Dialyse aktuell 2014; 18(06): 288
DOI: 10.1055/s-0034-1384722
Fachgesellschaften
Georg Thieme Verlag KG Stuttgart · New York

Regionale Fortbildung am 18.03.2014

Historische Sammlung Dialysetechnik (KfH Dialysezentrum Fürth)
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Publication Date:
04 September 2014 (online)

 
 

    Eine Fortbildungsveranstaltung in einem Museum abzuhalten, wo doch in einer schnelllebigen Zeit der Blick streng nach vorne gerichtet scheint, ist vielleicht die Gelegenheit, einmal innezuhalten und das Vergangene, welches bereits ein zarter Hauch von „historischem Edelrost“ bedeckt, aus heutiger Sicht zu erleben und mit der Zukunft zu verbinden. Mit dem Dialysemuseum im Klinikum Fürth eng verbunden ist Heidemarie Alexander. Die ehemalige Intensivschwester hat die Entwicklungsgeschichte einer effektiven Dialysebehandlung in Deutschland hautnah miterlebt. So durften sich die interessierten Teilnehmer der Veranstaltung, also Dialysepersonal plus ein Techniker, am 18.03.2014 glücklich schätzen, von so einer erfahrenen Referentin mit auf ihre Zeitreise genommen zu werden – umgeben von Gerätschaften, die eher an Prototypen vollautomatischer Waschmaschinen als an medizinische Geräte zur Nierenersatztherapie erinnerten.

    Den Körper von krankmachenden Substanzen zu reinigen – diesen Anspruch hätten schon die Völker der Antike gehabt, erklärte Heidemarie Alexander. Baden, Schwitzen und auch Abführen sollte helfen, den Körper zu entgiften. Die Harnschau habe man bis in die frühe Neuzeit benutzt, um Krankheiten zuzuordnen. Im 18. und 19. Jahrhundert entdeckten Forscher, mehr zufällig, die Diffusion durch Membranen – ein Phänomen, welches die allgemeine Wissenschaft zunächst nicht interessierte. 1748 lieferte Nollet den experimentellen Nachweis für die Existenz semipermeabler Membranen.

    Die Zeitreise hielt kurz inne, als Henri Dutrochet erstmals die Bezeichung „Osmose“ verwendete. Thomas Graham (1805–1869), der Entdecker der Labortechnik, formte den Begriff „Dialyse“. Im 20. Jahrhundert angekommen, erzählte Alexander von ersten Hämodialyseversuchen an Hunden. Als natürliche Membran diente dem Hamburger Necheless die Goldschlägerhaut.

    Erste Behandlungen von Menschen

    1924, nach 10-jähriger Forschung und verzögert durch den Ersten Weltkrieg, konnte der Mediziner Georg Haas, Gießen, die erste Dialyse am Menschen durchführen und so ein akutes Nierenversagen therapieren. Durch Röhren aus Kollodium in einem Kabinensystem aus Glas wurde das Blut von einer salzigen Lösung umgeben und mittels einer Pumpe geleitet. Der Vorgang erfolgte unter der Gabe von gereinigtem Hirudin, das er aus Blutegeln selbst isoliert hatte. Ab 1927 konnte er Heparin als blutgerinnungshemmendes Mittel verwenden. Trotz des Erfolges beendete Haas die Behandlungen, weil es ihm nicht gelungen sei, eine Heilung herbeizuführen, sondern nur eine zeitweise Besserung der urämischen Symptome.

    Auch nach dem Zweiten Weltkrieg sei es noch ein weiter Weg bis zur flächendeckenden Versorgung der Nierenersatztherapie gewesen. Wilhelm Kolff und Hendrik Berk verwendeten Zellophan als Membran in ihrer Trommelniere. Der erste Patient überlebte ein akutes Nierenversagen in den USA. 1946 verfügte Nils Alwall über das erste klinisch effektive Gerät (mit Netzzylinder). In Deutschland wurde ab 1950 unter Dr. Curd Moeller das akute Nierenversagen erfolgreich behandelbar.


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    Gefäßzugänge Entwicklung der Technik

    „Scribner-Shunt“ und „Cimono-Shunt“ – diese Gefäßzugänge setzten in der Geschichte der Dialyse ein neues Zeitalter in Gang. Das chronische Nierenversagen konnte so mehr und mehr behandelt werden.

    Die Industrie begann sich zu interessieren, Techniken wurden entwickelt und stets verbessert. Plattendialysatoren (Kiil) mit großer Oberfläche standen zur Verfügung, erste Einmalplattendialysatoren, Stabdialysatoren der Firma Gambro, Spulendialysatoren und die modernen Fertigspulen kamen auf den Markt. In den 1970er-Jahren gab es die Ak 3, die Stuttgarter Niere, Lukas II. Patienten hatten die Möglichkeit, zu Hause zu dialysieren. Die Behandlungszeit betrug noch 12–14 h 2-mal/Woche.


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    Zukunft der Dialyse

    Nach einer Erfrischungspause und einem von Heidemarie Alexander begleiteten Rundgang durch das Museum mit seinen Originalen und einigen Nachbauten, wagte es Jörg Telcher von der Firma Fresenius, über „Ausblicke in die Zukunft der Dialyselandschaft“ zu sprechen. Der Markt von Dialysemaschinen wachse, und China wie auch Afrika zögen erst nach, stellte Telcher fest. Die Amerikanisierung nehme zu und begründe die immer schärfer werdenden Zulassungsnormen.

    Für den Patienten wie auch für den Anwender soll die Behandlung sicherer werden, wobei die optimale Therapie in naher Zukunft nur noch in Nuancen zu steigern sei. In der Generation der Computertechnik sehe man nun die auseinanderlaufende Schere: ältere, multimorbide Patienten einerseits und andererseits deutlich weniger werdendes Personal und die Absenkung der Dialysepauschale.

    Die Zukunft ziele auf mehr Automatisierung (Kassettensysteme), Vernetzung, Monitoring und Reduzierung der Betriebskosten. Dialysegeräte sollen mobil bzw. tragbar sein. Die Heimdialyse erlebe gerade ihre Renaissance! Dialyseverfahren sollen auf jeden Fall kostengünstiger werden. Telcher verwies auf eigene Produkte, die automatische Steuerung bei der Behandlung mit HDF-Verfahren wie der Mixed-HDF (Pre- und Post-Dilution). An Zielgruppen wolle die Industrie sich orientieren: neue Systeme für die pädiatrische Dialysebehandlung und für die Behandlung von schwierigen, dementen Patienten.

    Telcher nannte Einsparungen bei Ressourcen, wie den Autoflow, der den Dialysatverbrauch senkt, den Verzicht auf Kochsalzlösung, weniger Wasser- und Stromverbrauch, den Einsatz von Wärmetauschern, Absorberkartuschen und Ionentauschern. Zur Erkennung einer Dislokation der venösen Punktionskanüle biete moderne Technik eine Lösung, ein Flüssigkeitsdetektor warte auf den Einsatz bei dementen und unruhigen Patienten. Per „Download“ würden die Daten zukünftig sicher eingegeben. Schön wär’ das alles, schön war die Fortbildungsveranstaltung auf jeden Fall!

    Christa Stump, Udo Irmer; Markelsheim


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