Einleitung
Die Schwangerschaft gilt als Risikofaktor für die Entstehung venöser Thromboembolien (VTE) wie venöse Thrombosen (TBVT) und akut lebensbedrohliche Lungenarterienembolien (LE). Schwangere Frauen weisen im Vergleich zu Nichtschwangeren ein vier- bis fünffach gesteigertes Risiko für thrombotische Ereignisse auf, im Wochenbett sogar um das 20-fache. Die Inzidenz wird auf 1 – 2 pro 1000 Schwangerschaften geschätzt [1]
[2]. Das erhöhte Risiko besteht bereits bei Eintritt der Schwangerschaft, persistiert über den gesamten Zeitraum und steigt in den ersten Wochen postpartal nochmals an. In 80 % handelt es sich um isolierte TBVT, 20 % assoziiert mit einer LE [2]. Die LE ist eine der häufigsten Ursachen der mütterlichen Morbidität und Mortalität in den industrialisierten Länder [1]. In 1,1 – 1,5 pro 100 000 Schwangerschaften führt eine Verlegung der Pulmonalarterie, meist verursacht durch eine TBVT, zum Tod [3].
Übliche Diagnose- und Therapiealgorithmen bei TBVT oder LE sind auf Schwangere nicht einfach übertragbar. Da die Klinik in der Schwangerschaft oft unspezifisch ist, erfolgt die Diagnosesicherung nicht immer zeitnah. Eine unverzügliche Sicherung bzw. ein Ausschluss der Diagnose bei klinischem Verdacht ist jedoch aufgrund der schwerwiegenden Komplikationen zwingend erforderlich. Die vorliegende Arbeit beschreibt die diagnostischen und therapeutischen Schritte der TBVT in der Schwangerschaft.
Pathophysiologie
Während der Schwangerschaft begünstigen diverse physiologische Mechanismen das Auftreten einer TBVT oder LE. Eine wesentliche Rolle spielt dabei die sogenannte Virchow-Trias mit Alteration des Endothels, Veränderung der Blutviskosität und Änderung der Strömungsgeschwindigkeit.
Änderung der Strömungsgeschwindigkeit
Hierbei stellt schon die eingeschränkte Mobilisation ein erhöhtes Thromboserisiko dar. Hinzu kommen anatomische Gegebenheiten wie zum einen die Überkreuzung der rechten Arteria iliaca communis durch die linke Vena iliaca communis mit mechanischer Kompression der Vene. Das Uteruswachstum führt während der Schwangerschaft zu einer Kompression der parauterinen Venen im Becken und begünstigt damit ilio-femoral lokalisierte und deszendierende Thrombosen.
Durch die Verlangsamung der Strömungsgeschwindigkeit können proximale TBVT appositionell aszendierend wachsen und bergen ein erhöhtes Risiko symptomatischer LEs.
Alteration des Endothels
Während der Geburt wird das Risiko durch von Scherkraft verursachte Endothelschäden und eine gerinnungsfördernde große Wundfläche zusätzlich erhöht. Postpartal besteht zudem das Risiko einer Ovarialvenenthrombose, die sich über die Vena iliaca interna in die benachbarten Beckenvenen ausbreiten kann [4].
Veränderung der Blutviskosität
Im Blut kommt es während der Schwangerschaft zu einer Vermehrung von pro-koagulatorischen Faktoren (Faktor II, VII, VIII, X, Fibrinogen, von Willebrand-Faktor) und einer Abnahme von Gerinnungsinhibitoren (Protein C und S) sowie zu einer Aktivitätsabnahme von Antithrombin. Als Ausdruck der erhöhten Thrombogenität sind die Aktivierungsmarker der Hämostase Prothrombinfragment, Thrombin-Antithrombin-Komplex und D-Dimere in der Schwangerschaft erhöht und steigen im Verlauf an. Diese schwangerschaftsassoziierten Veränderungen hängen mit der bevorstehenden Geburt zusammen und stellen eine evolutionsbedingte Adaptation zur Reduktion der Blutungsneigung dar [5]
[6].
Vorbestehende und transiente Risikofaktoren
Eine weitere Erhöhung des Risikos entsteht durch vorbestehende und transiente Risikofaktoren ([Tab. 1]). Eine wesentliche Rolle spielen hierbei thromboembolische Ereignisse in der Vorgeschichte sowohl in der Eigen- als auch in der Familienanamnese und eine Thrombophilie. Bei 50 % der Frauen mit einer VTE während der Schwangerschaft oder im Puerperium konnte eine hereditäre oder erworbene Thrombophilie diagnostiziert werden [2].
Tab. 1
Risikofaktoren für TBVT und LE während der Schwangerschaft und postpartal [4].
Bestehende Faktoren
|
Transiente Faktoren
|
Maternale Adipositas
|
übermäßige Gewichtszunahme ( > 21 kg)
|
Multiparität
|
Hyperemesis gravidarum
|
Hereditäre und erworbene Thrombophilien
|
Dehydratation
|
Thrombose oder Thrombophlebitis in der Vorgeschichte
|
Traumata, Blutungen
|
Kardiovaskuläre Risikofaktoren (u. a. Diabetes mellitus, Nikotinabusus)
|
Gestationsdiabetes
|
Kardiovaskuläre Erkrankungen (u. a. Herzklappenerkrankungen)
|
Schwangerschaftskomplikationen (u. a. Preeklampsie, protrahierter Geburtsverlauf)
|
Chronische Erkrankungen (u. a. Lupus erythematodes, Antiphospholipid-Syndrom, chronisch venöse Insuffizienz)
|
Operationen während der Schwangerschaft (v. a. Sectio)
|
Myeloproliferative Erkrankungen (z. B. Polyzythaemie vera)
|
Schwere systemische Infektion
|
Heparin-induzierte Thrombozytopenie
|
|
Nierenerkrankungen (nephrotisches Syndrom)
|
|
Alter > 35 Jahre
|
|
Diagnostik
Klinik
Die eher unspezifischen Symptome einer TBVT sind in der Schwangerschaft noch schwieriger zu beurteilen. Atembeschwerden und/oder Schwellungen der unteren Extremitäten kommen auch bei einem normalen Schwangerschaftsverlauf häufig vor. Neu und plötzlich aufgetretene Schwellungen, Schmerzen, Überwärmung und livide Verfärbung der Beine sowie gestaute periphere Venen sollten jedoch in der Schwangerschaft immer hinsichtlich eines Vorliegens einer TBVT hinterfragt werden. Aber auch untypische Schmerzen im Rücken meist paravertebral oder im Bereich der Leistengegend können hinweisend auf eine TBVT sein, werden in der SS jedoch häufig fehlgedeutet [7]. Da es keine zuverlässigen Diagnosealgorithmen in der Schwangerschaft gibt, gilt es unter Beachtung der Anamnese, körperlicher Untersuchungsbefunde und des Vorliegens von Risikofaktoren das weitere diagnostische Procedere zur Abklärung einer TBVT festzulegen.
Um die klinische Wahrscheinlichkeit unter diesen erschwerten Bedingungen einschätzen zu können, wird der Wells Score angewandt ([Tab. 2]) [8]
[9]. Da hier nur kleine Kohortenstudien, insbesondere für das Vorliegen einer LE [10] existieren, ist die Aussagekraft dieses Scores für die TBVT in der Schwangerschaft jedoch fraglich.
Tab. 2
Wells Score zur Beurteilung der klinischen Wahrscheinlichkeit einer TBVT [8].
Wells Score für die tiefe Beinvenenthombose
|
Klinische Merkmale
|
Punkte
|
Aktive maligne Tumorerkrankung (oder in den letzten 6 Monaten behandelt)
|
+ 1.0
|
Lähmung oder Immobilisation der unteren Extremitäten
|
+ 1.0
|
Bettruhe (> 3 Tage) oder größere Operation in den letzten 12 Wochen
|
+ 1.0
|
Eindrückbares Ödem am symptomatischen Bein
|
+ 1.0
|
Schwellung des gesamten Beins
|
+ 1.0
|
Entlang der Beinvenen lokalisierte Schmerzen
|
+ 1.0
|
Umfangsdifferenz des Unterschenkels > 3 cm im Seitenvergleich
|
+ 1.0
|
Erweiterte oberflächliche Kollateralvenen auf der betroffenen Seite (keine Varizen)
|
+ 1.0
|
TVT in der Vorgeschichte
|
+ 1.0
|
Alternative Diagnose mindestens ebenso wahrscheinlich wie TVT
|
– 2.0
|
Klinische Wahrscheinlichkeit
|
< 2: gering 2: hoch
|
Labor. Der sonst als Baustein in der Thrombosediagnostik genutzte Laborwert D-Dimer, der bei der Auflösung von quervernetztem Fibrin durch Plasmin entsteht, ist mit zunehmender Schwangerschaftsdauer oft physiologisch erhöht und oberhalb des festgelegten Referenzwerts von < 0,5 mg/l [11]
[12]. Zudem kann bei einer hohen klinischen Wahrscheinlichkeit ein unauffälliger Laborwert eine Verlegung insbesondere der peripheren Strombahn nicht mit letzter Sicherheit ausschließen [13]. Hämatome oder Entzündungen, wie sie vor allem postpartal auftreten, führen ebenfalls zu einem Anstieg des Laborwerts. Mit Kenntnis dieser physiologischen Laborschwankungen kann der D-Dimer-Wert bei Verdacht auf eine Verlegung in der Beckenetage aber trotzdem von Nutzen sein. Die Beckenetage ist bei fortgeschrittener Schwangerschaft häufig duplexsonografisch nicht gut einsehbar. Besteht nach Ausschluss einer TBVT des Ober- und Unterschenkels der Verdacht auf eine Verlegung der Beckenetage, können die D-Dimere unter Beachtung eines trimesterabhängigen höheren D-Dimer-Frequenzwertes hilfreich sein und die Sensitivität und Spezifität erhöhen [14].
Eine Thrombophilie konnte bei 50 % der Frauen nachgewiesen werden, die in der Schwangerschaft eine TBVT oder LE entwickelten. Dies hat zwar zunächst in der Schwangerschaft keine therapeutische Konsequenz, kann aber auf längere Sicht, insbesondere für prophylaktische Maßnahmen, z. B. bei einer weiteren Schwangerschaft eine Relevanz haben ([Tab. 3]). Ein Thrombophiliescreening ist deshalb im Verlauf ratsam [2]
[5]. Aufgrund der Komplexität der Bedeutung der Thrombophilie in der Schwangerschaft wird in dieser Arbeit auf die Einzelheiten der Thrombophilie nicht näher eingegangen [15].
Tab. 3
Risiko bei vorangegangener Thrombose oder Thrombophilie und entsprechende Indikation zur Thromboseprophylaxe bei Risikopatientinnen [20].
Niedriges Risiko (0 – 3 %)
Z. n. risikoass. venöser Thrombose, nicht hormonassoziiert Thrombophilie ohne Thrombose (mit Ausnahmen)[1]
|
Aufklären Umgehende Diagnostik bei Beschwerden Kompressionsstrümpfe NMH bei zusätzl. Risikofaktoren
|
Mittleres Risiko (4 – 20 %)
Z. n. spontaner venöser Thrombose Z. n. venöser Thrombose + Thrombophilie Z. n. hormonassoziierter Thrombose
|
Gabe von NMH
50 – 100 antiXa/kg/Tag ab dem 1. Trimenon
|
Hohes Risiko (ca. 20 – 50 %)
Antiphospholipidsyndrom Antithrombin-Mangel mit Thrombosen Akute venöse Thrombose/Embolie Mulitple venöse Thrombosen in der Vorgeschichte
|
Gabe von NMH
100 – 200 antiXa/kg/Tag ab dem 1. Trimenon
|
1 Ausnahmen sind kombinierte schwere Thrombophilien.
Bildgebende Diagnostik
Zur Diagnostik eines thrombembolischen Geschehens in der Schwangerschaft besteht kein validierter Diagnostikalgorithmus. Als Untersuchungsmethode der Wahl zur Diagnose einer TBVT gilt auch in der Schwangerschaft die farbkodierte Kompressionsduplexsonografie. Mit dieser Untersuchungsmethode lassen sich thrombotische Ablagerungen und deren Beschaffenheit in den Venen beurteilen. Des Weiteren lassen sich wichtige Differenzialdiagnosen der TBVT (z. B. Bakerzyste, Hämatome usw.) durch die sonografische Darstellung benachbarter Strukturen erkennen. Grundsätzlich basiert die Untersuchungsmethode auf der Frage, ob das Gefäßlumen durch Druck mit dem Schallkopf zu komprimieren ist. Das Lumen einer normalen Vene lässt sich mit dem Schallkopf vollständig komprimieren, die Venenwand kann im komprimierten Zustand nicht mehr vom Umgebungsgewebe abgegrenzt werden. Liegt eine Thrombose vor, lässt sich das Lumen nur noch teilweise oder nicht mehr komprimieren. Die Untersuchung sollte vor allem im Querschnitt durchgeführt werden, bei Darstellung im Längsschnitt kann der Schallkopf seitlich abweichen [16]. Gegebenfalls kann die zusätzliche Verwendung der farbkodierten Sonografie zum B-Bild hilfreich sein, insbesondere zur Darstellung der schlecht einsehbaren Beckenvenen. Die farbkodierte Kompressionssonografie ist in der Schwangerschaft die Untersuchungsmethode der Wahl. Ihr Vorteil liegt in der Nichtinvasivität ohne Strahlen- oder Kontrastmittelexposition und der beliebigen Wiederholbarkeit zur Verlaufsbeobachtung ohne größere Risiken für Mutter und Kind. Von Nachteil ist allerdings die Untersucherabhängigkeit und erschwerte Beurteilbarkeit der Beckenvenen v. a. in der Schwangerschaft.
Zur Diagnosesicherung einer ilio-femoralen Thrombose wird die Durchführung einer Magnetresonanz-Phlebografie empfohlen. Allerdings besteht im 1. und 2. Trimenom eine Kontraindikation gegen die Verwendung von Kontrastmittel. Im 3. Trimenon kann die Untersuchung bei zwingender Notwendigkeit mit Kontrastmittel mit zyklischer Struktur durchgeführt werden [1]
[4].
Therapie
Die Betreuung schwangerer Patientinnen mit einer TBVT und/oder LE sollte interdisziplinär erfolgen. In erster Linie verfolgt die Behandlung einer TBVT in der Schwangerschaft das Ziel, die Gefahr einer LE zu minimieren und eine Thrombusaszension zu verhindern. Durch eine frühe Diagnosestellung und Therapieeinleitung können auch Spätkomplikationen wie das postthrombotische Syndrom verhindert werden. Eine unmittelbare Antikoagulation (unter Berücksichtigung der Kontraindikationen) nach Diagnosestellung, aber auch bei hoher klinischer Wahrscheinlichkeit ohne primäre Diagnosesicherung, stellt die Therapie der Wahl dar. Im zweiten Fall sollte dann die Diagnostik ohne Zeitverzögerung durchgeführt werden.
Antikoagulation. Zur Antikoagulation während der Schwangerschaft werden unfraktionierte Heparine (UFH) und niedermolekulare Heparine (NMH) ohne Bedenken eingesetzt. Es besteht keine Plazentagängigkeit und Heparine werden nur in geringer Menge und dann nicht wirksam in der Muttermilch nachgewiesen. Aufgrund der langjährigen klinischen Erfahrung können Heparine in der Schwangerschaft als sicher eingestuft werden [17]. Eine eventuell aufgrund der Gewichtsschwankungen und Zunahme des zirkulierenden Blutvolumens benötigte Steuerung der Heparine kann über die aktivierte partielle Thromboplastinzeit und Anti-Xa-Aktivität (Kontrollen 28. und 36. SSW) erfolgen. NMH sind gegenüber den UFH aufgrund der leichteren Handhabung und dem geringeren Nebenwirkungsprofil (weniger Osteoporose- und Blutungskomplikationen, niedrigeres Risiko für Heparin-induzierte Thrombozytopenie) zu bevorzugen. Eine längere Halbwertszeit und schwierige Antagonisierbarkeit ist vor allem bei geplanten operativen Eingriffen oder der bevorstehenden Geburt zu berücksichtigen [18]. Hier und bei fortgeschrittener Niereninsuffizienz stellen die UFH die Therapie der Wahl dar. Cumarine gelten in der Schwangerschaft als kontraindiziert, da sie plazentagängig sind und die Gefahr von kindlichen Blutungen und kongenitalen Fehlbildungen besteht [19]. In der Stillperiode ist eine Umstellung der Antikoagulation auf den Vitamin K-Antagonisten Warfarin möglich, allerdings erst ab dem 3. postnatalen Tag. Warfarin ist in der Stillperiode als unbedenklich einzustufen [20]. Für die neuen direkten Thrombin- und Faktor-Xa-Inhibitoren besteht derzeit in der Schwangerschaft keine sichere Studienlage. Danaparoid oder Fondaparinux sind nur in Ausnahmefällen wie bei Heparin-induzierter Thrombozythämie indiziert [21]
[22].
Blutungskomplikationen treten am häufigsten während der Entbindung auf, daher sollten, wenn medizinisch vertretbar, die Heparine möglichst mit dem Wehenbeginn pausiert werden ([Tab. 4]; [23]). Grundsätzlich sollte bei einer frisch aufgetretenen TBVT (Ende 3. Semester) die Phase ohne Antikoagulation durch eine geplante Geburtseinleitung oder Sectio minimiert werden. Unter Nutzen-Risiko-Abwägung wird individuell eine frühestmögliche Wiedereinleitung der Antikoagulation nach der Geburt durchgeführt. Grundsätzlich wird empfohlen, nach Abklärung einer relevanten Hämorrhagie 6 Stunden nach einer natürlichen Geburt bzw. 12 Stunden nach einer Sectio wieder mit der Antikoagulation zu beginnen [24]. Aktuell fehlen genaue Daten ob, wann und um wieviel die therapeutische Dosis nach der Akutbehandlung im Verlauf der Schwangerschaft reduziert werden kann [25]
[26]. Empfohlen wird bei diagnostizierter proximaler TBVT oder LE die Fortführung der Antikoagulation ab der Erstdiagnose für die Dauer der Schwangerschaft sowie mindestens 6 Wochen postpartal bzw. über 6 Monate [20].
Tab. 4
Pausierung der Antikoagulation bei Geburtsbeginn oder geplanter Intervention [23].
|
Vor Punktion/Katheter
|
Nach Punktion/Katheter
|
UFH (Prophylaxe)
|
4 h
|
1 h
|
UFH (Therapie)
|
4 – 6 h
|
1 h (keine i. v. Bolusgabe)
|
NMH (Prophylaxe)
|
12 h
|
2 – 4 h
|
NMH (Therapie)
|
24 h
|
2 – 4 h
|
Fondaparinux (Prophylaxe < 2,5 mg/d)
|
36 – 42 h
|
6 – 12 h
|
Kompressionstherapie
Die Durchführung einer konsequenten Kompressionstherapie lindert die Akutsymptome der TBVT. Im Verlauf soll sie die Entstehung eines postthrombotischen Syndroms verhindern, das sich bei > 50 % der Schwangeren mit TBVT entwickelt. Betroffen sind hierbei am häufigsten Patientinnen mit proximaler und ausgeprägter Thrombose.
Implantation eines Vena cava-Schirms (VCS)
Die generelle Implantation eines VCS bei Schwangeren mit proximaler TBVT wird nicht empfohlen. Lungenembolien können damit zwar vermieden werden, haben aber keinen Einfluss auf die Kurz- oder Langzeitmortalität bei höherer Rate an Rezidivthrombosen [25]
[27]. Als Indikationen zur Implantation eines Cavafilters gelten die Kontraindikation zur Antikoagulation oder rekurrente oder progrediente VTE unter bestehender suffizienter Antikoagulation. Darüber hinaus kann die Implantation vereinzelt bei speziellen prä- und perioperativen Bedingungen gegeben sein. Das betrifft vorwiegend Schwangere mit frischer proximaler Venenthrombose (2 – 4 Wochen vor dem Entbindungstermin) und erhöhtem Blutungsrisiko mit passagerer Kontraindikation zur Antikoagulation oder im Umfeld von Operationen. Hierbei werden bevorzugt wiederentfernbare Systeme eingesetzt [28].
Lyse
Der Erfolg thrombusbeseitigender Maßnahmen mittels Thrombolyse, ggf. in Kombination mit Thrombektomie sowie die Katheter-gestützte pharmako-mechanische Thrombektomie bei frischen ilio-femoralen TBVT sind zwar belegt (Enden Lance 2012), deren Durchführung in der Schwangerschaft aufgrund der hohen behandlungsspezifischen Risiken (hohes Blutungsrisiko für Mutter und Kind) und der fehlenden Datenlage aber nicht zu empfehlen. Nur bei Schwangeren mit einer hämodynamisch instabilen LE sollte unter einer sorgfältigen Risiko-Nutzen-Abwägung neben einer adjuvanten Gabe von Heparin eine lebenserhaltende Lysetherapie durchgeführt werden [29].
Thromboseprophylaxe in der Schwangerschaft
Thromboseprophylaxe in der Schwangerschaft
Das Risiko einer TBVT in der Schwangerschaft ist zwar im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung erhöht, es wird aber wegen des geringen absoluten Risikos keine generelle medikamentöse Prophylaxe empfohlen. Durch eine suffiziente Kompressionstherapie und damit verbundener Reduktion des Gesamtquerschnitts des Venensystems können jedoch klinische Beschwerden durch die Überbelastung des Venensystems reduziert werden. Dies gilt insbesondere für Patientinnen mit vorbestehender Varikose und/oder Z. n. Phlebitiden oder Thrombosen in der Vorgeschichte. Eine Erhöhung der Flussgeschwindigkeit durch eine Kompressionstherapie in der Schwangerschaft bis in die proximalen Venen ist durch Studien hinreichend belegt [30].
Bei Patientinnen mit Thrombose oder Thrombophlebitis in der Vorgeschichte, nachgewiesener Thrombophilie und/oder vorangegangener Hormonbehandlung im Rahmen einer Kinderwunschbehandlung besteht ein erhöhtes Risiko für das Auftreten einer VTE bzw. eines Thromboserezidives. In diesen Fällen ist die Indikation zu einer medikamentösen Thromboembolie-Prophylaxe mit niedermolekularem Heparin individuell zu ermitteln. Bewährt hat sich hier eine Einteilung in 3 Risikogruppen ([Tab. 3], [Tab. 5]; [20]). Letztlich handelt es sich um Einzelfallentscheidungen mit Einschätzung der individuellen Thrombosegefährdung und darauf aufbauender fundierter Stratefizierung zur risikoadaptierten Prophylaxe.
Tab. 5
Vorgehen bei Patientinnen mit prophylaktischer Antikoagulation während der Geburt je nach Risikogruppe [20].
Niedriges Risiko
Z. n. risikoass. venöser Thrombose, nicht hormonassoziiert Thrombophilie ohne Thrombose (mit Ausnahmen)
|
post-partal NMH für (4 – )6 Wochen
beginnend am Abend der Entbindung
|
Mittleres Risiko
Z. n. spontaner venöser Thrombose Z. n. venöser Thrombose + Thrombophilie Z. n. hormonassoziierter Thrombose
|
NMH absetzen bei Wehenbeginn Zeitabstand zur Periduralanästhesie beachten
postpartal NMH für 6 Wochen
|
Hohes Risiko
Antiphospholipidsyndrom hochdosiert Antithrombin-Mangel mit Thrombosen Akute venöse Thrombose/Embolie Multiple venöse Thrombosen zuvor
|
NMH absetzen bei Wehenbeginn oder Umstellung auf UFH s. c. oder i. v. PTT adjustiert postpartal Umstellung auf Coumadin
|