspreises 2013 an PD Dr. Ronald Wolf, München, durch Prof. Dr. H. Gollnick.

Die Vorstellung zweier Stipendiaten stellte schließlich ein Zeugnis der Tätigkeit der Stiftung dar: Dr. Ahmed Sameh aus Ägypten schilderte seine Eindrücke während seines Fortbildungsstipendiums in Dermatohistopathologie bei Herrn Priv.-Doz. Dr. med. Chalid Assaf in Krefeld und Herrn Prof. Dr. med. Rudolf Stadler in Minden. Aus seiner bisherigen Tätigkeit präsentierte er einen eigenen Fallbericht eines kutanen Lymphoms. Als zweiter Stipendiat stellte sich Joannis Karagianidis aus Griechenland vor. In seinem Vortrag berichtete er über seine Erfahrungen an der Hautklinik in Dessau bei Prof. Dr. med. Christos Zouboulis, an der er nicht nur umfassende Kenntnisse in der Dermatologie sammelte, sondern auch seine Deutschkenntnisse verbesserte, wie sich die Zuhörer anhand seines in sehr gutem Deutsch gehaltenen Vortrags überzeugen konnten. Beide Stipendiaten bedankten sich für die gebotene Chance und erhielten feierlich ihre Stiftungsurkunde ([Abb. 4]).

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Abb. 4 Dr. Ahmed Sameh, Ägypten, und Joannis Karagianidis, Griechenland, BSD-Stipendiaten.

Das Symposium wurde durch die Schlussworte des stellvertretenden BSD-Geschäftsführers Prof. Geilen abgeschlossen, der kurz auf die Problematik von Stiftungen vor dem Hintergrund der momentanen Zinssituation am Finanzmarkt einging. Die Förderungsmöglichkeiten von Stiftungen hängen unmittelbar vom Zinsertrag des Stiftungsvermögens und des Spendenaufkommens ab. Aufgrund der niedrigen Ertragszinsen sind die finanziellen Mittel zur Förderung von Projekten und Stipendiaten derzeit sehr eingeschränkt. Insofern soll der vorliegende Beitrag auch eine Anregung für Spenden und Zustiftungen sein, um auch zukünftig erfolgreiche Aktivitäten im Interesse unseres Faches zu ermöglichen. Jeder Beitrag hilft, das gesetzte Ziel, die Förderung der Dermato-Venerologie, zu erreichen. Weitere Informationen zur Berliner Stiftung sind unter www.stiftung-dermatologie.de zu finden. Spenden werden erbeten auf das Spendenkonto der BSD:

Weberbank AG Berlin

Kto.-Nr. 10 03 05 75 31,

IBAN: DE 05 101 201 00 100 305 75 31,

BIC/Swiftcode: WELADED1WBB.

Steuerabzugsfähige Spendenbescheinigungen werden umgehend ausgestellt.

Redner, Stipendiaten, die Mitglieder des Kuratoriums der Stiftung sowie die zahlreichen Teilnehmer hatten im Anschluss bei einem kleinen Buffet Gelegenheit zu Gedankenaustausch und ausführlichen Diskussionen.

Prof. Dr. rer. nat. Dr. med. Christoph C. Geilen

Stellv. BSD-Geschäftsführer

Ärztliche Ethik in der medizinischen Forschung am Menschen im Spiegel der Deklaration von Helsinki und der Berufsordnungen

Prof. emer. Dr. jur. Christian Pestalozza

Institut für Staatslehre, Staats- und Verwaltungsrecht, FU Berlin

Ausgehend von einem konsentierten Grundbestand ungeschriebener Regeln für die ärztliche Ethik macht der Vortrag auf Folgen der Verschriftlichung und Verrechtlichung der Ethik-Regeln aufmerksam, erinnert den Weltärztebund an die Grenzen seines Mandats und plädiert für eine internationale und nationale Vereinheitlichung der Rechts-Texte zur ärztlichen Ethik. Dabei bilden den ungeschriebenen Grundbestand ethischer Regeln für den Beruf des Arztes neun Gebote.

Der Arzt muss:

  1. Sein Potenzial ausschöpfen, erhalten und in den Dienst der anderen stellen,

  2. unabhängig und unbestechlich sein,

  3. seinen Beruf als nicht gewerblich begreifen,

  4. helfen, nicht schaden, insbesondere nicht töten wollen,

  5. aufklären und überzeugen, nicht überreden wollen,

  6. seinen Patienten als Person ohne Ansehung der Person respektieren,

  7. die Schöpfung achten und nicht verändern wollen,

  8. sich von der Not der anderen leiten lassen
    und

  9. seine Person hinter seine Aufgabe stellen.


In diesen Geboten sind für die Forschung des Arztes am Menschen drei weitere Regeln bereits angelegt: Der Arzt ist erstens frei zu forschen; er ist aber nicht bedingungslos frei am Menschen zu forschen; zweitens, seine Forschung am Menschen muss den Menschen nutzen können, und drittens, seine Forschung am Menschen muss, wenn sie verletzen kann, unumgänglich und konsentiert sein. Diese Gebote setzen Mindeststandards und leiten ärztliches Handeln; die Letztverantwortung für ihre Umsetzung im Einzelfall trägt der Arzt.

Die Verschriftlichung derartiger Regeln schafft Gewissheit und ermöglicht ausdrücklichen Konsens der Beteiligten, am authentischsten durch solche Dokumente, die von der Ärzteschaft selbst stammen – wie die Deklaration des Weltärztebundes von Helsinki, am verlässlichsten durch solche Dokumente, die zudem die Billigung der Nichtärzte gefunden haben – wie die landesbehördlich genehmigten Berufsordnungen der Ärztekammern.

Verlässlichkeit und Ansehen dieser Dokumente leiden allerdings unter der Häufigkeit und Art ihrer Änderungen, unter ihrer nationalen und internationalen Regionalisierung und der damit verbundenen Unterschiedlichkeit ihres Inhalts. Die eine ärztliche Ethik verlangt demgegenüber nach einem Dokument. Es muss kurz, beständig und maßvoll sein.

Die Deklaration von Helsinki des Weltärztebundes genügt diesen Anforderungen nicht optimal. Sie wird zu häufig geändert, über- und unterfordert den Arzt und überschreitet ihr Mandat.

Die internationalen und nationalen Rechts-Texte zur ärztlichen Ethik sind unabdingbar, weil allein sie den Bruch der Ethik-Regel sanktionieren können. Aber es gibt zu viele von ihnen, weil zu viele voneinander unabhängige Rechtsetzer für sie zuständig sind, die aufeinander keine Rücksicht nehmen müssen und zudem innerhalb ihres eigenen Zuständigkeitsbereiches zu wenig auf Einheit und Gleichmaß der ärztlichen Ethik achten. Das gilt international z. B. für die EU-Regelungen im Bereich der Arzneimittel- und Medizinproduktforschung nicht weniger als national z. B. für das beziehungslose Nebeneinander der Berufsordnungen der Ärztekammern im Bereich ärztlicher Forschung am Menschen. Hinzu kommen besondere, vermeidbare Schwächen der Verrechtlichung, wenn der Rechts-Text – wie so häufig – auf Ethik-Regeln mehr oder weniger genau verweist statt sie inhaltlich zu übernehmen.

Der aus alldem folgenden nationalen und internationalen Zerbröselung der ärztlichen Ethik durch Verrechtlichung kann und muss Einhalt geboten werden. Weltweit ist ein rechtsverbindliches Dokument der Vereinten Nationen geboten, in Europa die Ratifizierung einschlägiger Dokumente durch alle Europarats-Mitglieder, in Deutschland eine Harmonisierung landesrechtlicher Regelungen oder die Ausweitung der Bundeszuständigkeiten im Humanforschungsbereich.


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Psoriasis – Schwelbrand in der Haut.
S100-Peptide als Schutz und Entzündungsmediatoren

Priv.-Doz. Dr. med. Ronald Wolf

Klinik für Dermatologie der Ludwigs-Maximilian-Universität München

Die Psoriasis (Schuppenflechte) ist eine der häufigsten chronisch-entzündlichen Erkrankungen der Haut und gesundheitspolitisch von großer Bedeutung. Im Vergleich zu Gesunden neigen Psoriasis-Patienten zu einer unterschwelligen Entzündungsreaktion der Haut (Schwelbrand), die durch äußere Reize leicht verstärkt wird und die manifeste Erkrankung entfacht. Der Breslauer Dermatologe Heinrich Köbner (1838 – 1904) beschrieb erstmalig, dass spezifische Psoriasis-Läsionen in Psoriasis-empfindlicher Haut durch unspezifische Stimuli wie etwa mechanischen Druck induziert werden können (Köbner-Phänomen, 1872). Das antimikrobiell-wirksame Peptid Koebnerisin wurde erstmalig in der „geköbnerten“ Haut von Psoriasis-Patienten beschrieben. Es ist bereits vor Ausbruch der Erkrankung in der Haut verstärkt vorhanden und reguliert die Entzündungsneigung.

Diesem Phänomen auf der Spur, wurde mittels differential display nach Genfragmenten gesucht, die bereits vor Ausbruch der Erkrankung verstärkt in der Haut von Psoriasis-Patienten gebildet werden. Die Untersuchungen führten zur Entdeckung eines neuen Mitglieds der Familie der S100-Peptide, Koebnerisin (S100 A15) genannt. Trotz höchster Homologie zum verwandten Psoriasin (S100 A7) weist Koebnerisin ein charakteristisches Verteilungsmuster im Gewebe auf und unterscheidet sich in Regulation und entzündungsfördernden Funktionen ([Abb. 5]).

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Abb. 5 Koebnerisin-Schutz und Entzündungsmediator in der Haut. Koebnerisin (S100 A15) und seine schützenden Funktionen in den obersten Schichten der Haut. Bei einer Störung der Epithelbarriere wird Koebnerisin verstärkt von Zellen der Epidermis freigesetzt (LZ, Langerhans-Zelle) und fördert die Abwehrreaktion durch seine antimikrobielle Wirkung und die Anlockung von Entzündungszellen. Bei Schuppenflechte (Psoriasis) wird dieser Prozess wechselseitig verstärkt und führt zu einer chronischen Entzündung.

Neben seinen antimikrobiellen Eigenschaften (AMP) wirkt Koebnerisin in der Haut als endogenes Gefahrensignal (Alarmin) und als Chemoattraktor für Entzündungszellen. Köbnerisin und Psoriasin werden in Psoriasisläsionen verstärkt produziert und fördern aktiv die Entzündung. Die Erkrankung dient als der Prototyp chronischer Entzündungen der Haut, um auslösende Faktoren und Mechanismen der Krankheitsentstehung zu untersuchen. Ätiologisch wird diskutiert, ob die Erkrankung primär durch konstitutive Veränderungen in den epidermalen Keratinozyten bedingt ist, oder durch die Dysregulation des Immunsystems, oder durch die Kombination von beidem. Die Neigung zur Psoriasis ist genetisch mitbedingt. Die S100-Peptide Psoriasin und Koebnerisin sind im Psoriasis Susceptibility Locus (PSORS) 4 kodiert und werden bereits in gesund erscheinender Haut von Psoriasis-Patienten verstärkt gebildet. Im Modell lässt sich die Disposition zur Psoriasis durch eine vermehrte Produktion des für Psoriasin und Koebnerisin äquivalenten mS100a7a15-Maus-Peptids nachstellen. Wie beim Psoriasis-Patienten ist im Mausmodell die Produktion der pathogenetisch wichtigen Th1- und Th17-Zytokine in der Haut verstärkt und es entsteht ein subtil erhöhtes Entzündungsniveau (Schwelbrand). Es zeigt sich, dass die Haut der Tiere besonders anfällig für Entzündungen ist, die sich wie auch beim Menschen durch mechanische Reizung auslösen lassen (Köbner-Phänomen). Dabei spielt die Interaktion zwischen dem mS100a7a15-Peptid und seinem receptor of advanced glycated end products (RAGE) eine besondere Rolle.

Die Erkenntnisse über die S100-Peptide Psoriasin und Koebnerisin machen den Zusammenhang von genetischer Disposition und Manifestation der Psoriasis deutlich und bieten eine Grundlage für die Entwicklung und Testung neuer Interventionsstrategien gegenüber chronisch-entzündlichen Erkrankungen.


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Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Christoph Geilen
Dermatologie am Luisenplatz
Luisenplatz 1
14471 Potsdam


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Abb. 1 Prof. Dr. med. Monika Schäfer-Korting, I. Vizepräsidentin der Freien Universität Berlin.
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Abb. 2 Prof. Dr. jur. Christian Pestalozza, Freie Universität Berlin.
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Abb. 3 Übergabe des Wissenschaftspreises 2013 an PD Dr. Ronald Wolf, München, durch Prof. Dr. H. Gollnick.
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Abb. 4 Dr. Ahmed Sameh, Ägypten, und Joannis Karagianidis, Griechenland, BSD-Stipendiaten.
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Abb. 5 Koebnerisin-Schutz und Entzündungsmediator in der Haut. Koebnerisin (S100 A15) und seine schützenden Funktionen in den obersten Schichten der Haut. Bei einer Störung der Epithelbarriere wird Koebnerisin verstärkt von Zellen der Epidermis freigesetzt (LZ, Langerhans-Zelle) und fördert die Abwehrreaktion durch seine antimikrobielle Wirkung und die Anlockung von Entzündungszellen. Bei Schuppenflechte (Psoriasis) wird dieser Prozess wechselseitig verstärkt und führt zu einer chronischen Entzündung.