Einleitung
Das Kaposi-Sarkom ist eine Tumorerkrankung vaskulärer Genese, bei der vorwiegend Haut, Lymphknoten und innere Organe befallen werden [1]
[2]. An der Erkrankung leiden Patienten im Alter von 50 bis 80 Jahren, Männer sind 9 – 15-mal öfter als Frauen betroffen. Ein Charakteristikum des Kaposi-Sarkoms sind Exantheme an den unteren Gliedmaßen – an der Rückseite der Füße und der Vorderseite der Unterschenkel, jedoch kann die gesamte Haut und Schleimhaut befallen werden: Augenlider, Nasenspitze, Schleimhaut des Mundes, Ohrmuscheln, Rücken, Bauch und Eichel [3]
[4].
Das Kaposi-Sarkom ist eine polyätiologische Erkrankung. Derzeit sieht man als wichtige pathogenetische Faktoren die genetische Suszeptibilität zu dieser Erkrankung bei Personen mit Antigenen der Histokompatibilität HLA-DR5 sowie Virusinfektionen (ННV-8, CMV) und das HIV-Virus an. Es sind auch Fälle der Entwicklung eines Kaposi-Sarkoms bei Patienten unter immunsuppressiver Therapie nach Organtransplantation und bei Behandlung von Autoimmunerkrankungen [2]
[5]
[6]
[7] beschrieben.
Man unterscheidet 4 klinische Typen des Kaposi-Sarkoms: einen klassischen (idiopathischen), einen endemischen (afrikanischen), einen immunsuppressiven und epidemischen (HIV-assoziierten) Typus. Klinisch manifestiert sich die Erkrankung in fleckigen, papulösen und tumorartigen Läsionen [1]
[2]
[8].
Entsprechend dem Erkrankungsverlauf unterscheidet man: eine akute, eine subakute und eine chronische Form des Kaposi-Sarkoms. Für die akute Form sind frühe Generalisierung der Erkrankung, unentwegtes Fortschreiten, zahlreiche Läsionen der Haut und der Schleimhäute und Vergrößerung der Lymphknoten typisch. Ein letaler Ausgang nach einigen Monaten ist charakteristisch.
Bei der subakuten Form manifestiert sich die Erkrankung nicht so offensiv, ein letaler Ausgang kann 2 – 3 Jahre dauern.
Für die chronische Form des Kaposi-Sarkoms sind langsame Entwicklung und begrenzte Läsionen charakteristisch, erst im Verlauf kommt es zur Vergrößerung von Lymphknoten und einem Befall innerer Organe, die Lebensdauer der Patienten beträgt durchschnittlich 8 – 10 Jahre [3]
[9].
Histologisch zeigt sich ein angiogenetischer Spindelzelltumor mit charakteristischen eingeschlossenen Erythrozyten („Rolling“). Entzündlich können Lymphozyten, Plasmazellen und Makrophagen begleitend sein [3]
[7]
[10].
Die Diagnose eines Kaposi-Sarkoms wird aufgrund des klinischen Bildes und der Ergebnisse der Histologie gestellt. Bestätigend kann eine HHV-8-Immunhistochemie gemacht werden.
Folgende Krankheiten sind u. a. zu differenzieren: Pseudo-Kaposi-Sarkom (Typ Mali), Pseudo-Kaposi-Sarkom (Typ Stewart-Bluefarb), Masson’s Pseudo-Angiosarkom, bakterielle Angiomatose, Leiomyosarkom, Sarkoidose, Dermatofibrom, Hämangiom [1]
[2]
[7]
[9].
Basispräparate in der Behandlung der Patienten mit Kaposi-Sarkom sind Zytostatika, Glukokortikoide, rekombinantes Interferon-α1, -α2b und -γ. Des Weiteren werden Strahlentherapie (Nahbestrahlung, Gamma-Distanztherapie) mit Gesamtdosen von 20 – 30 Gray, extrakorporale Fotophorese und fotodynamische Therapie verwendet. Die Prognose der Erkrankung ist ungünstig [1]
[2]
[6]
[11].
Als Beispiel für eine fortgeschrittene klinische Manifestation der Erkrankung präsentieren wir folgenden Fall.
Kasuistik
Die 74-jährige Patientin wandte sich mit Klagen über tumorähnliche Bildungen an der Haut der oberen und unteren Gliedmaßen, Ödeme der Unterschenkel, des Rumpfes und der Mundhöhle, eine allgemeine Schwäche, Schlafstörungen und einen Gewichtsverlust von 15 kg innerhalb der letzten 6 Monaten an die Klinik. Erstmals hatte die Patientin vor 8 Monaten an der Haut der Füße hellrote Flecken bemerkt, nach 2 Monaten entstanden dann ähnliche Elemente an der Haut der oberen und unteren Gliedmaßen, des Rumpfes und der Mundhöhle. Die Patientin behandelte sich bis dato selbst mit Aufgüssen und Absuden von Kräutern.
Die nicht betroffene Haut der Patientin hat eine physiologische Schattierung, normale Feuchtigkeit, der Turgor ist verringert. Sichtbare Schleimhäute sind rosa und feucht. Der Hautprozess hat einen symmetrisch verbreiteten Charakter, die Elemente befinden sich an der Haut des behaarten Kopfteils, des Gesichtes, des Rumpfes, der oberen und unteren Gliedmaßen. Zu sehen sind zahlreiche dichte, dunkelrote Knoten, die scharfe Grenzen, eine fest-elastische Konsistenz bei der Palpation und einen Durchmesser von 0,5 bis zu 3 cm haben. An der Haut der Hände und der Füße findet sich ein erosives Konglomerat der Knoten mit eitrigem Sekret und unangenehmen Geruch. Die Unterschenkel und Füße sind ödematös im Umfang vergrößert. Unter der Zunge sieht man einen roten Knoten mit einem Durchmesser bis zu 2 сm, der schmerzlos bei der Palpation ist ([Abb. 1], [Abb. 2]).
Abb. 1 Patientin, 74 Jahre alt, Diagnose: Kaposi-Sarkom, Tumorstadium. An der Haut der rechten Hand sind zahlreiche gruppierte Knoten mit einem Durchmesser von 1 bis zu 3 cm.
Abb. 2 Das Ödem und die Vergrößerung des linken Fußes, die Knoten haben eine feste Konsistenz und einen Durchmesser von 3 bis zu 5 cm.
Labordaten: Blutbild: Senkung des Hämoglobins bis zu 78 g/dl, Beschleunigung der ESR bis zu 27 mm/h. Die allgemeine Urinuntersuchung: Eiweiß 0,048 g/dl, Leukozyten 15 – 18 im Blickfeld. Die biochemische Blutanalyse: Erhöhung der alkalischen Phosphatase bis zu 212 U/l. Die Blutuntersuchungen auf RW, HbsAg und HIV sind negativ.
Histologische Untersuchung: In der Dermis sind deutliche Tumorknoten aus den sich verschlingenden Bündeln der Spindelzellen mit geringgradigem nuklearem Polymorphismus zu sehen, die durch Spalträume mit Erythrozyten geteilt sind. In der Peripherie der Knoten finden sich dünnwandige Gefäßlakunen nach Art eines kavernösen Hämangioms sowie lymphohistiozytäres Infiltrat. Somit bestätigte sich ein Kaposi-Sarkom im Tumorstadium ([Abb. 3], [Abb. 4]).
Abb. 3 Relativ scharf begrenzte, nicht gekapselte Tumorknoten und dünnwandige Gefäßhöhlen (Färbung mit Hämatoxylin und Eosin, Vergrößerung × 50).
Abb. 4 Aggregate von Spindelzellen mit Erythrozyten-gefüllten Spalträumen (Färbung mit Hämatoxylin und Eosin, Vergrößerung × 100).
Angesichts des Tumorstadiums des Kaposi-Sarkoms wurde die Patientin in das regionale onkologische Zentrum zur spezifischen Therapie überwiesen.