ZWR - Das Deutsche Zahnärzteblatt 2014; 123(06): 306-307
DOI: 10.1055/s-0034-1383681
Colloquium
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

IDS 2015 – ein lohnender Rundgang für Zahnärztinnen – Zahnmedizin mit Frauenaugen

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Publication Date:
11 July 2014 (online)

 

Zahnmedizin wird weiblich – das ist schon längst Tagesordnung in deutschen Zahnarztpraxen. Mit der Feminisierung des Berufsstandes ändern sich nicht nur die unterschiedlichen Vertragsgestaltungen von Arbeitsverhältnissen, sondern auch Kommunikations- und Führungstechniken sowie die Bedürfnisse von Praxen an Ausstattung und Produkten. Andere Branchen haben mit Gender-Medicine und Gender-Ergonomie bereits ihre Nischen entdeckt – Frauen in der Zahnmedizin sagt man ein besonderes Verhältnis zu Innovationen nach. Darauf bereiten sich die Unternehmen der Dentalindustrie bereits jetzt mit interessanten Konzepten und Produkten zur nächsten Internationalen Dental-Schau (IDS) vor. Umso mehr lohnt es sich, einen Gang über die Messe im März 2015 schon heute einzuplanen.

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(Foto: Burkhard Sticklies)

In der Zahnmedizin sind Zahnmedizinerinnen auf dem Vormarsch: Aktuell liegt der Frauenanteil bei 42,3 % und damit 6 Prozentpunkte höher als im Jahr 2000. Dieser Trend wird sich durch die hohe Zahl an Zahnmedizinstudentinnen in den nächsten Jahren sogar intensivieren [ 1 ]. Bis zum Jahr 2030 soll laut einer Studie des Instituts Deutscher Zahnärzte die Zahl männlicher Zahnärzte um rund 30 % sinken, gleichzeitig bei den weiblichen Kollegen um mehr als 60 % steigen [ 2 ]. Das hat Auswirkungen auf die Praxislandschaft, denn Frauen entscheiden sich häufiger für ein Angestelltenverhältnis als Männer. Mit einem Anteil von 63,1 % sind insgesamt 2 von 3 in Zahnarztpraxen angestellte Zahnärzte weiblich. Streben Zahnärztinnen die Selbständigkeit an, so wählen sie oft die Variante einer Gemeinschaftspraxis. Auch andere Formen wie MVZ, Tagesklinik etc. werden möglicherweise attraktiv, um familientaugliche Arbeitsverhältnisse zu erlangen.

Andere Schwerpunkte

Zahnärztinnen und Zahnärzte müssen für den beruflichen Erfolg ihre Ziele leidenschaftlich anstreben. Die optimale Patientenversorgung ist die Messlatte. Und doch gibt es Unterschiede; Frauen sagt man eine andere emotionale Grundstruktur als Männern nach. Deshalb setzen sie andere Schwerpunkte, oft schon in der Phase der Praxisgründung. Darüber hinaus stellt sich die Frage nach der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zumindest anders als bei ihren männlichen Kollegen. Die Herangehensweise an steuerrechtliche und betriebswirtschaftliche Aspekte kann ebenso unterschiedlich sein wie die Führungs- und Kommunikationstechniken, die Zahnärztinnen bei der Führung und Motivation ihres Personalteams einsetzen.

Der amerikanische Wirtschaftsautor John Gerzema berichtet in seinem Bestseller über eine Studie, in der sowohl Männer wie auch Frauen nicht mehr ausschließlich „männliche“ Werte als die Eigenschaften sehen, die den Erfolg bringen [ 3 ]. Solche Beiträge sind keine Kampfansage an Männer, sondern nur an die Männerwirtschaft [ 4 ]. Die Werte, die den Autoren zufolge als „weiblich“ eingestuft werden und zum Erfolg beitragen, sind Leidenschaft, Teamwork, Loyalität, Geduld, Offenheit, Verletzlichkeit und Mitgefühl bzw. Empathie. Auch Selbstkritik, Organisationstalent, Teamgeist, Pragmatismus und soziale Kompetenz sind Fähigkeiten, die Frauen zugesprochen werden [ 5 ].

Diese Eigenschaften sind nicht „besser oder schlechter“. Davon abgesehen sollte man mit Pauschalisierungen vorsichtig sein. Doch die weibliche Sicht auf manche Dinge ist einfach anders. Sogar im wahrsten Sinne des Wortes, denn im Rahmen einer multizentrischen Studie zeigten weibliche Probanden im Vergleich zu den männlichen Teilnehmern (in beiden Gruppen Studierende der Zahnmedizin und approbierte Teilnehmer) eine statistisch signifikant bessere Farbbestimmung [ 6 ]. Eine andere Sichtweise führt aber automatisch auch zu anderen Informationsbedürfnissen und verlangt nach anderen Produktangeboten.

Deutlich wird dies auch an den unterschiedlichen Arbeitsschwerpunkten. Derzeit wählen Zahnärztinnen bevorzugt die Fachgebiete Kieferorthopädie und Kinderzahnheilkunde für ihre Tätigkeit. Umfragen haben gezeigt, dass Zahnärztinnen mehr als doppelt so häufig Kinderzahnheilkunde und auch deutlich öfter die Prophylaxe / Prävention als einen Tätigkeitsschwerpunkt angaben als ihre männlichen Kollegen [ 7 ]. Demnach werden die Bereiche Prothetik und Implantologie mehr den Zahnärzten zugeordnet.


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Innovationen für Frauen

Schon jetzt zeichnet sich eine verstärkte Ausrichtung der Forschung und Entwicklung in der Dentalindustrie auf die Bedürfnisse von Zahnärztinnen ab. Ein spezielles Beispiel: Aufgrund von Halbtagesarbeitszeiten müssen sich Zahnärztinnen häufiger eine Ausstattung als Links- und Rechtshänder teilen. Diesen und andere Denkanstöße setzt sogar eine ganze Reihe von Branchen jetzt immer häufiger in marktfähige Produkte um – Grund genug, im März 2015 einen genauen Blick in die Kölner Messehallen zu werfen. Bestimmte Behandlungsstühle lassen sich in rund 1 Minute von „Rechtshänder“ auf „Linkshänder“ schwenken und umgekehrt. Das erreichen die Ingenieure zum Beispiel mit einer speziellen Geometrie der Tragarme und der Gelenke.


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Innovationen aus Frauensicht

Zahnärztinnen sagt man eine gewisse Skepsis gegenüber neuen Entwicklungen nach, die nach dem Motto „schneller – höher – weiter“ werben [ 8 ]. Frauen prüfen demnach Neuerungen nach dem Prinzip „Bringt das was/braucht man das“. Sie geben überzeugenden Innovationen mit sinnvollem Preis-Leistungs-Verhältnis gute Chancen, lassen sich dagegen von Konzepten nach dem Motto „Big – Show – New“ eher weniger beeindrucken.

Gerade deshalb lohnt sich ein Rundgang über die IDS – hier finden Kolleginnen den bewährten Klassiker neben der bahnbrechenden Innovation und alle Vertreter der Branche unter einem Dach. Die Innovationen bieten sich zum Anfassen und Ausprobieren an und es besteht die Möglichkeit, mit Experten ins Gespräch zu kommen. Ausgerichtet an den oben genannten individuellen Bedürfnissen von Zahnärztinnen und ihren Arbeitsschwerpunkten lassen sich die Angebote möglichst vieler Hersteller miteinander vergleichen, etwa bei der Frage, welche Geräte am besten zum eigenen Tätigkeitsbereich passen oder welche neuen Techniken Zukunftspotenzial besitzen. Ihre Vertiefung findet die Informationssuche u. a. im IDS Speakers‘ Corner, einem moderierten Besucherforum für Fachvorträge und Produktpräsentationen.

Eine Grundsatzentscheidung ist es, ob Zahnärztinnen (und im Übrigen auch ihre Kollegen) mit oder ohne Team die Messe besuchen. Es gibt gute Gründe, im Team Innovationen zu entdecken, schließlich wendet man sie auch gemeinsam an. Andererseits sind die Interessensschwerpunkte von Behandler / in und Team natürlich nicht deckungsgleich. Umfragen unter Praxisteams zu ihren Bedürfnissen zeigen immer wieder, dass kollegiales Miteinander, Anerkennung und Wertschätzung und permanentes Lernen für diese wichtig sind, Praxisinhaber erhalten dafür Motivation und Loyalität [ 9 ]. Auch ein gemeinsamer Messerundgang kann den Gruppenprozess fördern.

Geschicktes Networking wird in allen Berufsbranchen immer wichtiger, und das nicht nur für Zahnärztinnen, die eine tägliche Doppelbelastung stemmen müssen. Auch davon lebt die IDS, sie ist Kontaktbörse und Treffpunkt der internationalen Dentalfamilie. Der persönliche und berufliche Erfahrungsaustausch wirkt über den Messebesuch hinaus inspirierend – Motivation und neue Ideen sind deshalb garantierte Mitbringsel aus Köln.


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Fazit

Auch wenn die Zahnmedizin weiblicher wird – der Messerundgang von Zahnärztinnen und Zahnärzten unterscheidet sich nicht eklatant. Die Sicht auf Angebote und die speziellen Bedürfnisse werden dabei jedoch unterschiedlich ausfallen. Dies spiegelt sich in der Vielfalt des Angebots auf der IDS wider.

Dr. Ulrike Oßwald-Dame


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(Foto: Burkhard Sticklies)