Flugmedizin · Tropenmedizin · Reisemedizin - FTR 2014; 21(03): 138-139
DOI: 10.1055/s-0034-1383455
BExMed-Mitteilungen
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Kursbericht 2014 – Update Lawinenmedizin und Kälteschäden

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Publication Date:
23 June 2014 (online)

 

    Der diesjährige Lawinenmedizinkurs der BExMed wartete wieder mit einem interessanten Programm in angenehmen Rahmen auf. Angefangen beim Gasthof Lamm in St. Jodok, der von Angelika und Hans Peter liebevoll und familiär geführt wird. Schnee hatte es ja im Gegensatz zur Alpennordseite ausreichend.

    Nach einer kurzen Einführung von Ulli und Jan über den Ablauf der nächsten Tage gab es eine Vorstellungsrunde und anschließend eine kurze Einweisung in die Basis der Lawinenausrüstung. Auch das Auslösen eines ABS-Rucksacks wurde demonstriert, was bereits zu intensiven Diskussionen über den Sinn diverser Zusatztools führte.

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    (Bild: Ulrich Steinerr)

    Am Donnerstag starteten wir bei anfangs noch bedecktem Himmel auf den Sattelberg und wurden begleitet von Stefan Hochstaffl und Stefan Mertelseder, beide leitende Bergretter, sowie Camus und Camille, ihres Zeichens Lawinenhunde. Bei freiem Aufstiegstempo trennten sich schnell die aufstiegs- von den abfahrtsorientierten Tourengehern („…die in den Presswursthosen“, Zitat Wolfgang), sodass sich eine Aufteilung in 2 Gruppen für die nächsten Tage herauskristallisierte. Nach einer Abfahrt im frischen Pulver und einer Stärkung auf der Sattelalm galt es an verschiedenen Stationen die unterschiedlichen Bestandteile der Verschüttetensuche zu üben. Zuletzt gab es dann noch einen Auftritt der Lawinenhunde, die ihr Herrchen aus einer Schneehöhle befreien mussten. Nach dem praktischen Teil folgte ein interessanter Vortrag von Stefan und Stefan über die aktuellen Rettungskonzepte bei Lawinenunfällen in Tirol. Sie zeigten anhand von Lawinenunfällen der vergangenen Winter den Ablauf in der Praxis.

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    (Bild: Ulrich Steinerr)

    Am Freitag ging es dann bei bestem Wetter nordseitig zum Sumpfschartl. Angesichts der Stufe 2 im Lawinenlagebericht (LLB), trotz der Steilstufen im mittleren Teil, eine gute Tourenwahl. Im Mittelteil der Tour gruben wir ein Schneeprofil mit Stabilitätstest, was sich gut mit den relativ günstigen Verhältnissen im LLB deckte.

    Im steilen Gipfelbereich schwenkten wir allerdings wegen der nordseitigen Einwehungen auf einen flacheren Nebengipfel um. In der Abfahrt gab’s dann knietiefen Pulver durch unverspurtes Gelände.

    Am Abend referierte Wolfgang Schaffert über die Pathophysiologie und Behandlung von Kälteschäden und konnte dabei aus seiner langjährigen praktischen Erfahrung auf Expeditionen berichten.

    In der Nacht zum Samstag hatte wieder Schneefall eingesetzt, der noch bis zum Mittag anhielt. Die für heute geplante Lawinenübung wurde daher in den Bereich der Enzianhütte in dem zurückgebauten Skigebiet von Brennerbad abgehalten. Bei starkem Wind aus Norden und dichtem Nebel stand aber zunächst noch die Flatspitze auf dem Programm. Der Whiteout im oberen Teil machte sogar kurzzeitig den Einsatz des GPS nötig. Wider Erwarten war die Abfahrt gar nicht so schlecht. In der Enzianhütte galt es dann erstmal sich aufzuwärmen und zu stärken. Zwischenzeitlich hatten Jan, Ulli und Wolfgang oberhalb der Hütte ein anspruchsvolles Lawinenszenario mit 5 Verschütteten aufgebaut, die es nun in kürzester Zeit zu bergen galt. Dank der Koordinierung durch unsere Kollegin Kim konnten innerhalb von 20 Minuten alle Verschütteten befreit werden. Dabei hat sich gezeigt, dass die praktischen Übungen der letzten Tage gut in den Ernstfall umgesetzt werden konnten. In der anschließenden Besprechung kam nochmal der große Stellenwert der Koordinierung der Suche und die klare Aufgabenverteilung der Helfer zur Sprache.

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    (Bild: Ulrich Steinerr)

    Am Abend referierte Jan Mersch als Bergführer und Psychologe über den Faktor Mensch im Umgang mit der Lawinengefahr. Dabei konnte man sich selbst in den dargestellten Verhaltensmustern gut wiedererkennen.

    Nach dem Abendessen gab es dann eine hochinteressanten Vortrag von Peter Paal von der Uni Innsbruck über den aktuellen wissenschaftlichen Stand der Lawinenmedizin ergänzt durch einige interessante Fälle aus dem klinischen Alltag.

    Zum Abschluss des Kurses erwartete uns am Sonntag wieder bestes Tourenwetter und weiterhin günstige Bedingungen im LLB, sodass der Tour auf die Gammerspitze nichts im Wege stand. Durch die nordseitige Lage gab es in der Abfahrt fast 1000 hm feinster Pulver, sodass wir den Kurs mit einem Grinsen über beide Backen bei Sonnenschein und Gerstensaft ausklingen lassen konnten.

    Unser Dank gilt Dr. Ulli Steiner, Jan Mersch, Dr. Wolfgang Schaffert, Stefan Mertelseder, Stefan Hochstaffl und Prof. Dr. Peter Paal für die gute Organisation, die interessanten Vorträge, die praktischen Übungen und schönen Touren. Ein Dank auch an Angelika und Hans Peter für die tolle Bewirtung im Gasthof Lamm, der auch außerhalb des Kurses ein guter Ausgangspunkt für Skitouren in der Brennerregion ist.

    Dr. Markus Langer


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    (Bild: Ulrich Steinerr)
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    (Bild: Ulrich Steinerr)
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    (Bild: Ulrich Steinerr)